Aufwind für Windkraft?
In Sachsen-Anhalt soll die Windenergiegewinnung ausgebaut werden. Dabei stockt, wie in Thüringen und Sachsen auch, der Anlagenzubau.
Von Frank Hartmann, Detlef Finger und Karsten Bär
Sachsen-Anhalts Umwelt- und Klimaschutzminister Armin Willingmann (SPD) will den Ausbau der Windkraft massiv vorantreiben. Dies soll dem steigenden Strombedarf sowie dem Ziel des Landes, den Treibhausgasausstoß bis 2026 um 5,65 Mio. t CO2 zu mindern, Rechnung tragen, sagte der Minister vorige Woche der Mitteldeutschen Zeitung (MZ).
Sachsen-Anhalt: mehr Landesfläche zum Bau moderner Windräder ausweisen
Nötig sind nach Rechenmodellen seines Hauses dafür bis zu 750 neue Windkraftanlagen (WKA) zu je 4,2 MW Leistung oder aber 330 neue WKA und 5.000 ha zusätzliche Photovoltaikfläche. Noch nicht eingerechnet seien hierbei CO2-Einsparungen durch neue Biogasanlagen oder energetisches Bauen sowie das Repowering von Windenergieanlagen.
Willingmann will dazu zunächst mehr Landesfläche zum Bau moderner Windräder ausweisen. Er orientiert sich dabei laut MZ am Zwei-Prozent-Ziel der neuen Bundesregierung für Deutschland. In Sachsen-Anhalt ist derzeit knapp ein Prozent der Fläche für Windanlagen reserviert. Außerhalb dieser Vorrang- oder Eignungsgebiete stehen auf 0,7 % der Fläche Altanlagen, die nach heutigem Recht nicht repowert werden dürfen.
In Sachsen-Anhalt sind aktuell mehr als 2.800 Windräder mit zusammen über 5.250 MW installierter Leistung am Netz. 2019 stammten im Land 58 % des erzeugten Bruttostroms aus erneuerbaren Quellen bzw. fast 36 % aus Windenergie. Deren Ausbau stockte allerdings zuletzt: In den ersten drei Quartalen 2021 kamen nur 17 neue Windanlagen hinzu. Widerstand gegen Willingmanns Ausbaupläne regt sich in der CDU, Unterstützung signalisierten dagegen die oppositionellen Grünen.
in Thüringen nur vier neue Windräder
In Thüringen kam der Zubau 2020/2021 fast zum Erliegen. Netto (Abund Neubau) kamen vier neue Windräder hinzu, insgesamt sind es heute rund 840 Anlagen. Repowering brachte 70 MW an Leistungszuwachs. Die Entwicklung bremst u. a. ein Verbot von Windkraft im Wald, das die Opposition durchsetzte. Ziel der Landesregierung in Erfurt ist es, ein Prozent der Landesfläche für Windkraft zu reservieren. Momentan wird gerade einmal ein Drittel davon erreicht.
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Sachsen: Zuwachs stagniert
In Sachsen standen 2020 laut Fachagentur Windenergie 884 Windanlagen mit 1.284 MW installierter Gesamtleistung. Auch hier
blieb der Zuwachs zuletzt vergleichsweise gering und stagniert inzwischen, obwohl der Ausbau der Erneuerbaren und vor allem der Windkraft im Koalitionsvertrag vereinbart ist.
Uneinigkeit gibt es bei der Auslegung der Mindestabstandsregel von 1.000 m zu Wohnbebauung, die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Das grün geführte Ministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft wirft der CDU vor, die Windkraft auszubremsen. Ursächlich für stockenden Ausbau sind überall auch Zielkonflikte zwischen Klima- und Artenschutz (Greifvögel, Fledermäuse), die sich in Genehmigungsverfahren niederschlagen.
Mehrheit wünscht sich schnelleren Umstieg auf erneuerbare Energien
Dass es Zielkonflikte gibt, räumte die neue Bundesumweltministerin, Steffi Lemke (Grüne), in einem Interview mit der Thüringer Allgemeinen ein. Die Bundesregierung sei angetreten, „diese Probleme zu lösen und nicht die Konflikte fortzuführen“.
Die Bundesbürger unterstützen mehrheitlich einen schnelleren Umstieg auf erneuerbare Energien, wünschen sich aber eine fairere und sozialere Aufteilung der Kosten. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Berliner Marktforschungsinstituts Hopp. Eine Mehrheit der Befragten sprach sich für günstige Stromtarife für Bürger in der Nähe von Windkraft und Solaranlagen aus.