Biogas aus Pferdemist: Trockenvergärung
Wegen des hohen Fasergehalts tun sich gängige Biogasanlagen oft sehr schwer mit Pferdemist. In Trockenfermentern sieht das anders aus. Die kommen ohne große Zerkleinerungsaggregate, Pumpen und Rührwerke aus.
Von Christian Dany, Buchloe
Der strohhaltige Pferdmist ist energiereich, gilt wegen seiner schlechten Pump-und Rührfähigkeit aber als schwieriges Substrat – zumindest, wenn die Biogaserzeugung im üblichen Nassfermentationsverfahren erfolgt. Im ersten Teil dieses Beitrags haben wir erläutert, welcher Aufwand dafür vonnöten ist (Bauernzeitung 28/2023, S. 30/31).
Hier soll es nun um Trockenfermentationsanlagen gehen, denn die kommen mit hohen Trockensubstanzgehalten und Fremdkörpern im Substrat problemlos zurecht. Sie arbeiten mit zyklisch betriebenen Fermenterboxen, die mithilfe eines Radladers befüllt und entleert werden.
Für die Vergärung wird der Substratstapel in den Garagenboxen mit dünnflüssigem Perkolat berieselt. Das Substrat muss ausreichend Strukturmaterial aufweisen, damit die Flüssigkeit den Stapel vollständig durchdringen kann. Das Stroh im Pferdemist reicht dafür zwar meistens aus, aber es muss vermieden werden, dass das Material verschlämmt. Denn wo das Perkolat nicht hinkommt, entstehen „tote Haufen“, und es kann zur Übersäuerung kommen.
Daher ist bei diesem Verfahren viel Sorgfalt des Betreibers gefragt. Außerdem müssen aus dem vergorenen Material immer ein Viertel bis ein Drittel in das neue Substrat als Starterkultur gemischt werden, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutet.
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Biogas aus Pferdemist: Die beiden Pioniere
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass es gerade einmal eine derartige, auf Pferdemist spezialisierte Anlage in Deutschland gibt: die von Adrian Bartels und Jens Boedecker in Lehrte bei Hannover.
Die Anlage der Babö GmbH besteht aus fünf parallelen Garagenfermentern, einem Perkolattank mit Gasspeicher und einem BHKW mit 75 kWel. „Wir könnten auch etwas mehr Gas produzieren“, sagt Bartels. Aber 2017 bei der Inbetriebnahme waren die 75 kW damals das Maximum für Güllekleinanlagen gewesen. Die vom Schweizer Hersteller Renergon gebaute Anlage verwerte den Mist von 250 bis 300 Pferden, also rund 3.500–4.000 t im Jahr.
„Immer montags und donnerstags wechseln wir das Substrat. Das heißt: Tor auf, Material raus, ein paar Schaufeln mischt man beim neuen Substrat zu und Material wieder rein“, erläutert Bartels. Die rund 130 m3 Gärsubstrat blieben dann 18 bis 21 Tage in der luftdicht abgeschlossenen Garage, wobei sein Volumen auf rund ein Drittel schrumpfe. So gehe das die fünf Fermenter reihum. Alle zwei Stunden werde der Pferdemist mit Perkolat beregnet. Die Flüssigkeit wandere durch das Substrat und gelange über ein Gefälle im Fermenterboden in einen Ablaufschacht. Von dort werde sie in den Perkolattank zurück gepumpt.
Gärresteverwertung
„Im Prinzip ist die Anlage simpel aufgebaut“, meint der Landwirt. Sie sei lediglich mit zwei kleineren Pumpen, einem Rührwerk im Perkolattank und fünf Beregnungsdüsen in jedem Fermenter ausgestattet. Geheizt werde nur über das Perkolat, das vom BHKW über Wärmetauscher erwärmt werde. Heizrohre wären keine verlegt.
Neben Pferdedung setzen die Niedersachsen etwa 10 % Rindermist und geringe Mengen an Rasenschnitt ein. Der Gärrest werde Bartels zufolge gelagert und dann als Kopfdünger auf den betriebseigenen Ackerflächen ausgebracht. Weil es die erste Anlage in Deutschland war, hätten sie beim Hersteller einen günstigen Preis bekommen.
„Eine Nassvergärung mit Substrataufbereitung hätte in etwa das Gleiche gekostet“, überschlägt Bartels. Seine Anlage habe aber einen Eigenstrombedarf von nur 3 % und damit wesentlich weniger als eine aufgerüstete Nassvergärung. Freilich müssten dafür mehr Betriebsstunden und Dieselverbrauch für den Hoflader eingerechnet werden. Er sei aber sehr zufrieden mit der Anlage und überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Robuste Technik
Eine Art Kompromiss zwischen Nass- und Trockenfermantation hat Frank Bauer aus Schrozberg gefunden: den Pfropfenstromfermenter der Firma Novatech. Der 900 m3 große, liegende Fermenter mit langsam drehendem Längsrührwerk bewältigt sehr hohe TS-Gehalte.
Der Landwirt aus Baden-Württemberg mästet Puten und hält 35 Pferde. Er wollte eine robuste Technik, um seinen Mist zu verwerten. Mittlerweile hat er Mist von über 200 Pferden und zusammen mit Puten- und etwas Rindermist liegt der Festmistanteil bei rund 50 %. Die im Jahr 2007 gebaute Biogasanlage besteht noch aus drei Rundbehältern und zwei BHKW mit zusammen 500 kWel. Nachwachsende Rohstoffe füttert er direkt in einen der Rundfermenter.
Aus dem Pfropfenströmer wird das Material in den Nachgärer und dann ins Gärrestlager gepumpt. Allerdings kommt auch Bauer nicht umhin, den Pferdemist aufzubereiten. „Ich wollte keine teure, womöglich störanfällige Technik direkt in der Gärstrecke“, sagt er. Deshalb habe er einen mobilen Schredder besorgt. Der sei eigentlich für holziges Grüngut gedacht, funktioniere aber auch mit Pferdemist einwandfrei.
„Wenn ich ungeschredderten Pferdemist einsetze, merke ich es sofort an der höheren Stromaufnahme“ schildert Bauer. „30 Liter Diesel reichen beim Schreddern für rund 200 Tonnen Pferdemist. Danach dampft der Misthaufen und ich sehe, dass Energie verloren geht.“ Der müsse dann so schnell wie möglich in die Anlage. Bauer ist überzeugt, dass Pferdemist „richtig gut für die Biologie“ ist, weil er nicht wie Geflügelmist eine Stickstoffhemmung mit sich bringe.
Trockenfermentation: Fahrsilo als Gärgrube
Im Forschungsprojekt Feststoff-Biogasanlage (FeBio) wird derzeit mit wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität Hohenheim ein neuartiger, kostengünstiger Trockenfermentations-Anlagentyp entwickelt: eine Fahrsilo-Biogasanlage. „Der Fahrsilo-Fermenter ist vergleichbar mit einer langen, in den Boden eingelassenen Garage ohne Dach, die nach der Befüllung mit einer Planen-Abdeckung versehen wird“, erläutert Eike Ziegler, Entwickler beim beteiligten Anlagenbauer Ökobit GmbH.
Der Typus geht zurück auf den Oberbayern Hans Wolfertstetter, der unter dem Begriff „Chiemgauer Modell“ einige dieser Anlagen gebaut hat. Nach dem Chiemgauer Vorbild entstand eine Anlage in der Eifel, die nun Ökobit und dem FeBio-Projekt als Grundlage für eine Standardisierung und technische Verbesserungen dient. Knackpunkte bei der Fahrsilobauweise sind ein praktikables Öffnen und Schließen der Abdeckplane. Ziegler zufolge werde das mit einem Abroll- und gasdichten Befestigungssystem gelöst. Außerdem müssten die Rohrleitungen für die Perkolatberieselung einfach abgebaut werden können, um Platz für das Befüllen des Fermenters mit dem Radlader zu machen.
Die modulare Anlage solle aber möglichst einfach und kompakt gehalten werden. „Das Ziel sind Stromgestehungskosten von rund 18 Cent pro Kilowattstunde und Investitionskosten unter 8.000 Euro pro Kilowatt installierter Leistung für die Kernanlage“, gibt Ökobit-Geschäftsführer Christoph Spurk vor. Den Anlagentyp wolle seine Firma in einem kostengünstigen Bauherrenmodell anbieten.
Mittlerweile wird im Saarland eine FeBio-Pilotanlage gebaut. Dort soll mit Pferdemist in drei Fahrsilo-Fermentern Biogas erzeugt und in einem 80-kWel-BHKW mit verstromt werden.
Mobilität mit Pferdemist
Die Firma Königs Pflanzenenergie aus Neuss arbeitet unterdessen an ihrem Konzept „Mobilität mit Pferdemist“: Schon seit 2010 betreibt sie eine Biogasaufbereitung und -einspeisung. Das Biomethan stammt jetzt zu einem guten Teil aus Pferdemist, was gute Chancen zur Vermarktung als Kraftstoff bringt.
Laut Herbert Königs sei soeben eine Tankstelle für Biomethan (Bio-CNG) an der Biogasanlage errichtet worden. Sein Unternehmen habe einen Vertrag zum Betanken von Müllsammel-Lkw geschlossen. Biomethan aus Pferdemist ermögliche Zusatzerlöse durch den Verkauf der Treibhausgas-Minderungsquote. Denn die europäische Clean Vehicles Directive verpflichte öffentliche Auftraggeber, alternative Kraftstoffe zu nutzen.
Biogas aus Pferdemist – Ein Fazit
Nur einer der befragten Praktiker, die Pferdemist nass oder trocken vergären, äußerte sich skeptisch. Zwei sind zufrieden und einer sogar euphorisch. Pferdehalter können für Biogasanlagenbetreiber gute Geschäftspartner sein und neue Chancen bieten.
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