Onlinevermarktung: Nur einen Klick entfernt
Entweder man hat ein einzigartiges Produkt oder man ist sehr professionell. Über Chancen, Risiken und warum der Gang in die Onlinevermarktung für manche auch ernüchternd endet.
Von Max Bieber
Die Vorstellung ist verlockend: Statt Kunden nur im Umkreis von einigen Kilometern zu erreichen, die Reichweite durch Onlinevermarktung auf ganz Deutschland erweitern. Direktvermarkter haben nur einen begrenzten Warenbestand. Warum nicht diesen an die Kundschaft bringen, die auch bereit ist, einen fairen Preis dafür zu bezahlen? Anstatt an Ladenöffnungszeiten oder Markttage gebunden zu sein, einfach die Waren jeden Tag rund um die Uhr den Kunden zum Verkauf anbieten. Der Versand kann mit dem bestehenden Personal des Hofladens bewältigt werden.
Man kann sein Produkt online in drei Kategorien einteilen. Kategorie 1 sind gängige, allgemein bekannte Produkte wie zum Beispiel Käse oder Fleisch. Also Produkte, für die es einen großen Markt gibt, welcher jedoch schon mit unzähligen Konkurrenten besetzt ist. Hier steht man nicht nur im Wettbewerb mit anderen Höfen, sondern auch Großhändlern, die große Erfahrung in der Vermarktung mitbringen. Da sich die Kaufentscheidung der Kunden nicht gleichmäßig auf die Marktteilnehmer verteilt, sondern in den meisten Fällen der beste Marktteilnehmer das Geschäft macht, hilft es hier nicht, mittelmäßig zu sein. Der Erfolg wird sich anderenfalls auch nur mittelmäßig bis gar nicht einstellen.
Wenn da nicht die Konkurrenz wäre
Wie kann man trotzdem in Kategorie 1 gegen die Konkurrenz bestehen? Sowohl Sie als auch die Konkurrenz können in den meisten Fällen gute bis sehr gute Qualität liefern, ein Preiskampf ist ein Kampf, bei dem Sie verlieren werden. Schlicht aufgrund der Expertise, Zeit und Bekanntheit haben die großen Konkurrenzunternehmen meistens eine bessere und höhere Onlinepräsenz als Sie. Hier müssen Sie mit Vorzügen punkten, die andere nicht aufzeigen können. Grundvoraussetzung sind hierbei eine adäquate Produktpräsentation, bei der professionelle Produktbilder schon fast ein Muss sind. Glänzen Sie mit Fakten. Werbetexte schreiben, gestaltet sich online anders, als man es vielleicht aus Zeitungen oder dem Fernsehen kennt.
Heutzutage strömt sehr viel Werbung auf die Menschen ein, sodass die meisten Verbraucher gelernt haben, unbewusst Werbung auszublenden. Mit wilden Versprechen kommt man heute nicht weiter. Am besten verkaufen Fakten. Dabei muss es nicht immer nur die Reifezeit des Weines oder der Marmorierungsgrad des Rumpsteaks sein. Diese Fakten kann jeder Lebensmittelgroßhandel genauso liefern. Sorgen Sie dafür, dass der Kunde zwar nur ein Produkt bezahlt, aber mindestens zwei Produkte erhält. Kunden, die für sich Produkte direkt vom Hof beziehen wollen, tun dies nicht, weil Ihr Produkt das vermeintlich Beste oder Günstigste ist. Diese Kunden wollen wissen, wo die Sachen herkommen, die Sie konsumieren. Sie wollen sich damit identifizieren und kaufen somit immer auch ein stückweit die Story und das gute Gewissen ein. Geben Sie Einblick in die Produktion, zeigen Sie die Leidenschaft und Expertise, die hinter Ihrem Produkt steht. Das Misstrauen in die Lebensmittel und deren Herkunft ist auch oft in der Anonymität begründet, die nun mal die industrielle Fertigung mit sich bringt. Zeigen Sie Persönlichkeit und sorgen Sie somit für Vertrauen in Ihr Produkt.
Zur zweiten Kategorie gehören Produkte, die nur begrenzt auf dem Markt verfügbar sind. Produkte, bei denen die Nachfrage das Angebot übersteigt. Wenn Sie ein solches Produkt anbieten können, bringt das enorme Vorteile in der Onlinevermarktung. Ein Bei-spiel für so ein Produkt sind Straußeneier aus Deutschland. Es werden hierzulande lediglich etwa 20.000 Eier produziert. Dieses Angebot deckt die Nachfrage bei Weitem nicht. Hinzu kommt, dass Straußen in Winterruhe gehen, sodass dieses Produkt nicht das ganze Jahr über verfügbar ist. Ein solches Produkt bringt im Marketing weitere Vorteile, da der Handel weder direkte noch indirekte Konkurrenz ausübt. Online-Marketingkosten hängen immer stark von der Konkurrenz ab. So ist beispielsweise die Positionierung Ihres Angebots bei Google von Ihrem Gebot abhängig. Werden Sie überboten, oder hat Ihre Seite einen schlechten Qualitätsfaktor, rutscht Ihr Angebot automatisch nach hinten. Ist also die Konkurrenz gering, sind auch Ihre Marketingausgaben gering.
Zur dritten Kategorie gehören Produkte, die auf dem Markt vergleichsweise unbekannt sind. Produkte, die die meisten Menschen also nicht kennen. Hier sind zwar aufgrund des geringen Suchvolumens die Marketingkosten gering, jedoch ist es genauso kompliziert die Kundschaft dafür zu finden. Anbieter dieser Produkte müssen zuallererst die richtige Kundengruppe analysieren und dann aufzeigen, warum diese diese Produkte benötigen.
Online ist der Neukunde anonym
Ein Kunde kommt in den Hofladen und erkundigt sich über Ihr Produkt. Nun kann Ihr Verkaufsgespräch beginnen und das mit guten Erfolgschancen. Der Kunde hat den Weg auf Ihren Hof gefunden in der Absicht nicht mit leeren Händen wieder von dannen ziehen zu müssen. Sie können auf die Fragen des Kunden eingehen und mit einem freundlich zuvorkommenden Gespräch das Geschäft abschließen. Im besten Fall haben Sie dem Kunden näher gebracht wie viel Leidenschaft und Expertise hinter Ihrem Produkt steckt. Der Kunde weiß nun, warum er nicht im Supermarkt war, sondern bei Ihnen auf dem Hof. Wahrscheinlich wird er immer wieder kommen und Ihren Hoflanden vielleicht sogar seinen Freunden und Bekannten empfehlen.
Wie kann man also agieren?
Genauso muss der Onlinekunde Sie auch kennenlernen. Es reicht nicht, ein großartiges Produkt zu haben. Die Konkurrenz hat auch ein großartiges Produkt, vielleicht sogar noch wesentlich günstiger. Diese Aufgabe ist hier nicht zu unterschätzen, denn Sie müssen die Fragen des Kunden voraussehen und ihn ganz ohne Mimik und Gestik überzeugen, dass Ihr Produkt das Beste ist. Anders als der Kunde auf Ihrem Hof ist das Konkurrenzprodukt online nur einen Klick entfernt.
Sorgen Sie für einen guten Informationsgehalt. Dazu gehören ausführliche Produktbeschreibungen und perfekte Produktbilder. Differenzieren Sie sich von anderen Anbietern durch Persönlichkeit und geben Sie Einblicke in die Produktion. Niemand weiß so gut wie Sie, was Ihr Produkt ausmacht. Teilen Sie dieses Wissen mit Ihren Kunden. Geben Sie zum Beispiel Servier- oder Zubereitungsempfehlungen. Sie müssen die gleiche warme und vertrauenswürdige und dennoch faktenbasierte Atmosphäre schaffen wie in Ihrem Hofladen. Vergessen Sie nie, dass hinter der Adresse, an die das Paket geht, ein ganz normaler Mensch steht.
Auch wenn das leider die wenigsten tun, seien Sie glücklich über jede Kunden-E-Mail. Egal ob es Fragen zu Ihren Produkten sind oder Support-Anfragen. Wenn der Kunde anfängt, mit Ihnen zu kommunizieren ist das immer positiv. Entweder bekommen Sie eine zweite Chance, Ihre Verkaufsargumente vorzubringen oder Sie sammeln Erfahrungen mit Fehlern Ihres Produktes, die Ihnen vielleicht noch nicht bekannt waren. Ziehen Sie Rückschlüsse aus dem Feedback und verbessern Sie Ihre Onlinepräsenz. Selbstverständlich müssen solche Anfragen immer zeitnah bearbeitet werden. Sie werden feststellen, dass Sie so dankbare Stammkundschaft aufbauen werden. Und auch, wenn Ihre mögliche Reichweite Online wenig begrenzbar ist, ist dennoch Stammkundschaft die Beste. Sie zahlen im Onlinemarkting für jeden Klick. Jeder Kunde, der ein zweites Mal direkt auf Ihre Seite kommt, ist kostenfrei. Somit wächst mit einer steigenden Anzahl von wiederkehrenden Kunden die Rentabilität Ihres Onlineshops. Somit zahlt sich Zuverlässigkeit, nicht nur hinsichtlich der Qualität Ihres Produktes, sondern auch in dem man sich einfach an die Versandzeiten hält, immer doppelt für Sie aus. Kleine Serviceleistungen, wie eine Versandbestätigung inklusive Sendungsverfolgungsnummern oder Feedbackangebote, sind heutzutage Leistungen, die der Kunde erwartet.
Der kleine Unterschied mit enormer Wirkung
Wie so oft liegt der Teufel im Detail und die Kunden verteilen sich nun leider nicht gleichmäßig auf die Marktteilnehmer. Die besten Anbieter erzielen eben das Geschäft, dabei ist irrelevant, wie gut Sie sind, wenn eben die Konkurrenz nur ein wenig besser ist. Schauen Sie sich Ihren Onlineshop selbstkritisch an, oder nutzten Sie Testkunden, um den Faktor „Betriebsblindheit“ auszuschließen. Es reicht eben nicht, den Kunden durch ausgeklügelte Marketingkampagnen auf Ihren Shop zu lenken, wenn dann der Kauf nicht abgeschlossen wird. Erstrahlt Ihr Shop in einem ansprechenden Design? Und wenn ja, sieht dieses Design auch ansprechend gut auf jedem Browser oder Gerät aus. Schauen Sie sich intensiv die mobile Ansicht Ihrer Seite an, denn die meisten Kunden shoppen heute nicht mehr über Ihren Computer, sondern über Ihr Smartphone. Ganz entscheidend ist auch die Ladegeschwindigkeit Ihrer Webseite. Zu große und veraltete Dateiformate sorgen oftmals für lange Ladezeiten. Der Kunde von heute akzeptiert so etwas in den meisten Fällen nicht, es sei denn er kennt Ihr Produkt schon. Für die Neukundengewinnung sind jedoch lange Ladezeiten Gift.
Ein weiterer Fehler, den Sie vermeiden sollten, sind Mindestbestellmengen. Sie wollen aus Ihren Neukunden Stammkunden machen. Viele Kunden testen jedoch zunächst, bevor Sie große Bestellungen auslösen. Auch wenn die Gewinnspanne vielleicht zunächst nicht besonders hoch ist beim Versand von einem Käse oder einer Flasche Apfelsaft. Sie werden insgesamt weniger Umsatz haben, wenn Sie dem Kunden aufbürden von Anfang an ganze Kisten zu nehmen. Natürlich gilt das auch für die Versandkosten. In Zeiten von Amazon sind es viele Kunden gewöhnt, keine Versandkosten zu zahlen. Natürlich müssen Sie entscheiden, ab wann sich für Sie ein Geschäft lohnt und bevor man an einem Verkauf Verlust macht, macht man das Geschäft lieber nicht. Halten Sie jedoch Ihre Versandkosten möglichst gering. Eine elegante Lösung ist es, die Versandkosten in das Produkt einzupreisen oder ab einem bestimmten Bestellwert auf die Versandkosten zu verzichten. Tatsächlich stellen die Versandkosten gerade in der Vermarktung von frischen Produkten stets die größte Hürde dar. Aber auch hier gibt es mittlerweile zahlreiche effiziente Lösungen, die von Versanddienstleistern und Versandmittelherstellern angeboten werden. Gerade bei Versanddienstleistern, die zum Beispiel auf Übernachtlieferung spezialisiert sind, lohnt es sich oft, über die Konditionen zu verhandeln.
Analysieren Sie die Bezahlmöglichkeiten, die Sie dem Kunden anbieten. Kunden, die über keine Ihrer angebotenen Zahlungsmöglichkeiten verfügen, werden zwangsläufig den Kauf nicht abschließen und sich dann auf anderen Webseiten nach einem adäquaten Produkt umschauen. Daher ist es wichtig, sich hier so breit wie möglich aufzustellen. Paypal, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder auch Vorkasse sind hier nur einige wenige Beispiele. Vergleichen Sie und wählen Sie möglichst viele Zahlungsmöglichkeiten aus. Bei der Entscheidung, welches Zahlungsmittel das richtige für Ihren Shop ist, sollte die Betrugssicherheit jedoch auch immer eine wichtige Rolle spielen. Zahlungsmöglichkeiten, bei denen der Kunde den Kauf erst abschließen kann, wenn die Ware auch bezahlt ist, sind hierbei tendenziell immer die besten. Es gibt jedoch auch Zahlungsdienstleister, die einen gewissen Verkäuferschutz bieten und im Fall von nicht zahlender Kundschaft die Verantwortung übernehmen.
Fazit
Die Onlinevermarktung bietet für Direktvermarkter fast grenzenlose Möglichkeiten. Es ist jedoch wie in allen Geschäftsbereichen: Ohne Expertise, Ausdauer und nötige Investitionen bleibt der Erfolg meisten aus. Da es online oft zahlreiche Konkurrenzprodukte gibt, sorgt Mittelmäßigkeit für schnelle Ernüchterung und zum Teil für Investitionsruinen. Den einen optimierten effizienten Onlineshop gibt es nicht für Null. Es gibt viele Feinheiten, die es zu beachten gibt, doch wenn man den Onlinekunden die gleiche Aufmerksamkeit schenkt wie dem Kunden im Hofladen, kann ein eigener Onlineshop ein lohnender, effizienter Absatzkanal werden.