Stockender Start in die Gerstenernte

Nach dem Probedrusch ist erst einmal Schluss: Regen unterbricht am Freitag in Lüssow die Gerstenernte. © Gerd Rinas
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Die Agrofarm Lüssow bei Rostock startete mit einem Probedrusch in die Gerstenernte. Der Ertrag von 77 Dezitonnen pro Hektar auf einem 30-Hektar-Schlag blieb unter den Erwartungen. Wegen Regen kamen die Mähdrescher am Freitag nicht mehr zum Zug.

Von Gerd Rinas

Den Start in die Gerstenernte hatten sich die Landwirte der Agrofarm e.G. Lüssow bei Rostock anders vorgestellt. Nach einem Probedrusch am Donnerstag war erst einmal Schluss. Regen verhinderte, dass die drei Mähdrescher am heutigen Freitag durchstarten konnten. Schon in den vergangenen Wochen haben Niederschläge vor allem der Gerste zugesetzt. Erst am Dienstag hatte Starkregen die Kultur auf mehreren Teilschlägen ins Lager geschickt. „Noch liegen die Ähren nicht auf dem Boden. Aber lange werden sich die Halme nicht mehr halten. Wenn unsere neue Trocknungsanlage zugelassen wäre, würden wir jetzt dreschen“, sagt Vorstandsvorsitzender Lars-Peter Loeck.

Der Trockner zwischen den beiden großen Lagerhallen auf dem Lüssower Betriebsgelände kann 15 t Getreide in einer Stunde 4 % Feuchte entziehen. Damit ist seine Kapazität doppelt so hoch wie beim Vorgängermodell. Doch die Übergabe durch die Herstellerfirma hat sich verzögert. Nun soll die Anlage ab nächsten Mittwoch einsatzbereit sein. „Das gibt uns für die Ernte Sicherheit“, so der Vorsitzende.

Die neue Trocknungsanlage kann 15 t Getreide in einer Stunde 4 % Feuchte entziehen. 350.000 € hat die Genossenschaft investiert. © Gerd Rinas

Ernte auf dem Grünland und dem Acker

Dass die Lüssower wohl mehrere Tage auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen müssen, war nicht geplant: Doch der zweite Schnitt auf 400 ha Grünland hat sich verzögert. „Für den Ertrag war der Regen gut. Mit Blick auf die Getreideernte hätten wir die Silage aber gern schon vorher im Silo gehabt“, sagt Loeck.

Allerdings reichen die personellen Kapazitäten, um zeitgleich auf Grünland und Acker zu ernten. Von den lagernden Gerstenpflanzen auf einigen Schlägen abgesehen, stehen Getreide und Raps sehr gut. „Die Kulturen haben sich im Herbst ausreichend bestockt und sind vital aus dem Winter gekommen. Bei dem kühlen und feuchten Wetter in den vergangenen Monaten haben die Bestände große Ähren beziehungsweise Schotenpakete ausgebildet. Mehltau in Gerste und Triticale haben wir mit Pflanzenschutzmitteln gut in den Griff gekriegt“, sagt Loeck. Neben 430 ha Gerste sind in den nächsten Wochen 600 ha Weizen, 460 ha Raps, 230 ha Erbsen und 135 ha Triticale zu ernten. Mit drei Claas-Mähdreschern – zwei Lexion 760 und ein Lexion 770 – verfügen die Lüssower über eine hohe Schlagkraft. Alle Erntemaschinen sind mit Raupenlaufwerken ausgestattet.

gerste und Weizen werden eingelagert

Bei der Vermarktung der Druschfrüchte setzen die Lüssower auf bewährte Partner. Für etwa 60 % des zu erwartenden Ertrags wurden bei jeder Kultur Vorkontrakte abgeschlossen. Der Raps wird direkt aus der Ernte an einen Händler im Rostocker Seehafen verkauft, Triticale und ein Teil der Erbsen gehen als Vermehrungsfrüchte ebenfalls aus der Ernte an einen weiteren Vermarktungspartner in Güstrow. Gerste und Weizen werden komplett in eigenen Hallen eingelagert. Erst vor vierzehn Tagen wurden die letzten 100 t vorjährige Gerste vermarktet, für 22 Euro pro Dezitonne. „Das war ein ordentlicher Preis, dafür hätten wir gern noch mehr verkauft“, so Loeck. Danach wurden die fünf Lagerhallen in Lüssow und umliegenden Dörfern leergeräumt und gefegt. Eine Hamburger Spezialfirma sprühte ein Mittel gegen Vorratsschädlinge. Insgesamt verfügt die Agrofarm über Lager für 11.000 t Getreide.

Anders als zunächst erwartet, wurde am Donnerstag voriger Woche noch Lagerkapazität benötigt: Sonnenschein und Temperaturen um die 28 °C sorgten im Tagesverlauf dafür, dass die Gerste abtrocknete. Am Nachmittag wiesen Proben von dem Feld neben dem Betriebsgelände nur noch 14 bis 15 % Feuchte auf. Daraufhin rollte gegen 15 Uhr Fahrer Kai Niemann mit seinem Lexion 760 zum Probedrusch auf den Schlag. Wenig später stieß Arend Kromwijk, Auszubildender im 2. Lehrjahr, mit dem zweiten Lexion 760 dazu. Bis gegen 21.30 Uhr räumten die beiden die Gerste auf etwa 30 Hektar. Allerdings blieb der Ertrag auf diesem ersten Erntefeld unter den Erwartungen: Statt über 90, kamen am Ende nur 77 dt/ha heraus. „Weniger als im vergangenen Jahr“, so Lars-Peter Loeck zunächst leicht enttäuscht, aber wohlwissend, dass dieses erste Ergebnis noch nicht viel aussagt. „Abgerechnet wird am Schluss“, sagt der Vorsitzende aus der Erfahrung vorangegangener Ernten.

Auszubildender Arend Kromwijk vor seiner zweiten Getreideernte als Mähdrescherfahrer. © Gerd Rinas

Höhere Preise als im Vorjahr

Angesichts der günstigen Witterungsbedingungen und der ansehnlichen Feldbestände haben die Lüssower berechtigte Erwartungen, zumindest in die Nähe der Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr zu kommen. Mit Hektarerträgen von 95 dt Weizen, 90 dt Gerste und 41 dt Raps waren 2020 die Erträge aus den Jahren zuvor um acht bis zehn Prozent überboten worden. Auch Triticale (72 dt/ha), Erbsen (57 dt/ha) und Mais (40 t Frischmasse/ha) hatten sehr gute Erträge gebracht. „Die Preise für Getreide und Raps sind besser als im vergangenen Jahr. Das ist ein zusätzliches Motiv, in den nächsten Wochen alles Gewachsene verlustarm zu bergen“, so Loeck.

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