Wieder Gespräche über rote Gebiete
Im Sinne ihres gemeinsamen Interesses an sauberem Grundwasser einigen sich Bauernverband und Agrarministerium auf einen Neustart. Das Messstellennetz soll noch in diesem Jahr auf Basis einzelbetrieblicher Daten evaluiert werden.
Von Gerd Rinas
Die Ausweisung der roten Gebiete soll erneut auf den Prüfstand: Der Landesbauernverband und das Agrar- und Umweltministerium wollen Messstellen mit zweifelhaften Werten unter die Lupe zu nehmen. Nachdem die Gespräche Anfang Juli in eine Sackgasse geraten waren, habe Minister Till Backhaus gegenüber Landesbauernpräsident Detlef Kurreck in der vorigen Woche seine Bereitschaft bekräftigt, das Messstellen-Netz noch in diesem Jahr zu evaluieren, teilte der Bauernverband mit.
Entscheidung für Herbstaussaat zu spät
Der Verband begrüßte das Vorhaben. „Jetzt muss jedoch mit Hochdruck daran gearbeitet werden, die nicht repräsentativen Messstellen zu prüfen“, forderte Kurreck. Für die Herbstaussaat komme eine Entscheidung jetzt schon zu spät. „Die Landwirte sind gezwungen, erneut unter unsicheren Bedingungen über Anbau und Sortenwahl zu entscheiden. Bis zum Ende des Jahres brauchen wir greifbare Ergebnisse bei der Evaluierung der Messstellen“, betonte Kurreck.
Entscheidend sei, sich auf das eigentliche Problem zu fokussieren: Jede zweite Messstelle, an der zwischen 2014 und 2019 erhöhte Nitratwerte im Grundwasser festgestellt wurden, entspricht laut einem Gutachten der Hydor Consult GmbH nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Auf Grundlage dieser Daten hat das Land jedoch die roten Gebiete ausgewiesen, in denen das Düngen auf 20 % unter Pflanzenbedarf beschränkt ist. Der Anbau von Qualitätsweizen ist hier kaum noch möglich. Auch für andere Kulturen wie Rüben oder Raps gibt es weitreichende Folgen für Ertrag, Qualität, Krankheitsanfälligkeit und Bodenfruchtbarkeit. „Die Grundlage für die Restriktionen ist nicht valide, die Folgen gefährden die landwirtschaftlichen Betriebe aber in ihrer Existenz. Deshalb muss hier schnellstmöglich nachgebessert werden“, forderte Detlef Kurreck.
Er stellte zugleich klar, dass sich die Landwirte für sauberes Grundwasser einsetzten und Probleme gemeinsam angehen wollten. In MV werden derzeit rund 180.000 ha LF als rote Gebiete mit erhöhter Nitratbelastung ausgewiesen.
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einzelbetriebliche Daten bei einstufung wichtig
Minister Backhaus bestätigte seine Bereitschaft, weiter über die vom Bauernverband kritisierten Messstellen zu diskutieren: „Die Vereinbarung gilt noch immer.“ Er habe dem Präsidenten aber auch zu verstehen gegeben, dass es bei der Einstufung der roten Gebiete nicht allein um die Messung der Nitratgehalte im Grundwasser geht.
Ebenso wichtig seien die Daten aus den Einzelbetrieben, aus denen hervorgeht, wie hoch die Nitratausträge tatsächlich sind. Erst mit diesen Angaben könnten rote Gebiete evaluiert und möglicherweise neu bewertet werden. „Leider haben die Landwirte diese Daten nur in geringem Umfang geliefert. Damit haben wir keine ausreichende Datenbasis“, sagte Backhaus.
Der Vorwurf, das Ministerium würde auf Zeit spielen, sei haltlos. Bereits im Mai habe man darauf aufmerksam gemacht, dass ohne die Daten aus den Jahren 2018 bis 2020 nitratbelastete Gebiete nicht neu ausgewiesen werden könnten. Backhaus wies außerdem darauf hin, dass die Reduzierung der roten Gebiete in Deutschland von der EU-Kommission sehr kritisch gesehen werde. Im schlimmsten Fall drohten 80 % rote Gebiete. Der Minister zeigte sich sicher, dass die Messstellen „ein realistisches Bild der Lage“ lieferten.