Landwirte in Langenchursdorf: Immer auf dem Sprung

Das Hybridweidelgras nimmt der Mähdrescher vom Schwad auf. (c) Silvia Kölbel
Agrarpraxis
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Jede Sonnenstunde mit günstigen Bedingungen müssen die Landwirte in Langenchursdorf nutzen, um die Ernte ins Trockene zu bringen. Mit den Dreschern ging es bisher in die Wintergerste und die Vermehrungsgräser.

Von Silvia Kölbel

Wasser, das es in den letzten Jahren zu wenig gab, kommt in diesen Wochen reichlich vom Himmel. So sehr es die Landwirte des Unternehmensverbundes rund um die Agrargenossenschaft Langenchursdorf freut, so behindern die Niederschläge, aber auch die laufenden Arbeiten. Das Grünland, der Mais, die Leguminosen, die Rüben und die meisten Getreidearten profitieren. Doch Starkniederschläge führen zu abgeschwemmtem Boden und schwer zu befahrenden Flächen.

Zum Betriebsverbund gehört die Agrargenossenschaft Langenchursdorf in Callenberg, der Agrarbetrieb „Unteres Erzgebirge“ GmbH in Neukirchen und die Mülsener Marktfrucht & Milchgut GmbH in Niedermülsen. Zusammen bewirtschaften sie 700 ha Grün- und 4.000 ha Ackerland.

Vorräte nicht aufgefüllt

Die in der Wetterstation in Callenberg bis zum 22. Juli gemessene Niederschlagsmenge von 500 mm entspricht dem langjährigen Mittel eines Dreivierteljahres. 85 mm habe ein Regenguss kürzlich über einem Teil der Kartoffeln und über den Lupinen abgeladen. „Das hat zu ein paar Abschwemmungen geführt. Auch die Wege hat es teilweise ausgespült. Und natürlich schwemmt es bei solchen Niederschlagsmengen auch immer den Feinboden mit ab“, weiß Thomas Heymann, der in Mülsen unter anderem den Pflanzenschutz verantwortet. Dort fielen bislang 646 mm Regen. „Die tiefen Bodenschichten sind noch längst nicht wieder aufgefüllt. Bei starken Niederschlägen kann der Boden das Wasser leider nicht komplett aufnehmen“, weiß Andreas Guhr, Geschäftsführer in Mülsen.

Andreas Guhr
Andreas Guhr (c) Silvia Kölbel

Boden schwer befahrbar

Ende voriger Woche droschen die Mülsener Vermehrungsgras. Die Ernte der Wintergerste war gerade abgeschlossen. Auch von den Winterrübsen standen nur noch die Stoppeln auf dem Feld. Wirklich gut befahrbar war der Boden allerdings zu keinem Zeitpunkt. Das Hybridweidelgras lag Mitte voriger Woche seit fünf Tagen zum Trocknen auf dem Schwad. „Normalerweise drischt man das Weidelgras aus dem Stand, aber dieses Jahr war das wegen des großen Grünmasseanteils nicht möglich“, erklärt Guhr.

Auf zwölf Prozent Restfeuchte müssen die Grassamenvermehrer das Saatgut nach der Ernte durch Belüften mit Außenluft heruntertrocknen. „Bei Direktdrusch ist das Nachtrocknen immer notwendig, bei auf dem Schwad liegendem Gras kann dieser Prozess manchmal entfallen. In diesem Jahr allerdings müssen wir die gesamte Grassamenvermehrung nachtrocknen“, so Guhr. Insgesamt vermehrt der Betrieb jedes Jahr zwischen drei und fünf verschiedene Gräser auf 120 ha.

Landwirte in Langenchursdorf: Extreme Ertragsspanne

Vermehrung ist auch bei anderen Kulturen ein wichtiges Standbein. Sojabohnen, die auf 45 ha wachsen, sind zu rund 65 Prozent für die Saatgutgewinnung bestimmt. 30 dt/ha ernteten die Mülsener in den zurückliegenden zwei Jahren auf dem kiesigen Boden des Zwickauer Beckens. Heymann zufolge verlange Soja nicht nach hochwertigen Böden, „aber mindestens zehn Grad Bodentemperatur für die Keimung und einen geringen Unkrautdruck in der Jugendentwicklung“.

Zum Trocknen steht unter anderem eine rund 3.000 t Getreide fassende Halle in Mülsen zur Verfügung. Zwar lasse sich die Belüftung automatisch steuern. Technikchef Jürgen Tröger verlässt sich jedoch lieber auf seine Erfahrungen und berichtet von viel Fingerspitzengefühl, das beim Trocknen nötig sei. Vorige Woche lag nur die Wintergerste in der Halle. Wegen des ständigen Regens gestaltete sich die Ernte schwierig. „Mit dem Dreschen konnten wir wegen der starken Taubildung oft erst nachmittags beginnen. Spätestens 20 Uhr war dann schon wieder Schluss“, so Guhr.

Der Ertrag schwankt bei der Wintergerste von 50 bis 90 dt/ ha derart stark, dass Guhr keine weiteren Prognosen abgibt. 100 der insgesamt 325 ha dienen auch hier der Vermehrung.


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Drei Wochen später

Der Drusch des Wiesenschwingels begann in diesem Jahr zwei bis drei Wochen später. Auch auf dem Grünland erfolgte erst um den 25. Mai der erste Schnitt. „Unser frühester Schnittbeginn war einmal der 18. April. So gesehen waren wir wegen der Kälte im April und im Mai spät dran. Das Grünland hat das aber alles aufgeholt. Ein vierter Schnitt wird nötig“, sagt Guhr, der andeutet, das der Betrieb eigentlich kein Gras mehr braucht. Die Silos seien voll.

Die Umstrukturierung im Firmenverbund geht mit der Reduzierung des Milchkuhbestandes von 1.100 auf jetzt 650 Tiere einher. „Damit benötigen wir auch weniger Futter“, erklärt Rainer Stauch, der die Geschäfte des Verbundes führt. In Mülsen wachsen künftig die Jungrinder auf. Milch produzieren nur noch die Langenchursdorfer. „Wir hätten 5,5 Mio. Euro in die Modernisierung des Stalles in Mülsen stecken müssen. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre mit den Milchpreisen haben wir darauf verzichtet.“

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