Deutscher Sojaförderring: Freunde der Sojabohne
Seine 40. Lehrfahrt unternahm der Deutsche Sojaförderring in den Nordosten Deutschlands. Die mageren Böden sind für den Anbau der anspruchsvollen Hülsenfrucht nicht gerade prädestiniert. Dennoch gab es einige Aha-Erlebnisse …
Da staunten die knapp 40 Teilnehmer der „Sojalehrfahrt 2021“ nicht schlecht, dass in der Brandenburgischen Streusandbüchse überhaupt Soja wächst. Es war die 40. Jahresexkursion, die der Deutsche Sojaförderring e. V. vergangene Woche unternahm und die erste, die ihn in den Nordosten Deutschlands führte. Sitz des Vereins ist Emmendingen im Südwesten Baden-Württembergs nördlich von Freiburg im Breisgau. Seit 1980 – mit einer coronabedingten Unterbrechung im vergangenen Jahr – machen sich sojaaffine Landwirte, Berater und Forscher auf mehrtägige Erkundungstouren, die der Verein organisiert.
Feldbesichtigung am Zalf in Müncheberg
Erste Station am vergangenen Montag: das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg. Interessierte aus ganz Deutschland, Österreich und Luxemburg waren angereist, um mehr über den Sojaanbau auf eher sandigen Böden unter kontinentalen Klimabedingungen zu erfahren. Dr. Moritz Reckling vom Zalf hat zur Wiederbelebung des Leguminosenanbaus in Europa promoviert, dafür 2019 den Forschungspreis der Stadt Müncheberg erhalten und erläutert der Gruppe die aktuellen Versuche der Arbeitsgruppe Ressourceneffiziente Anbausysteme (Schwerpunkt Soja).
Themen waren Anbaudiversifizierung, Bodenbearbeitung und Beregnung bzw. Trockenstress, ein Sortenversuch mit Soja, Lupinen und Ackerbohnen zur Ertragsleistung im Vergleich, Trockenheitsresistenz, Mischanbau mit Winterweizen, Soja-Anbauverfahren mit Zwischenfrüchten bzw. Untersaaten zur Reduzierung der Herbst-Nmin-Gehalte und Untersuchungen zur Präsenz von Knöllchenbakterien in Böden Nordostdeutschlands, die bisher noch keine Sojabohnen trugen.
Eindrücke eines Soja-Spezialisten
Jürgen Recknagel, seit 20 Jahren geschäftsführender Vorsitzender des Sojaförderrings und Leiter des Sachgebiets Ökologischer Landbau des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) mit drei Jahrzehnten Erfahrung im Soja-Versuchsanbau Soja hat seine Eindrücke in einem Bericht zusammengefasst:
„Frappierend war der Unterschied zwischen zwei benachbarten Parzellen der Sorte Merlin, die am selben Tag gesät wurden: Während die nach Pflugfurche mit herkömmlicher Saatbettbereitung bestellte Parzelle einen schönen, bereits mit der Abreife beginnenden Bestand aufwies, präsentierte die in Mulchsaat bestellte Nachbarparzelle einen eher lückigen, heterogenen, schwach entwickelten Bestand, der noch keine Anzeichen der Reife aufwies. Dies unterstrich eindrücklich, wie wichtig eine erfolgreiche Bestandesetablierung für den Anbauerfolg ist“, schreibt Recknagel.
Recknagel weiter: „Bei den Sortenversuchen zeigten die Sojasorten der Reifegruppe 000 (lt. Sojaring geeignet für nicht so günstige Standorte mit deutlich früherer Ernte, Anm. der Red.) erfreuliche Bestände, von denen die frühesten in der Abreife bereits weit fortgeschritten waren. Aber auch die späteren lassen bei günstiger Herbstwitterung eine Abreife in den nächsten vier Wochen erwarten.
Im Mittel der Jahre 2018 bis 2020 lagen die Sojaerträge in diesem Versuch bei Beregnung immer deutlich über denen der Lupinen. In den Jahren 2017 bis 2019 gilt dies auch für die unberegneten Bestände. Ohne Beregnung lagen die Lupinenerträge lediglich im Jahr 2020 über den Sojaerträgen, trotz Ackerzahlen zwischen 25 und 35. Bei den Untersaaten zur Reduzierung des Nitratauswaschungsrisikos nach Sojabohnen gab lediglich die Untersaat von Weidelgras Anlass zur Hoffnung auf einen gewissen Erfolg“, vermerkt Recknagel.
Knöllchenbakterien sorgen für Überraschung
Mosab Halwani und Dr. Richard Omari sorgten mit ihren Ausführungen zum Einfluss von lokal isolierten Bradyrhizobium-Stämmen auf Kornertrag und Knöllchenbildung für Erstaunen in der Runde. Recknagel fasst zusammen:
„Die Untersuchung von Böden Nordostdeutschlands, auf denen noch nie Soja angebaut wurde, zeigte erstaunlicherweise Spuren von 400 verschiedenen Stämmen an Soja-Knöllchenbakterien der Gattung Bradyrhizobium japonicum. Davon werden nun einige in Japan auf ihre N-Fixierungsleistung untersucht und ggf. für die Entwicklung von Impfmitteln verwendet. Da sie in hiesigen Böden natürlicherweise nur in äußerst geringer Konzentration vorkommen, lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass auf eine Impfung von Sojabohnen mit bewährten Impfmitteln verzichtet werden kann.“
20 Autominuten von Münchberg entfernt stellte Marcel Budras, Pflanzenbauleiter der Komturei Lietzen, den Soja-Anbau des Betriebes auf zwölf Hektar am Standort Tempelberg vor. Zudem geht es um den Soja, den der Betrieb im Rahmen des Zalf-Projektes PatchCROP auf quadratischen Schlägen von je 0,5 ha im Versuchsanbau heranwächst.
Budras ist ein Soja-Einsteiger. Der Betrieb baut erst seit zwei Jahren Soja an. Fürs nächste Jahr ist eine Erweiterung der Anbaufläche auf 40 ha geplant. Budras’ bisherigen Erfahrungen sind durchwachsen: Den Anbau auf Flächen unter 30er Bodenwertzahl erachtet er als wenig sinnvoll. Pech hatte er im vergangenen Anbaujahr auch mit dem Impfmittel: Radicin wurde inzwischen vom Markt genommen. Mit HiStick, dem Impfmittel der Wahl in diesem Jahr, hofft er, bessere Erträge zu erzielen. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen Budras als Praxispartner des PatchCROP-Projektes kämpft – zum Beispiel mit der Landtechnik bei den kleinen Feldgrößen auf Touren zu kommen –, zollten ihm die Teilnehmer der Sojalehrfahrt Respekt. Dass sich jemand im Osten damit herumschlagen muss, war für sie ein Grund mehr, sich zu wundern.
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Erzeugergemeinschaft Fürstenberg: Soja für Legehennen
Tags drauf ging es für die Gruppe weiter nach Mecklenburg. An dieser Stelle übergeben wir ganz an Jürgen Recknagel, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender des Deutschen Sojaförderinges e. V.:
„Der zweite Tag begann mit der Vorstellung der Erzeugergemeinschaft Fürstenhof, einem Zusammenschluss von 28 ökologisch wirtschaftenden Legehennenbetrieben zwischen Rostock und Anklam, mit gemeinschaftlicher Vermarktung und Außenwirtschaft durch den Verantwortlichen für die Feldbewirtschaftung von 5.000 ha, Christian Littmann. Auch dort sind die Ackerböden häufig sehr heterogen mit Ackerzahlen zwischen 12 und 60, je nach Sand- bzw. Schluff- und Tonanteil. Erste Versuche mit dem Anbau von Sojabohnen erfolgten bereits 2009. Rückschläge gab es vor allem infolge von ungenügendem Erfolg bei der Unkrautregulierung sowie auf Böden geringer Wasserspeicherfähigkeit in Trockenjahren.
Soja nur noch auf Flächen mit Ackerzahlen über 30
Eine Konsequenz daraus ist, dass Sojabohnen nicht mehr auf Flächen mit Ackerzahlen unter 30 angebaut werden. 2021 umfasst der Anbau 35 ha, aufgeteilt in die vier Sorten Aurelina, Abelina, Alicia und Marquise. Mit Blindstriegeln und zweimaligem Hacken mit einer kameragesteuerten 12-m-Hacke (50 cm Reihenabstand) wurden sehr saubere Bestände erreicht, die auch bereits mehr oder weniger ausgeprägte Zeichen der Abreife aufwiesen. In ungünstigen Jahren mit später Abreife wird aber auch ab 20 % Kornfeuchte gedroschen, da dank einer eigenen Biogasanlage kostengünstig getrocknet werden kann.
Hühnerfutter: Die Mischung machts
Für die Versorgung der Legehennen sind neben dem Anbau von Getreide und Sonnenblumen (1.000 ha) aktuell beim Anbau der 20-35% Körnerleguminosen die Ackerbohnen (570 ha; Sommer- und Winterform; 1,5-4,5 t/ha), Blaue Süßlupinen (550 ha; 2-2,5 t/ha) und Erbsen (360 ha; 2,5-5 t/ha) noch weitaus bedeutender als die Sojabohnen (1-2,7 t/ha). Deren Anbaufläche soll aber wegen der hohen Eiweißgehalte und -qualitäten ausgeweitet werden. Zur Ermittlung der für den Standort am besten geeigneten Sorten werden in einem Streifenversuch neben den vier Sorten des Feldanbaus weitere vier Sojasorten und auch zwei Sorten Kichererbsen getestet. Eine Toastanlage für die Aufbereitung von Sojabohnen zu Hühnerfutter ist in Planung.
Versuche zu Kälte- und Trockenheitstoleranz
Nach einem Mittagsimbiss am Feldrand ging es weiter nach Groß-Lüsewitz bei Rostock, zum Versuchsfeld des Julius-Kühn-Institut auf ebenfalls eher sandigen Böden. Dort arbeitet Dr. Christiane Balko bereits seit 2011 mit Sojabohnen, u. a. zu Fragen der Kälte- und Trockenheitstoleranz. Während sich bei der Kältetoleranz zum Teil gravierende Sortenunterschiede zeigten, sind diese bezüglich der Trockenheitstoleranz geringer. Seit 2021 untersucht sie die Reaktion von 39 Sojasorten auf Ertrag und Reife bei früher (21.04.2021) und später Aussaat (10.05.21).
Gesucht sind kälteresistente Sorten, die früh gesät werden können und dank kurzer Abreifephase in einer somit verlängerten Vegetationsphase höhere Erträge bringen und dies möglichst zuverlässig. Obwohl der früh gesäte Block mit eigentlich zu niedrigen Bodentemperaturen konfrontiert war (aber ohne Nässe), zeigte er auch Anfang September noch einen erkennbaren Entwicklungsvorsprung und eine 5-10 cm größere Bestandeshöhe, wobei sich auch Unterschiede zwischen den Sorten zeigten. Entscheidend werden aber die Ernteergebnisse sein.
Sojabohnen – siliert oder gedroschen
Nach Übernachtung in Güstrow wurden am dritten Tag noch zwei Betriebe im Raum Schwerin besucht: Der vorwiegend biologisch wirtschaftende Agrarhof Brüel mit 1200 Kühen der Rasse Jersey bewirtschaftet 3000 ha mit Ackerzahlen zwischen 18 und 55. Neben Winterroggen, Winterweizen, Lupinen, Erbsen, Ackerbohnen und Hafer werden 2021 auch 50 ha Sojabohnen der Sorte Marquise angebaut.
Da der Ertrag in der Fütterung von Milchvieh Verwendung findet, entscheidet sich Anfang Oktober, ob die Sojabohnen siliert oder gedroschen werden: Sind die Blätter noch an den Pflanzen, wird in Folienschläuche siliert; sind sie ab, wird gedroschen. Anfang September zeigte sich der nach Landsberger Gemenge gesäte Bestand nach zweimaligem Blindstriegeln und einmaligem Hacken sehr sauber und bereits gelb verfärbt, sodass er vermutlich gedroschen werden kann. Für überwiegend süddeutsche Augen war der neue Offenstall für 600 Kühe mit acht Melkrobotern und halbtäglich abwechselnder Weidegelegenheit ein ungewohnter Anblick, aufgrund seiner Sauberkeit, Helligkeit, guten Luft und dem äußerst friedlichen Tierbestand jedoch durchaus überzeugend.
Abellina und Marquise mit schönem Hülsenansatz
Letzter Besichtigungspunkt war die Agrarproduktionsgesellschaft Lübesse mit 2.250 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, davon ca. 1.725 ha Ackerland, meist Sand mit Ackerzahlen von 17-22. Davon werden ca. 320 ha beregnet, meist jedoch nur Kartoffeln und Zwiebeln. Die anderen Feldfrüchte, darunter auch die Sojabohne, müssen in der Regel ohne Bewässerung auskommen. Hauptkulturen mit je 500 ha sind Winterroggen (25-50 dt/ha) und Silomais (6-10 t TM/ha), daneben Winterweizen, Kartoffeln, Erbsen und Zwiebeln. Soja wird auf 19-100 ha angebaut (6-20 dt/ha; beregnet 34 dt/ha). Dabei zeigten die Hauptsorten Abellina und Marquise auf dem extrem sandigen Standort einen schönen Hülsenansatz und beachtlichen Reifefortschritt.
Einige andere in einer Sortendemonstration gezeigte Sorten hatten dagegen einen deutlich schwächeren Hülsensatz. Dies zeigt, wie wichtig standortspezifische Sortenversuche gerade auf extremen Standorten sind.
Mittels Kalttest die Triebkraft untersuchen
Bei dieser Gelegenheit wies Christian Gaisböck, Geschäftsführer der MFG-Deutsche Saatgut, auch auf die Bedeutung einer guten Saatgutqualität für einen erfolgreichen Sojaanbau hin: Gerade bei Partien mit Keimfähigkeiten unter 85 % ist es wichtig, mit einem Kalttest auch die Triebkraft zu untersuchen, da diese hier noch deutlicher unter dem Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebenen Keimfähigkeitsuntersuchung liegen kann. Im Extremfall konnten Differenzen um bis zu 30 % festgestellt werden. Was bei günstigen Auflaufbedingungen noch gut gehen mag, kann unter schwierigen Auflaufbedingungen auch in der Praxis zu sehr schwachen Beständen führen. In der Folge können solche Bestände stark verunkrauten und müssen im schlimmsten Fall letztlich umgebrochen werden. Deshalb verzichtet die Firma MFG auf die Auslieferung von Partien mit schlechten Ergebnissen im Kalttest, auch wenn diese aufgrund des Ergebnisses der Keimfähigkeitsuntersuchung von über 80 % verkehrsfähig wären.„