Rapsanbau: Strategien für aktuelle Herausforderungen
Landwirte entwickeln neue Maschinenkonzepte für den Rapsanbau, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Wir haben bei Betrieben im Nordwesten Deutschlands nachgefragt, auf welche Strategien sie setzen.
Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick
Auf mehr als einer Million Hektar der deutschen Felder wächst gegenwärtig Raps. Damit die schwarze Ölsaat ein wirtschaftlich tragendes Fruchtfolgeglied bleibt, gilt es jedoch, die Maßnahmen bei der Etablierung und Pflege der Kultur den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Das Problem: Einerseits vergrößern Wetterkapriolen die Schwankungsbreite bei Erträgen und Qualität. Andererseits wird ein Gegensteuern mit bislang bewährten leistungssteigernden und stabilisierenden Verfahren durch das Verbot der neonikotinoiden Beizen, eine enger werdende Wirkstoffpalette bei Pflanzenschutzmitteln sowie Einschränkungen beim Düngen erschwert.
Landwirte reagieren auf die veränderten Rahmenbedingungen mit angepassten Anbaustrategien. Doch welche der Maßnahmen von der Saatbettbereitung bis zum Nacherntemanagement ist optimal für den Standort? Wir sprachen mit Rapsanbauern, die Flächen in der niedersächsischen Elbmarsch bewirtschaften.
Bodenverbesserung durch Begleitpflanzen
Familie Mushardt baut in Otterndorf auf 270 ha Marktfrüchte an. Auf den fruchtbaren Marschböden wachsen Raps, Weizen, Gerste, Silomais, Hafer, Braugerste, Ackerbohnen und Kleegras. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen läuft zu dieser Fruchtfolge seit Herbst 2019 auf 5 ha ein Exaktversuch. Zum Hof gehören weiterhin 30 ha Grünland, die eine Mutterkuhherde beweidet. Anteil am Betriebsergebnis haben außerdem landwirtschaftliche Dienstleistungen mit zwei Kettenbaggern und einer Maishacke sowie zehn Ferienwohnungen.
Den Ackerbau betreibt der studierte Landwirt seit gut drei Jahren fast vollständig ohne Pflug. Dabei geht es ihm insbesondere um die bessere Befahrbarkeit der Flächen. „Die relativ jungen Marschböden neigen durch den hohen Schluffanteil zum Verschlämmen. Hat man auf einem gepflügten Acker frisch gesät und es regnet zehn bis 20 Millimeter, sieht das schon mal aus wie im Wattenmeer“, so Markus Mushardt. Überhaupt versuche er so bodenschonend wie möglich zu wirtschaften und orientiere sich Ausbrinin Richtung regenerative Landwirtschaft. Dazu gehörten Experimente mit biologischen Präparaten, Algenextrakten, verschiedenen Zwischenfrüchten und Direktsaatverfahren. „Nicht zuletzt wollen wir unseren Feriengästen vorleben, dass sich die Landwirtschaft um klimafreundliche und umweltgerechte Lösungen bemüht“, sagt der 29-Jährige.
Raps steht je nach Lage der Schläge im Wirtschaftsgebiet jährlich auf 35 bzw. 45 ha. Die Kulturvorbereitung startet mit der flachen Einarbeitung von Gülle in die Getreidestoppeln. Dies erfolgt, ebenso wie die nachfolgende 15 cm tiefe Grundbodenbearbeitung mit dem Grubber. Anschließend wird mit der 4 m breiten Horsch Pronto der Raps gesät. „Im vergangenen Jahr habe ich erstmals eineinhalb Hektar der Rapsfläche mit einer Begleitpflanzenmischung aus Ackerbohnen, Tatarischem Buchweizen, Weißklee, Phacelia, Sommerwicke und Öllein angelegt“, informiert Mushardt. Als Ziel nennt er die Einsparung von Pflanzenschutzmaßnahmen, etwa durch den Verzicht auf den gelegentlich pflanzenstressauslösenden Einsatz des Bodenherbizids Metazachlor, die Fixierung von Nährstoffen im Boden und insgesamt eine Verbesserung der Wachstumsbedingungen für die Hauptkultur.
Tatsächlich steht der Raps nach Aussage des Otterndorfer Landwirts auf der Versuchsfläche deutlich besser als auf der benachbarten Mulchsaatfläche ohne Begleitkultur. „Die Rapspflanzen haben mehr feinere Wurzeln ausgebildet. Und wenn man schaut, wo das Wurzelgeflecht hinstrebt, profitieren sie offensichtlich nicht nur von der Stickstofffixierung durch die Leguminosen, sondern auch vom Phosporaufschluss durch den Buchweizen sowie der intensiven Ausbildung eines Wurzelnetzwerks aller Begleitpflanzen“, berichtet Markus Mushardt. Er rechnet in dem kerngesunden Bestand mit einer deutlichen Herbizideinsparung von 30 bis 40 %. Außerdem beobachte er auf der Versuchsfläche einen geringeren Schadinsektenbefall. In diesem Winter mit zweistelligen Minusgraden hätten die Begleitpflanzen zudem den Raps vor Kahlfrost geschützt, da der Wind den Schnee nicht so wegwehen konnte.
„In der nächsten Saison werde ich die Begleitsaat wohl auf 50, wenn nicht gar 100 Prozent der Rapsfläche ausweiten“, kündigt Mushardt an. Er habe dafür ein zweites Säaggregat geordert, damit er die Aussaat von Raps und Begleitkulturmischung in einem Zuge erledigen kann und nicht wie im vergangenen Herbst zweimal mit der Pronto über den Acker fahren muss.
Rapsanbau: Einzelkornsaat über dem Gülledepot
Karsten Halter, Henning Janßen und Nicolaus von der Decken haben sich zur Elbmarschen Agrar KG zusammengeschlossen und bewirtschaften 1.370 ha. Die Flächen der Betriebsgemeinschaft liegen bei Cuxhaven sowie in Nordkehdingen in den Ortschaften Balje und Oederquart. Der Pflanzenbau erfolgt in einer fünfgliedrigen Fruchtfolge:
- Körnermais,
- Ackerbohne,
- Wintergerste,
- Raps und
- Winterweizen,
- danach eine Zwischenfrucht vor dem Körnermais (1.).
Die jährliche Rapsfläche umfasst circa 275 ha.
Die Werkzeugeinheit fürs Drillen an der Focus von Horsch mit den TurboDisc-Säscharen. Bei der Elbmarschen Agrar KG ist das Sondermodell Focus KE im Einsatz. Mit der Strip-Till-Maschine von Orthman brachten die Landwirte der Elbmarschen Agrar KG auf einem Teil der Rapsfläche vor der Aussaat zunächst Güllestreifen im Abstand von 50 cm in den Boden.
„Den Raps bauen wir schon seit zehn Jahren im Strip-Till-Verfahren an“, sagt Hendrick Poppe. Der studierte Landwirt ist der Freund von Madita Halter, der Tochter von Karsten Halter, und bei der Betriebsgemeinschaft angestellt. Bei der Aussaat komme eine Horsch Focus KE zum Einsatz. Von diesem Focus- Modell seien nur vier Stück gebaut worden. Besonderheit ist die Ausstattung mit einer Kreiselegge als zusätzliches Werkzeug. Die Idee für die Maschine ist, eine konzentrierte Lockerung unter der Reihe mit der Ablage von Düngedepots und Sätechnik zu kombinieren. Das Düngerband soll die Pflanzen zu einer tieferen Wurzelausbildung anregen.
Von der Strip-Till-Maschine von Orthman im Bearbeitungsstreifen abgelegtes Gülleband zur Unterfußdüngung. Arbeitsbild der Strip-Till-Maschine von Orthman, die auf einer Teilfläche Güllestreifen im Abstand von 50 cm in den Boden brachte.
Die Vorbereitung der Rapskultur nach Gerste beinhaltet den Stoppelsturz mit der Scheibenegge bei gleichzeitiger Gülleausbringung. Dann erfolgt die Aussaat mit der Focus KE auf die im Abstand von 37,5 cm angelegten Lockerungsstreifen, kombiniert mit einer Unterflurdüngung in 25 cm Tiefe. „Um den Aussaaterfolg weiter zu verbessern, haben wir im vergangenen Herbst auf reichlich 20 ha mit einem absetzigen Strip-Till-Verfahren was Neues probiert“, berichtet Poppe. Anlass dafür war, die bei der Mulchsaat nicht zu vermeidende Einbettung von Ernteresten in die Saatrille. Auf der Teilfläche habe man nun zunächst mit einer Strip-Till-Maschine von Orthman (Vermac) Güllestreifen im Abstand von 50 cm in den Boden gebracht. Einen Tag später erfolgte im gleichen Reihenabstand jeweils über den Gülledepots das Ausbringen der Rapssaat mit der Einzelkornsämaschine Horsch Maestro 12 CV.
Mit dem Ergebnis ist die Betriebsgemeinschaft rundum zufrieden. Im Vergleich zu den im üblichen Verfahren bestellten Schlägen zeigt die Kultur nach Aussage von Poppe eine vitalere Jugendentwicklung mit gut ausgebildeten Pfahlwurzeln. Bei keiner Pflanze habe man Beinigkeit festgestellt. Außerdem seien die Rapspflanzen auf der Testfläche mit einem deutlich stärkeren Wurzelhalsdurchmesser in den Winter gegangen. „Nach etwa vier Wochen konnte man sehen, dass die Wurzeln am Gülledepot angekommen sind. Die Pflanzen bekamen eine dunklere Farbe und gingen in den Massenwuchs“, hat der 28-Jährige beobachtet.
Den Test der Einzelkornsaat auf Strip-Till-Güllestreifen verbanden die Landwirte mit einem Saatstärkenversuch. Außer der Standardausbringmenge von 30 Körnern pro m2 wurden in anderen Parzellen nur 25 bzw. 20 Körner pro m2 gelegt. „Sollte sich zeigen, dass durch die dann bessere Stellung der Rapspflanzen in der Reihe mit einem weiteren Legeabstand die gleichen Erträge wie mit 30 Körnern pro m2 erzielbar sind, ließe sich zukünftig Saatgut einsparen“, blickt Poppe nach vorn. Er rechne damit, dass die Betriebsgemeinschaft in diesem Jahr mindestens die Hälfte der Rapsfläche mit dem neuen Anbauverfahren anlegt.
Strip-Till mit Begleitsaat kombiniert
Henning Plate bewirtschaftet in Otterndorf etwa 150 ha Acker sowie 50 ha Grünland. Bestandteile der Hof Plate GbR sind überdies eine Bullenmast mit 150 Tieren, eine Mutterkuhherde mit 100 Galloway- Rindern, deren Fleisch direktvermarktet wird, eine Pferdepension mit 40 Plätzen und ein Ferienhaus mit acht Betten. Zudem bietet der gelernte Landwirt Lohnarbeiten im Bereich Aussaat, Pflanzenschutz und Futterernte an. Auf den schweren Böden mit 55 bis 85 Bodenpunkten gedeihen bei einer durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge von 970 mm Raps, Wintergerste, Sommerungen (Mais, Hafer oder Gerste) und Winterweizen. Vor den Sommerungen steht eine Zwischenfrucht. „Diese Fruchtfolge ist aber kein Dogma. Wir passen uns da der Witterung an“, sagt der 33-Jährige. Raps wächst derzeit auf 38 ha. Das sind 8 ha mehr als im Vorjahr. Durch die gute Ernte 2020 mit 55 dt liegt der durchschnittliche Rapsertrag jetzt bei 49 dt.
Seit 2017 erledigt der Betrieb die Aussaat aller Marktfrüchte mit der Strip-Till-Direktsaatmaschine von Claydon, die eine Unterfußdüngung über den Lockerungszinken ermöglicht. „Auf gut der halben Rapsfläche habe ich im vergangenen Jahr erstmals mit einer Beisaat aus Alexandriner Klee, Serradella und Ramtillkraut gedrillt“, berichtet Plate. Zuvor hatte er die Weizenstoppel zweimal mit dem Strohstriegel von Claydon bearbeitet und auf der Fläche separierte Gärreste ausgebracht. Anschließend erfolgte die Aussaat von Raps und Beisaat in einer Überfahrt. Dabei lockern die Frontzinken den Boden bis zu einer Tiefe von 20 cm und platzieren die Unterfußdüngung. Das nachfolgende Säaggregat mit Y-Verteiler legt die Rapskörner rechts und links des gelockerten Schlitzes ab. Paddelbalken schieben die Furche wieder zu. Das Streuen der Beisaatmischung geschieht vor dem Exaktstriegel mittels Prallteller. Über einen gesonderten Streuer wird abschließend noch Schneckenkorn ausgebracht.
„Die durch die Beisaat angestrebte bessere Durchwurzelung des Bodens ist eingetreten. Die Funktion als Ablenkfrucht für Schädlinge, um Insektizide einzusparen, hat allerdings nicht so recht funktioniert. Wir hatten letzten Herbst starken Erdflohbefall. Da war der Raps aber erst im Zweiblattstadium und die Beifruchtmischung gerade aufgelaufen“, zieht Plate eine erste Zwischenbilanz. Nun müsse sich zeigen, wie sich der höhere Feinwurzelanteil im Boden auf den Ertrag auswirkt.
In diesem Jahr plant der Landwirt die zusätzliche Aussaat von Zwergwüchsigem Weißklee, der im Gegensatz zu den anderen Beifrüchten im Winter nicht abfriert und als Untersaat fungiert. „Meine Überlegung ist, nach der Rapsernte mit dem Sichelmulcher über die Stoppeln zu fahren, damit die Ausfallsamen unter dem Weißklee eingehen oder gar nicht erst keimen. Den nachfolgenden Weizen würde ich dann direkt in die Bodenbedeckung einsäen und dann noch mal mit der Cambridge-Walze drüber gehen“, erläutert Plate. Der Weißklee ließe sich dann mit geringen Mengen Pointer Plus für breitblättrige Unkräuter abtöten. Vielleicht sei die nach der Ernte verbleibende Rapsuntersaat nach dem Walzen aber auch schon derart geschädigt, dass sie der eingesäte Weizen überwächst.
Alle diese Maßnahmen würden darauf abzielen, Glyphosatanwendungen zu vermeiden, ohne im Gegenzug die Bodenbearbeitung zu intensivieren. „Denn meine Erfahrung aus der Minimalbodenbearbeitung ist, dass unsere schweren Böden dadurch deutlich besser werden, besser befahrbar, besser durchwurzelt und insgesamt krümeliger“, sagt Plate.