Ertragsschwache Standorte

Umweltverträgliche Landwirtschaft: Es funktioniert bereits

Vielfeldrige Fruchtfolgen liefern positive Gratisfaktoren für den Ackerbau. (c) Sabine Rübensaat
Ackerbau
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Effiziente und umweltverträgliche Landwirtschaft auf ertragsschwachen Standorten? Die AGRAR eG Münchenbernsdorf in Thüringen demonstriert, wie eine steigende Effizienz mit verbesserter Umweltverträglichkeit verbunden wurde. Ein Erfahrungsbericht aus zwanzig Jahren kontinuierlicher Optimierung der betrieblichen Abläufe.

Von Prof. Gerhard Breitschuh, Belanu Werdershausen und Reinfried Geithner, AGRAR eG Münchenbernsdorf

Seit dem Jahr 2000 lässt die AGRAR eG Münchenbernsdorf jährlich ihre Umweltverträglichkeit mithilfe von 24 Umweltkriterien analysieren und bewerten. Die Kriterien und das Bewertungsverfahren (Kriterien Umweltverträgliche Landwirtschaft; KUL) wurden ursprünglich von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft und dem VAFB. Jena entwickelt. Seit 2011 führt das landwirtschaftliche Beratungsunternehmen Belanu Werdershausen die Analysen und Bewertungen durch und entwickelte das Verfahren weiter. Bundesweit wurden für 538 Betriebe insgesamt 940 KUL-Jahresauswertungen durchgeführt, darunter in einigen Betrieben bis zu zwanzigmal. In Thüringen werden die Analysen im Rahmen der Eler-Beratungsförderung finanziell unterstützt. KUL ist neben der Sozial- und Tierverträglichkeit und der Ökonomie ein Modul des „Kriteriensystems Nachhaltige Landwirtschaft (KSNL)“.

Die AGRAR eG Münchenbernsdorf bewirtschaftet überwiegend Parabraunerden mit einer mittleren Ackerzahl von ca. 30. Es handelt sich, für Thüringer Verhältnisse, um ertragsschwache Standorte. Die Niederschläge betragen durchschnittlich etwa 600 mm. Allerdings verfügen die durchlässigen Böden nur über eine relativ geringe Wasserhaltefähigkeit. Die Erträge schwanken entsprechend stark in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf. Der Betrieb verzeichnet von 2000 bis 2020 eine beachtliche Ertragsentwicklung im Feldbau (Abb.1) und eine stabile hohe Leistung in der Milchviehhaltung (Abb. 2).

zusätzlicher aufwand

Der Landwirtschaftsbetrieb betreibt den zusätzlichen Aufwand für die Analyse und Bewertung der Umweltverträglichkeit, um diesbezügliche Stärken im Feldbau und der Viehhaltung rechtzeitig zu erkennen und erkannte Probleme abzustellen. Mit KUL werden insgesamt 24 Kriterien aus folgenden Kategorien analysiert und ausgewertet:


  • Nährstoffhaushalt (Stoffstrombilanzen für N, P, K, Mg; Humusbilanz; Boden-Nährstoffgehaltsklassen und pH-Klasse),
  • Bodenschutz (Erosion und Bodenverdichtung),
  • Pflanzenschutz (Risikominderung und Intensität im Vergleich zu den JKI-Richtwerten für den Behandlungsindex),
  • Landschafts- und Kulturartenvielfalt (ökologische Vorrangflächen, Kulturartenvielfalt und Feldgröße),
  • Energiebilanzen (Input, Output, Energiegewinn),
  • Treibhausgasbilanzen (Emissionen, Carbon-Footprint und Salden).

KUL analysiert vordergründig den Gesamtbetrieb, das heißt die Gesamtheit von Pflanzenbau, Tierhaltung und Bioenergie. Es kann jedoch auch zur Analyse und Bewertung einzelner Betriebszweige genutzt werden. Zur Datenerhebung füllt der Betrieb einen Excel-Fragebogen aus. Plausibilitätsprüfung, Auswertung und Bewertung erfolgen durch Belanu Werdershausen.

Alle Prüfkriterien unterliegen einem einheitlichen Bewertungsverfahren über Toleranzbereiche, die die Spanne zwischen einem anzustrebenden Optimum (Boniturnote 1) und einer noch akzeptablen Belastung bzw. einem noch tragbaren Zustand (Boniturnote 6) kennzeichnen. Eine Überschreitung der Toleranzschwelle (Boniturnote 6) zeigt an, dass für das betreffende Kriterium eine nachhaltige Entwicklung nicht mehr gegeben ist. Eine Wichtung einzelner Kriterien und eine Aggregierung zu einer Umweltverträglichkeits- bzw. Nachhaltigkeits-Gesamtnote finden bewusst nicht statt.

Als Ergebnis der Auswertung erhält der Betrieb:


  • einen Interpretations- und Beratungsbericht,
  • Darstellungen und Tabellen mit den Ergebnissen der KUL-Analyse, gegebenenfalls einschließlich der Mehrjahresauswertungen,
  • Erläuterungen der Kriterien der KUL-Analyse,
  • im Falle der Erfüllung der Vergabebedingungen des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLufa) das KUL-Zertifikat.

In dem Betrachtungszeitraum von 20 Jahren kam es zu folgenden Veränderungen innerhalb des den Ackerflächen (85 % der Agrarfläche) mit jährlich zwischen 12 und 14 Fruchtarten in vielfeldrigen Fruchtfolgen die Gratisfaktoren des systematischen Fruchtwechsels optimal aus. Zusätzlich werden Zwischenfrüchte angebaut. Der Grünlandanteil beträgt 15 % der LN und wird zur Rinderfütterung genutzt. Diese vorbildliche Kulturartenvielfalt im Ackerbau wird auch von vielen anderen Thüringer Landwirtschaftsbetrieben praktiziert.

Abbildung 1-3

Der Betrieb demonstriert mit der Absenkung der Stickstoffsalden (Abb. 3) von etwa 80 kg/ha im Jahr 2000 auf 20 bis 40 kg/ha im Mittel der letzten zehn Jahre sein ständiges Bemühen, die Nutzungseffizienz der eingesetzten Nährstoffe zu erhöhen.

Mit der Einhaltung der tolerablen N-Salden wird die Belastung von Boden- und Grundwasser minimiert. Dieser Betrieb bedarf keiner neuen verschärften Regulatorien der Düngeverordnung. Der für 2020 ausgewiesene negative N-Saldo gefährdet allerdings die Ertragsstabilität und sollte nicht wiederholt werden. Bezüglich der Grundnährstoffversorgung mit Phosphor, Kali, Magnesium und Kalk besteht ein unterschiedliches Bild.

Für Phosphor liegt die Bodenversorgung auf dem anzustrebenden Niveau vor. Die mittelfristige Düngepraxis (leicht negative P-Salden) reduziert jedoch das Versorgungsniveau und erhöht das Ertragsrisiko.

Die Böden weisen ein hohes Kaliversorgungsniveau auf. Hier reduziert der Betrieb richtigerweise die Kalidüngung und damit die Salden. Die Böden verfügen geogen bedingt über hohe Magnesiumgehalte. Entsprechend gering ist der Düngebedarf. Auch die Kalkversorgung der Böden ist anspruchsgerecht.

Abbildung4-6

Umweltverträgliche Landwirtschaft: geringer tierbesatz

Die AGRAR-eG Münchenbernsdorf verfügt mit 0,53 GV/ha über eine geringe Tierbesatzdichte (Durchschnitt Thüringens: 0,4 GV/ha; Deutschland 0,8 GV/ha; Nordrhein-Westfalen 1,3 GV/ha). Der Betrieb erreicht langjährig eine positive Humusbilanz.

Die Humusgehalte befinden sich seit Jahrzehnten konstant im standortspezifischen Optimalgehalt. Der Betrieb wirtschaftet im hügeligen Gebiet. Es besteht eine relativ hohe natürliche Gefährdung für Wassererosion. Mit der pfluglosen Bodenbearbeitung, dem dominanten Wintergetreideanbau (46 % der AF), Raps (18 % der AF), Gras-Leguminosen-Gemischen (4 % der AF) und dem Zwischenfruchtanbau wird im Jahresverlauf ein hoher Anteil erosionsschützender Bodenbedeckung erreicht.

Die Teilung von drei sehr großen Feldern wird dem Betrieb empfohlen, um auch dadurch das Erosionsrisiko weiter zu mindern. Der Betrieb setzt außerdem Landtechnik mit bodenschonenden Fahrwerken ein und verfügt über ausreichende Schlagkraft, um die Böden nur bei optimaler Bodenfeuchte zu befahren und zu bearbeiten. Die tolerable Bodendruckbelastung wird seit Jahren eingehalten.

Bezüglich des Pflanzenschutzes ringt der Betrieb seit zwei Jahrzehnten darum, die standortspezifischen Richtwerte des Einsatzes von Fungiziden, Herbiziden, Insektiziden und Wachstumsreglern einzuhalten. Die tendenzielle Reduzierung und die großen Schwankungen (Abb. 4) zwischen den Jahren zeugen davon, dass die Pflanzenschutzverantwortlichen des Betriebs das Schadschwellenprinzip konsequent anwenden. Jahre mit hohem Unkrautdruck (2012) erfordern die dreifache Herbizidmenge eines Jahres mit geringem Unkrautdruck (2018).

Abbildung 7-8

energie der sonne

Beachtliche Veränderungen realisiert der Betrieb bezüglich der Ausnutzung der Sonnenenergie. Bei annähernd konstantem Energieinput stieg im Feldbau der Energiesaldo deutlich an (Abb. 5). Die Errichtung von Photovoltaikanlagen und einer Biogasanlage trugen zusätzlich zur Verbesserung des Energiesaldos des Gesamtbetriebes bei. (Abb. 6).

Ausdruck des ständigen Strebens nach höherer Effizienz bei gleichzeitig verbesserter Umweltverträglichkeit sind die reduzierten spezifischen Treibhausgasemissionen (Carbon Footprint) im Feldbau (Abb. 7).

Aus der Sicht des Klimaschutzes ist das Verhältnis der Fixierung atmosphärischen Kohlendioxids in pflanzlichen und tierischen Marktprodukten zu den Treibhausgasemissionen des Gesamtbetriebes ausschlaggebend. Trotz erheblicher, vor allem witterungsbedingter Schwankungen zwischen den Jahren verkauft der Betrieb mit den pflanzlichen und tierischen Marktprodukten durchschnittlich etwa als 2.300 kg CO2-Äq./ha und Jahr (Abb. 8) mehr, als bei der Produktion emittiert wird. Die Klimaentlastung entspricht der CO2-Menge je Hektar,0 die beim Verbrennen von ca. 800 l Heizöl entsteht.

Tabelle

FAZIT

Die AGRAR eG Münchenbernsdorf in Thüringen demonstriert, wie eine steigende Effizienz mit verbesserter Umweltverträglichkeit verbunden wurde. Eine so nachhaltig betriebene und somit zukunftsfähige umweltverträgliche Landwirtschaft sollte von der Öffentlichkeit wahrgenommen und gewürdigt werden.