EEG-Umlage

Strom: Eigenverbrauch ohne Risiko

Egal ob im landwirtschaftlichen Betrieb, bei der Biogasproduktion oder im benachbarten Wohnhaus – wer eigenerzeugten Strom verbraucht, darf nicht träumen, sondern muss messen und melden! (c) Sabine Rübensaat
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Selbst erzeugten Strom zu nutzen, kann erhebliche Kosten sparen. Allerdings sind die Regelungen zur EEG-Umlage sehr unübersichtlich und komplex gestaltet. Zudem halten sie eine Reihe von Fallstricken bereit.

Von RA Dr. Manuela Herms *


Der Selbstverbrauch von Strom ist in den vergangenen Jahren auch für Biogasanlagenbetreiber, die noch eine vergleichsweise hohe Einspeisevergütung geltend machen können, wirtschaftlich interessant geworden. Das liegt vor allem daran, dass beim Verbrauch von selbst erzeugtem Strom bestimmte Strompreisbestandteile – insbesondere Netzentgelte, Stromsteuer und EEG-Umlage – ganz oder teilweise entfallen. Gerade die EEG-Umlage macht hier mit aktuell 6,5 ct/kWh, also mit mehr als 20 Prozent des durchschnittlichen Bruttostrompreises, einen erheblichen Teil der Stromkosten aus.

Anlagenbetreiber: für selbst verbrauchten Strom 40 Prozent abführen

Doch bereits seit 2014 bedeutet der Verbrauch von eigenerzeugtem Strom nicht mehr zwangsläufig, dass hierfür keine EEG-Umlage abzuführen wäre. Dies gilt im Regelfall nur noch in Konstellationen, in denen schon vor dem 1. August 2014 selbst erzeugter Strom verbraucht wurde und an denen sich seither auch nichts geändert hat.

Anlagenbetreiber, die dagegen erst nach diesem Stichtag erstmals Strom aus ihrer Biogasanlage selbst verbraucht haben, müssen für den selbst verbrauchten Strom 40 Prozent der jeweils aktuellen EEG-Umlage abführen. Dies ist im Übrigen unabhängig davon, wann die Anlage EEG-seitig in Betrieb genommen wurde.

Auch und gerade ältere Anlagen, etwa aus dem EEG 2004 oder EEG 2009, können deshalb je nach Einzelfall verpflichtet sein, die anteilige EEG-Umlage für den Eigenverbrauch abzuführen. Wird der Strom aus der Anlage durch Dritte verbraucht, ist der Anlagenbetreiber ohnehin zur Zahlung der vollen EEG-Umlage verpflichtet.

Eigenversorgung oder Drittbelieferung

Doch wann liegt in diesem Sinne überhaupt eine Eigenversorgung oder eine Drittbelieferung vor? Das Gesetz verlangt für eine privilegierte Eigenversorgung, dass der Stromverbraucher die Erzeugungsanlage selbst betreibt (sog. Personenidentität).
Außerdem muss der Strom im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zur Anlage und außerhalb des öffentlichen Netzes verbraucht werden. Sobald eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, wird der Vorgang rechtlich als Drittbelieferung eingestuft und unterliegt damit der vollen EEG-Umlagepflicht.

Unklarheiten bestehen dabei in der Praxis vor allem im Hinblick auf die notwendige Personenidentität, was nichts selten zu einem bösen Erwachen führt. Hier ist nämlich wichtig zu wissen, dass die Rechtsprechung dies streng formal beurteilt:
Personenidentität ist nur gegeben, wenn Erzeuger und Verbraucher dieselbe natürliche oder juristische Person sind. Auf Beteiligungsverhältnisse kommt es dagegen nicht an.

Mit anderen Worten: Die Gesellschafter einer Biogas GbR oder einer Biogas GmbH & Co. KG sind nicht identisch mit der jeweiligen Gesellschaft als solches. Die Biogasanlage einer GmbH & Co. KG, deren Strom im benachbarten Wohnhaus ihres einzigen Gesellschafters, des Landwirts, verbraucht wird, liefert daher Strom an einen Dritten und muss dafür die volle EEG-Umlage abführen.

Geringfügiger Stromverbrauch

Anders kann dies bei sogenannten geringfügigen Stromverbräuchen Dritter sein. Diese werden dem Eigenversorger zugerechnet und sind umlageprivilegiert – also je nach Anlagenkonstellation umlagefrei oder mit einer reduzierten Umlage von 40 Prozent belegt.

Dabei ist es in der Praxis jedoch eine häufige Fehlvorstellung, dass alle Drittstromverbräuche bis 3.500 kWh pro Jahr unter die Geringfügigkeit fallen. Zwar findet sich in der Gesetzesbegründung diese Zahl als absolute Obergrenze eines geringfügigen Stromverbrauchs. Allerdings – und dies wird häufig übersehen – ist zusätzlich erforderlich, dass der Stromverbrauch nur vorübergehend ist oder an ständig wechselnden Entnahmestellen stattfindet.

Klassisches Beispiel hierfür ist der vorübergehende Stromverbrauch von Reinigungsfirmen oder Handwerkern. Dagegen ist im genannten Beispiel des Wohnhauses des Landwirts als Alleingesellschafter keine Berufung auf die Geringfügigkeit möglich – auch wenn der jährliche Stromverbrauch (deutlich) unter 3.500 kWh liegt.

Um die EEG-Umlagepflichten richtig einschätzen zu können, ist daher immer ein genauer Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort notwendig. Nicht selten wird dabei eine Mischform vorliegen – der auf dem Gelände verbrauchte Strom ist teilweise der Eigenversorgung und teilweise der Drittbelieferung zuzuordnen. Dies kann zum Beispiel dann vorkommen, wenn Gebäude, Wohn- oder Geschäftsräume an Dritte oder auch an eigene Tochtergesellschaften vermietet sind.

Betreiberpflichten beachten

Gerade dann kommt der Messung eine entscheidende Bedeutung zu. Das Gesetz verpflichtet nämlich den Anlagenbetreiber dazu, die umlagepflichtigen Strommengen zu messen.

Außerdem müssen Strommengen mit unterschiedlicher Umlagehöhe durch Messung voneinander abgegrenzt werden – also beispielsweise Drittmengen mit voller und Eigenverbrauch mit reduzierter Umlage. Dabei muss das Messkonzept eine zeitgleiche (viertelstündliche) Erfassung von Stromerzeugung und Stromverbrauch sicherstellen, was etwa durch eine registrierende Leistungsmessung (RLM) möglich ist.

Fällt die Umlage für bestimmte Strommengen ganz oder teilweise an, muss der Anlagenbetreiber zudem eine Reihe von Meldepflichten beachten. Dies ist im ersten Schritt die sog. Basisdatenmeldung, die jeder Anlagenbetreiber einmalig abgeben muss bzw. musste. Hierbei ist u. a. mitzuteilen, dass eine Eigenversorgung vorliegt und aus welchem Grund man von einem Wegfall oder einer Verringerung der EEG-Umlage ausgeht.

Diese Pflicht traf auch Betreiber von Bestandsanlagen, die weiterhin den erzeugten Strom umlagefrei selbst verbrauchen können. Falls diese Meldung bislang versäumt wurde, droht auch diesen Stromerzeugern bis zur Nachholung der Meldung eine EEG-Umlage auf sämtlichen selbst verbrauchten Strom in Höhe von 20 Prozent.

Im zweiten Schritt ist jährlich die umlagepflichtige Strommenge zu melden und dann natürlich die entsprechende EEG-Umlage auch abzuführen. Wem gegenüber und innerhalb welcher Fristen die Meldungen jeweils abzugeben sind, hängt dabei davon ab, ob im konkreten Fall eine reine Eigenversorgung vorliegt oder ob auch Dritte mit Strom beliefert werden:
Bei reinen Eigenversorgungssachverhalten (also ohne jegliche Lieferung an Dritte) ist bis zum 28. Februar des Folgejahres an den Verteilnetzbetreiber zu melden. Werden dagegen – neben der Eigenversorgung – auch Dritte beliefert, ist der Übertragungsnetzbetreiber zuständig. Hier ist die Meldung bis spätestens 31. Mai des Folgejahres abzugeben.

Was tun, wenn Messdaten fehlen?

In der Vergangenheit war vielen Anlagenbetreibern überhaupt nicht bewusst, dass sie diesen Meldepflichten nachkommen und dass sie überhaupt EEG-Umlage abführen müssen. Noch heute sind Fehlvorstellungen über das Vorliegen der Personenidentität oder die Belieferung von Dritten mit Strom häufig anzutreffen.

Hier kann nur dringend geraten werden, die Sachlage schnellstmöglich zu bereinigen. Denn solange der Netzbetreiber bzw. Übertragungsnetzbetreiber die konkrete Versorgungssituation nicht kennen, kann die EEG-Umlage bis zu zehn Jahre rückwirkend nacherhoben werden. Hier können Forderungen in empfindlicher Höhe drohen; zumal bei fehlender oder fehlerhafter Erfassung und Abgrenzung der komplette Wegfall etwaiger Umlageprivilegien droht.

Was also ist zu tun, wenn für die Vergangenheit keine (geeichten) Messdaten über die eigenverbrauchten und/oder an Dritte gelieferten Strommengen vorliegen? Hier erlaubt der Gesetzgeber eine sachgerechte Schätzung durch den Anlagenbetreiber, allerdings unter einer Bedingung: Zumindest für die Zukunft muss sichergestellt sein, dass die Strommengen durch ein rechtskonformes Messkonzept erfasst werden. Die Frist für die Umsetzung des Messkonzepts wurde jüngst durch die EEG-Novelle 2021 letztmalig bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Anlagenbetreiber sollten da-her die verbleibenden Monate nutzen, um die Verbrauchssituation auf ihrem Gelände genau zu analysieren und ein passendes Messkonzept umzusetzen.

Vorsicht bei Änderungen an Bestandskonzepten!

Besondere Vorsicht ist aber immer dann geboten, wenn Änderungen an Bestandsanlagen vor-genommen werden sollen. Zur Erinnerung: Eigenversorgungskonzepte, die bereits vor dem 1. August 2014 bestanden, sind auch heute noch vollständig von der EEG-Umlage befreit. Dieser Bestandsschutz besteht aber nur, solange die Anlage nach dem 31. Dezember 2017 nicht erneuert, erweitert oder ersetzt wird und der Anlagenbetreiber derselbe ist wie vor dem 1. August 2014.

Vor allem bei einem Betreiberwechsel, etwa bei einer Hofübergabe, besteht daher die Gefahr, den Bestandsschutz zu verlieren und künftig für die Eigenversorgung eine anteilige EEG-Umlage abführen zu müssen.

Unklar ist derzeit noch, wie die Flexibilisierung durch den Zubau eines BHKW einzustufen ist. An sich handelt es sich hierbei um unabhängige Stromerzeugungseinheiten im Sinne der EEG-Umlage, sodass viel dafür spricht, dass ihr rechtlicher Status mit Blick auf den Anfall der EEG-Umlage getrennt voneinander betrachtet werden muss – es lägen danach eine umlagefreie Bestandsanlage und eine Neuanlage mit 40 Prozent Umlage vor, was spätestens dann die Implementierung eines EEG-konformen Messkonzepts erforderlich macht.

Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur sowie der Clearingstelle EEG/KWKG legen dagegen nahe, dass es sich möglicherweise um eine Erweiterung der Bestandsanlage handeln könnte. Führt man diesen Gedanken allerdings konsequent fort, hätte dies zur Folge, dass ab 2018 durchgeführte Flexibilisierungen den Bestandsschutz entfallen lassen, die Anlage dann also insgesamt für den eigenverbrauchten Strom einer Umlage von 40 Prozent unterliegt. Hier besteht derzeit noch Klärungsbedarf.

Anlagenbetreiber sollten deshalb dringend vor Umsetzung eines Erweiterungsvorhabens Rechtsrat einholen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Keine Anlagenerweiterung in diesem Sinne ist dagegen die Erweiterung des Eigenversorgungskonzepts um eine Solaranlage. Dies lässt den Bestandsschutz der bereits vorhandenen Biogasanlage nicht entfallen. Die Solaranlage profitiert aber auch nicht davon. Soweit sie eine installierte Leistung von mehr als 30 kW hat, entfällt auf den darin erzeugten und selbst verbrauchten Strom eine EEG-Umlage von 40 Prozent. In solchen Fällen muss dann ein besonderes Augenmerk auf ein rechtskonformes Messkonzept gelegt werden.

FAZIT

Je mehr Erzeugungsanlagen und/oder Verbraucher involviert sind, je komplexer das Eigenversorgungskonzept also ist oder wird, umso höhere Anforderungen sind an das Messkonzept zu stellen. Hier sollte zur Vermeidung von finanziellen Nachteilen vorab rechtlicher Rat eingeholt werden.


Am 8. Oktober 2020 hat die Bundesnetzagentur den Leitfaden Messen und Schätzen bei EEG-Umlagepflichten in der finalen Version im Internet veröffentlicht (HIER KLICKEN)


* Kontakt RA Dr. Manuela Herms: Tel. 0341-978566-0, herms@prometheus-recht.de