Der Plenterwald: Ideal für kommende Herausforderungen?
Der Klimawandel bringt viele Risiken für die Waldwirtschaft. Eine Bewirtschaftungsform, die neben hoher Stabilität noch andere Vorteile hat, ist der sogenannte Plenterwald. Was genau verbirgt sich dahinter?
Von Bernhard Henning, Gmünd
Auf Waldbesitzer kommen einige Herausforderungen zu: längere Trockenperioden im Sommer, eine vermehrte Anzahl von Stürmen in Herbst und Winter und günstigere Klimabedingungen für Schadinsekten. Schon jetzt gelten mehr als 40 % des Einschlags als „Zufallsnutzung“. Hinter diesem Fachjargon steckt nichts anderes als der Umstand, dass ein Schadereignis die Nutzung notwendig macht. Soll in Zukunft nicht das Wetter über den Zeitpunkt der Nutzung entscheiden, so ist es notwendig, eine Form der Waldwirtschaft zu wählen, die über mehr Stabilität verfügt.
Plentern – nicht plündern
Der Plenterwald kann eine Antwort auf die kommenden Herausforderungen sein, gerade für bäuerliche Waldbesitzer. Der Plenterwald gilt fälschlicherweise als eine bäuerliche Form der Waldwirtschaft. In Wahrheit sind aber nur wenige bäuerliche Waldbesitzer tatsächlich Eigentümer eines Plenterwaldes. Die Kahlschlagwirtschaft ist unter Landwirten genauso häufig anzutreffen wie bei Forstbetrieben. Trotzdem hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass der Plenterwald nur für landwirtschaftliche Betriebe geeignet sei, da diese nicht jährlich nutzen und der Wald eine Sparkassenfunktion hat. Für den aussetzenden Betrieb, also Wälder, die nicht jährlich genutzt werden, ist der Plenterwald tatsächlich ein sehr geeignetes Waldbausystem. Der Plenterwald schließt aber eine jährliche Nutzung nicht aus. Auch hängt dem Plenterwald der Ruf des Plünderwaldes nach. Dies sind Wälder, in denen zu stark genutzt wurde. Die Schuld an einer Übernutzung trifft aber den Waldbesitzer, der nicht nachhaltig nutzt, und nicht das Waldbausystem.
Was ist nun ein Plenterwald?
Im Plenterwald wird der Waldboden laufend beschattet und ist niemals Sonne, Regen und Wind ausgesetzt. Das ist das wichtigste Merkmal des Plenterwaldes – und auch der größte Unterschied zur Kahlschlagwirtschaft. Weil Bäume mit ihren Blättern und Nadeln dem Waldboden ständig Schatten spenden, kommt es nicht zum schädlichen Freiflächenklima, wie es auf Kahlschlägen der Fall ist. Deshalb wird im Plenterwald der Einzelbaum genutzt. Die Einzelbaumnutzung bringt einen weiteren Unterschied zur Kahlschlagwirtschaft: Anstatt auf einer Fläche alle Bäume ausnahmslos zu ernten, prüft im Plenterwald der Waldbesitzer bei jedem einzelnem Baum, ob er denn tatsächlich schon „reif“ ist für die Ernte. Häufig wird ein Zieldurchmesser definiert. Erreicht der Baum einen bestimmen Durchmesser, dann wird er genutzt.
Diese vergleichsweise vorsichtigen Eingriffe in das Waldgefüge ermöglichen es, das milde Waldklima aufrechtzuhalten. Wichtig ist das vor allem für die Verjüngung, also die heranwachsende Baumgeneration. Unter dem Schirm der alten Bäume wachsen die Keimlinge heran und werden dabei nicht von Gräsern und Kräutern bedrängt. Und damit sind wir beim nächsten wichtigen Merkmal des Plenterwaldes: der Naturverjüngung. Wegen der zahlreichen Jungbäume findet sich im Plenterwald überall Blattgrün, nicht nur in der Kronenschicht.
Großer Vorteil: Stabilität
Stabilität ist der bedeutendste Vorteil des Plenterwaldes. Hier kommt es durch Ernten von einzelnen Stämmen zu einer Vielfalt an Stammdurchmessern, Baumhöhen und Bäumen unterschiedlichen Alters. Während im Altersklassenwald alle Bäume im Bestand gleich alt sind, stehen im Plenterwald Bäume mit verschiedenem Alter auf kleiner Fläche nebeneinander. Diese Vielfalt bewirkt die Stabilität. Sturmböen können im Kronendach des Plenterwaldes, das aus verschieden hohen Bäumen mit unterschiedlichen Kronenlängen besteht, keine Sogwirkung aufbauen, die verantwortlich für großflächige Windwürfe ist. Und auch für Schädlinge stellt sich der Plenterwald weniger attraktiv dar. Da sich jeder Baum in einem anderen Entwicklungszustand befindet, sind Massenvermehrungen selten. Dasselbe trifft auf den Wildverbiss zu: Auf Aufforstungen findet das Wild viele Jungpflanzen auf kleiner Fläche konzentriert und kann so in kurzer Zeit schwere Schäden anrichten. Im Plenterwald verteilt sich die Verjüngung hingegen auf die gesamte Bestandfläche. Ein weiterer Vorteil ist, dass teure Aufforstungen im Plenterwald nicht nötig sind. Unter dem Schirm des Altbestandes sind die Bedingungen für junge Bäume ideal. Erst einige Jahre nach der Keimung benötigt der Nachwuchs mehr Licht für das weitere Wachstum. Durch die Entnahme eines herrschenden Baumes erhält die Verjüngung dann das benötigte Licht.
Wie plentert man richtig?
Will der Waldbesitzer nun einen Altersklassenwald in einen Plenterwald umwandeln, so braucht es Geduld und Bereitschaft, sich dem Umbau zu widmen. Nicht jeder Bestand eignet sich für eine Umwandlung. Vor allem Bestände im Stadium des Stangenholzes sind hierfür nicht tauglich, da der Bestand zu dicht ist, um Naturverjüngung aufkommen zu lassen, und auch noch keine Bäume mit großen Kronen (Überhälter) vorhanden sind, welche die Bestandsstruktur bilden könnten.
Wer einen gleichförmigen Wald auf eine plenterartige Struktur überführen möchte, sollte folgende Punkte beachten:
- Es sollte bereits ein Mindestmaß an Struktur vorhanden sein. Dies kann ein Nebenbestand oder eine vorhandene Mittel- oder Unterschicht sein.
- Der Bestand sollte bereits eine Anzahl (pro Hektar mindestens 50) von vorherrschenden Bäumen enthalten, die noch länger im Bestand verbleiben können. Kennzeichen solcher Bäume sind kräftige Kronen (mindestens 40 % der Baumlänge) sowie eine rege Samenproduktion.
Erfüllt ein Bestand diese Bedingungen, wird er durchforstet. Die Durchforstungen sollten aber vorsichtig sein. Ziel ist es, den verbleibenden Bäumen mehr Licht, Wasser und Nährstoffe zur Verfügung zu stellen, indem man Konkurrenten entnimmt. Außerdem soll Licht auf den Waldboden dringen, um die Naturverjüngung einleiten zu können. Dabei soll das Bestandsdach aber nicht zu stark aufgerissen werden. Zu starke Eingriffe gefährden die Bestandsstabilität und fördern Konkurrenzvegetation wie Gräser. Beim ersten Eingriff sollte nicht mehr als etwa 20 % der Stämme entnommen werden, bei den folgenden maximal 10 %. Bäume mit schlechter Holzqualität, kleinen Kronen oder Stammschäden scheiden aus dem Bestand aus.
Nachhaltigkeit sichern
Woher weiß der Waldbesitzer aber, dass die Überführung geglückt ist und er seinen Plenterwald nachhaltig bewirtschaftet? Auch wenn der Plenterwald den Ruf der Naturnähe genießt, so ist er doch kein Naturwald. Im Plenterwald ist die Gefahr groß, zu wenig oder zu viel Holz zu ernten. Erntet man zu wenig, wird der Bestand mittelfristig wieder einschichtig, weil sehr starke Bäume mit großen Kronen dominieren. Die Unterschicht besteht dann nur aus wenigen, schlecht entwickelten Bäumen, und die Naturverjüngung fehlt. Erntet man zu viel Holz, fehlt mittelfristig die Oberschicht, und am Waldboden beginnt sich Konkurrenzvegetation wie Gräser oder Brombeeren zu bilden. Um nun das richtige Maß der Nutzung zu bestimmen, wurden in der Schweiz Sollstammzahlen entwickelt (Tabelle). Diese geben an, wie viele Bäume in welchen Durchmesserklassen vorhanden sein müssen, damit nachhaltig bewirtschaftet wird. Für den Waldbesitzer sind die Sollstammzahlen eine gute Orientierungshilfe.
Baumartenwahl nach Lichtbedarf
Im Plenterwald liegt der Großteil der Stämme bei den jungen Bäumen. Mehr als 30 % der Bäume haben einen Durchmesser von 10 cm, insgesamt 57 % sind Bäume mit einem Durchmesser unter 20 cm. Nicht mal 10 % der Bäume bilden die Oberschicht. Daraus lässt sich erkennen, dass der Plenterwald über reichlich Verjüngung verfügt und die Stammzahlen mit ansteigendem Durchmesser weniger werden. Mit diesen Werten lässt sich auch für den Waldbesitzer in der Praxis auf Kontrollflächen von etwa 100 m2 nachprüfen, ob sein Plenterwald nachhaltig bewirtschaftet wird. Als ideale Baumart für den Plenterwald gilt die Tanne. Sie erträgt auch in der Jugend viel Schatten und ist daher eine der geeignetsten Baumarten für den Plenterwald. Doch nicht nur Schattbaumarten wie Tanne oder Buche lassen sich erfolgreich im Plenterwald bewirtschaften. Es gibt auch Beispiele, wo mit lichtbedürftigen Baumarten wie Ahorn, Eiche und Kiefer die Plenterwirtschaft betrieben wird. Baumarten, die viel Schatten erzeugen, wie etwa Buche oder Tanne sind angepasst, auch mit wenig Licht zu wachsen. Lichtbaumarten wie Kiefer und Eiche lassen viel Licht auf den Waldboden, weshalb junge Eichen und Kiefern in der Jugend lichtbedürftig sind. Besteht der Plenterbestand nur aus einer Baumart, so stellen die Lichtbedürfnisse kein Problem dar. Schwieriger wird es, wenn Licht- und Schattbaumarten zusammen im Bestand stehen. Es gibt aber auch hierfür positive Beispiele, etwa von Mischungen aus Buche und Kiefer. Will der Waldbesitzer mit Licht- und Schattbaumarten arbeiten, so ist der höhere Lichtbedarf der Lichtbaumarten zu beachten, besonders in der Verjüngung. Für ihre Entwicklung benötigen Eiche und Kiefer mehr Licht. Das Bestandsdach muss daher stärker aufgerissen werden, indem man zwei bis drei herrschende Bäume fällt.
Verjüngung von Laubholz
Laubholzwirtschaft ist dann lukrativ, wenn sie gute Qualitäten erzeugt. Dafür ist es notwendig, die jungen Pflanzen im Dichtstand wachsen zu lassen. Die Konkurrenz unter den Jungpflanzen sorgt dafür, dass die Bäumchen gerade wachsen und ihre Äste verlieren. Im Plenterwald ist darauf zu achten, dass bei Laubbäumen nicht Einzelbäume hochkommen, die später schlechte Qualitäten liefern, sondern die Verjüngung truppweise heranwächst. Ein Verjüngungstrupp sollte einen Durchmesser von 5 bis 7 m haben und gut mit Licht versorgt sein. Aus dem Trupp bilden sich im Laufe der Zeit ein bis zwei vorherrschende, starke Bäume, die in die Oberschicht dringen.
Plenterwald – Waldbau für den Kleinwald
Der Plenterwald ist das Waldbausystem, das die natürlichen Vorgänge der Waldentwicklung am stärksten ausnutzt. Dadurch kommt es zu einer Ersparnis von Zeit und Kosten bei der Bewirtschaftung. Aufforstungen und Pflegeeingriffe sind im Plenterwald nicht notwendig. Die Stabilität ist ebenfalls höher. Aufwendiger gestaltet sich jedoch die waldbauliche Betreuung in Form von Kontrollgängen.
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