Leguminosen: Viele neue Sorten
Die Züchtung von Ackerbohnen und Körnererbsen wurde lange Zeit nur wenig beachtet, die Leguminosen galten als wenig attraktiv. Doch auf den Öko-Feldtagen 2019 wurden viele neue Sorten vorgestellt. Wir haben darüber mit zwei Experten vom Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne gesprochen.
Welche Verbesserungen bringen die neuen Ackerbohnen und Erbsensorten mit?
Ulrich Quendt: Bei den neuen Sorten ist ein Zuchtfortschritt deutlich erkennbar, zum Beispiel an den Erträgen. Da Erbsen und Ackerbohnen sich selbst mit Stickstoff versorgen und zur Stickstoffbindung Energie von der Pflanze bereitgestellt werden muss, gehen Ertragssteigerungen bei Leguminosen jedoch langsamer voran. In den Merkmalen Krankheitstoleranz, Wuchshöhe und Standfestigkeit zeigen die neuen Sorten auch deutliche Verbesserungen.
Wer beschäftigt sich mit der Züchtung dieser Leguminosen?
Werner Vogt-Kaute: Einige Züchter betreiben Erhaltungszuchtprogramme in Deutschland oder im angrenzenden Europa. Das einzige eigene Zuchtprogramm für Sommer- und Winterformen von Körnererbsen und Ackerbohnen in Deutschland betreibt die Norddeutsche Pflanzenzucht (NPZ) in Kooperation mit der französischen Firma RAGT. Bei Ackerbohnen findet zusätzlich zu den Züchtungsprogrammen der NPZ und der Saatzucht Petersen Forschung an der Universität Göttingen statt.
Quendt: Es gibt wenige Zuchtprogramme, die die Bedürfnisse des ökologischen Landbaus im Auge haben. Aus dem Programm der Getreidezüchtungsforschung Darzau wurde erstmals 2019 eine neue Wintererbse zugelassen.
Ulrich Quendt
Ulrich Quent ist Berater für Ökolandbau im Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. Er koordiniert das DemoNetErBo.
Welche Forschungsprojekte zur Züchtung von Erbsen und Bohnen gibt es?
Vogt-Kaute: Zur Kombination von Winterhärte und Vicinarmut gibt es seit 2016 das Verbundprojekt „AboVici“. Hierbei soll erstmals eine Winterackerbohne gezüchtet werden, die arm an Vicin und Convicin ist. Auf Demobetrieben des DemoNetErBo werden hierbei Schauversuche mit Versuchssaatgut durchgeführt. Im Rahmen des Projektes „IMPAC³“ geht es um die Förderung des Mischanbaus in Ackerbau, Grünland und Forst, um die alte Praxis der Mischkultur wieder in moderne Anbausysteme zu integrieren. Im Bereich Ackerbau wird getestet, welche Winterackerbohnensorten am besten für einen Mischanbau mit Winterweizen geeignet sind. International gibt es zum Beispiel das „ProFaba“-Projekt, bei dem verbesserte Zuchtpraktiken und Sorten von Ackerbohnen entwickelt werden, um die heimische Proteinproduktion in der Europäischen Union voranzutreiben.
Werner Vogt-Kaute
Werner Vogt-Kaute ist Fachberater für den Bereich Ackerbau bei Naturland und auch im DemoNetErBo aktiv.
Stehen ausreichend Sorten für den Anbau in Deutschland zur Verfügung?
Quendt: Im Vergleich zur Sortenvielfalt bei den Hauptkulturen stehen bei den Körnerleguminosen wenige Sorten zu Verfügung. Verschiedene Kooperationen zwischen den Züchtern, Handelsorganisationen und der Forschung werden genutzt, um neue Sorten in den deutschen Markt einzuführen. Von Vorteil ist hier der europäische Binnenmarkt: Wenn eine Sorte in einem Mitgliedsstaat zugelassen ist, ist diese unmittelbar in jedem anderen EU-Staat zugelassen – also auch in Deutschland. Nachteilig ist allerdings, dass nur die in Deutschland gezüchteten Sorten auch in den Landessortenversuchen getestet werden. Von den sogenannten EUSorten wird nur ein kleiner Teil auf Standorten in Deutschland getestet. Im DemoNetErBo haben die Betriebe die Möglichkeit, Sortendemos für Feldtage anzulegen. Dafür haben wir Versuchssaatgut organisiert. Interessant war, dass dabei auch die Sorten nachgefragt wurden, die nicht in den Landessortenversuchen standen.
Vogt-Kaute: Bei einigen Arten wie Wintererbsen gibt es keine Landessortenversuche, weil diese aus anderen EU-Ländern stammen. Dabei kommt es aber immer wieder zu falschen Empfehlungen aufgrund fehlender Teilnahme an den Landessortenversuchen.
Welche Vorteile bietet der Anbau von Winterungen, und welche Bedeutung hat deren Anbau bisher in Deutschland?
Quendt: Winterungen sind für Trockenstressstandorte recht gut geeignet, da sie das Wasser besser nutzen können. Sie haben im Frühjahr einen Wachstumsvorsprung im Vergleich zu Sommerungen, kommen früher zur Blüte und reifen früher ab. Mit Frühsommertrockenheit kommen sie daher relativ gut zurecht. Auf schweren Böden können Winterackerbohnen eine Alternative sein. Wintererbsen werden insbesondere im ökologischen Anbau am besten im Gemenge mit einem Getreidepartner angebaut, da die Standfestigkeit bei den hochwüchsigen Sorten nicht gegeben ist und die kurzwüchsigen Sorten von Unkraut überwachsen werden.
Werden mit Blick auf klimatische Veränderungen in Zukunft mehr Winterungen bei Erbsen und Ackerbohnen angebaut?
Vogt-Kaute: Der Anbau von Wintererbsen und Winterackerbohnen ist in Deutschland bisher noch nicht weit verbreitet, aber es gibt eine klar steigende Tendenz. Gerade auf den klassischen Ackerbohnen-Standorten in Süddeutschland haben die Sommerackerbohnen zum zweiten Mal hintereinander aufgrund der Trockenheit enttäuscht. Hier ist das Interesse an Alternativen am größten. Glücklicherweise kommen gleichzeitig neue verbesserte Winterackerbohnen auf den Markt. Die Winterhärte der Sorten ist aber weiterhin verbesserungswürdig.
Wo liegen derzeit noch die größten züchterischen Herausforderungen, um Erbsen und Ackerbohnen interessanter für den Anbau zu machen?
Quendt: Den Kornertrag und den Proteingehalt der Körnerleguminosen zu steigern, hat weiterhin höchste Priorität. Ein wesentliches Merkmal ist dafür die Ertragssicherheit bzw. -stabilität.
Wenn das vorhandene Ertragspotenzial jedes Jahr ausgenutzt werden könnte, wäre das schon ein enormer Gewinn. Dafür müssten die Ansätze zur Verbesserung der Krankheits- und Schädlingstoleranz sowie der Standfestigkeit weiterentwickelt werden. Aber auch eine Hitzetoleranz oder gleichmäßige Abreife bei feuchter Witterung tragen zur Ertragsstabilität bei. Darüber hinaus können auch der Anbau von Sorten- oder Kulturartenmischungen sowie Populationen zur Ertragssicherung beitragen. Also eine Kombination aus pflanzenzüchterischen Merkmalen und einem verbesserten Anbau.
Vogt-Kaute: Bei den Winter-Körnerleguminosen ist die Verbesserung der Winterhärte, besonders bei den Ackerbohnen, ein Thema. Gleichzeitig müssen immer auch die Erträge steigen, um mit konkurrierenden Kulturen wettbewerbsfähig zu bleiben. Natürlich gibt es immer wieder neue Probleme, auf die Züchter reagieren müssen. Dazu gehörten in den letzten Jahren zum Beispiel Nano-Viren. Glücklicherweise scheint es hierbei zumindest bei den Ackerbohnen Sortenunterschiede in der Anfälligkeit zu geben. Die Betriebe sollten die Körnerleguminosen anbauen, die auf ihrem Standort am besten passen. Es gibt ja eine schöne Auswahl von den Erbsen und Ackerbohnen über Lupinen bis zu Wicken, Linsen und Sojabohnen.
Interview: Kerstin Spory, FiBL