Wölsickendorfer Blühflächen: Schleinitz’ Blütenreich

Auf seinen acht Hektar Neusiedlererbe hat Carsten Schleinitz im brandenburgischen Wölsickendorf Blühflächen angelegt. (c) Heike Mildner
Agrarpraxis
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Auf seinen acht Hektar Neusiedlererbe hat Carsten Schleinitz im brandenburgischen Wölsickendorf Blühflächen angelegt. Seit 2018 ist dort „durchblühend geöffnet“, auf Teilflächen will er demnächst Strom erzeugen.

Von Heike Mildner

Noch ist es kein Nebenerwerb im Sinne von Geldverdienen, aber es soll einmal in diese Richtung gehen: Carsten Schleinitz legt mehrjährige Blühflächen an und erläutert interessierten Besuchern, warum er das macht und was ihm in den letzten Jahren bei seinen regelmäßigen Visiten – meist um den 20. Tag jedes Monats – aufgefallen ist.

Blühstreifen Carsten Schleinitz im brandenburgischen Wölsickendorf
29. Juli 2021 (c) Heike Mildner

Schleinitz ist Überzeugungstäter. Als 2018 die Pachtverträge für seine acht Hektar Siedlererbe ausliefen, waren die Medien gerade voll mit dem Thema Insektensterben. Nun hatte er die Möglichkeit, etwas daran zu ändern und seinen ganz persönlichen Beitrag für Insekten und Wildtiere zu leisten.

Der Agraringenieur mit Diplom von der Humboldt-Universität zu Berlin kannte die bienenfreundlichen Eigenschaften der Phacelia von Anbauversuchen. Schleinitz arbeitete lange in der Fürstenwalder Filiale eines großen Agrarhandelsunternehmens, bevor er sich vor fünf Jahren selbstständig machte. „Ich arbeite für drei verschiedene Firmen, verkaufe Saatgut, Düngemittel und mache Anbauverträge für Spezialkulturen“, erzählt der 56-Jährige bei einem Kaffee auf der Terrasse seines Hauses in Wölsickendorf in der Gemeinde Höhenland (Landkreis Märkisch-Oderland). Auch der Garten drumherum ist eine einzige Blühfläche – aber eben sehr viel kultivierter als die hier abgebildeten.

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Saatgut vom Verein

Das Saatgut für die acht Hektar bezahlte der Verein Mellifera über sein Projekt BienenBlütenReich. Carsten Schleinitz organisierte mit einem befreundeten Landwirt aus der Nachbargemeinde mit „handlicher Drillmaschine und handlichem Traktor“ die Saatbettvorbereitung und die Aussaat. „Das erste Jahr war enttäuschend“, erinnert sich Schleinitz. „2018 war ja sehr trocken. Es ist zwar etwas gewachsen, und es hat auch was geblüht, war aber enttäuschend. Wir sind zu spät zur Aussaat gekommen: Ende April – da war es schon trocken und ist dann trocken geblieben.“

Der Verein habe ihm aber Mut gemacht: Es gebe auch Tiere, die das Karge brauchen. „Das fördert zwar nicht unbedingt den Bauernstolz, aber vielleicht haben sie recht gehabt“, resümiert Schleinitz heute. „Mir ist bewusst geworden: Auch das hat seinen Sinn. Wenn man ernten möchte, braucht man auf jedem Quadratzentimeter Pflanzen, die man beernten kann. Aber wenn man Lebensraum schafft für Blumen, Gräser, Wildpflanzen, ist der Mut zur Lücke okay.“

Wer sich dieser Tage die Flächen ansieht, findet hier im Osten Brandenburgs wirklich blühende Landschaften. Und Schleinitz‘ Fotos belegen, dass hier wirklich von März bis Oktober „durchblühend geöffnet“ ist – nicht nur für Insekten und Wildtiere, sondern auch für Menschen. Denn im Gegenzug fürs Saatgut bietet Carsten Schleinitz Führungen an. Er habe keine Scheu, vor Leuten zu reden, das sei er gewohnt, und es mache ihm sogar Spaß. Mit dem Corona-Lockdown waren allerdings auch die Führungen nicht mehr möglich.

Flächen rund ums Dorf

Bisher sind auf der Landkarte vom BienenBlütenReich mit allen Blühflächen, die deutschlandweit in Kooperation mit dem Verein angelegt wurden, vier Blüten im östlichen Halbkreis um Wölsickendorf eingezeichnet. Das sind Schleinitz‘ vier Teilflächen – insgesamt eben jene acht Hektar. „Unsere Blühflächen, alle rund um Wölsickendorf, werden in diesem Jahr auf 15 Hektar wachsen, im nächsten kommen noch einmal zehn dazu“, sagt Schleinitz. Frau und Bruder hat er mit seinen Blühflächen überzeugt, und auch bei ihnen laufen demnächst die Pachtverträge aus.

Wölsickendorfer Blühflächen: Der nächste Schritt

An der Teilfläche, die wir uns ansehen, fällt neben all dem Blühen und Summen ein buntes Schild ins Auge. Schleinitz schmunzelt: „Hier kündigen wir unseren nächsten Schritt an.“ Auf einem Drittel der Blühfläche sollen Photovoltaik-Module aufgestellt werden. Die Planung läuft bereits.

Auf dem Schild rechnet er vor: „Durch die Nutzung der Felder für Stromerzeugung können je Hektar Photovoltaikfeld ca. 100 ha Rapsanbaufläche für die Biodieselproduktion oder ca. 10 ha Maisanbaufläche für die Biogasproduktion ersetzt werden.“ Ist es so einfach? Für Carsten Schleinitz schon. „Blühende Landschaften brauchen regionale Wertschöpfung, klimafreundliche Technologien und unsere Pflege“, wirbt er für sein Photovoltaikfeld.

Die Module sollen inmitten der Blühflächen stehen, für Schleinitz eine runde Sache und eine Möglichkeit, das Saatgut für die Flächen selbst zu finanzieren, Gutes zu tun und noch etwas zu verdienen. Bei einer anderen Blühfläche, 30 m breit, 300 m lang, die mitten in einem Kulturacker liegt, hat er an einem Juniabend beobachtet, wie die Fledermäuse fliegen: immer nur über der Blühfläche rauf und runter. „Die Insekten seh ich nicht, aber der Zusammenhang ist deutlich.“ Die Schwalben bestätigen tagsüber seine These.


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Wölsickendorfer Blühflächen: Ausflug in den Forst

Eine andere Beobachtung läuft gerade im Wald. Schleinitz, der nebenbei auch noch Sprecher des Bürgerwindparks, Ausdauersportler und Vorsitzender einer Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) mit elf Mitgliedern ist, hat mit einem Foto zum Thema Naturverjüngung für Aufregung gesorgt.

Das Foto oben rechts zeigt den Kontrast: Innerhalb des Zauns sind am 3. August 2020, im zweiten Sommer nach Zaunbau, deutlich mehr junge Eichen gewachsen als im nicht eingezäunten Bereich. Im Herbst beginnt seine FBG mit einem vom Land unterstützten Zaunbau auf fünf Hektar Wald: Zweimal zwei etwa quadratische Hektar werden für acht Jahre eingezäunt. Dazwischen sind Raster ohne Zaun. Nach acht Jahren werden mit dem vorhandenen Zaun die bisher zaunlosen Raster umgeben. „Das macht richtig Arbeit, und die kann ich der FBG nicht in Rechnung stellen, das muss ich wollen, weil ich es richtig finde“, sagt Schleinitz – und macht.

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