Lupinennetzwerk

Die Lupine – ein Multitalent

(c) Sabine Rübensaat
Ackerbau
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Nach fünf Jahren endet im Dezember die Förderung durch die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes – und damit die Arbeit des Lupinennetzwerkes. Die Abschlussveranstaltung in der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern zeigt einige Verbesserungen in Anbau und Verwertung, aber auch noch einige Baustellen.

Von Catrin Hahn

Die Konferenz in Güstrow demonstrierte einen Monat vor Ablauf des Förderzeitraumes das breite Spektrum, das unter Leitung des Lupinennetzwerkes in den vergangenen fünf Jahren bearbeitet wurde.  Insgesamt 50 Berater und Betriebe aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen haben in dieser Zeit Unternehmensstrategien für den Einsatz von Lupinen entwickelt und damit die Möglichkeiten für den Anbau sowie Verwertungsmöglichkeiten demonstriert. Die Themen reichten von der Saatguterzeugung über den Einsatz in der Milchvieh- und Schweinefütterung bis zur Vermarktung für die Herstellung von Lebensmitteln.

Die Erfahrung mit der Lupine bleibt, auch wenn die Förderung endet!

Mit insgesamt 2,25 Mio. € hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium über den Projektträger, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE, das Lupinennetzwerk gefördert. Als Partner waren neben dem Koordinator, der Landesanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern, auch die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau aus Sachsen-Anhalt, die Landwirtschaftskammern aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das Leibnitz-Zentrum für Agrarforschungssysteme (ZALF), die LMS Agrarberatung GmbH sowie das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg beteiligt. 

Blaue Lupine in der Blüte. © Sabine Rübensaat

Dr. Peter Sanftleben, Direktor der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, fasste die Entwicklung des Projektes in seiner Begrüßung zusammen: „Wir haben Licht und Schatten gesehen: Nach anfänglich stärkeren Fortschritten ließ das 2017 ausgesprochene Pflanzenschutzverbot auf Greeningflächen den Anbau wieder einbrechen. Aktuell liegen wir deutschlandweit bei 1,7 % Leguminosenanbau, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 2,3 %.

Das ist nicht genug. Es gibt für den Leguminosenanbau ein Potenzial bis 10 %. Die Kulturen sind Multitalente, die sowohl für die Fruchtfolgen als auch für den Pflanzenschutz und die Treibhausgasbilanz Vorteile bereithalten. Sie fördern die Biodiversität und bieten Eiweißalternativen – sowohl in  der Tier- als auch der Humanernährung.“ Sanftleben gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Ackerbaustrategie der Bundesregierung hier Wege eröffnet.

In seinem anschließenden Grußwort gab der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Jürgen Buchwald, bekannt, dass auf Länderebene bereits Pläne für die Fortführung nach Ende der Projektfinanzierung existieren: „Wir stellen von 2020 bis 2023 je 100.000 € aus Landesmitteln für die LFA zur Verfügung, damit die Lupine wieder einen festen Platz in der Fruchtfolge bekommt.“

Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Eiden, BLE, betonte im Namen des Projektträgers: „Die Erfahrung bleibt, auch wenn die Förderung endet.“ Er rechnet ab 2021 mit Mitteln aus der Klimastrategie des Bundes für den Eiweißpflanzenanbau: „Welche konkreten Maßnahmen damit umgesetzt werden, wird im kommenden Jahr festgelegt.“

Das Interesse wächst

Dr. Annett Gefrom (Lupinennetzwerk) © Catrin Hahn

Dr. Annett Gefrom, die Koordinatorin des Netzwerkes, fasste anschließend die Ergebnisse der fünfjährigen Arbeit zusammen. „Die Netzwerkarbeit hat viele Vorteile sichtbar gemacht. Aber auch Anbauprobleme, die weiterzuverfolgen sind. Nachdem viele Jahre nur blaue Lupinen zur Verfügung standen, stehen seit 2018 nun auch wieder drei weiße, anthraknosereistente Sorten auf der Sortenliste. Auch für die gelbe Lupine wird es demnächst Sorten geben.“

Im Ökobereich ist mangels Eiweißalternativen ein starker, sicherer Anbau zu konstatieren. Im konventionellen Bereich, erklärt Gefrom,  fehlt es noch an gesicherten Verwertungsketten. Hier sei oft noch die betriebseigene Verwertung in der Fütterung das Mittel der Wahl. Allerdings ergibt sich auch ein wachsendes Interesse der Mischfutterindustrie, wie Initiativen wie die der „Deutsche Tiernahrung Cremer“ DTC zeigen. Deren Mischfutterwerk im brandenburgischen Herzberg produziert das Futtermittel Lupicon mithilfe der patentgeschützten, im Haus entwickelte Opticon-Technologie.

Aber auch in der Eigenverwertung konnte Gefrom einige Innovationen in der Futternutzung vorstellen, zum Beispiel die Nutzung als Feuchtsilage, GPS oder nach Anhängertrocknung.

Ein interessantes Projekt ist die Entwicklung von Fischfutter für die Wolfsbarscherzeugung, die am Bremer Alfred-Wegener-Institut entwickelt wurde.

Elke zu Münster (Brotbüro) © Catrin Hahn

In Sachen Humanernährung haben die letzten Jahre viele Innovationen hervorgebracht. Darunter die Neuerungen der Brotbüro GmbH, deren Geschäftsführerin Elke zu Münster in Güstrow die Angebote des Unternehmens vorstellte. Das in Hamburg ansässige Unternehmen startete mit der Vermarktung von Lupinenmehl an Bäckereien. Neben dem Lupinenbrot gibt es heute aus der ökologisch angebauten weißen Lupine, die für das Brotbüro im Vertragsanbau erzeugt werden, eine Aufstrichmarke „Lupi Love“ sowie weitere Produkte wie Kaffee, Fleischersatzprodukte Mehle und Tempeh (ein fermentiertes Produkt zum Braten, ähnlich Tofu).

Die Unternehmen, die die weiße Lupine für das Brotbüro erzeugen, befinden sich in den Bundesländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

Aber auch die stoffliche und energetische Nutzung kam während der Projektzeitraums zu Sprache: Wie Dr. Gefrom mitteilte, widmeten sich auch Forschungsprojekte zum Beispiel der Biomasseerzeugung durch Gemengeanbau von Mais und Andenlupine. Auch dieses Projekt Lumi Opt gilt als Leuchtturm der Projektlaufzeit.

Jede lupinenArt muss extra bearbeitet werden

Dr. Herwart Böhm vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau informierte die Gäste über einige anbautechnische Fragen zum Lupinenanbau. „Es ist eine vielfältige Gattung, und jede Art muss natürlich einzeln bearbeitet werden“, begann er. Die Überwindung der ruinösen Anthraknose hat die Züchter neue Hoffnung schöpfen lassen. Schwierig aufgrund der wenigen Zulassungen ist die Unkrautunterdrückung. Auch hier, empfahl Böhm, könne bei einigen Nutzungsrichtungen der Gemengeanbau eine Hilfe sein.

Dr. Herwart Böhm (Thünen-Institut für ökologischen Landbau) © Catrin Hahn

Als schwierig habe sich vor allem in den letzten beiden heißen Sommern der Alkaloidgehalt der Sorten herausgestellt. Sorten für die menschliche Ernährung dürften nur 0,2 % Alkaloide enthalten, diesen Wert hatten weiße Lupinen öfter überschritten. Hier müsse die Züchtung für Abhilfe sorgen.

Dr. Harald Schmidt von der Stiftung Ökologie & Anbau, der für zahlreiche Anbauversuche verantwortlich war, konnte gleich im Anschluss für einige Anbauprobleme Lösungsvorschläge unterbreiten. So sei eine hohe Bestandesdichte ein Weg zur Unkrautregulierung. „Blaue Lupinen können kaum zu dicht stehen“, riet er. Zu beachten sei ein nicht zu extensiver Anbau, der würde sich unmittelbar auf die Erträge auswirken. Eine tiefe Bodenbearbeitung scheine sich auszuzahlen. Natürlich ist ein hoher Knöllchenbesatz wichtig. In diesem Zusammenhang wies er auch auf den Blattrandkäfer hin, dessen Larven besonders gern die Knöllchen an den Wurzeln ausfressen. Hier forderte Schmidt eine verstärkte Forschung, da über die Käferbiologie zuwenig bekannt sei.

Weitere Anbauhinweise bezogen sich auf die Fruchtfolgeanteile der Lupinen, obwohl sie nicht so empfindlich zu sein scheinen wie Erbsen oder Ackerbohnen. Die Verwendung von Z-Saatgut nannte er als wichtig für einen gelungenen Anbau. Schmidt kündigte für Mitte nächsten Jahres eine Broschüre zum Anbau  der Lupine an.

Gelbe und weiße lupinen wieder im Rennen

Dr. Thomas Eckhardt (Saatzucht-Steinach) © Catrin Hahn

Dr. Thomas Eckhardt vom Lupinenzüchter Saatzucht Steinach, der mit seinem Unternehmen am Lupinennetzwerk beteiligt war, ergänzte aus Züchtersicht, dass bei Lupinen durchaus ein Ertragsfortschritt von 1 dt/ Jahr zu erwarten sei. Jetzt, wo nach Überwindung der Anthraknose auch die gelben und weißen Arten wieder „im Rennen“ seien, können auch andere Standortanforderungen abgedeckt werden. Züchter konzentrierten sich bei der Arbeit in erster Linie auf den Ertrag „den kriegt der Landwirt schließlich bezahlt“. Aber auch der Rohproteingehalt, der Alkaloidgehalt, die Anthraknoseresistenz und die Platzfestigkeit seien wichtige Züchtungsziele. 

Dr. Hubert Heilmann von der LFA Mecklenburg-Vorpommern versuchte sich anschließend an einer ökonomischen Bewertung der Kultur. Seine Beobachtungen während des Projektzeitraumes hatten ihm gezeigt, dass Lupinen im Ökolandbau relativ gut verwurzelt seien. „Sie sind wichtig für N-Versorgung. Aber die nachfolgende Kultur muss den Stickstoff auch nutzen können. Hier ist Sorgfalt beim Anbau geboten und weitere Forschung!“

Dr. Hubert Heilmann (LFA Mecklenburg-Vorpommern) © Catrin Hahn

Im konventionellen Anbau bereicherten sie zwar die Fruchtfolge, die Wirtschaftlichkeit sei allerdings manchmal zu schlecht. „Negative Deckungsbeiträge gehen nicht!“ mahnte Heilmann. Doch er sehe große Potenziale im Bereich Humanernährung: „Da geht die Post ab!“

Ebenso wie sein Vorredner Eckhardt hielt er ein Plädoyer für die modernen Züchtungstechniken. Sie sind in ihrer Präzision und den relativ kurzen Zuchtzeiträumen gerade für kleine Kulturen extrem wichtig: „Ohne sie verlieren wir die kleinen Kulturen“, ist sich Heilmann sicher. Und so klangen seine Abschlussworte auch weniger optimistisch als die anderer Redner vor ihm: „Leguminosen werden eine große Zukunft haben. Nur ob wir dabei eine Rolle spielen, da bin ich mir nicht so sicher.“