Bauernhof Nelben: Roboterrüben auf Bio

Ackerbau
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Auf dem Bauernhof Nelben macht sich mit Marie Saudhof die dritte Generation auf, den Familienbetrieb weiterzuführen. Neues Mitglied im Team ist Robbi, (fast) ein Autonomer.

Von Erik Pilgermann

Fast sind sie soweit, die Zuckerrüben. Für Marie Saudhof und ihren Vater Matthias geht damit eine arbeitsreiche Saison dem Ende entgegen. Im unteren Saaletal lebt und arbeitet ihre Familie.

Marie, Du repräsentierst die dritte Generation Saudhof hier in Nelben. Seit wann ist Deine Familie auf dem Hof tätig?
Marie: 1991 sind meine Großeltern aus Niedersachsen nach Nelben gekommen und haben den Betrieb gekauft und nach und nach aufgebaut.

War das auch der erste Kontakt Deiner Familie mit der Landwirtschaft?
Marie: Oh nein, die Tradition reicht schon viel, viel länger zurück. Aber das kann mein Vater genauer beantworten.
Matthias: Bis zur Verbrennung der Kirchenbücher im dreißigjährigen Krieg lässt sich das sicher belegen. Wahrscheinlich hat unsere Familie noch deutlich länger mit der Landwirtschaft zu tun.

Marie Saudhof und  ihr Vater Matthias
Marie Saudhof und Vater Matthias

Wie sieht es mit Dir aus, Marie? Seit wann bist Du aktiv?
Marie: Seit 2013, da hab ich meine Ausbildung zur Landwirtin begonnen. Im Anschluss hab ich noch meinen Agrarbetriebswirt gemacht. Nach acht Jahren Rumtingeln in der Weltgeschichte bin ich im Januar diesen Jahres wieder auf unserem Hof gelandet.

Wo hast du gelernt?
Marie: Meine Ausbildung habe ich ganz konventionell auf zwei Betrieben in Hessen und Niedersachsen gemacht. Den Agrarbetriebswirt hab ich dann in Celle und Münster absolviert.

Wirtschaftet Ihr seit 1991 ökologisch?
Matthias: Nein, die Umstellung erfolgte erst 2001. Da haben wir die ersten 130 Hektar umgestellt. 2017 dann haben wir den restlichen Betrieb nachgezogen.

Welches waren die Gründe, die Euch zur Umstellung bewogen haben?
Marie: Zum einen war und ist es die persönliche Überzeugung. Wenn man schon Bio macht, muss man auch dahinterstehen. Zum anderen zählt für uns aber auch ganz klar der finanzielle Aspekt. Wir müssen mit unserer Arbeit auch Geld verdienen. Wir haben nach der Umstellung der ersten 130 Hektar die Betriebsabschlüsse beider Betriebsteile verglichen. Und wenn man dann sieht, dass sich mit 130 Hektar Ökofläche genauso viel Geld verdienen lässt, wie mit 500 konventionellen, braucht man nicht mehr lange zu überlegen.

Womit genau verdient Ihr heute eure Brötchen?
Marie: Wir sind ein reiner Ackerbaubetrieb und haben jedes Jahr zwischen zehn und fünfzehn Früchte im Anbau. Die Schwerpunkte liegen dabei auf dem Getreide und den Hackfrüchten Zuckerrüben und Mais.

Stichwort Zuckerrüben: Das ist ja im Ökolandbau eine sehr anspruchsvolle Kultur. Ihr setzt einen autonomen Feldroboter für Aussaat und Bestandspflege ein. Wie seit Ihr darauf gekommen?
Marie: Der Roboter läuft bei uns jetzt schon im zweiten Jahr. Drauf gebracht haben uns die Schwierigkeiten, die wir in den Ökorüben mit den Unkräutern haben. Die Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, sind die kamerageführte Hacke oder Striegeltechnik und die Handhacke. Die kamerageführte Hacke in Kombination mit dem Striegel schafft es nicht, die Rüben sauberzuhalten, und die Handhacke grenzt an moderne Sklaverei und ist außerdem viel zu teuer. Als dann die Firma Farmdroids den Roboter auf den Markt gebracht hat, war im Grunde für uns klar: Das Ding wird bestellt.

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(c) Matthias Lech

Wenn man etwas bestellt, erfährt man meist auch den Preis. Was kostet denn so ein Feldroboter in der Anschaffung?
Marie: Wir waren einer von den ersten zehn Betrieben in Deutschland, die einen Roboter angeschafft haben. Da das alles im vergangenen Jahr ja noch ziemlich in den Kinderschuhen steckte, haben wir 65.000 € plus Steuer für unsern Robbi bezahlt. Mittlerweile laufen über hundert Stück in Deutschland.

Was genau kann der Roboter an Arbeiten ausführen?
Marie: Er kann die Rüben legen, sie striegeln und im Anschluss auch hacken. Bei uns kommt er ausschließlich in den Zuckerrüben zum Einsatz. Viele nutzen ihn aber auch in Zwiebeln oder Rote Bete. Auch von ersten Einsätzen in Raps hab ich inzwischen erfahren.

Eure Erfahrungen mit der Technik sind nach zwei Jahren also überwiegend positiv?
Marie: Finanziell betrachtet, lohnt es sich auf jeden Fall, da es deutlich günstiger ist als die Handhacke. Vom Arbeitsaufwand für uns ist es aber deutlich mehr geworden. Der Roboter ist praktisch wie ein kleines Kind, das rund um die Uhr betreut werden muss. Wenn das nachts auf dem Acker schreit, muss man eben hinfahren und sich um die Störung kümmern, da der Roboter im Idealfall ja rund um die Uhr laufen soll. Gerade während der Bestellung bedeutet das viele, viele schlaflose Nächte. In diesem Frühjahr haben wir uns deshalb schon einen Schichtplan gemacht und uns nachts abgewechselt.

Wo rühren die Probleme her?
Marie: Das ist eine bunte Mischung. Zum einen Softwareprobleme, wo man nach 20 Uhr Schwierigkeiten hat, einen Techniker zu erreichen. Aus der Not heraus haben wir inzwischen gelernt, viele der technischen Probleme selbst zu beheben. Zum anderen hatten wir aber auch schon Probleme mit Saatgut. Durch mangelhafte Pillierung ist das einfach nicht durchs Säaggregat gelaufen, sodass wir dauernd Verstopfungen an den Saatscheiben hatten. Dann gibt es noch verschmutzte Sensoren und vieles mehr.

Wie genau arbeitet der Roboter eigentlich, wenn er im Bestand unterwegs ist?
Marie: Er kann sowohl in der Reihe als auch zwischen den Pflanzen hacken. Für den Pflanzenzwischenraum verfügt er über einen Hackarm mit einem Messer, das in den Zwischenraum schießt. Die Zwischenräume erkennt er anhand der GPS-Koordinaten der Rübenpillen. Die merkt er sich nämlich bei der Aussaat. Er legt die Pillen auch so ab, dass man im Bestand alle zehn Grad im Winkel eine Reihe erkennen kann. Also, er merkt sich die Koordinaten und hackt um sie herum. Das ganze funktioniert ohne Kamera. Aber auch hier können Fehler passieren. Während der letzten Aussaat war es zum Beispiel zeitweise sehr feucht. Das hatte zur Folge, dass die Rübenpillen nach der Säscheibe von der verklebten Andruckrolle ein Stück mitgenommen wurden und so von den GPS Koordinaten abwichen. Aus den verrollten Pillen wurden dann Verluste beim Hacken. Genaues Arbeiten und möglichst lückenlose Kontrolle sind deshalb total wichtig.

Steht Ihr in direktem Kontakt mit dem Hersteller des Roboters?
Matthias: Wir bekommen so alle vier Wochen etwa einen Sack Möhren für die Versuchskaninchen … Ernsthaft, nachdem ich das mal in einem Gespräch angebracht habe, haben wir tatsächlich am nächsten Tag per UPS einen Sack Möhren von Farmdroids bekommen.

Würdet Ihr Euch mit dem Wissen von heute noch mal für so einen Feldroboter entscheiden?
Marie: Ja, keine Frage. Aus unserer Sicht gibt es dazu keine Alternative.
Matthias: Wir leben hier im Regenschatten vom Harz und ernten im Ökobereich zwischen 180 und 350 Dezitonnen Rüben pro Hektar. Dazu kommt der superfrühe Rodetermin 1. September für Ökorüben. Der ganze Herbstzuwachs geht uns flöten. Bei im Schnitt also 200 Doppelzentnern nützt es dir nichts, wenn du zweieinhalbtausend Euro für Handhacke ausgibst. Das ist Geld, das du nicht hast. Wir müssen maximal Kosten sparen, um weiter wirtschaftlich zu sein.

Seit wann baut Ihr Ökorüben an?
Matthias: Wir haben 2014 für Südzucker angefangen. Damals gab es noch die Zuckerfabrik in Warburg zwischen Göttingen und Kassel. Das waren 200 km von hier und ging transporttechnisch grad noch so. Die Fabrik wurde vor zwei Jahren zugemacht, und die Ökorüben verarbeiten sie jetzt in Rain am Lech, 460 km von hier entfernt und damit für uns unwirtschaftlich. Wir konnten in dem Jahr noch zu Nordzucker wechseln. Jetzt werden unsere Rüben in Schladen zwischen Goslar und Salzgitter verarbeitet. Das ist 90 km entfernt und somit eigentlich ganz gut aufgehoben. Wir nutzen die Transportkette der Zuckerfabrik, lassen unsere Rüben aber wegen der besseren Reinigung zwei mal über die Lademaus laufen.

Wieviel Hektar Rüben baut Ihr insgesamt an?
Marie: Für unseren Roboter theoretisch zu viele. Er soll laut Hersteller 25 bis 30 Hektar bewältigen können. Wir haben mit ihm in diesem Jahr 73 Hektar ausgesät. Durch die geringe Flächenleistung des Roboters von drei bis vier Hektar in 24 Stunden beim Drillen mussten wir sehr zeitig mit der Aussaat beginnen. Zu zeitig, denn die ersten acht Hektar waren zwar gut aufgelaufen, sind uns aber erfroren. Bleiben also noch 65 Hektar. Beim Hacken schafft Robbi übrigens fünf bis sechs Hektar in 24 Stunden.

Marie, eine Frage zum Schluss. Du bist seit Januar diesen Jahres wieder auf dem elterlichen Hof. Steht für Dich, steht für Euch fest, dass Du den Laden einmal weiterführst?
Marie: Das kann man so sagen. Wir finden uns gerade zusammen.
Matthias: Unser Plan sieht so aus, dass wir zwei, drei Jahre parallel laufen werden und auch eine Vater-Tochter-GbR ins Leben rufen und dann werde ich mich rausziehen.


Mehr über Marie und ihre Erlebnisse in der Landwirtschaft findet ihr auf ihrem Instagramkanal und auf www.bauernhof-nelben.de. Schaut unbedingt bei ihr vorbei.



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