Gentechnisch veränderter Weizen: Mehr Ertrag bei weniger Wasser
Argentinien erlaubte den Anbau von gentechnisch verändertem Weizen bereits vor drei Jahren. Nun folgt Brasilien. Dank eines Gens aus Sonnenblumen verträgt dieser HB4-Weizen Trockenstress besser.
Es war eine Weltpremiere. 2020 erlaubte Argentinien als erstes Land den Anbau von gentechnisch verändertem Weizen. Nun folgt Brasilien. Dank eines neu eingeführten Gens aus Sonnenblumen verträgt dieser HB4- Weizen Trockenstress besser als herkömmliche Sorten. Inzwischen haben auch wichtige Importländer Mehl aus HB4-Weizen bei sich zugelassen. Das war die Voraussetzung dafür, dass er 2022 in Argentinien tatsächlich auf die Felder kam.
Aus der Ernte wurden knapp 125.000 t Mehl gemahlen und vermarktet, noch nicht einmal ein Prozent der argentinischen Jahresproduktion. Obwohl gentechnisch verändert, müssen Weizen und Mehl nicht gekennzeichnet werden. Bereits Ende 2020 erteilte das argentinische Landwirtschaftsministerium dem Biotech-Unternehmen Bioceres die Zulassung für den Anbau seines gentechnisch veränderten HB4-Weizens (IND-00412-7).
Argentinien ist der wichtigste Weizenproduzent Lateinamerikas. 2020 wurden knapp 20 Mio. t geerntet, etwa 70 % davon werden exportiert. Die Zulassung stand deshalb unter dem Vorbehalt, zunächst wichtige Abnehmer argentinischen Weizens, allen voran Brasilien, von HB4-Weizen zu überzeugen und zu den entsprechenden Zulassungen zu bewegen. 45 % der argentinischen Weizenernte gehen nach Brasilien.
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HB4-Weizen: Export genehmigt
Ende 2021 genehmigte die brasilianische Regierung den Import von Mehl aus HB4-Weizen, später auch Australien, Neuseeland, Kolumbien, Südafrika, Nigeria und Indonesien, ein wichtiger Importeur von argentinischem Weizen. Auch die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA hatte keine Sicherheitsbedenken und gab grünes Licht – damit war der Weg frei für den kommerziellen Anbau in Argentinien. 2022 erhielten zunächst ausgewählte Betriebe HB4- Saatgut. Unter Trockenstress lieferte der HB4-Weizen 20 % mehr Erträge als herkömmliche Sorten. In Argentinien sind aktuell fünf verschiedene Weizensorten mit dem HB4-Konstrukt zugelassen.
Anfang 2023 hat auch die brasilianische Kommission für biologische Sicherheit (CTNBio) grünes Licht für den Anbau und die Kommerzialisierung von HB4-Weizen in Brasilien gegeben. Die Entscheidung treibt auch die Zusammenarbeit von Bioceres mit der brasilianischen Agrarforschungsgesellschaft EMBRAPA voran, gemeinsam regional angepasste Weizensorten zu entwickeln. Bioceres plant außerdem für 2023, einen Antrag auf Anbauzulassung in Australien und Neuseeland einzureichen. Ob HB4-Weizen nun in größerem Stil auf die Felder kommt, hängt nicht allein davon ab, ob er bei Trockenheit tatsächlich bessere Erträge bringt und sich deswegen für die Landwirte rechnet.
Entscheidend ist, ob die Absatzmärkte gentechnisch veränderten Weizen akzeptieren – das ist gerade bei einer symbolisch aufgeladenen Kulturpflanze wie Weizen keine Selbstverständlichkeit. Mit der Anbauzulassung in Brasilien sowie den Importzulassungen in mehreren Ländern sind bereits wichtige Schritte erfolgt, damit die argentinischen Bauern und Getreideexporteure keine Nachteile für ihren Weizen auf dem Weltmarkt haben.
Gentechnisch verändert: Aus der Sonnenblume
HB4-Weizen ist schon seit vielen Jahren in der Entwicklung. Daran beteiligt sind neben Bioceres die französische Firma Florimond Desprez sowie auch die argentinische Technik- und Wissenschaftsbehörde. Es wurde – noch mit klassischer Gentechnik – ein fremdes Gen übertragen. Das HaHB4-Gen stammt aus der Sonnenblume und gehört zu einer Gruppe von Genen, die an Stressreaktionen von Pflanzen beteiligt sind.
Sie helfen der Pflanze, extreme Umwelteinflüsse wie etwa Wassermangel auszugleichen. Wie das genau bei Weizen funktioniert, ist noch weitgehend unbekannt. Fest steht: HB4-Weizen bietet auch unter Anbaubedingungen, die normalerweise den Weizenertrag verringern würden, einen Vorteil. Das wurde in zahlreichen Freilandversuchen bestätigt, die seit 2009 in Argentinien, Paraguay und den USA durchgeführt wurden. Auch in Spanien gab es 2018 eine Freisetzung mit HB4-Weizen. Er enthält außer dem HaHB4-Gen ein weiteres fremdes Gen aus einem Bakterium, das eine Toleranz gegenüber dem Herbizid Glufosinat bewirkt.
Erträge sichern im Klimawandel
Pflanzen gegen Trockenheit zu wappnen, wird in Zeiten des Klimawandels ein immer dringlicheres Ziel in der Pflanzenzüchtung. Lediglich zwei weitere gentechnisch veränderte trockentolerante Pflanzen wurden bisher zugelassen: Der noch von Monsanto entwickelte DroughtGard-Mais in den USA und trockentolerantes Zuckerrohr in Indonesien.
Bei beiden wurden mit klassischer Gentechnik einzelne bakterielle Gene eingeführt, die die Pflanze bei Trockenstress stabilisieren. Da Trockentoleranz ein sehr komplexes Merkmal ist, an dem viele Gene beteiligt sind, stoßen jedoch die klassischen Züchtungsmethoden – Kreuzungszüchtung ebenso wie die klassische Gentechnik – schnell an ihre Grenzen. Deshalb werden in Zukunft neue molekularbiologische Techniken – auch die Genschere Crispr/Cas eine wichtige Rolle spielen.