Investitionen im Familienbetrieb: Aus eigener Kraft gewachsen
Vor 30 Jahren ist Familie Mann als Wiedereinrichter mit Schulden gestartet. An Fremdkapital wurde immer nur das nötigste aufgenommen. Mit der Finanzstrategie, Überschüsse wieder in den Familienbetrieb zu reinvestieren, sind sie gut gefahren.
Wer als Unternehmer des Jahres ausgezeichnet wird, muss vieles richtig gemacht haben. Beim Familienbetrieb Mann aus Steinbeck bei Boltenhagen an der Ostsee ist das anscheinend der Fall gewesen. Sie haben 2018 vom Landkreis Nordwestmecklenburg die Auszeichnung erhalten, weil es ihnen gelungen ist, transparente Landwirtschaft und regionalen Bezug in einem Betrieb zu vereinen. 2018 konnten sich immerhin 20.000 Besucher, davon sehr viele Touristen, einen Eindruck von dem Hof verschaffen, der etwa 500 ha bewirtschaftet und 250 Kühe melkt, wo die Ställe den Besuchern offenstehen und der regelmäßig Hofführungen anbietet, insbesondere für Schulklassen.
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Wiedereinrichter aus Westdeutschland mit vernachlässigten Hofstelle
Der Familienbetrieb Mann ist über die Jahre organisch gewachsen, aus eigener Kraft sozusagen. 1991 starteten Birgit und Rainer Mann mit den drei Kindern Christian, Mathias und Christine, die damals 17, 15 und 6 Jahre alt waren, als Wiedereinrichter aus Westdeutschland mit einer vernachlässigten Hofstelle, gebrauchter westdeutscher Landtechnik und Schulden in Höhe eines Einfamilienhauses.
Heute ist es ein Familienunternehmen mit den beiden Standbeinen Landwirtschaft und Direktvermarktung, insgesamt sechs Familienarbeitskräften und acht fest angestellten Mitarbeitern sowie weiteren Saisonkräften.
Doch zum Anfang. Nach reiflicher Überlegung entscheidet das Ehepaar 1991, sein Glück in Steinbeck zu versuchen. Rainer ist kein gelernter Landwirt, sondern Landmaschinenmechaniker, aber mit großer Lust und Liebe zur Landwirtschaft. In Steinbeck liegen zwei Hofstellen direkt nebeneinander.
Zu beiden gehören 47 ha Fläche. Auf der einen stehen noch die alten Gebäude in U-Form, zum Teil aus Fachwerk und von 1864. Links und rechts Stall und Scheune und am Ende in der Mitte das Bauernhaus. Es ist der Ursprungshof von Birgits Großmutter, der relativ zügig rückübertragen wurde. Im Wohnhaus lebt eine Arbeiterfamilie der Agrargenossenschaft und in einer separaten Wohnung ein Onkel von Birgit. Auf der anderen Hofstelle stehen zwei Jungvieh-Offenställe mit Siloanlage von 1958. Bewirtschaftet wurden die Hofstellen vom Volkseigenen Gut (VEG) Elmenhorst.
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das Konzept der Berater abgelehnt
Die norddeutsche Bauernsiedlung hat damals ein Betriebskonzept erstellt. Da sie Milchviehhaltung machen wollten, empfahl das Beratungsunternehmen den Bau eines neuen Boxenlaufstalles für 50 Kühe. Da zu der Zeit die Zinsen noch relativ hoch waren, entschieden sich die Manns dagegen. Die Berater konnten das damals nicht verstehen, denn es gebe doch Zinsverbilligungen und Zuschüsse. Rainer dazu: „Ich habe gewaltigen Respekt vor Geld, und bei einem Kredit muss ich mehr Geld zurückbringen, als ich geholt habe. Wir haben spitz gerechnet, was wir fürs Anfangen an Kredit brauchen. Da sind wir auf eine Summe gekommen, die einem neuen Wohnhaus in Niedersachsen entsprach.“
Statt neu zu bauen, wurden die beiden DDR-Offenställe Ställe auf der Nachbarhofstelle von der Agrargenossenschaft gekauft, aber ohne den Grund und Boden darunter. Der und weitere Flächen gehörten einer alten Frau aus Westdeutschland mit Sozialbetreuung und wurden gepachtet.
„Das gegenseitige Vertrauen sollte man nicht verspielen“
Gestartet ist der Familienbetrieb Mann mit gebrauchter Technik. Einer der beiden Ställe wurde für Milchkühe umgerüstet und ein Fischgrätenmelkstand installiert. Am 1. November 1991 kam das erste Milchgeld, 8.500 D-Mark. „Dann haben wir das System entwickelt, dass alles, was an Einnahmen reinkommt und nicht zum Leben gebraucht wird, wieder zurück in den Betrieb geht“, erklärte Rainer. So ist es bis heute geblieben und Fremdkapital wurde nur in Anspruch genommen, wenn es nicht anders ging. Das lies damals aber auch nicht lange auf sich warten. Die Verpächterin der zweiten Hofstelle musste ihre Flächen verkaufen. Der Kauf – 300.000 D-Mark – der Hofstelle und der dazugehörigen Flächen wurden über die alte Hausbank in Nienburg/Weser finanziert, ohne dass der Bankberater das Objekt je in Augenschein genommen hat.
Damit hatte sich die Investitionssumme von einem Tag auf den anderen verdoppelt. Damals hatte das Ehepaar deswegen ziemliche Bauchschmerzen. Jetzt sind sie 30 Jahre da und die Sache ist seit zehn Jahren erledigt. Mit der Bank arbeiten sie heute noch zusammen, sind aber natürlich auch Kunde der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest. Rainer betont: „Wir sind so gestrickt. Ob Banken oder Händler, womit wir mal gut zusammengearbeitet haben, auch gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt haben, da wechseln wir nicht so schnell. Denn wenn ich ewig wechsle, bin ich immer der Neue. Das gegenseitige Vertrauen sollte man nicht verspielen. Auch wenn der eine mal etwas billiger kann oder mehr gibt, irgendwann später holt er es sich irgendwie wieder zurück.“
Jüngster Landwirtschaftsmeister
Christian, der älteste Sohn, hat relativ schnell die Schule beendet und eine Berufsausbildung zum Landwirt angefangen. Er war damals der jüngste Landwirtschaftsmeister in Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig hat Christian die Liebe zum Vieh gefunden. Der Familienbetrieb Mann wurde organisatorisch geteilt. Rainer ist seitdem hauptsächlich für die Außenwirtschaft zuständig und Christian für die Innenwirtschaft mit den Tieren. So hat jeder seinen Zuständigkeitsbereich.
beachtliche zuchterfolge mit international bekannter Kuh „MPH Bess“
Nachdem seine Tochter Christine Landwirtschaft studiert hat, engagiert sie sich vor allen in der Zuchtarbeit des Betriebes, also bei Anpaarung der Kühe und auch Embryotransfer. Hier kann sie auf einige sehr gute Kuhfamilien aufbauen und der Familienbetrieb Mann schon etliche Erfolge nachweisen.
Dazu gehört die international bekannte Kuh MPH Bess. Die Kuh hat bereits zahlreiche hoch genomische erfolgreiche Nachkommen, unter anderem den Stationsbullen „Sezuan“ bei der RinderAllianz.
Kuhstall viermal umgebaut
Der Kuhstall spiegelt die Entwicklung des Betriebes wider. Der alte Stall in der Mitte für 50 Kühe, der mit Unterstützung der Agrargenossenschaft Klütz umgebaut wurde, steht für den Anfang.
1993 wurde für eine zweite Milchquote eine Vater-Sohn-GbR gegründet. Deswegen wurde an der einen Seite angebaut. Später wurde Milchquote zugekauft. Daraufhin wurde an der anderen Seite angebaut. Nach ein paar Jahren wurde nach vorne erweitert, ebenfalls wegen zusätzlicher Milchquote.
Zum Ende des Quotenzeitalters durfte der Betrieb 2,2 Mio. kg Milch liefern. So wurde der alte Kuhstall insgesamt viermal erweitert. Jeweils finanziert durch Kredit und Eigenmittel.
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Zwischendurch folgte 2014 mit einem neuen Melkstand inklusive Gebäude nochmal eine große Investition (400.000 Euro), die anfangs ebenfalls zu leichten Bauchschmerzen bei Rainer führte. Trotzdem ging er mit der Entscheidung seiner Kinder mit. Christian erklärt: „Damals haben wir in dem Fischgräten-Melkstand (2 x 8) gemolken, wie das früher war, unten in einer Grube und oben eine flache Decke, ziemlich dunkel und im Sommer heiß und stickig. Nicht die optimalsten Bedingungen für einen selbst und erst recht nicht für einen Mitarbeiter. So wäre es schwierig geworden, einen neuen Melker zu finden.“
Mit neuem Melkstand weiter gewachsen
Da die Melkzeiten aufgrund der wachsenden Herde immer länger wurden (zweimal vier Stunden pro Tag), musste melktechnisch etwas gemacht werden. Außerdem war Christians Ehefrau Cordula damals gesundheitlich angeschlagen. Deshalb stand die grundsätzliche Überlegung im Raum, ob sie überhaupt weitermachen sollten mit der Milchviehhaltung.
Der Familienbetrieb Mann hat sich fürs Weitermelken entschieden. Mit dem Doppelzwölfer-Side-by-Side-Melkstand dauert ein Melkdurchgang heute nur drei Stunden, und das mit mehr Kühen. „Der neue Melkstand ermöglicht ein Arbeiten in einer freundlichen hellen Umgebung und er war auch der Grundstein, um noch weiter wachsen zu können in der Kuhzahl“, erklärt Christian, und Christine fügt hinzu: „Mit dem aufkommenden Mitarbeitermangel haben wir im Nachhinein schon überlegt, ob das die richtige Entscheidung war mit dem Melkstand, oder ob Melkroboter nicht besser gewesen wären. Doch wir lieben das Melken und wollen die Kühe auch jeden Tag sehen und anfassen.“ Zehn Tage hintereinander erledigt heute ein fest angestellter Mitarbeiter das Melken. Danach hat er vier Tage frei. Dann ist Cordula Chefin im Ring.
Über die Jahre wurde der zweite DDR-Jungviehstall umgebaut für die Trockensteher und die frischmelkenden Kühe. Dafür musste das Jungvieh umziehen in eine Fertigbauhalle, die in zwei Bauabschnitten erstellt wurde. Es kam eine Maschinenhalle zu dem Hofkomplex hinzu und im Nachbardorf wurde eine Halle zur Getreidelagerung (25 x 70 m) gekauft. 2003 wurde eine Fahrsiloanlage für das Futter gebaut.
Angebot zu hoch, also selbst bauen
Nachdem klar war, dass es mit der Milchviehhaltung weiter vorangehen sollte, musste auch in der Kälberhaltung etwas passieren. Früher waren die Kälber im Familienbetrieb Mann vorne in der Scheune. Die Kälberiglus standen über den Hof verteilt. Der Gesundheitsstatus der Kälber in der Scheune war laut Christian nicht der beste. Die erste Überlegung war ein kompletter Neubau für die Kälber. Es wurden Angebote eingeholt mit Kostenschätzung usw. Da waren dann Summen um 150.000 Euro im Gespräch. Das war den Manns viel zu teuer. Sie entschieden, den Kälberstall selbst zu bauen. Die alte Siloplatte neben dem Trockensteherstall bot sich als zukünftiger Kälberstall an. Der Kälberstall wurde von Christian als Offenstall geplant und mit einfachen Mitteln in Eigenregie von der Familie gebaut.
2008 konnte eine Hofstelle mit Ackerland im Dorf erworben werden. Das Wohnhaus wurde saniert und renoviert und bietet nun Platz für Tochter Christine und eine Ferienwohnung. Den Stalltrakt dahinter haben sich Birgit und Rainer als Wohnhaus und Ruhesitz umgebaut. So lebt jetzt auf dem großen Hof Christian mit seiner Familie.
Bildergalerie: Zu Besuch bei Familie Mann
Zusätzliche Liegeboxen für mehr Tierwohl
Die letzte große Investition des Familienbetriebes Mann gilt nicht dem Wachstum des Betriebes, sondern dem Tierwohl und der Modernisierung der Stallinneneinrichtung. Da der Stall zuletzt leicht überbelegt war, haben sich die Manns dazu entschieden, ihn zu erweitern. An dem alten Boxenlaufviehstall wurde im Frühjahr eine Boxenreihe angebaut. Es entstand ein Anbau für 44 Milchkühe.
Im Zuge der Investitionsmaßnahme sollen im alten Stall außerdem zwei Reihen Liegeboxen umgebaut und saniert werden. Dabei werden die Boxen von 115 cm auf 124 cm verbreitert. Insgesamt 250.000 Euro werden investiert. Die Manns nehmen dafür die AFP-Förderung vom Land Mecklenburg-Vorpommern in Anspruch. Geflossen ist das Geld noch nicht. Leider verfügt der Betrieb nicht über genügend hofnahes Grünland. Mit täglichem Weidegang für die Kühe hätte ein Zuschuss von 40 % (Premiumförderung) gewährt werden können.
„Zusammenhalt innerhalb der Familie ist besser, als jede Kreditzusage einer Bank“
Auf die Frage, ob er eine Zukunft in der Milchproduktion sehe, da ja ständig investiert werde, antwortete Christian: „Generell ja. Es gibt immer Schwierigkeiten. Jeder Wirtschaftszweig hat seine Höhen und Tiefen. Sicherlich wird viel gesiebt durch die Rahmenbedingungen, die die Politik und der Markt vorgeben. Man muss das als Herausforderung sehen, ständig an sich, an dem Umfeld der Tiere, an der Organisation, an dem Einkauf arbeiten und nicht auf Stand X stehen bleiben. Wer überholen will, muss auch mal die Spur wechseln und auch andere über die eigene Schulter gucken lassen, damit man nicht betriebsblind wird.“
Reiner sieht die Zukunft der Milchproduktion vor allem in Familienbetrieben bei 300 bis 500 Kühen. Über 1.000 Kühe mit Fremdarbeitskräften oder Melkroboter hält er langfristig wirtschaftlich nicht für machbar. Wenn zwei Melker pro Schicht melken, muss man insgesamt drei Melker einstellen. Das sind Kosten, die nicht weniger werden, sondern eher mehr, da der Mindestlohn steigt. Für ihn ist Familie etwas ganz Wertvolles und ganz Großes und er betont: „Ein Zusammenhalt innerhalb der Familie ist besser, als jede Kreditzusage von einer Bank.“
Birgit hat ihr eigenes Standbein
Nach 14 Jahren Betriebsaufbau musste Birgit nicht mehr so oft in den Stall. Der Landwirtschaftsbetrieb lief relativ gut rund und die Kinder waren groß. Da entschied sie sich 2005, einen kleinen Hofladen aufzumachen. Das war wahrscheinlich nach dem Entschluss, nach Steinbeck zu gehen, ihre zweitbeste wirtschaftliche Entscheidung.
Die Direktvermarktung mit hofeigenen, aber auch Zukaufprodukten lief gut an. Steinbeck liegt sehr günstig dicht an der Ostsee und am Ostseebad Boltenhagen. Viele Touristen besuchen den Hof. So mancher wollte aber nicht nur einkaufen, sondern auch gerne einen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. Also wurde die Direktvermarktung 2008 um ein Hofcafé erweitert. Es wurde sehr gut angenommen. „Das ging ab, wie Schmidts Katze. Mittlerweile hat meine Frau bis zu fünf fest angestellte Mitarbeiter, und je nach Bedarf drei bis vier Aushilfen. Es geht in der Saison montags los und hört sonntags auf mit dem Verkehr auf dem Hof. Schon 2008 lagen die Einnahmen vom Hofladen über denen vom Stall“, berichtet Rainer stolz und fügt hinzu: „Ob Hofladen, Café oder das alte Backhaus (Foto), für die Baumaßnahmen ist kein Kredit aufgenommen worden.“
Die Besucher des Hofes können nicht nur ausgewählte Lebensmittel und leckeres Essen kaufen, sondern auch zu den Kühen und Kälbern gehen. Außerdem gibt es regelmäßig Hofführungen. Dabei erfahren sie, wie Tierzucht und Ackerbau wirklich funktionieren. Laut Rainer am besten im Kreislauf mit wirtschaftseigenem Dünger. Für ihn gehört beides zusammen.
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