Neue Energien

Fachverband Biogas: Der Blick geht nach vorn

Biogas im Blickpunkt: Verband wünscht sich sichere Rahmenbedingungen für die Politik (c)Hans Blossey/Imago Images
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Der Fachverband Biogas blickt zuversichtlich ins neue Jahr. Das zeigte sich zum internationalen Fachkongress Biogas Convention in Nürnberg deutlich. Ein zentrales Thema: die Novellierung des EEG.

Von Thomas Gaul, Gehrden

Die Zeiten haben sich für uns geändert“, sagte Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas (FvB), auf der Pressekonferenz zu Biogas Convention. Biogas sei der Problemlöser sowohl beim Klimaschutz als auch bei den Klimaproblemen der Landwirtschaft. „Die wichtigste Weichenstellung des Jahres 2019 war das politische Bekenntnis der Bundesregierung zu Biogas im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030“, lobte Seide die aktuellen Entwicklungen und brachte gleichzeitig die Zuversicht des FvB zum Ausdruck, mit der er ins neue Jahr starten will. 

Im Frühjahr 2020 stehe die Novellierung des EEG an. Damit müssten auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Ziele der Bundesregierung umzusetzen. Das Ziel der Bundesregierung, 65 % des Strombedarfs bis 2030 aus erneuerbaren Quellen zu decken, lasse sich nur mit Biogas erreichen. Dazu sei es erforderlich, dass der Beitrag von Biogas zur Stromerzeugung mindestens auf dem derzeitigen Niveau gehalten wird. 

Geringe Beteiligung bei Ausschreibungen

Der Verbandspräsident erinnert in diesem Zusammenhang aber auch daran, dass immer mehr Biogasanlagen demnächst das Ende der 20-jährigen Vergütungsperiode nach dem EEG erreichen. Als Anschlussregelung können sich die Anlagenbetreiber an einer Ausschreibung über die erzeugte Strommenge beteiligen, doch die Resonanz auf die bisherigen Ausschreibungsrunden sei gering. Sollte sich daran nichts ändern, drohe der Rückbau funktionsfähiger Biogasanlagen. „Wir müssen den Anlagenpark erhalten, können ihn aber nicht konservieren, brachte es der ebenfalls anwesende FvB-Hauptgeschäftsführer Dr. Claudius da Costa Gomez auf den Punkt. Verbandspräsident Horst Seide mahnte denn auch zum Handeln. Dazu gehören neue Regeln zur Güllevergärung ebenso wie die Anpassung des Volumens bei den Ausschreibungen und der Gebotshöchstwerte.

Die Saat muss auch aufgehen können

Die Bundesregierung müsse den Worten jetzt auch Taten folgen lassen, mahnte Seide an. „2019 wurde die Saat gelegt – 2020 muss dafür gesorgt werden, dass sie aufgehen kann.“ Neben der anstehenden Novellierung des EEG müssten auch die Rahmenbedingungen für die Güllevergärung verbessert werden. Biogas biete sich da als Problemlöser an, da die Landwirte wegen der Düngeverordnung nun gezwungen seien, neue Güllelagerbehälter zu bauen. Dabei liege die Nutzung der gasdichten Biogas-Behälter nahe. So würden Emissionen vermieden und zugleich Energie erzeugt. Würde die in der Tierhaltung anfallende Gülle konsequent zur Biogaserzeugung genutzt, ließen sich über 7 Mio. t CO2– Emissionen ebenso wie der Ausstoß des noch klimaschädlicheren Methans vermeiden. 

Dr. Claudius da Costa Gomez, Hauptgeschäftsführer vom Fachverband Biogas
Dr. Claudius da Costa Gomez, FvB-Hauptgeschäftsführer, erwartet in der ersten Jahreshälfte konkrete Entscheidungen anstehenden Gesetzesvorhaben, insbesondere beim EEG, damit die Biogasanlagenbetreiber ihre Investitionen nicht nur planen, sondern auch finanzieren können. (c) Christian Horn

Nun sei es an der Bundesregierung, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Gülle auch tatsächlich in den Biogasanlagen vergoren wird. Denn wenn die Anlagen wegen schlechter wirtschaftlicher Perspektive erstmal abgeschaltet sind, können sie auch nicht mit der Güllevergärung zum Klimaschutz beitragen. Übrigens sei das Abschalten der Biogasanlagen auch gar nicht in den Energieszenarien eingepreist.

Von einem „bunten Strauß an Möglichkeiten für Anlagenbetreiber“ sprach da Costa Gomez. Das sei ganz anders als früher, als das EEG mit seiner feststehenden Vergütung die regelmäßige Stromeinspeisung belohnte. „Jeder Betreiber muss sich jetzt entscheiden: Was passt zu mir und meiner Anlage?“ verdeutlichte er die neuen Herausforderungen. Die Stromproduktion ist neben der Einspeisung in das Gasnetz und dem Kraftstoffmarkt nur noch ein Baustein. Die Perspektive sieht der Fachverband Biogas bereits jenseits der Verstromung. 

Biomethan als Alternative empfohlen

Klare Worte fand in Nürnberg Frank Bonaldo, Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: „Biogas in der Stromerzeugung ist zu teuer und hat deshalb keine Zukunft. Die Marktfähigkeit lässt sich nicht erreichen.“ Den in Nürnberg versammelten Branchenvertretern riet er deshalb, an eine Alternative zu denken. Diese besteht in der Aufbereitung von Biogas zu Biomethan und der anschließenden Einspeisung in das Gasnetz. Diesen Weg beschreiten in Deutschland aber erst 210 von insgesamt rund 9.000 Biogasanlagen. Hoffnung setzt der Fachverband in den von der Bundesregierung gestarteten Dialogprozess „Gas 2030“. Biogas und Biomethan könnte damit wieder eine größere Bedeutung erhalten. Aus Sicht von Verbandspräsident Seide ist mit der Idee des Ministeriums, einen eigenen Prozess für Biomethan zu starten, eine Tür geöffnet worden.

Der Präsident des Fachverbandes sprach sich auf der Pressekonferenz für das Anlegen von artenreichen Blühflächen aus, die am Ende des Sommers in Biogasanlagen vergoren und zu Strom und Wärme umgewandelt werden, Das könne ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt und damit auch zum Schutz der Insekten darstellen. Viele Landwirte wären dazu bereit, versicherte Seide, der selbst in Niedersachsen Landwirt und Biogasanlagenbetreiber ist. Dazu müsse die Bundesregierung aber finanzielle Anreize schaffen. Das gelte auch für die Vergärung von Gülle.

Ein Meilenstein für die Branche

Der im Klimapaket der Bundesregierung vorgesehene Einstieg in die CO2-Bepreisung wurde vom Fachverband als „Meilenstein für unsere Branche“ bezeichnet. Der Blick richte sich nun weniger auf die erzeugten Kilowattstunden als vielmehr auf die vermiedenen Treibhausgase. Deutschland müsse seine CO2-Emissionen bis 2030 um etwa 70 Mio. t reduzieren, rechnete Bonaldo vor. Da von weiter zunehmendem Güterverkehr auszugehen sei, eine Elektrifizierung der Fahrzeuge in diesem Sektor schwierig ist, liege eine Chance für Biomethan im Kraftstoffbereich. „Selbst bei einem Ausbau der E-Mobilität bleibt eine zu schließende Lücke von über 20 Millionen Tonnen“, sagte Bonaldo. Mit 100 % Biomethan ließen sich etwa 13 bis 16 Mio. Pkw der Golf-Klasse betreiben. Damit ließen sich seiner Meinung nach 20 bis 25 Mio. t CO2 einsparen.

Auch die Anlagenhersteller blicken mit Spannung auf das neue Jahr: „Um den deutschen Biogasmarkt zu erhalten wird 2020 ein ganz entscheidendes Jahr“, so FvB-Vorstandsmitglied Christoph Spurk. Viele deutsche Firmen können sich nur noch am Markt halten, weil die Auslandsmärkte zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. „80 Prozent des Umsatzes werden im Ausland gemacht“, sagte Spurk. Neben Großbritannien und Frankreich sind derzeit die skandinavischen Länder die wichtigsten Auslandsmärkte. Ohne den Heimatmarkt würden jedoch keine Innovationen entwickelt, beklagte Spurk.