Humus aus Braunkohle

Mit Herz und Boden wachsen – der Leitspruch von Novihum Technologies. (c) Novihum Technologies
Ackerbau
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Der Ruf der Braunkohle ist nicht gut. Doch nun hat sich das junge Unternehmen Novihum Technologies dem ungeliebten Rohstoff angenommen – und will damit die Böden verbessern.

Braunkohle hat ein schlechtes Image. Angefangen bei der Förderung bis hin zu den hinterlassenen Bergbaufolgelandschaften. Es ist ein Rohstoff, der außer Arbeitsplätzen und Energie wohl nichts Gutes mit sich bringt. Für ein junges Unternehmen steckt in der Braunkohle aber mehr drin.

Das Unternehmen Novihum Technologies GmbH aus Dortmund, gegründet 2012 in Dresden, hat sich der Braunkohle verschrieben – und zwar nicht zum Verbrennen, sondern zur Verbesserung der Böden. Es hat ein bodenverbesserndes Dauerhumusgranulat auf Basis von Braunkohle namens Novihum entwickelt. Laut Novihum soll es von den Huminstoffen fruchtbarster Böden nicht zu unterscheiden sein. Zusammen mit Wissenschaftlern der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) hat das Unternehmen seinen Ansatz erläutert.

Der Ansatz von Novihum Technologies

Gerade auf ackerbaulich benachteiligten Standorten ist der Humusgehalt im Boden oft gering. Diesen zu erhöhen, ist eine Herausforderung und an genau diesem Punkt setzt Novihum an. Die Braunkohle, die zur Energieerzeugung genutzt wird, besteht zu etwa 80 bis 85 % aus organischer, humoser Substanz. Warum also diese nicht nutzen, um die Böden fruchtbarer zu machen? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Die organische Substanz ist zwar in der Braunkohle vorhanden, jedoch nicht in pflanzenverfügbarer Form. Humus ist organisch gebundener Kohlenstoff. Er entsteht aus Zellulose und Lignin.

Eine Idee mit Umweg …

Dr. Horst Ninnemann ist einer der Gründer von Novihum Technologies.
Dr. Horst Ninnemann ist einer der Gründer von Novihum Technologies. (c) Novihum Technologies

Dr. Horst Ninnemann, einer der Novihum-Gründer, hatte die Idee, das Lignin zu einer Art Humus umzuwandeln. Diese Idee hatte aber Schwächen. Der Wirkungsgrad wäre zu schlecht für eine ökonomisch tragfähige Herstellung und die Zellstoffindustrie will das Lignin selbst behalten, um es zur Energiegewinnung für den Zelluloseaufschluss zu verbrennen, begründet Ninnemann. Als Alternative sollte also Braunkohle genutzt werden. Braunkohle enthält wie erwähnt bis zu 85 % stabile humose Substanz, aber nicht in der Qualität, die Pflanzen und Böden benötigen. Der Rohstoff muss also veredelt werden.

In Deutschland werden laut Ninnemann jährlich etwa 100 Mio. t Braunkohle gefördert. Für Novihum aber würden seinen Berechnungen zufolge weltweit nur 1 Mio. t Braukohle pro Jahr benötigt, um den Humusersatzstoff zu erzeugen. Bei einer Aufwandmenge von 1 t/ha könnten so 1 Mio. ha mit Novihum behandelt werden. Das Gute an der Braunkohle: Sie ist hinreichend verfügbar und „sauber“, also nicht mit Schwermetallen oder Schadstoffen belastet. Gegen ihre energetische Nutzung sprechen der hohe CO2-Ausstoß und der Eingriff in die Landschaft bei hohen Fördermengen.

… und Begleitforschung

An der BTU gibt es den Lehrstuhl für Bodenkunde und Rekultivierung. Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Hüttl und unterstützt durch wissenschaftliche Mitarbeiter wie Dr. Steffi Schillem wird hier in den Bereichen Bodenchemie, Bodenbiologie und Bodenphysik geforscht. Die Lausitz soll eine Modellregion für neue Technologien werden, da sie durch den Klimawandel bedroht ist, erläutert der auch anwesende Dr. Uwe Schneider vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ). Und Novihum ist Teil eines Konzepts namens „Construction Soils“. Dessen Ziel ist es, auch bei niedrigen Niederschlägen Ackerbau zu betreiben, ohne bewässern zu müssen. Denn die Lausitz ist eine der niederschlagsärmsten Regionen in Deutschland.

Die Anfänge von Novihum Technologies

Der Grundstein des Unternehmens liegt an der TU in Dresden, an der BTU wurde die Praxistauglichkeit erprobt. Dr. Horst Ninnemann hat an der TU Dresden Forstwissenschaften studiert. Dort hat er auch an der Biomassekonversion zu Humuskonzentraten geforscht und 2012 in Dresden das Unternehmen Novihum Technologies gegründet. Heute hat sich die Technologie aus der universitären Forschung auch auf betriebswirtschaftlicher Basis bewährt. Die Produktion von Novihum findet in Dortmund statt, dort gibt es eine Pilotanlage zur Herstellung (aktuell 1.000 t/Jahr ). Die Demonstrationsanlage ist seit zwei Jahren in Betrieb. Warum die Anlage in Dortmund steht und nicht in der Lausitz? Dafür gab es einen plausiblen, aber wenig erfreulichen Grund. Die Wirtschaftsförderung in Dortmund sei sehr schnell und agil gewesen, die in Sachsen und Brandenburg eher gehemmt, sagt der Gründer. Schade eigentlich.

Das Problem der Braunkohle ist die Qualität des organischen Kohlenstoffs, da in Braunkohle nur wenig Stickstoff vorhanden ist. Deshalb findet in einem Reaktor der Anlage eine kontrollierte Humifizierung statt. Der für die Humifizierung benötigte Stickstoff darf dabei aber nicht einfach untergemischt, sondern muss ein fester Bestandteil des Komplexes werden. Die Technologie dahinter ahmt die natürliche Humusbildung nach. Dabei werden langwierige natürliche Prozesse der Humusbildung technisch standardisiert, sodass innerhalb weniger Stunden aus Braunkohle und Ammonium die Huminstoffe in der Anlage entstehen.

Anwendung und Kosten

Novihum Technologies wird aktuell von Landwirten in den USA (Anbau von Beerenobst, Nüssen und Gemüse), Spanien, Portugal und Deutschland angewendet. Ein Gemüsebauer in Arizona beispielsweise. hat zum Ausprobieren bereits 30 t Novihum bestellt und bereits eine Folgebestellung aufge- geben, berichtet Ninnemann. Auch im Garten- und Landschaftsbau wird Novihum eingesetzt. Ein großflächiger Einsatz in Getreide wird auf 50 ha aktuell getestet. Ausgebracht wird Novihum per Dünger- oder Kalkstreuer, je nach Körnung. Seit 2012 gibt es ein Patent auf Novihum. Es gibt aktuell zwei Produkte: zum einen das Novihum N02 und das N25. Inhaltlich unterscheiden sich beide nicht. Doch die Korngrößen sind jeweils unterschiedlich (0,2 und 2,5 mm).

Natürlich bleibt am Ende noch die Frage nach den Kosten. Und ja: Diese muss auch gestellt werden, liegt der Grundpreis doch bei etwa 800 € je Tonne. Bei höheren Abnahmemengen kann er sich jedoch deutlich nach unten korrigieren. Die Angabe ist also nicht das „letzte Wort“. DB/PM