Raps-Züchtung: Ein Rückblick auf 50 Jahre Rapool-Ring
Der Rapool-Ring besteht in diesem Jahr seit 50 Jahren. Die Bauernzeitung sprach zum Jubiläum mit dem Geschäftsführer Dietmar Brauer nicht nur über seine erste Kindheitserinnerung mit Raps, sondern auch über die Sorten-Entwicklung und Meilensteine.
Das Gespräch führte Erik Pilgermann
Herr Brauer, der Rapool-Ring feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. In diesen 50 Jahren ist in Sachen Raps eine Menge passiert. Die Wurzeln der Rapszüchtung reichen deutlich weiter zurück und sind auch mit Ihrer persönlichen Familiengeschichte verflochten. Ihr Urgroßvater Hans Lembke begann bereits 1897 mit der Rapszüchtung. Erinnern Sie sich noch, wann Sie zum ersten Mal bewusst mit Raps zu tun hatten?
Schon in meiner Kindheit war Raps immer omnipräsent. Eine meiner ersten Erinnerungen ist die, dass ich als Junge in einem frisch abgekippten Rapshaufen auf unserem Hof „badete“, ein herrliches Gefühl. Meine Kindheit fiel auch in die Zeit der ersten Qualitätsrapszüchtungen, in die mein Vater, Dietrich Brauer, stark involviert war. Und so war zu Hause und im Betrieb der Raps ständiger Gesprächsstoff.
Ich erinnere mich noch sehr genau daran, als die ersten Isolierkammern als Gewächshäuser auf dem Hofgelände in Hohenlieth gebaut wurden. Diese Investition brachte meinen Vater zum Stöhnen, denn zu dem Zeitpunkt ließ sich der spätere wirtschaftliche Erfolg nur schwer abschätzen. Unser damaliger Saatzuchtleiter Dr. Benno Leitzke stellte aber die Forderung, das die Rapsstämme isoliert abblühen müssen. Nur so ließen sich die ersten Null-Sorten, also die erucasäurearmen, später -freien Sorten auf den Weg bringen.
Mit 15 Jahren gab es von meinem Vater dann statt einer Taschengelderhöhung ein Topangebot, in den Ferien halbtags für einen sehr guten Stundenlohn im elterlichen Betrieb in der Saatzucht mitzuarbeiten. So hat mich der Raps eingefangen und nie wieder losgelassen.
Raps Züchtung: Gründung des Rapool-Rings und Sorten-Entwicklung
Wissen Sie noch, wie die erste offiziell zugelassene Rapssorte aus dem Hause Lembke hieß?
Das ist sehr schlicht und simpel. Die Sorte hieß Lembkes Winterraps von 1911. Sie wurde damals vom DLG-Hochzuchtregister geprüft und zugelassen. Das war, wenn man so will, der Vorläufer des Bundessortenamtes.
Der Rapool-Ring ist ein Zusammenschluss aus drei Züchterhäusern. Was führte seinerzeit zur Gründung von Rapool?
Daran kann ich mich auch sehr gut erinnern. Ich war seinerzeit elf Jahre alt. Gefühlt sprachen mein Vater, meine Mutter und meine Großmutter damals wochenlang von nichts anderem.
Der Göttinger Arbeitskreis Qualitätsrapszüchtung, der von Prof. Gerhard Röbbelen an der Uni Göttingen 1966 gegründet wurde und dem unter anderem die Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg-Lembke KG (NPZ), die Deutsche Saatveredelung AG (DSV) und später auch die W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co KG angehörten, initiierte ein GFP-Projekt zur Qualitätsrapszüchtung, in dem es um die Erucasäurearmut und später -freiheit ging. Das Ausgangsmaterial für die weitere Sortenentwicklung, das hier entstand, bekamen die beteiligten Züchter zurück.
Die NPZ konnte dann als erste die Sorte Lesira anmelden, die 1973 zugelassen wurde. Damit war klar, dass diese neue Qualität in der alten Bundesrepublik eingeführt werden soll. Das konnte nur gemeinsam gelingen und nicht gegen die Widerstände von Wettbewerbern, der Verbände und praktizierenden Landwirte.
Die Initiative, diese Umstellung gemeinsam zu betreiben und eine Vertriebsfirma zu gründen, ging seinerzeit von meinem Vater aus. So sollte der Erfolg des neuen Qualitätsrapses geteilt, also gepoolt werden, deshalb Rapool. Das führte schließlich im Februar 1974 zur Gründung der Rapool-Ring GmbH.
Raps-Züchtung und Anbau in der DDR
Was stand 1974 im Mittelpunkt der Rapszüchtung?
Zur Aussaat 1974 konnte gemeinsam diese neue Qualität im Raps eingeführt werden. Ein wichtiger Schritt war, dass die Saatgut-Erzeugung und der Vertrieb komplett in die eigenen Hände genommen wurden. Bis dahin war Raps eher eine kleine Fruchtart und überwiegend in Norddeutschland konzentriert. Bis dahin erhielten VO-Firmen Basissaatgut, produzierten daraus Z-Saatgut und verkauften dies. Die Züchter bekamen lediglich die Lizenzgebühr.
Mein Vater erkannte, dass die Züchterhäuser die Vermehrung unbedingt selbst übernehmen müssen, um die Qualität zu garantieren, die jetzt mit den Null-Sorten unter einem ganz anderen Aspekt stand. Geholfen hat bei der Umstellung auch, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium seinerzeit darauf bedacht war, die Abhängigkeit der Bundesrepublik bei der Versorgung mit pflanzlichen Fetten zu verringern. Aus demselben Grund befürwortete das auch der Unilever-Konzern als bedeutender Margarinehersteller.
Welchen Umfang hatte der Rapsanbau damals?
In der alten Bundesrepublik lag die Anbaufläche weit unter 100.000 Hektar. In der DDR wurden hingegen ziemlich konstant 100.000 Hektar angebaut, allerdings bis zur Wende überwiegend die erucasäurehaltige Sorte Sollux.
Rapool-Ring: Saatgut der Neuen Qualität ab 1974
Die Umstellung auf die neue Qualität 1974 musste ja in einem Zug erfolgen, da wegen der Auskreuzungsgefahr zwei Qualitäten nicht nebeneinander stehen konnten. Wie wurde das erreicht?
Bestandteil des ganzen Umstellungsprojektes war, dass mein Vater den Handel davon überzeugte, indem er begann, sämtliches Restsaatgut der alten Sorten aufzukaufen. Der Vorlauf der NPZ überzeugte dann auch die anderen Rapool-Partner, mitzumachen und so das Risiko zu verteilen. So wurde der Rapssaatgutmarkt zuerst leergekauft und dann über den Rapool-Ring mit Saatgut der neuen Null-Qualität beliefert.
Widerstand leistete einzig die Firma Henkel, da sie die Erucasäure für die Waschmittel-Herstellung brauchte. Deswegen wurde die Umstellung in der alten Bundesrepublik in zwei Schritten vollzogen. 1974 wurde alles nördlich der Rhein-Main-Linie umgestellt. Im zweiten Schritt wurden 1976 Bayern und Baden-Württemberg umgestellt.
50 Jahre Rapool: Was waren die Meilensteine der Raps-Züchtung?
Welches waren die wichtigsten Rapool-Meilensteine in den vergangenen 50 Jahren?
Der rote Faden durch alle Meilensteine hindurch ist immer die Ertragsstabilisierung. Erster Meilenstein war die erste Null 1974. Mit der Glucosinolatfreiheit kam 1986/87 die zweite Null dazu. Da hatten die Züchter aber schon den nächsten Schritt zur Hybridraps-Entwicklung als 3. Meilenstein im Blick, die Mitte der 80er Jahre widerum in Göttingen mit der Arbeit von Dr. Werner Paulmann sowie Dr. Martin Frauen in Hohenlieth ihren Ausgangspunkt hatte. 1995 wurden die ersten Hybrid-Sorten zugelassen, die sich ab der Jahrtausendwende fest etablierten.
Bei der Entwicklung der Resistenzen als 4. Meilenstein möchte ich die gegen die Kohlhernie hervorheben. An 5. Stelle möchte ich die Entwicklung der letzten 10 Jahre benennen, in denen sich die Züchtung mit der Ertragsstabilisierung über Resistenzzüchtung beschäftigt hat. Die Widerstandsfähigkeit der Sorten gegen Krankheiten wurde sehr verbessert. Als letztes möchte ich einen Punkt anführen, der in der Praxis zwar noch nicht so wahrgenommen beziehungsweise umgesetzt wird, aber die Stickstoff-Effizienz der heutigen Sorten hat sich auch meilensteinartig verbessert, verglichen mit Sorten von vor zwanzig, dreißig Jahren.
Raps-Züchtung heute
Rapszüchtung und -anbau stehen heute vor gänzlich neuen Herausforderungen. Wie definieren Sie die zukünftigen Züchtungs- und Arbeitsschwerpunkte?
Züchtung und Zuchtzielsetzung sind etwas so langfristiges, dass wir immer auch schon eine Anschlussaufgabe definiert haben. Das nächste große Zuchtziel besteht für uns momentan aus Rapsprotein für die Humanernährung. Ungleich schwieriger ist es, die Politik immer wieder von der Richtigkeit und Wichtigkeit unserer Arbeit zu überzeugen oder besser gesagt, uns gute Rahmenbedingungen für unsere Arbeit zu schaffen und zu belassen. Doch auch wenn es immer schwieriger zu werden scheint, werden wir nicht nachlassen, für den Raps einzustehen.
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