Wer selbst presst, hat einen besseren Überblick über die Mengen und das Feld ist eventuell schneller geräumt. (c) Klaus Meyer

Lohnt sich der Strohverkauf?

Die Preise für Getreide und Raps sind wieder auf dem Stand der Zeit vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine, die Betriebsmittelpreise leider nicht. Beim Strohverkauf hilft deshalb eine Wirtschaftlichkeitsanalyse.

Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Eingriffe in natürliche Kreisläufe lösen Anpassungsprozesse aus, darauf ist – am besten vorausschauend – zu reagieren. Bei Abfuhr von Getreidekorn, Kartoffeln, Raps oder Rüben ist sofort klar: Werden über die bedarfsgerechte Düngung hinaus dem Bodenvorrat Nährstoffe entzogen, sind diese möglichst zeitnah (zur nächsten Kultur) zurückzuführen, um das natürliche Gleichgewicht möglichst wenig zu stören und das Ertragspotenzial nachhaltig zu sichern. Dies gilt auch für die Strohabfuhr.

Vor- und Nachteile der Strohabfuhr

Ferner ist zu überlegen, was die Entnahme von Stroh aus dem Kreislauf sonst noch bewirkt. Die Tabelle 1 zeigt einige Vor- und Nachteile der Strohabfuhr. Deren Beurteilung erfordert immer eine einzelbetriebliche Analyse.

In Ackerbauregionen wird der Nährstoffentzug durch Strohabfuhr zum Kostenfaktor, weil er mittels zugekaufter Düngemittel zu ersetzen ist. Bei mehr als zwei Vieheinheiten pro Hektar können nach Strohabfuhr mehr Wirtschaftsdünger ausgebracht und so deren Abgabekosten eingespart werden, wenn die Nährstoffentzüge ausbringmengenbegrenzend sind.

Tabelle 1 Strohverkauf
Tabelle 1: Strohverkauf © Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer

Humusbilanz und Strukturstabilität

Die Strohabgabe spart das Häckseln durch den Mähdrescher ein, und die Stoppelbearbeitung kann flachgründiger erfolgen. Nachfolgendem Raps erleichtert das fehlende Stroh die N-Aufnahme, weil es keinen Stickstoff bindet.

Beim Anbau von Weizen nach Weizen verringert sich der Krankheitsdruck, und es wird weniger Fungizidaufwand (Mengenreduzierung oder sogar eine ganze Maßnahme) erforderlich.

Wird mit dem Stroh auch etwas Ausfallgetreide „abgefahren“, reduziert sich im nachgebauten Getreide der Fremdbesatz, in anderen Kulturen wird die Gräserbekämpfung etwas einfacher.

Strohabfuhr beeinflusst auch Humusbilanz

In Getreide-Raps-Körnermais-Fruchtfolgen entstehen keine Probleme, weil die Humusbilanz selbst bei mäßiger Strohabfuhr annähernd ausgeglichen bleibt. In Fruchtfolgen mit höheren Anteilen humuszehrender Kulturen (Kartoffeln, Silomais und Zuckerrüben) könnte die Strohabfuhr ohne kompensierende Maßnahmen wie die (inzwischen vor Sommerungen eh erzwungenen) Untersaaten oder Zwischenfrüchte zu deutlichem Humusabbau führen. Dies ist zwar nicht (mehr) „Cross Compliance-kritisch“, mindert aber langfristig die Bodenfruchtbarkeit.

Darüber hinaus ist Strohverkauf kritisch, wenn der Boden eine geringe Strukturstabilität aufweist und oft schnell verschlämmt. Hier zählt jeder positive Struktureffekt, und Stroheinarbeitung trägt eben auch dazu bei.

Soll das Stroh im Tausch gegen Mist (oder Gülle) abgegeben werden, ist noch ein kurzer Check sinnvoll, ob dadurch Unkrautsamen mitgeliefert werden, die man bisher noch nicht kannte und wer die Kosten der Mistausbringung trägt.

Strohverkäufer gehen arbeitswirtschaftlich und produktionstechnisch ins Risiko; die weitere Arbeit „steht“, bis das Stroh endlich weg ist. Schlimmer wird es bei Nichtabholung oder weil der (dann ehemals „gute“) Nachbar es sich anders überlegt hat oder es schon zweimal geregnet hat und das Stroh ungehäckselt eingearbeitet werden muss. Da sind die früher gefürchteten Strohmatten vorprogrammiert. Auf den Marktseiten der Bauernzeitung findet sich ein Marktpreis für Stroh, der für die eigene Bepreisung genutzt werden kann.

Strohverkauf: Individuelle Kostenanalyse erforderlich

Soll der Verkauf aber wirtschaftlich sein, ist immer eine individuelle Kostenanalyse erforderlich. Jeder muss für sich selbst ehrlich prüfen, ob die in der Tabelle 2 gelisteten Effekte in seiner betrieblichen Situation relevant sind und, falls „ja“, wie sie sich auswirken. Die Nährstoffentzüge können mit Nährstoffpreisen qualitativ vergleichbarer Mineraldünger oder Kosten von Wirtschaftsdüngern (lokal: Gärrest, Rinder- oder Schweinegülle, überregional: Hühnertrockenkot) bewertet werden. Dies erfolgt im oberen Teil der Tabelle 2.

Weil individuelle Nährstoffgehaltsanalysen des zu verkaufenden Strohs unüblich sind, werden durchschnittliche Nährstoffgehalte, die aus Ergebnissen über die Getreidearten hinweg gemittelt sind, angesetzt, auch wenn diese um bis zu +50 % variieren können.

© Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer
Tabelle 2: Strohwert © Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer

Ist der Strohpreis kostendeckend?

Der reine Nährstoffwert liegt in der pauschalen Kalkulation bei 28,19 €/t und damit immer noch deutlich über den vor 2022 üblichen Werten. Wenn 5 t Stroh pro Hektar abgefahren werden können und eine mineralische Ausgleichsdüngung erforderlich ist, ergeben sich inklusive der Maschinenkosten für einen Arbeitsgang Mineraldüngerausbringung für Strohverkauf „ungepresst ab Feld“ 141 €/ha. Dieser Wert ist netto, gilt also für Optierer.

Pauschalierer zahlen auf alles (hier: Dünger und Maschinenkosten) außer den 15,76 €/ha für die 0,17 AKh/ha Arbeitszeit 19 % Umsatzsteuer und müssten deshalb 166,93 €/ha nehmen (Variante 1.).

Wer nur schnell einen Wert braucht, hört hier auf; wer es genauer wissen will, rechnet weiter. Dann ist zu berücksichtigen, dass der Häcksler aus ist (-14,07 €/ha), die Stoppelbearbeitung einfacher wird (-15,58 €/ha), dafür aber die Humusbilanz ausgeglichen werden muss. Der Humuseffekt des Strohverkaufs wird zu 50 % durch zusätzlichen Zwischenfruchtanbau kompensiert, dessen Kosten 35,14 €/ha betragen, sodass sich im Normalfall 146,42 €/ha ergeben. Wenn Sie dabei auch ein bisschen verdienen wollen (20 % Unternehmerrisikozuschlag), wären 175,70 €/ha ein angemessener Mindestpreis (Variante 2.). Das ist netto, brutto liegt der Mindestpreis bei 210 €/ha (inkl. 19 % Ust), gerundet.

Besondere Situationen – anderer Preis!

Wird Weizenstroh verkauft und Weizen nachgebaut, also die derzeit noch (der Fruchtwechseldruck der EU steigt deutlich) mögliche Fruchtfolge der sehr guten Standorte praktiziert, kann die Strohabfuhr den Pilzdruck im folgenden Weizen reduzieren und beim Fungizideinsatz gespart werden, was mit 20 % des Fungizidaufwands geschätzt wird und einen Vorteil von 18,91 €/ha ergibt. Wird noch eine kleine Ertragsverbesserung (+1 dt/ha) erwartet, errechnen sich 105,51 €/ha ohne und 126,61 €/ha mit 20 % Risikoaufschlag (Variante 3.). Brutto sind es 124,78 bzw. 149,89 €/ha.

Interessant wird Strohabfuhr vor Kulturen mit deutlichem N-Bedarf im Herbst, wenn eine N-Düngung nicht möglich ist und verbleibendes Stroh eine starke Nutzungskonkurrenz um die im Herbst verfügbaren Stickstoffmengen im Boden entfaltet.

Die Strohabfuhr reduziert die „N-Sperre“, was der Herbstentwicklung insbesondere beim Raps in der Regel deutlich zugutekommt. Bei einem Mehrertrag von 1 dt/ha und einem Preis von 47 €/dt bei Raps sind die Kosten bereits bei 99,42 €/ha gedeckt, mit 20 % Aufschlag bei 119,30 €/ha (Var. 4.). Brutto ergeben sich Beträge von 117,53 bzw. 141,19 €/ha.

Service beim Strohverkauf? Gerne, kostet aber extra

Möchte der Kaufinteressent fertige Ballen am Feldrand abholen, sollte Ihnen das recht sein. Sie haben so den Presstermin und damit das Räumen des Schlages selbst in der Hand. Zum anderen kann die tatsächliche Strohmenge so viel besser geschätzt oder sogar gewogen werden.

Wird das Stroh in Rundballen gepresst ab Feldrand verkauft, so sollten für das Pressen zusätzlich 15,29 €/t Stroh (etwa vier Ballen) bzw. 76,43 €/ha abgerechnet werden.

Der (Einzelballen)-Transport zum Feldrand schlägt noch einmal mit 7,07 €/t bzw. 35,37 €/ha zu Buche. Wer geschickter ist und pro Tour zwei (oder gar drei) Ballen mitnehmen kann, kommt schneller und kostengünstiger hin. Insgesamt kostet das Stroh in Rundballen ab Feldrand dann im Standardfall 258,22 €/ha ohne und 322,77 €/ha (Var. 5.) mit jetzt 25 % Risikozuschlag. Die Bruttobeträge liegen entsprechend bei 306,51 bzw. 383,33 €/ha.

Die Düngerpreise haben einen starken Einfluss auf den Strohwert. Durch einen weiteren Anstieg des Stickstoffpreises um 0,25 €/kg N würden sich die Ergebnisse um 6,25 €/ha erhöhen. Höhere Phosphorpreise von 0,25 €/kg P2O5 würden die Werte um 3,85 €/ha erhöhen. Risikozuschläge und ggf. die Umsatzsteuer sind dabei nicht berücksichtigt. Wegen der hohen Kaliumgehalte steigen die Beträge bereits bei Preisänderungen um 0,10 €/kg K2O um 8,50 €/ha, weil sich die Änderungen beim eigenen Nährstoffwert und den Verbringungskosten etwa zur Hälfte aufheben.

Was, wenn Mist zurückkommt?

Bietet der Käufer die Rückgabe von Misten an, hängt deren gegenzurechnender Wert natürlich auch von den Nährstoffgehalten und -preisen ab. Tabelle 3 zeigt zur Verdeutlichung den Wert verschiedener Miste bei früheren (vor Juni 2021) und aktuellen (Juli 2024) Nährstoffpreisen. Je nachdem, wer die Ausbringkosten der Miste trägt, sind dafür in Abhängigkeit von Ausbringmenge und Transportentfernung aktuell zwischen 7 und 12 €/t in Abzug zu bringen.

Tabelle 3: Was ist der Mist wert?
Tabelle 3: Was ist der Mist wert? © Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer

Wer die Preisnotierungen in der Bauernzeitung verfolgt, stellt fest, dass die genannten Beträge oft, aber nicht immer, etwa den errechneten Kostensätzen entsprechen. Dies bedeutet, dass in den meisten Regionen (von lokalen Ausnahmen z. B. in geflügelintensiven Gebieten abgesehen) die Nachfrager am Markt bisher die besseren Karten hatten und sie zudem die Kostensituation der Verkäufer gut einschätzen können.

Manche Käufer gingen bisher sogar so weit, dass sie das Stroh nicht vor der Haustür, sondern einige 100 km entfernt kaufen und sich das für sie trotz Berücksichtigung der nicht unerheblichen Transportkosten für ein sehr voluminöses Produkt mit geringem Volumenwert (eigentlich kaum transportwürdiges Gut) immer noch rechnet. In der aktuellen Situation wird das vermutlich sogar noch zunehmend zu beobachten sein.

Strohverkauf: Ein Fazit

Beim Strohverkauf können die Preise je nach Verkaufsbedingungen zwischen 100 €/ha („lose ab Feld“, netto, ohne Risikozuschlag) und 380 €/ha („gepresst ab Feldrand“, brutto, mit 25 % Risikozuschlag) betragen. Im Normalfall erscheinen aktuell 140 bis 210 €/ha angemessen.

Besonders kostensteigernd wirkt der Düngerpreisanstieg. Eine Verdoppelung führt zu Mehrkosten von ca. 130 €/ha. Obwohl die Stickstoffpreise gegenüber dem übertriebenen Ausbruch (mehr als Verdreifachung aufgrund der in Produktion und Handel zurückgehaltenen Mengen) trotz anhaltend hoher Gaspreise wieder deutlich gefallen sind, wird Stroh noch teurer, da die Phosphat- und Kali-Preise weiter deutlich steigen und inzwischen einen höheren Preiseinfluss haben.

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Der Einsatz von drei Farm-Droiden auf dem Biorübenacker war für die Junglandwirte bei der Feldbegehung besonders interessant. © Sarah Selig