Lumiposa soll vor allem die junge Saat vor Fressfeinden wie dem Rapserdfloh schützen. (c) Sabine Rübensaat

Der Rapserdfloh: Ungebeten und verfressen

Die Winterrapsbestände leiden teils massiv unter dem starken Auftreten der Rapserdflöhe. Teils mussten bereits Flächen umgebrochen und neu bestellt werden. Wir haben uns in den Ländern umgehört.

Von Frank Hartmann, Gerd Rinas, Detlef Finger und Erik Pilgermann

Mit dicken Schenkeln lässt sich gut springen. Der Rapserdfloh hat sie und ist deshalb kaum zu packen. Nach der Aussaat der neuen Bestände zeigt sich, dass die Bekämpfung des Herbstschädlings keinesfalls mehr ein Selbstläufer ist. Seit einigen Jahren tauchen immer mehr resistente Käferpopulationen auf. Sie können einerseits metabolisch resistent sein. Ihr Stoffwechsel ist in der Lage, aufgenommenen Wirkstoff (Pyrethroide Klasse I und II) noch vor Einsetzen der Wirkung in nicht schädliche Metaboliten umzuwandeln.

Andererseits finden sich inzwischen auch Käfer mit einer wirkortspezifischen Resistenz (Target-Site-Resistenz). Hier hat eine Mutation des Membransystems im zentralen Nervensystem stattgefunden. Der Effekt ist bei beiden Resistenztypen gleich. Die Käfer fressen und vermehren sich munter und schädigen schon die jungen Bestände vor Winter.

Herbizidbehandlung: Die Kosten im Blick behalten

Sind die jungen Pflanzen derart  geschädigt (Sachsen-Anhalt),  muss über einen Umbruch  nachgedacht werden.
Sind die jungen Pflanzen derart geschädigt (Sachsen-Anhalt), muss über einen Umbruch nachgedacht werden. (c) Nils Krawczyk

Kommen auch noch insgesamt schwierige Startbedingungen hinzu, kann das schnell zu massiven Pflanzenverlusten bis hin zum Totalausfall führen.

Deshalb lohnt es sich, die Bestände, die nicht unter optimalen Bedingungen gedrillt wurden, genau zu beobachten. Die Herbizidbehandlung ist hier unter Umständen besser nach hinten zu verlagern. Das senkt sowohl den Verlust bei einer Umbruchentscheidung als auch den Aufwand und die Kosten der Neubestellung mit z. B. Wintergerste.

Wir haben uns in Sachen Erdflohbefall in einigen Regionen umgehört. Besonders extrem verlief die Herbstsaison in Sachsen-Anhalt.

Lutz Trautmann von der Agrargenossenschaft Hedersleben beschreibt Folgendes:
„Wir haben in diesem Jahr extreme Probleme mit Rapserdflöhen. Selbst etablierte Bestände sind massiv befallen. Dabei hatten wir, um das Risiko zu mindern, zum Teil auch mit Lumiposa gebeiztes Saatgut eingesetzt. Es war aber kein Unterschied zu sehen. Auf etwa einem Drittel unserer 850 ha Anbaufläche haben wir nachgesät. Teilweise standen nur noch vier, fünf Pflanzen je Quadratmeter.

Zudem haben wir zwei bis dreimal mit Insektizid behandelt. Mittlerweile gibt es jedoch verbreitet Resistenzen bei Erdflöhen gegen Pyrethroide. Bisherige Erträge von über 40 dt/ha stehen damit ernsthaft infrage, womöglich sogar der Anbau in Gänze.

Der Raps ist aber auch eine wichtige Trachtpflanze für Bienen. Das Verbot der hocheffizienten, selektiv wirkenden neonicotinoiden Beize war unsinnig. Wir brauchen künftig Notfallzulassungen, um Schadinsekten wie den Rapserdfloh gezielt und wirksam bekämpfen zu können. Und: In Notsituationen wie jetzt bedarf es schneller behördlicher Entscheidungen.“

Der Zuflug schwankt je nach Standort

Ulrike Böttcher, Geschäftsführerin der Landwirtschaftlicher Betrieb GmbH Lauterbach & Co. KG auf Rügen, schätzt die Situation etwas weniger negativ ein:
„Wir haben in diesem Jahr 260 Hektar mit Raps bestellt, 60 Hektar mehr als 2020. Der Rapserdflohzuflug ist von Schlag zu Schlag unterschiedlich, aber nicht über dem Niveau der Vorjahre. Wir zählen in den Gelbschalen alle drei bis vier Tage 10–30 Rapserdflöhe und rechnen mit Schäden zwischen 10 und 30 %. Dass der Zuflug bei uns geringer ist als in anderen Regionen, hängt wahrscheinlich auch mit dem feuchteren Klima mit mehr Wind hier an der Küste zusammen. In den nächsten Tagen kommt der Rapserdfloh zur Eiablage. Bisher haben wir zweimal behandelt. Eine weitere Insektizidmaßnahme folgt, um die Eiablage zu stören. Danach müssen wir schauen, wie der Behandlungserfolg ist.“

Sandro Niemann, Pflanzenschutzverantwortlicher in der Agrarhof Veelböken eG im Landkreis Nordwestmecklenburg, beklagt dagegen bereits enorme Schäden:
„Wir haben den Raps in diesem Jahr von Mitte August bis zum 5. September mit Lumiposagebeiztem Saatgut bestellt. An jedem Rapsschlag stehen ein bis zwei Gelbschalen. Sie werden alle vier bis fünf Tage geleert. Der Zuflug ist sehr stark. Wir zählen jedes Mal zwischen 40 und 100 Rapserdflöhe pro Schale.

Gerade im Keimblattstadium verursacht der Rapserdfloh enorme Schäden. Die ersten Bestände sind mittlerweile im Vierblattstadium. Ohne Pflanzenschutz wären die Schäden noch viel größer. Am Montag haben wir zusammen mit Mitarbeitern des Landesamtes Lallf Rapsbestände bonitiert. Wir stehen jetzt vor der sechsten Insektizidbehandlung. Unsere Sorge ist, dass die Mittel knapp werden, weil ja Zulassungsbeschränkungen zu beachten sind. Nachdrillen mussten wir aber noch nicht.“

Mäßiger Erfolg der Insektizidbehandlungen

Eine breite Spannbreite zeigt sich in Thüringen. Praktiker berichteten von Teilumbrüchen der Rapssaaten, von mäßigen Erfolgen trotz zweimaliger Insektizidbehandlung bis hin zu zufriedenstellenden Wirkungen.

Die Pflanzenschutzfachleute beim Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) registrieren in diesem Jahr eine starke Aktivität der Rapserdflöhe, die frühzeitig in die Bestände einwanderten. Insofern war eine frühe Behandlung angeraten, die jedoch nicht immer einen Erfolg garantierte. Von Resistenzen könne man noch nicht sprechen, sehr wohl aber von „zunehmenden Sensitivitätsverlusten“ gegenüber Pyrethroiden, heißt es beim Landesamt. Dort beobachtet man seit knapp fünf Jahren einen wachsenden Druck im Raps durch Erdflöhe. Vermutet wird, dass eine wesentliche Ursache die milden Winter sind, die den Larven gute Bedingungen bieten.

Auch im Nordosten von Brandenburg bietet sich ein uneinheitliches Bild. So sind einige Bestände teils mit einer und teils mit zwei Insektizidbehandlungen ausreichend geschützt gewesen. Dort aber, wo Aussaat und starke Niederschläge nah beieinanderlagen und die Pflanzen deshalb verzögert in die Gänge kamen, traten die Schädigungen durch den Reifungsfraß der Käfer stärker auf. Ein Fachmann berichtete, dass es aus seiner Sicht offensichtlich einen Zusammenhang zwischen der Rauigkeit des Saatbettes und dem Wirkungsgrad der Insektizidmaßnahmen gibt. Je klutiger die Oberfläche sei, umso besser könnten sich die Erdflöhe der Behandlung entziehen. Deshalb sei ein möglichst feines Saatbett wichtig, um den Käfern die Rückzugsmöglichkeiten zu nehmen.

Und noch ein Aspekt sollte unbedingt beachtet werden. Wenn Sie die Bestände mit Insektiziden behandeln, achten Sie besonders auf die Spritzbedingungen. Sind sie nicht optimal, kann es trotz voller Aufwandmenge schnell zu einer Halbierung der Wirkstoffmenge im Zielbereich Blatt kommen. Auch damit unterstützen Sie die Abnahme der Sensitivität und leisten der Zunahme von Resistenzen ungewollt Vorschub.

FAZIT

Nimmt die Wirkung zugelassener Wirkstoffe ab und stehen keine neuen Mittel zur Verfügung, bleiben, wenn überhaupt, nur ackerbauliche Maßnahmen. Neben aller guten fachlichen Praxis der Anwender müsste dafür aber die Biologie der Rapsschädlinge besser erforscht werden. Bislang rührt sich hier kaum etwas.

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