HTW Dresden testet Verfahren zur Beregnung: Tropfen oder Strahl?
Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden haben Beregnungsverfahren am Beispiel des Kartoffelanbaus in Sachsen-Anhalt verglichen. Es ging um die Frage, wie durch Bewässerung der Mangel an Wasser ausgeglichen werden kann. Hier stellen sie ihre Forschungsergebnisse vor.
Von Luisa Köckritz, Max Aschhoff, Friedemann Conrad Richter, Niclas Zapfe, Prof. Sven Reimann, HTW Dresden
Seit einigen Jahren spürt die landwirtschaftliche Praxis verstärkt die Veränderungen im jährlichen Witterungsgeschehen. Steigende Jahresdurchschnittstemperaturen, eine Ausweitung der Vegetationsperiode sowie Extremwetterereignisse begleiten den laufenden Prozess des Klimawandels. Abhängig von Region und Standortbedingungen bestimmt die Menge an pflanzenverfügbarem Wasser immer mehr den Ertrag und die Qualität der Ernteprodukte.
Bis 2018 waren eine begrenzte Verfügbarkeit von Wasser sowie Trocken- und Hitzephasen bis hin zur Dürre kaum von größerer und anhaltender Relevanz. Inzwischen stellen sich viele Betriebe jedoch folgende Fragen:
- Wie mit dem Faktor Wasser optimal wirtschaften?
- Wie können unproduktive Verluste gesenkt, und eventuell zusätzliches Wasser den Pflanzenbeständen bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden?
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Ein zunehmendes Augenmerk liegt hierbei auf acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, z. B. die Steigerung der Gehalte an organischer Bodensubstanz als Speicher für Wasser und Nährstoffe oder die optimal standortangepasste Bodenbearbeitungsintensität zur Senkung unproduktiver Wasserverluste.
Weitere Strategien basieren auf einer angepassten Fruchtfolgegestaltung sowie der Schaffung optimaler Bodenstrukturverhältnisse (standortangepasste Kalkung). Parallel wird auch immer wieder die Frage einer Zusatzbewässerung landwirtschaftlicher Kulturen diskutiert.
Wassermangel: Ist Bewässerung sinnvoll?
In einem studentischen Projekt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HDW Dresden) wurde das Thema Bewässerung am Beispiel des Kartoffelanbaus in einem Agrarunternehmen in Sachsen-Anhalt analysiert und bewertet. Der Klimawandel forciert die prinzipiellen Fragen zur Wasserverfügbarkeit sowie der Ansprüche unterschiedlicher Interessengruppen, ferner die Diskussion um ein effizientes und nachhaltiges Wassermanagement.
Grundsätzlich, ist die Frage nach Sinn und Vertretbarkeit einer zusätzlichen Bewässerung von Kulturpflanzenbeständen am jeweiligen Standort zu stellen. Nach Daten des Umweltbundesamtes verbraucht die Landwirtschaft für den Zweck der Beregnung, derzeit 2 bis 2,5 % der deutschen Gesamtwasserentnahmen.
Beregnung: Die Entscheidung wird stark beeinflusst
Die Entscheidung zur Beregnung wird stark durch die Beregnungswürdigkeit einer Kultur sowie die realisierbare Effizienz der Maßnahme beeinflusst. So ist Getreide im Vergleich zu Gemüse, Zuckerrüben oder Kartoffeln sicherlich deutlich weniger beregnungswürdig. Die Folgen wiederkehrender Trockenjahre limitieren zudem die verfügbaren Wassermengen, was in bestimmten Regionen zu einem amtlichen Verbot oder zur Begrenzung der Entnahme von Oberflächen- und/oder Grundwasser führt.
Jede Effizienzsteigerung der Beregnung mit dem Ziel verlustarmer, aber bedarfsgerechter Versorgung der Pflanze ist somit unumgänglich, soll an einer Bewässerung festgehalten werden. Neben dem Wasserbedarf der Kultur sind vor allem die spezifischen Standorteigenschaften ausschlaggebend. Der Boden beeinflusst insbesondere über die Porengrößenverteilung und das Bodengefüge wesentliche Faktoren, wie das Wasserhaltevermögen, die nutzbare Feldkapazität (nFk) sowie die Wassertransporteigenschaften.
Dürre: Boden-Art ist entscheidend
Die Unterschiede zwischen Sand- und Tonböden als Extreme sind in Praxis ebenso bekannt, wie die ausgewogeneren Eigenschaften speicherfähiger Schluffböden. In enger Beziehung zur nutzbaren Feldkapazität steht die durchwurzelte Zone des Bodens, bestimmt durch die Gründigkeit und Durchwurzelbarkeit sowie die Wurzelleistung der Kulturen (Intensität, Tiefe). Kartoffeln beispielsweise nutzen in der Regel den Bodenwasserspeicher schwerpunktmäßig bis 40 cm, maximal bis 60 cm Tiefe aus.
Wasser-Bilanz: Standortspezifische Werte und die Kartoffel
Standortspezifische Werte für Niederschlag und Evapotranspiration bilden die Basis für die klimatische Wasserbilanz und die daraus resultierende, an die Kultur angepasste, Bewässerungssteuerung. Standorte mit weniger als 600 mm Jahresniederschlag gelten in der Regel als Defizitstandorte, welche eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für Wasserdefizite während der Hauptvegetationsphase aufweisen.
Der Transpirationskoeffizient von Kartoffeln wird meist mit ca. 500–600 l/kg TS (notwendige Liter Wasser je Kilogramm erzeugter Trockensubstanz) angenommen. Defizite schlagen sich in erheblichen Ertrags- und Qualitätsminderungen nieder. Bei einem mittleren Transpirationskoeffizienten von 550 l/kg TS und einer Vegetationszeit von 140 Tagen ergibt sich im Zeitraum von Bestandesschluss bis beginnende Reife für den Standort im Projekt in Abhängigkeit vom Ertragsniveau ein mittlerer Tageswasserverbrauch von 4–4,5 l/m2. Innerhalb dieser Phase besitzt die Kartoffel den höchsten Wasserbedarf. Kritisch ist vor allem die Phase ab dem Knollenansatz (BBCH 40).
Bewässerung: Das Stadium der Entwicklung ist relevant
Für die Bewässerungssteuerung ist relevant, ab welchem Entwicklungsstadium der Kartoffel eine Beregnung erfolgen soll. Unter Beachtung der durchwurzelbaren Bodentiefe wurden sogenannte Bewässerungsschwellen auf Basis % nFk definiert.
Mit Erreichen beziehungsweise Unterschreiten dieses Wertes wird beregnet und der Bodenwasservorrat in der Regel bis zu einer Obergrenze von 80 % nFk aufgefüllt (Abb.1). Die verbleibenden 20 % dienen als Pufferkapazität für Niederschlagsereignisse, um Auswaschungen und Erosion sowie möglichen Sauerstoffmangel im Wurzelbereich zu vermeiden.
Abbildung 1: Bewässerungssteuerung der Kartoffel
Abhängig von der Nutzungsrichtung der Kartoffel liegt die Bewässerungsschwelle in der Regel bei 50–60% nFk. Unterhalb von 30 % leidet die Pflanze unter starkem Trockenstress. Alternativ ist eine Steuerung der Bewässerung auch über Tensiometermessungen (Saugspannung des Bodens) realisierbar. Ziel ist stets, eine bedarfsgerechte Wasserversorgung, kontinuierlich sicherzustellen.
Die Art des Bewässerungsverfahrens beeinflusst wesentlich die Wassereffizienz einer Beregnungsmaßnahme. Grundsätzlich können Bewässerungsverfahren in eine (klassische) Beregnung und Verfahren der Mikrobewässerung unterteilt werden. Beregnungsverfahren umfassen die bekannten Reihenregner sowie teilmobile und mobile Beregnungsmaschinen (Linear-, Kreisregner, Düsenwagen, etc.).
Die Mikrobewässerung, unterteilbar in ober- und unterirdische Verfahren, beinhaltet die sogenannte Tropfbewässerung. Bereits ein Vergleich der Überkopfberegnung mittels Trommelregner mit Kanone gegenüber einer bodennahen Tropfbewässerung macht Unterschiede in der Wassernutzungseffizient deutlich.
Neuere Untersuchungen gehen von einer um 25–30 % höheren Effizienz der Tropfbewässerungsmaßnahme aus. Verdunstungen in der Luft, von der Pflanzenoberfläche oder vom Boden sind hierbei eliminiert bzw. signifikant verringert. Gleichsam erfolgt eine effizientere Abgabe des Wassers nahe am Bedarfsort.
Limitierte Verfügbarkeit von Wasser
Im Studentenprojekt wurde geprüft, inwiefern bei limitierter Wasserverfügbarkeit im Betrieb, eine Tröpfchenbewässerung Vorteile gegenüber den langjährig etablierten Verfahren mittels Trommelregnern und Linearmaschine besitzt und welche Aufwendungen damit einhergehen.
Durch die bereits vorhandene Bewässerungsinfrastruktur sind etwa 400 ha beregnungsfähige Fläche im Unternehmen vorhanden, von denen jährlich ca. 25 % zum Kartoffelanbau dienen. In den vergangenen Jahren wurde die verfügbare Wassermenge infolge behördlicher Anordnungen bereits deutlich reduziert.
Negative Wasser-Bilanz
Perspektivisch ist eine weitere Minderung der Menge nicht auszuschließen, ebenso wie eine mögliche dauerhafte Untersagung von Beregnungsmaßnahmen in klassischen Überkopfverfahren. 2023 wurde diese im betroffenen Gebiet bereits verfügt. Zunächst wurde eine Bewässerungsbedarfsplanung vorgenommen, woraus die mögliche Strategie abgeleitet werden konnte.
Mit durchschnittlich 537 mm Jahresniederschlag zählt der Unternehmensstandort zu den Defizitstandorten. Als Grundlage der Bedarfsplanung diente die mittlere klimatische Wasserbilanz des Standortes (KWB), basierend auf einem zehnjährigen Betrachtungszeitraum der Einzeldaten. Hierbei wurde zwischen den Szenarien „Normaljahr“ sowie „Trockenjahr“ unterschieden. Abbildung 2 zeigt für den Vegetationszeitraum der Kartoffel eine stetig voranschreitende negative Wasserbilanz, unabhängig des betrachteten Szenarios.
Abbildung 2: Klimatische Wasserbilanz für Köthen
Geisenheimer Bewässerungssteuerung: Einzelwassergaben berechnen
Die Berechnung der Höhe der Einzelwassergaben wurde in Anlehnung an das Geisenheimer Modell durchgeführt. Sie bezieht verschiedene Boden- bzw. Wurzeltiefen in Abhängigkeit vom Wachstumsstadium der Pflanze (BBCH 20–39: 0–30 cm Wurzeltiefe; ab BBCH 39: durchwurzelter Bereich von 0–50 cm Bodentiefe) sowie verschiedene Bewässerungsschwellen ein. Die ermittelten Werte beziehen sich auf eine flächige Zusatzwassergabe und mussten für die Tropfbewässerung entsprechend angepasst werden.
Berücksichtigt wurden zwei denkbare Varianten der Tropfbewässerung (Abb. 3), das Zwischendamm- sowie das Dammkronenverfahren (ZDV, DKV). Neben dem Geisenheimer Modell existieren in der Praxis zahlreiche weitere Optionen, welche teilweise auch als App-Anwendung verfügbar sind.
Im Laufe des Projektes wurde deutlich, dass es durchaus sinnvoll ist, die Praxiserprobung der neuen Bewässerungstechnik stufenweise vorzunehmen. Alle Kalkulationen und Planungen wurden in skalierbaren Einheiten vorgenommen. Nach dem ersten Umsetzungsjahr auf begrenzter Fläche soll das Agrarunternehmen damit eine Entscheidung zur weiteren Nutzung des Dammkronen- oder Zwischendammverfahren treffen können, was in einer definierten Flächenausdehnung mündet.
Kosten der Beregnungstechnik im Vergleich
Der maximal realisierbare Umfang an Bewässerungsfläche wird unter anderem vom Zeitpunkt des Bewässerungsbeginns, dem Wasseranspruch der Kultur, der hierfür notwendigen Wassermenge je nach Verfahren (ZDV, DKV), die Einordnung in trockenes oder normales Jahr, und nicht zuletzt durch die insgesamt verfügbare Wassermenge bestimmt. Ein Vergleich der Verfahrenskosten unter den betrieblichen Bedingungen zeigte nicht überraschend, dass die Kosten der etablierten Techniken (Linearmaschine, Schlauchtrommelregner) geringer ausfallen als in den Tropfbewässerungsverfahren.
Grund sind höhere feste Maschinenkosten, vor allem jedoch höhere variable Maschinenkosten (unter anderem für Tropfschläuche, Verbinder). Hinzu kommen erheblich höhere zusätzliche Lohnkosten für die Verlegung der Tropfschläuche im Frühjahr sowie deren Rückbau vor der Ernte im Herbst. Auch zwischen den beiden Tropfbewässerungsverfahren existieren Unterschiede, welche sich aus dem deutlich höheren Material- und Zeitaufwand im Dammkronenverfahren ergeben.
Deutlich mehr wird vermarktungsfähig
Auf Grundlage der Gesamtkosten ist der Einsatz der Linearmaschine die günstigste Beregnungsoption, gefolgt vom Schlauchtrommelregner. Beide Varianten unterscheiden sich kostenseitig nur geringfügig. Etwa dreifache Kosten entstehen bei der Tröpfchenbewässerung im Zwischendammverfahren.
Teuerstes Verfahren ist die Tröpfchenbewässerung im Dammkronenverfahren, wo etwa die fünffachen Kosten im Vergleich zu den etablierten Beregnungsverfahren anfallen. Demgegenüber stehen erwartete Mehrerlöse, die sich vorrangig aus einer deutlich höheren Menge vermarktungsfähiger Ware bei Verwendung der Tropfbewässerung ergeben.
Ergebnisse anderer Studien untermauern dies, insbesondere da im betrachteten Fall der Anbau von Industriekartoffeln erfolgt. Die Umstellung auf Tropfbewässerung schlägt sich deutlich in zwei zusätzlichen Arbeitsspitzen im Jahr nieder, welche im Mittel der Jahre auf den Mai sowie den Zeitraum September bis November fallen. Für den erstmaligen Einsatz der Bewässerungsverfahren wurden unter den betrieblichen Bedingungen ein jährlicher Arbeitszeitbedarfe von 0,8 Akh/ha für die Linearmaschine, circa 2,5 Akh/ha für den Einsatz des Schlauchtrommelregners sowie rund 9,2 Akh/ha für das Zwischendammverfahren bzw. 14,6 Akh/ha für das Dammkronenverfahren ermittelt.
Kartoffel-Anbau: Handlungsempfehlung für die Praxis
Im Ergebnis des Forschungsprojektes wurde eine Handlungsempfehlung zur betrieblichen Umsetzung erarbeitet. Hierbei zeigen Jahre mit einem normalen Witterungsverlauf ein Bewässerungsbedarf der Kartoffeln ab BBCH 40, wobei eine Bewässerungsschwelle von 50 % nFk angesetzt wird.
In Trockenjahren sollte in Erwägung gezogen werden, ab BBCH 20 mit einer Bewässerungsschwelle von 50 % nFk zu arbeiten. Um zwischen normalen und trockenen Jahre unterscheiden sowie entsprechend in der Bewässerung reagieren zu können, wurde dem Betrieb ein einfaches Tool an die Hand gegeben, dass zunächst einen unkomplizierten Einstieg in die Tröpfchenbewässerung erlaubt.
Die Kalkulationen zeigen jedoch, dass in Trockenjahren die verfügbare Wassermenge zum begrenzenden Faktor wird. Auch mit verbesserter Wassereffizienz der Verfahren gegenüber den herkömmlichen Techniken stößt die Tröpfchenbewässerung an die Grenzen für eine optimale Versorgung der Pflanzen bei vollem Anbauumfang. Ursächlich ist hierfür die betriebsspezifische Situation einer Limitierung der Wasserrechte. Hier wird situationsabhängig zwischen einer Begrenzung der Bewässerungsfläche oder suboptimaler Bewässerungsintensität der Gesamtfläche abzuwägen sein.
Für die Handlungsempfehlung wurden die Gabenmengen und Gabendauern auf die technischen Parameter der Systeme abgestimmt, sodass variable praxistaugliche Lösungen entstanden. Die Punkte Wassermanagement und Bewässerungssteuerung wurden recht simple gehalten, um zunächst einen einfachen Einstieg im ersten Umsetzungsjahr zu sichern. Später kann aus diversen am Markt befindlichen Lösungsansätzen ausgewählt werden und eine Verfeinerung der Parameter für die betrieblichen Erfordernisse erfolgen.
Verfahren zur Beregnung – Ein Fazit
Der Ansatz der Tröpfchenbewässerung bietet eine reale Chance zur effizienteren Bewässerung im Kartoffelanbau trotz limitierter Wassermenge. Die Versorgung der Pflanzen kann gleichzeitig bedarfsgerechter als bisher erfolgen. Parallel werden unproduktive Wasserverluste deutlich reduziert. Kritischer Faktor bleibt jedoch die perspektivische Höhe der betrieblichen Wasserrechte.
Über den höheren Anteil vermarktungsfähiger Ware wird, basierend auf den vorgenommenen Kalkulationen trotz höherer Aufwendungen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme gesichert. Im Zuge einer stufenweisen Einführung der Tröpfchenbewässerung kann dies überprüft werden.
Alternativ wäre der Weiterbetrieb der bisherigen konventionellen Beregnungsverfahren denkbar. Das umfasst jedoch das Problem der geringeren Effizienz als auch die offene Frage, ob derartige technische Lösungen in Zukunft uneingeschränkt erlaubt bleiben.
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