EIP-Projekt: Kooperation ist kein Selbstläufer

Verschwindend klein ist die Anbaufläche von Ökokartoffeln in Brandenburg im Vergleich zu Niedersachsen. (c) Volker Gehrmann
Betriebsführung
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Im EIP-Projekt Bio-Gemüse aus Brandenburg kooperieren 24 Landwirtschaftsbetriebe und Unternehmen, um regionales Biogemüse zu produzieren und Logistikstrukturen aufzubauen.

Von Jennifer Brandt, Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL)

Seit Ende 2020 stehen sie in Rewe-Märkten in Brandenburg. Die „Brandenburger Bio-Kartoffeln“ regionaler Erzeuger, die sich zur Vermarktung zusammengeschlossen haben. Die Vermarktungskooperation ist ein Ergebnis der Akteure im Projekt „Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg“, die seit Januar 2018 daran arbeiten, den Biogemüse- und Biokartoffelanbau in Brandenburg zu forcieren.

Neue Strukturen der Zusammenarbeit zu etablieren, bedeutet alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette zu involvieren. Landwirte, Berater, Händler, Verarbeiter und Vertreter aus der Gemeinschaftsverpflegung arbeiten im EIP-Projekt zusammen. Das fünfköpfige Leitungsteam, eine Zusammenarbeit der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau (FÖL) und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), gestaltet den Rahmen.

„Nachfrage allein ist nicht genug“, weiß Charis Braun, die das Projekt gemeinsam mit ihrer Kollegin Evelyn Juister seitens der HNEE begleitet. Denn Wertschöpfungsketten – ein vielfach rein technisch verstandener Begriff – umfassen in der Praxis ein ganzes Konglomerat an Akteuren und Strukturen, aber auch an sozialen Beziehungen und Werten. Nicht nur strukturelle Herausforderungen sind zu meistern, vor allem zwischenmenschliche Beziehungen spielen eine wichtige Rolle bei der Institutionalisierung neuer Kooperationen.

„Lücken in der Kette identifizieren“

Im ersten Schritt des Projekts ging es darum, „die Lücken in der Kette zu identifizieren“, erklärt Gerald Köhler, der das Projekt seitens FÖL betreut. Bei der Biokartoffel fehlt es in der Region an Beratungs- und Vernetzungsstrukturen (Interview mit Wilfried Dreyer), auch wurden Lücken in den Verarbeitungsstrukturen für Schälware deutlich. Um den regionalen Lebensmitteleinzelhandel zu beliefern, braucht es zudem Bündelungs- und Logistiklösungen.

Über das Projekt und der nächste Feldtag
Das EIP-Projekt „Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg“ ist ein Projekt von 24 Landwirtschaftsbetrieben, Unternehmen Interessensvertretung und Wissenschaft in der Hauptstadtregion, geleitet in Zusammenarbeit von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau und der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.

Projektziel ist der Auf- und Ausbau einer wettbewerbsfähigen, nachhaltig rentablen und skalierbaren Biogemüseproduktion. Das Projektteam organisiert u. a. regelmäßige Angebote zur Weiterbildung und Vernetzung.

Der nächste Bio-Kartoffelfeldtag (mit Bioland) findet am 8. Juli 2021 auf dem Beerfelder Hof und dem Biolandhof Zielke statt. Am Beispiel der Kartoffelbestände vor Ort lautet das Thema: Meine Kartoffeln im Bezug zum Witterungsverlauf auf meinem Standort. Die Anmeldung muss bis zum 1. Juli 2021 erfolgen.
Den detaillierten Ablauf und die Kontaktdaten für die Anmeldung finden Sie unter: kurzelinks.de/jldn

Auch die oft zitierte hohe Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln muss detailliert betrachtet werden. Beispielsweise landen durch die Ausschreibungspolitik für Berliner Schulessen zwar mehr Biokartoffeln in den Kochtöpfen der Schulkantinen, davon kommt aber nur ein geringer Anteil aus Brandenburg.

In den Regalen des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels fand der Verbraucher bis vor Kurzem kaum regionale Kartoffeln, im Naturkostfachhandel sind regionale Biokartoffeln verfügbar, aber nicht immer ganzjährig. Warum?

Die Lücke im Anbau

Die verkürzte Antwort lautet: Es werden schlichtweg zu wenig regionale Biokartoffeln angebaut. Auf rund 300 ha, so schätzt das Leitungsteam des EIP-Projekts, wachsen derzeit in Brandenburg Biokartoffeln. Zum Vergleich: Im Nachbarland Niedersachsen, einem der Hauptanbaugebiete Deutschlands, sind es rund 3.000 ha. Auf 2,5 Prozent der Ökofläche Niedersachsens gedeihen Kartoffeln, in Brandenburg liegt der Anteil bei unter 0,2 Prozent.

Diese Vergleiche sind deshalb interessant, weil das benachbarte Bundesland die brandenburgische Anbaulücke füllt und brandenburgische Betriebe, wenn sie in den Biokartoffelanbau einsteigen, mit der Qualität, den Preisen und den verfügbaren Mengen aus Niedersachsen auch auf dem regionalen Markt in Konkurrenz stehen.

„Es ist schwierig für einen Betrieb, der jetzt neu einsteigt und hohe Investitionen tätigen muss, mit deutschen Qualitäten zu konkurrieren. Der deutsche Markt ist durch die hohen Umstellungszahlen sehr voll. Da ist es viel redlicher, den Landwirten zu sagen, du brauchst erst anfangen, wenn es hier innerhalb von Brandenburg auch Strukturen gibt, in die du hineinliefern kannst“, weiß Kartoffelfachberater Wilfried Dreyer, der zusammen mit seinem Kollegen Reinhard Bade die im EIP-Projekt beteiligten Betriebe berät. Braucht es zuerst einen Absatzmarkt oder ausreichend Ware seitens der Erzeuger – das ist auch eine Henne-Ei-Frage. Idealerweise entwickelt sich beides Hand in Hand.

Regionale Feldtage dienen der Wissensvermittlung zum Biokartoffel- und Biogemüseanbau.
Regionale Feldtage dienen der Wissensvermittlung zum Biokartoffel- und Biogemüseanbau. (c) FÖL

Das EIP-Projekt „Bio-Gemüse aus Brandenburg“ versucht beides zu stärken, Marktzugänge und den regionalen Anbau. Bildungs- und Beratungsangebote bringen Know-how in die Region und bieten Raum für Vernetzung und Austausch.

Sogenannte Wertschöpfungskettenentwickler begleiten mit ihren methodischen Fähigkeiten die verschiedenen im Prozess beteiligten Akteure. Sie organisieren und strukturieren die regelmäßigen Treffen der Akteure im Projekt, unterstützen bei der Entwicklung von Ideen, z. B. zur Vermarktung und deren Umsetzung.

EIP-Projekt: Die Lücke in der Vermarktung

Auf dem Absatzmarkt der Hauptstadtregion ist Regionalität das wichtigste Alleinstellungsmerkmal Brandenburger Bioerzeuger. Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel vermarktet bundesweit rund zwei Drittel der Biokartoffeln.

In Berliner und Brandenburger Vollsortimentern sind brandenburgische Biokartoffeln jedoch bisher kaum vertreten. Zu gering sind die produzierten Mengen, zu groß das Verhandlungsgefälle. „Als kleiner Betrieb brauchen wir uns nicht allein mit einer Rewe einlassen“, so Hannes-Peter Dietrich, Betriebsleiter des Ökohofs Kuhhorst, der auf 25 ha Biokartoffeln anbaut, „wir brauchten Partner.“ Also taten sich sechs Brandenburger Betriebe aus dem EIP-Projekt mit dem Ziel zusammen, Biokartoffeln regional an Rewe zu liefern.

Seit Ende 2020 werden die Knollen unter dem Label „Bio-Kartoffeln aus Brandenburg“ in 250 Rewe-Märkten in Berlin und Brandenburg verkauft. Jetzt, in der Aufbauphase, kommt die Ware hauptsächlich vom Biohof Schöneiche und dem Ökohof Kuhhorst. Perspektivisch sollen jedoch mehr Betriebe eingebunden und weitere Vermarktungskanäle erschlossen werden.

Zusammen mehr Schlagkraft

Zusammen verfügen die Landwirte über mehr Schlagkraft gegenüber dem Handel und können Verarbeitungsstrukturen teilen. So verfügen zwei der sechs beteiligten Betriebe, der Ökohof Kuhhorst und der Biohof Schöneiche, über Abpackanlagen. Im Rahmen des Projekts wurde zudem die Zusammenarbeit mit dem Schälbetrieb Geko aufgebaut, um Ware, die nicht in den Handel geht, an die Gemeinschaftsverpflegung liefern zu können.

Die Kooperation mit dem Handelspartner Rewe ist ein wichtiger Schritt für das Projekt, ein Selbstläufer ist sie nicht. „Anfangs führten wir viele Marktgespräche, um Planzahlen festzulegen, jetzt geht es viel um die Sichtbarkeit im Markt“, erklärt Gerald Köhler, und darum, „dauerhaft einen Platz im Gemüseregal zu gewinnen.“ „Wertschöpfungsketten aufzubauen und zu verstetigen braucht einen langen Atem“, so Charis Braun von der HNEE, „gewünschte Resultate, wie Vernetzung und Wissenstransfer, sind dabei nicht immer sofort sichtbar“. Und Kooperationen können sich wandeln, etwa weil Betriebe dazustoßen oder wieder aussteigen.

EIP-Projekt: Ein FAZIT

Biogemüse aus der Region ist gefragt, aber auf weniger als 0,5 Prozent der Brandenburger Ökoagrarfläche wächst es. Das EIP-Projekt ist angetreten, die Lücke zwischen Anbau und Nachfrage zu schließen und hat sich dabei im ersten Schritt auf die Hackfrucht Kartoffel fokussiert. Das vielschichtige Projekt zeigt, wie viel Koordination, Kommunikation und Ausdauer es braucht, um Wertschöpfungsketten dauerhaft zu etablieren.

IM GESPRÄCH MIT …
Wilfried Dreyer, Kartoffelfachberater bei Naturland. Er begleitet das EIP-Projekt „Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg.
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Herr Dreyer, Sie sind seit 25 Jahren als Fachberater für den Biokartoffelanbau tätig. Was dachten Sie, als Sie für das EIP-Projekt in Berlin-Brandenburg angefragt wurden?
Auf der einen Seite ist in Brandenburg der Ökokartoffelanbau von vergleichsweise geringer Bedeutung, auf der anderen Seite gibt es gerade im Großraum Berlin einen riesengroßen Absatzmarkt, der meist aus anderen Regionen Deutschlands bedient wird. Vor diesem Hintergrund ist es ein sehr interessantes Projekt, die regionale Erzeugung zu fördern.

Warum ist der Kartoffelanbau in Brandenburg so unterentwickelt?
Früher, zu DDR-Zeiten, wurden die Kartoffeln für Berlin in Brandenburg erzeugt. Nach der Wende hat sich die Agrarstruktur vollkommen verändert. So ist zum Beispiel auch die ehemals vorhandene Bewässerung aus Oberflächenbewässerung untersagt worden.
Jetzt prägen in Brandenburg vor allem Kulturen, die mit wenig Finanzkraft verbunden sind, den Anbau. Einen Hektar Biokartoffeln anzubauen, kostet – alle Faktoren, wie Bewässerung, Pflanzgut, Anbau, Pachten und Lagerung zusammengenommen – rund 7.000 Euro. Und das bevor die Kartoffeln vermarktet werden können. Bei Getreide sind es etwa 300 bis 400 Euro pro Hektar. Die nach der Wende neu entstandenen Betriebsstrukturen in Brandenburg, seien es Agrargenossenschaften oder Privatbetriebe, haben nur zu einem ganz kleinen Teil dieses finanzielle Wagnis auf sich genommen.

Sie kommen aus Niedersachsen, eine wichtige Kartoffelanbauregion. Warum klappt der Kartoffelanbau dort so gut?
Es gab keinen Bruch in den gewachsenen Strukturen wie in Brandenburg. Die Betriebe, die Kartoffeln anbauen, haben schon vor 50 oder 100 Jahren Kartoffeln angebaut. Es konnte kontinuierlich in Beregnung und Lagerung investiert werden und Strukturen wie Lohndienstleistungen konnten sich etablieren. Es gibt Lohnunternehmer, die Kartoffeln pflanzen und roden. Es ist schwierig, wenn man diese kostspieligen Maschinen braucht, aber anfangs noch nicht die Fläche hat, mit der man sie auslasten kann. Außerdem ist in Niedersachsen der Zugang zu entsprechendem Know-how einfacher.

Wie steht es in Brandenburg um die Beratungsstrukturen?
Meines Wissens nach gibt es bei Biokartoffeln in Brandenburg keinen Fachberater, den man anrufen kann. Hier in Niedersachsen habe ich im Hintergrund ein Netzwerk von mehreren Beratungskollegen, von Handelsstrukturen, von konventionellen Kollegen, Forschungseinrichtungen und so weiter. Diese ausgebauten, vernetzten Strukturen gibt es in Brandenburg nicht. Es ist projektbezogen eines der größten Anliegen, Know-how zum Kartoffel- und Gemüseanbau in die Region zu bringen.

Und wie findet das konkret statt?
Für den Know-how-Transfer braucht man zum einen die, die das Know-how praktisch für Landwirte aufbereiten und an die Landwirte herantragen können. Das bieten wir im Projekt in Form von Fachseminaren und Feldtagen. Außerdem haben wir auf drei Betrieben unter verschiedenen Anbaubedingungen, mit und ohne Beregnung, Sortendemonstrationen durchgeführt. Auch das ist exemplarisch für die Beratungssituation in Brandenburg, es gibt keine Feldversuche für Kartoffeln in Brandenburg. Und wir fanden das wichtig, um zu klären, welche Sorten sich für die regionalen Bedingungen eignen.
Zum anderen bedarf aber es aber auch einer relativ intensiven Begleitung und damit einer Nähe zu den Betrieben. Mein Kollege Reinhard Bade ist oft in Brandenburg und viele ganz praktische Fragestellungen und Lösungen ergeben sich erst, wenn die Zusammenarbeit relativ eng ist. Es braucht jemanden vor Ort, der auch die Bedingungen kennt. Wenn das Projekt ausgelaufen ist, dann sind Reinhard Bade und ich als Berater wieder weg. Da gibt es jetzt Verbindungen zu einzelnen Betrieben, aber es gibt dann immer noch keine Beratungseinrichtung, wo man als Betrieb anfragen und seine grundsätzlichen Fragen loswerden kann.

Das EIP-Projekt steht in Brandenburg, einem Bundesland, das viel vorhat im Bioanbau, vor großen Aufgaben. Was hat bisher gut funktioniert?
Die Kartoffeln aus dem Projekt sind im Markt, die kann man bei Rewe kaufen. Das ist schon einmal eine Riesensache. Auch bei den beteiligten Betrieben ist einiges passiert: Der Kartoffelanbau wurde neu begonnen oder Betriebe haben sich weiterentwickelt. Der Biohof Schöneiche hat zum Beispiel vorher konventionelle Stärkekartoffeln angebaut, jetzt produziert er Biospeisekartoffeln, die im Verbund mit den anderen Betrieben vermarktet werden, der Biohof Klaas hatte gar keine Kartoffeln und hat jetzt sogar ein eigenes Lager gebaut. Außerdem haben sich mit den Veranstaltungen und den Sortendemos Anlaufpunkte für Betriebe entwickelt. Man kann sich jetzt etwas in der Praxis ansehen und sich vor Ort informieren. Die Betriebe bekommen regelmäßig mein Rundschreiben, sie haben meine und Reinhard Bades Telefonnummer und können Fragen loswerden. Es muss viel ausgebaut und verbessert werden. Aber ein Anfang ist gemacht.
(Das Gespräch führte Jennifer Brandt)

IM GESPRÄCH MIT …
Hannes-Peter Dietrich, Betriebsleiter auf dem Ökohof Kuhhorst und Mitglied der Operationellen Gruppe des EIP-Projekts
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Herr Dietrich, der Ökohof Kuhhorst hat den Zusammenschluss regionaler Biokartoffelerzeuger mit begründet. Warum? Wir wollten etwas tun, um die Wertschöpfung hier in der Region zu halten. Und wir, als kleiner Betrieb, brauchen uns nicht allein mit einer Rewe einlassen. Mit Betrieben zusammenzuarbeiten, die dasselbe Interesse haben, ist für uns auch eine Absicherung. Wenn es zum Beispiel Hagel gegeben hat und wir keine Ware haben, oder meine Maschine geht kaputt, dann habe ich Partner, die ich fragen kann: „Kannst du für Rewe noch 15 Paletten packen?“
Es ist wichtig, dass es uns gelingt, die Brandenburger Kartoffelbauern zusammenzubringen, sich zumindest auszutauschen, damit man sich nicht gegenseitig ausspielen lässt. Es geht ja auch darum, eine Größe zu haben gegenüber dem Handel und Mitbewerbern, die von außerhalb auf den regionalen Markt kommen.

Welche Vorteile birgt die Kooperation in Bezug auf Austausch und Vernetzung untereinander?
Wir haben den Vorteil der praxisorientierten Sortentests auf unseren Betrieben. Wir können uns austauschen, wie die Sorten auf den verschiedenen Böden wachsen, wie sie sich unter Trockenstress, wie unter Beregnung verhalten. Wir sind für die Saatguterzeuger eine ernstzunehmende Größe. Die Züchter stellen jetzt auch neue Sorten dazu, und fragen, sind die vielleicht für euch interessant im Bioanbau?

Es wird oft gesagt, Kooperationen zwischen Landwirten entstehen nicht von selbst. Warum ist das so?
Das Problem ist, zwischen Betrieben, die eigentlich miteinander in Wettbewerb stehen, Vertrauen aufzubauen. Das merken wir auch im Projekt. Vertrauen ist unser höchstes Gut. Denn was mache ich zum Beispiel, wenn ein Betrieb Ware liefert, die nicht die Qualität hat, die man braucht? Wie kriegt man dann einen Absatzweg hin, ohne den Betrieb vor den Kopf zu stoßen? Wir wollen fair miteinander umgehen. Jeder führt seinen Betrieb unterschiedlich, und das zusammenzubekommen und nach außen geschlossen aufzutreten, ist der wichtigste Punkt. Und da muss sich jeder zurücknehmen, das müssen wir auch lernen. Wenn man da aber Lust drauf hat, dann kann so ein Projekt richtig gut werden. Wichtig ist dabei auch der lange Atem.

Was wünschen Sie sich für die Erzeugergemeinschaft zukünftig? Was sind die nächsten Ziele?
Ich würde mir wünschen, dass wir die Kooperation vertiefen, mehr Mengen absetzen und gemeinsam weitere Vertriebswege erschließen.

Was ist aus landwirtschaftlicher Perspektive der Grund für die Diskrepanz zwischen Anbau und Nachfrage von Biogemüse in der Region?
Verarbeitung und Handel. Es muss Lagerkapazitäten geben. Wenn jeder einzeln anfängt, Lager zu bauen und Maschinen wie Möhrenroder anzuschaffen, sind das unheimliche Erstinvestitionskosten. Und dann brauchen wir Fachberatung. Von uns Landwirten wird immer verlangt, alles zu können. Steuerberatung, Personalführung und dann noch Sonderkulturen anbauen. Das muss gut koordiniert werden. Denn erstens hat man hohe Investitionskosten und zweitens braucht es auch hier Vertrauen, dass es zum Beispiel einen Fachberater gibt, der wirklich fähig ist und mir hilft, wenn es mal schwierig ist.

Wie sollen neue Strukturen für den Gemüseanbau und die Vermarktung Ihrer Meinung nach entstehen?
Das muss von allen Seiten angestoßen werden. Es braucht solche Projekte, wie dieses, es braucht eine Einkommensalternative. Da müssen alle – Verarbeiter, Verbände, Politik, Landwirte – an einem Strang ziehen und sagen: „Wir wollen eine starke Region und wir gucken gemeinsam, wie wir die Produkte aus der Region vermarktet bekommen.“ Und natürlich müssen die Landwirte auch bereit sein, etwas Neues auszuprobieren.
(Das Gespräch führte Jennifer Brandt)

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