Biogas soll in Zukunft ein fester Bestandteil des Energiesystems sein. Aber das Ministerium warnt vor falschen Hoffnungen. (c) Sabine Rübensaat

Biomasse-Paket: Ziehen wirklich alle an einem Strang?

Robert Habeck kündigt ein „umfassendes Biomasse-Paket“ an und verspricht, demnächst die Biomasse-Förderung zu reformieren. Darauf hat die Biogasbranche lange gewartet. Werden nun ihre Wünsche erfüllt? Es kommentiert Christoph Feyer.

Von einem „positiven Beben in Berlin“ sprach der Fachverband Biogas und lobte damit Robert Habecks Ankündigung, die Biomasse-Förderung zu reformieren, in den höchsten Tönen. Im Herbst, so kündigte der Bundeswirtschaftsminister an, will er die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes nutzen und ein „umfassendes Biomasse-Paket“ auf den Weg bringen.

Habeck macht Hoffnung

„Biogas kann im zukünftigen Energiesystem weiter eine wichtige Rolle spielen“, verkündete der Grünen-Politiker gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Zum einen sind Anlagen Teile von Wärme- oder Gebäudenetzen. Zum anderen kann Biogas flexibel eingesetzt werden. Also genau dann, wenn wenig Wind weht und keine Sonne scheint.“ Des Weiteren verwies Habeck auf die Jahre 2004 bis 2011, in denen es den größten Anlagenzubau gab – all diese Anlagen bräuchten jetzt eine Perspektive. Die Euphorie der Agrarenergie-Erzeuger ist nur zu verständlich. Seit Jahren weisen sie bislang erfolglos genau auf diesen dringenden Handlungsbedarf hin.

Ihre Branchenvertreter warnen nach jeder der mehrfach überzeichneten Biomasseausschreibungen, dass in den kommenden Jahren Tausende Anlagen vom Netz gehen werden. Es ginge ihr wichtiger Beitrag für die Strom- und Wärmewende in Deutschland verloren, wenn die Regierung nicht endlich handelt. Doch bislang stießen sie nur auf taube Ohren – scheinbar, denn nun hört man plötzlich aus der Berliner Scharnhorststraße: „Viele Anlagenbetreiber und deren Wärmekunden bangen um ihre Zukunft. Wir sehen diese Sorgen.“

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Viele Landwirte fragen sich, was sie beachten müssen, wenn sie einen Vertrag zu erneuerbaren Energien unterschreiben wollen. (Symbolbild) (c) nmann77/stock.adobe.com

Ministerium drückt auf die Euphoriebremse

Auch die überzeichneten Ausschreibungen der letzten Jahre seien im Wirtschaftsministerium „nicht unbeobachtet“ geblieben. Allerdings sei Biomasse „eine begrenzte und wertvolle Ressource“, die intelligent eingesetzt werden müsse, so ein Ministeriumssprecher, der dann noch weiter auf die Euphoriebremse drückt: Gehe es um die geforderten höheren Ausschreibungsmengen, seien immer auch die hohen Kosten der Stromerzeugung aus Biomasse sowie die aktuelle Haushaltslage zu beachten. Zudem sollte jedem klar sein, dass in der künftigen Kraftwerksstrategie Deutschlands die Biomasse-Verstromung nur als Regelgröße in einem von Wind- und Solarstrom dominierten System Platz findet.

Böse Zungen behaupten sogar, das Haus Habeck will nach Jahren des Schweigens mit dem überraschenden Biomasse-Paket lediglich verhindern, dass Biogasanlagen auch dann Strom erzeugen, wenn die vielen neuen Photovoltaik- und Windkraftanlagen bereits für übervolle Netze sorgen. Auf alle Fälle werden bei der künftigen Förderung neben Anlagen mit einem Anschluss an ein Wärme- oder Gebäudenetz jene bevorzugt werden, die flexibel, also nach Bedarf, produzieren. Geld wird es dann wohl nur noch für die Einspeisung zu Tageszeiten geben, an denen viel Strom gebraucht wird.

Branche möchte höheren Flexibilitätszuschlag

Das ist für die Biogasbranche allerdings nichts Neues. Auch sie sieht sich als künftige Regelenergie. Schon seit Langem schlägt der Fachverband Biogas der Bundesregierung deshalb vor, den Flexibilitätszuschlag auf 120 €/kW zu erhöhen, um die Betreiber in die Lage zu versetzen, durch zusätzliche Gasspeicher und Blockheizkraftwerke die Bioenergie für sogenannte Dunkelflauten vorzuhalten. Die kommenden Wochen werden daher zeigen, wie ernst es dem Minister mit der Biomassenutzung ist. Auf Worte müssen Taten folgen. Es gilt, die guten Ansätze schnell in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

Christoph Feyer, Chef vom Dienst bei der Bauernzeitung
Christoph Feyer, Chef vom Dienst und zuständig für neue Energie. © Sabine Rübensaat

Kommentar aus der Ausgabe 35/2024

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