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Anbau von Winterraps: Wer friert, kann auch vertrocknen

Bis zum Vegetationsende sollten die Pflanzen sechs bis acht Blätter entwickelt haben. © Erik Pilgermann
Agrarpraxis
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Wer erfolgreich Winterraps anbauen möchte, sollte seine spezifischen agrarmeteorologischen Bedingungen kennen. Von der Aussaat bis zur Ernte wird die Kultur von Temperaturen, Wasser und Sonnenstunden beeinflusst.

Von Philipp Borrmann (HTW Dresden) und Falk Böttcher (Deutscher Wetterdienst Leipzig)

Winterraps hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer der wichtigsten Kulturen entwickelt. Als Blattfrucht ist er fester Bestandteil in der Fruchtfolge des Ackerbaus. Er hat klimatische Ansprüche, deren ideale Ausformung in der Tabelle durch Ludger Alpmann von der Deutschen Saatveredelung 2009 zusammengetragen und um Angaben zum Lichtanspruch ergänzt wurde.

Temperatur in der Summe

Vom Feldaufgang bis zur Ernte benötigt guter Winterraps eine hohe Temperatursumme von circa 2.700 °C. Von der Aussaat bis zum Jahresende bedarf er etwa 800– 900 °C, um gut durch den Winter zu kommen. Nach dem 1. Januar bis zur Ernte werden als Wärmesumme weitere 1.700–1.800 °C benötigt. Winterraps keimt ab einer Minimaltemperatur von 2 °C, das Optimum liegt bei 20 °C. Das Wachstum der Rapspflanzen beginnt ab etwa 4–6 °C. Bei zu zeitiger Aussaat können Winterrapsbestände deshalb noch eine erhebliche Menge an Biomasse bilden. Bis zum Vegetationsende sollten die Pflanzen sechs bis acht Blätter entwickelt haben, um eine entsprechende Widerstandsfähigkeit gegen Fröste (-20 bis -25°C) aufzuweisen. Bis zum Vegetationsende benötigt der Winterraps deshalb 100 bis 110 Vegetationstage. Der günstige Aussaattermin liegt aus diesem Grund zwischen dem 20. August und 10. September, wobei in den Übergangs- und Vorgebirgslagen frühe Aussaattermine vom 10. bis 20. August anzustreben sind. Zudem benötigt Winterraps über einen Zeitraum von 20 bis 60 Tagen einen Vernalisationsreiz von +1 bis +4°C. Sowohl sehr schwach entwickelte als auch deutlich überwachsene Bestände, bei denen der empfindliche Vegetationskegel zu weit aus dem Boden ragt, sind besonders von Auswinterung gefährdet. Bei starken Schwankungen zwischen den Tages- und Nachttemperaturen können zudem schon bei schwächeren Frösten erhebliche Schäden entstehen. Dies gilt besonders für die Zeit kurz nach Vegetationsbeginn im Frühjahr.

WInterraps: Mit den Wurzeln am Limit

Neben dem Frosttod besteht nach langen, harten Wintern auch die Gefahr des Vertrocknens. Dies wird insbesondere dann auftreten, wenn der Boden gefroren ist und hohe Temperaturen den oberirdischen Pflanzenteil zum Wachsen animieren. Die Wurzel streckt sich im gefrorenen Boden und ist nicht in der Lage, Wasser zur Verfügung zu stellen. Ertragreiche Jahre resultieren aus einem eher trockenen Herbst, gefolgt von einem trockenen Frühjahr und ab Blühbeginn kühlen Temperaturen mit ausreichenden Niederschlägen. Die höchsten Erträge werden dort erreicht, wo es im Mai, Juni, Juli relativ kühl ist. Der Juli sollte etwas zu kühl und trocken mit hoher Sonneneinstrahlung sein. So werden die Ölgehalte durch Sonnenscheindauer im Juni und Juli positiv beeinflusst. Als Faustregel bedeuten 50 Stunden Sonnenschein ein Prozent mehr Ölgehalt.



Hohe Temperaturen führen zu einer früheren Blüte, haben aber oft einen negativen Einfluss auf die Ertragsleistung, da die Wasser und Nährstoffversorgung meist nicht ausreicht und es dadurch zu einer Verringerung des Schotenansatzes kommt. Kühle Temperaturen hingegen verlangsamen die Blüte, haben in der Reifephase eine positive Wirkung auf den Kornertrag und begünstigen die Anreicherung der Samen mit Fetten bei gleichzeitiger Abnahme des Eiweißgehaltes.

Der Keimwasserbedarf ist aufgrund des niedrigen Samengewichtes sehr gering. Nur unter sehr trockenen Saatbedingungen kommt es zu mangelndem oder ungleichmäßigem Feldaufgang. Ein starker Niederschlag nach der Aussaat und nachfolgende Abtrocknung kann zur Bildung einer manchmal nur 1 mm starken Schlämmkruste führen. Diese ist für den jungen Keimling unüberwindbar, und er bleibt darunter stecken. Raps besitzt eine hohe Keimgeschwindigkeit, aber eine sehr geringe Triebkraft. Lang anhaltende Sättigung des Bodens mit Wasser führt zu schnellem Feldaufgang, aber schon im Zwei- bis Vierblattstadium werden nicht korrigierbare Schäden sichtbar. Die Wurzelbildung der jungen Rapspflanze folgt dem im Boden vorhandenen Sauerstoff. Wassergesättigte Böden im Herbst erzeugen daher immer Wurzeldeformationen und daraus folgend im Herbst und Frühjahr fehlenden erschlossenen Krumenraum. Für hohe und sichere Erträge sind Niederschläge eine wichtige Voraussetzung. In den 75 Tagen zwischen Blüte und Fruchtbildung werden über zwölf Tonnen Trockenmasse pro Hektar gebildet und dafür über 300 l Wasser pro Quadratmeter benötigt. Das entspricht pro Tag zwischen 1,5 und 1,7 dt/ha Trockenmasse und circa vier Litern Wasser pro Tag pro Quadratmeter.

Bei unzureichender Wasserversorgung werden die Schoten pro Pflanze sowie Samen pro Schote reduziert. Starke Niederschläge zur Zeit der Abreife können zu einer Verminderung des Ölgehaltes führen. Zudem können Starkregenereignisse oder Hagelschauer kurz vor der Ernte die Rapssamen aus den Schoten schlagen und so erheblichen Schaden anrichten.

Anbau von Winterraps: Schon der Herbst entscheidet

Hinsichtlich des Pflanzenschutzes sind beim Winterraps die Wirkungen des Rapserdflohs im Herbst zu beachten. Bei insgesamt wachstumsfördernden Temperaturbedingungen, die angesichts der beschriebenen Bedingungen in jedem Jahr erwartet werden können, wandert das Insekt in die frisch aufgelaufenen Rapsbestände ein, und die Weibchen beginnen einen Reifungsfraß, der im Bestand erkannt werden kann. Bei Erreichen der festgesetzten Schwellenwerte sollte eine gezielte Bekämpfung erfolgen, um das Ausmaß der Schädigung einzudämmen und Folgeschäden durch die Aktivität der Larven zu minimieren.

Im Frühjahr sind Kohlschoten und Kohltriebrüssler sowie Rapsglanzkäfer als potenziell schädigende Insekten beachtenswert. Über temperatursummengesteuerte Modelle lassen sich die Entwicklungszyklen der Tiere simulieren, sodass in Kombination mit einer engmaschigen Gelbschalenkontrolle auch bei diesen Insekten eine zielgenaue und schwellenwertbezogene Bekämpfungsmöglichkeit gegeben ist. Zwischen Winterraps und insbesondere den Rapsglanzkäfern kann es angesichts leicht variierender temperaturbezogener Entwicklungsgeschwindigkeiten sein, dass sich die Schädlinge in Nützlinge verwandeln, wenn nämlich schon kurz vor dem Höhepunkt des Befalls die Blüten weitgehend geöffnet sind.

Die Pilze bleiben ein Problem für den Raps

Weitere pflanzenschutzseitige Herausforderungen sind pilzlich verursachte Erkrankungen. Dabei spielt im Herbst die Ausbildung der Wurzelhals- und Stängelfäule (Phoma lingam) eine wichtige Rolle. Die förderlichen Bedingungen sind vergleichsweise lange Blattbenetzungsdauern bei ansonsten wachstumsfördernden Temperaturbedingungen. Als Einfallstore für die Erreger gelten Schädigungen durch den Rapserdfloh. Insofern ist eine gezielte Rapserdflohbekämpfung auch eine Phomaprävention.

Mit der Knospenentwicklung und dem Übergang zur Blüte rückt das Infektionsrisiko mit Sklerotinia durch den Pilz Sclerotinia sclerotiorum in den Mittelpunkt. Die Infektion der Sklerotinia ist sehr witterungsabhängig: Feuchte, warme Abschnitte vor der Blüte fördern die Bildung von Fruchtkörper aus den Sklerotien. Wechselhaftes Schauerwetter mit sonnigen Abschnitten während der Blüte lässt bei ausreichender Blattnässedauer von mindestens 19 zusammenhängenden Stunden die aus den Apothezien geschleuderten Sporen in den Blatt- und Seitentriebachseln keimen und sich einnisten, wenn dort abgefallene Blütenblätter als Nährstoffquelle haften und als zusätzliche Schicht für die Blattbenetzungsdauer sorgen.


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