Interview mit Felix Gerlach

ZALF: Ackern im Labor

Auch die Haferernte auf einem der Patches wird von kompakter Messtechnik am Rand zum nächsten Patch begleitet. (c) KATHRIN GRAHMANN/ZALF
Ackerbau
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Wir sprachen mit Felix Gerlach, Geschäftsführer der Komturei Lietzen, über die praktische Seite der Forschung im landwirtschaftlichen Kontext.

Von Heike Mildner

Bauernzeitung: Sie arbeiten schon länger mit dem Zalf zusammen. Was haben Sie bisher über Ihren Betrieb erfahren, was Sie vorher nicht wussten?
Felix Gerlach: Die Zusammenarbeit begann 1996 mit einem Versuch zur pflugreduzierten Bodenbearbeitung. Das Verfahren steckte damals noch in den Kinderschuhen, und auch die Landtechnik war noch nicht auf dem heutigen Stand. Das Augenmerk lag auf den Auswirkungen auf Humusgehalt und Bodenlebewesen und wir haben eine Menge erfahren und wurden darin bestärkt, pfluglos zu wirtschaften. Das Projekt läuft noch immer, wenn auch auf kleinerer Flamme. Als Betrieb pflügen wir mittlerweile nur noch die Vergleichsflächen und versuchen, alle fünf bis sieben Jahre einmal zu pflügen. Da gibt es wissenschaftlich verschiedene Herangehensweisen und Erkenntnisse, aber ein Ergebnis des Versuchs in Lietzen ist, dass sich die organische Substanz an der Oberfläche anreichert. Bestimmte Nährstoffe sind wiederum an organische Substanz gebunden. Und die brauchen wir auch tiefer, da reicht der Grubber nicht aus.

Felix Gerlach Geschäftsführer der  Komturei Lietzen GmbH.  (c) HENDRIK SCHNEIDER
Felix Gerlach Geschäftsführer der Komturei Lietzen GmbH. (c) HENDRIK SCHNEIDER

Denkt man an das bevorstehende Glyphosatverbot, könnte der Langzeitversuch nochmal richtig spannend werden, wenn man ihn etwas modifiziert …
Glyphosat war der Schlüssel für die pfluglose Bodenbearbeitung: Es ist ausgesprochen günstig, entwickelt keine Resistenzen und ist schlagkräftig. Aber der Landwirt hat einen ganzen Baukasten an Wirkstoffen. Und ohne Pflanzenschutz wird es nicht möglich sein, die Weltbevölkerung zu ernähren. Aber einen Dauerversuch zu modifizieren, ist keine gute Idee: Der muss konstant weiterlaufen. Wir haben ihn mit Strip till ergänzt, und derzeit bringen wir Grünkompost im Vergleich zur Düngung mit und ohne Stroh aus. Insgesamt geht es da um 75 ha, verteilt auf 42 Parzellen, gleich verteilt über den Acker – eine Hälfte gepflügt, die andere ungepflügt.

Wäre der Ökolandbau für Sie eine Versuchung?
Ich denke darüber nach, seit es mit der EU-Ökoprämie losging, bin aber bis heute der Meinung, dass es für uns nicht passt: Wir sind ein reiner Marktfruchtbetrieb. Für mich setzt Ökolandbau eine Kreislaufwirtschaft voraus, wenn schon keine Tiere, zumindest eine Biogasanlage. Außerdem braucht es mehr Arbeitskräfte, und der Fachkräftemangel ist in der Landwirtschaft angekommen. Außerdem gibt es der Markt momentan nicht her. Ökobetriebe sind ja noch abhängiger von Förderung als die konventionellen Betriebe.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern praktisch vor Ort?
Da müssen wir zwischen dem alten und dem neuen Versuch unterscheiden. Beim alten hat es sich eingespielt, das läuft routiniert. Beim neuen Versuch ist das anders. Da sind ja nicht nur das Zalf, sondern noch andere Partner beteiligt, die Absprache ist erheblich komplizierter. Dafür haben wir eine App entwickelt: Die 30 Patches von je einem halben Hektar mit den Referenzflächen drumherum – insgesamt 70 Hektar – sind auf einer App graphisch dargestellt. Ampelfarben signalisieren, welche Fläche frei, welche blockiert ist. Man klickt rein und kann sehn, wer da arbeitet, was er macht, und wie lange es voraussichtlich dauern wird.

Klingt kompliziert. Kommen Sie trotzdem zum Arbeiten? Und haben Sie ein Vetorecht?
Wir sind im Gefüge nicht wichtiger als die anderen, also kein Vetorecht, und es klappt mit der App ausgesprochen gut. Letztes Jahr im Frühjahr haben wir angefangen und eine halbe Ernte (ohne Winterungen) eingefahren. In diesem Jahr sind Getreide, Raps und Lupinen geerntet, Soja, Mais und Sonnenblumen stehen noch. Das Komplizierte hat uns nicht abgeschreckt. Aber es ist schon eine Herausforderung: fürs Büro, für unseren Pflanzenbau, für die Landwirte …

Wie wirtschaftlich können so kleine Feldgrößen sein? Bearbeitungszeitpunkte, Abdrift beim Pflanzenschutz – wie sind Ihre ersten Erfahrungen?
So lange die Früchte überfahrbar sind, können wir unsere festen Fahrgassen nutzen. Später wird es schwierig, zumal die Randeffekte gemessen werden und wir auch nicht vom Rand aus herankommen wie sonst auf Versuchsflächen üblich. Und zum Pflanzenschutz: Abdrift kann man sich nicht mehr erlauben. Es gibt gute Düsen, und man muss sich einfach an den Wind halten: Wenn es zu windig ist, muss man aufhören.

Wie beeinflusst die Afrikanische Schweinepest Ihre Arbeit?
Wir haben Glück, dass wir nicht Kerngebiet sind. Außer bei Mais und Raps gibt es in diesem Jahr kaum Einschränkungen, nur Schneisen, Erntereihenfolge und Abstimmung mit der Jägerschaft. Aber im letzten Herbst war es bitter, da durften wir auch im gefährdeten Gebiet nicht ernten. Der Mais stand lange und war zur Hälfte von Wildschweien gefressen.

Demnächst sollen Feldroboter hier eingesetzt werden. Welche Rolle wird der Mensch künftig in der Landwirtschaft spielen?
Die Landwitschaft steht vor einer riesigen Herausforderung. Die Weltbevölkerung wächst rasant und muss ernährt werden. Das wird in 30 Jahren sicher nicht mehr so sein, wie es jetzt ist. Aber alles, was draußen unter freiem Himmel passiert, geht ohne den Menschen nicht. Mit weniger vielleicht, aber nicht ohne. Davon bin ich fest überzeugt.

Was versprechen Sie sich als Praktiker von patchCROP?
Erkenntnis, was die Technik anbelangt, aber auch was Zusammenhänge zwischen einzelnen Früchten betrifft; ob es gelingt, den Pflanzenschutzaufwand zu reduzieren. Das kann man auf einem halben Hektar Versuchsfläche machen. Wenn man die Ertragssicherheit braucht, ist das schwieriger. Und so eine enge Bonitur, wie wir sie hier haben, das schafft kein Landwirt. Kann man die Erträge steigern und den Boden verbessern? Wie sieht es mit der CO2-Speicherung aus? Vielleicht ergeben sich Empfehlungen an die Politik und vielleicht neue Einnahmequellen für die Landwirtschaft.

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