Agrargenossenschaft Pirow: Direktvermarktung von Käse in Brandenburg
Die Agrargenossenschaft Pirow in der Prignitz lässt einen Teil ihrer Milch verarbeiten und hat als Direktvermarkter noch mehr zu bieten. Das kann die mobile Käserei Kentzlin.
Von Manfred Drössler
Ob Schnittkäse mit und ohne Kräuter, Weichkäse oder Frischkäse: Regionaler geht’s nicht. Wenn um sechs Uhr die Mobile Käserei Kentzlin auf den Hof der Agrargenossenschaft Pirow rollt, hält sie neben der Milchviehanlage und verarbeitet frische Rohmilch direkt aus dem Euter der Kuh zu Käse.
Der Lkw hat alles an Bord, was man zur Käseherstellung benötigt. Vier bis sechs Stunden dauert die Milchverarbeitung – mit Zugabe von Milchsäurebakterien, Einlaben (dick legen), Trennen von Bruch und Molke, Abfüllen des Bruchs in Käseformen, Zugabe von Kräutern und mehrmaligem Wenden. Nur zehn Prozent der Milchmenge werden zu Käse, 90 Prozent bleiben als Molke übrig und werden im Betrieb verfüttert.
Zum Reifen nimmt die mobile Käserei die frische Ware mit nach Kentzlin. Alle sechs bis acht Wochen lässt die Agrargenossenschaft Pirow 1.200 bis 1.500 Liter Milch auf diese Weise zu Käse verarbeiten. Dann kehren jeweils die gereiften Käsesorten vom Vor-Termin zurück.
Seit 2016 Direktvermarktung
Die Agrargenossenschaft Pirow und ihre Tochter Pirower Agrarprodukte GmbH begannen 2016 mit der Entwicklung und Direktvermarktung eigener Erzeugnisse. Den Anfang machte das Duroc-Schwein (Strohhaltung, Mast mit ausschließlich selbst hergestelltem Futter), dessen zartes, fein marmoriertes Muskelfleisch sich durch ein hohes Maß an intramuskulärem Fett und kräftigem Geschmack auszeichnet.
„Inzwischen haben wir eine reinrassige Duroc-Mast aufgebaut, ebenso eine eigene Weiderind-Herde der Rassen Fleckvieh und Angus in extensiver Mästung auf der Weide. Auch sie sind für ihre ausgezeichnete Fleischqualität bekannt“, betont Geschäftsführer Uwe Kessler. In der Verarbeitung arbeitete man zunächst mit der Fleischerei Hildebrandt in Kletzke zusammen, fand dann mit der Fleischerei Schlede in Lenzen einen neuen Partner.
Mobile Käserei Kentzlin: Wie aus Milch Käse wird
Bei der Recherche nach weiteren Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten eigener Produkte stieß Uwe Kessler auf die Mobile Käserei Kentzlin bei Stavenhagen, gegründet 2019. Anja Hansen, Diplom-Biologin, und Henriette Gaede, Agrarwissenschaftlerin, leisten den praktischen Teil und übernehmen alle Arbeiten rund um die Käserei.
Die Reiferäume und der Firmenhof liegen auf dem Hof der Familie von Waldthausen. Geschäftsführer der GmbH ist Friedrich von Waldthausen. Aktuell werden ca. 30 Milchbauern im Umkreis von 100 Kilometern von der mobilen Käserei angefahren.
Nach dem Ausladen kommen die Laibe bis zu 72 Stunden in ein Salzbad und reifen anschließend auf Holzbrettern bei fortwährender Pflege aus. Anfangs täglich, später in größeren Abständen, wird der Käse gewendet und mit Salzwasser und Reifungskulturen bestrichen. Ein Käselaib wiegt je nach Sorte 1,5 bis acht Kilogramm.
„Mir gefällt es, die verschiedenen Höfe kennenzulernen. Auch ist es faszinierend zu sehen, wie aus Milch Käse wird“, meint Anja Hansen. „Ich finde es spannend, den Landwirten eine neue Perspektive der Direktvermarktung zu eröffnen“, ergänzt Henriette Gaede. „In unseren Produkten, ob Fleisch, Wurst, Schinken oder Käse, steckt sehr viel Handarbeit, auch bezahlen wir die Fleischerei und mobile Molkerei als Dienstleister und können natürlich keine Discounter-Preise, aber dafür Regionalität und natürliche Geschmacksfülle bieten“, unterstreicht Uwe Kessler.
Mobile Käserei: Direktvermarktung aufgebaut
Wie andere Anbieter wissen die Pirower, dass die Kaufkraft in der Prignitz gering ist. 2023 lag sie laut IHK pro Kopf unter 23.500 Euro pro Kopf. Spitzenreiter in Brandenburg ist Potsdam-Mittelmark mit ca. 28.000 Euro. Zahlreiche Kreise in Bayern und Baden-Württemberg weisen 30.500 Euro und mehr auf. Die Direktvermarktung der Fleisch- und Wurstprodukte sowie Produkte weiterer regionaler Erzeuger, wie Honig oder Brände vom Brescher Hof, bauten die Pirower Stück für Stück auf – erst ganz klein in Pirow selbst (auch jetzt noch Anlaufstelle), ohne Fremdkräfte.
Hinzu kam erst ein, dann ein zweites Verkaufsmobil mit Standorten in Perleberg, Wittenberge, Pritzwalk, Karstädt und Stendal. Eingestellt für die Direktvermarktung wurden zwei neue Arbeitskräfte. Auch Sohn Markus, verantwortlich für den Feldbau, stieg in die Direktvermarktung ein. „Allein würde es nicht gehen“, macht Uwe Kessler klar. 2023 fuhren die Pirower in der Saison erstmals auf Campingplätze, wie Neustadt-Glewe oder Arendsee.
An die Tür geklopft habe man auch bei Gastronomen. Stammkunden sind inzwischen Dahses Erbhof in Glövzin, Röbler Thor in Wittstock und das Hainholz-Hotel in Pritzwalk. Ebenso findet der Kunde Pirower Produkte in den Edeka-Märkten Bockelmann in Putlitz, Perleberg und Wittenberge sowie Misigaiski in Perleberg. Möglich sind Bestellungen auch über einen Online-Shop im 24h-Express-Frischeversand.
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