Photovoltaikanlagen: Das unterschätzte Risiko
Eine Solaranlage liefert kontinuierlich Strom und ist ganzjährig wechselnder Witterung ausgesetzt. Wer seine Technik da nicht regelmäßig überprüft, läuft Gefahr, dass ein PV-Brand ausbricht.
Von Rouven Zietz
Photovoltaikanlagen wandeln Sonnenlicht in Energie und bieten Landwirten auf ihren Ställen und Lagerhallen die lukrative Option, ihren eigenen Strom zu erzeugen und zu nutzen – und damit Kosten zu sparen. Doch nicht jeder fühlt sich mit einer komplexen technischen Anlage auf dem Dach wohl. Grund: Was passiert, wenn die Anlage brennt? Lässt sie sich löschen? Erhöht eine PV-Anlage auf dem eigenen Betrieb die Brandgefahr deutlich?
Ein Forscherteam des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme SE sowie Experten vom Tüv Rheinland Energie und Umwelt GmbH haben sich mit diesem Thema vier Jahre lang intensiv befasst. Das Fazit: Das Risiko ist zum einen sehr gering, aber auch enorm hoch, wenn Maßnahmen bei der Installation und während des Betriebs nicht eingehalten werden.
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Strom behindert Löscharbeiten
In den Anfangsjahren der Photovoltaik-Bebauung standen vor allem die Feuerwehren vor Herausforderungen. Die Gefahren waren noch nicht kalkulierbar. Herkömmliches Löschwasser lässt sich beim PV-Brand nicht verwenden, da es Strom leitet. Herumhängende Kabel können potenziell noch Strom leiten und sind somit eine Gefahr für die Einsatzkräfte.
Da in Deutschland in ländlichen Regionen das System auf freiwillige Feuerwehren aufbaut, hat es lange gedauert, bis sich flächendeckend Schulungen zu dem Thema etabliert haben. Doch seit mehreren Jahren sind die Feuerwehren hierzulande für PV-Brandeinsätze gerüstet. Da ist sich Jörg Althaus, der beim Tüv Rheinland den Bereich Photovoltaik verantwortet, sicher.
Seit Jahren setzt sich der Experte mit dem Thema auseinander und berät die Feuerwehr. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass jeder PV-Betreiber es selbst in der Hand hat, ob eine erhöhte Brandgefahr bei seiner Anlage besteht und wie schnell sich im Ernstfall ein PV-Brand löschen lässt.
Installationsfehler häufig die Brandursache
Innerhalb der vierjährigen Untersuchung von PV-Bränden stellten die Wissenschaftler fest, dass die Brandursachen sehr häufig auf Installationsfehler zurückzuführen sind – gefolgt von Planungs- und Produktmängeln.
Während der Forschungszeit von 2011 bis 2014 ermittelten die Wissenschaftler insgesamt 210 Brände, die durch Solaranlagen ausgelöst wurden; in der überwiegenden Mehrheit der Fälle (bei 130) blieb der Brand ausschließlich auf die Solaranlage beschränkt – bei 80 Bränden griff das Feuer auf das jeweilige Gebäude über.
Berücksichtigt man dabei, dass derzeit in Deutschland über 1,5 Millionen Solaranlagen im Einsatz sind, machen die Brände durch Photovoltaikanlagen einen Anteil von 0,014 Prozent aus. Doch Althaus wehrt sich dagegen, das Thema Brand von PV-Anlagen auf die leichte Schulter zu nehmen. „Das Risiko ist da. Bisher gibt es nicht viele Fälle. Aber wenn man meint, dass man nichts für die PV-Anlage auf dem eigenen Dach tun muss, täuscht man sich gewaltig“, warnt Althaus.
Größte Gefahr eines PV-Brandes: Stränge der einzelnen Zellen
Die größte Gefahr gehe von den Verbindungen in den Strängen der einzelnen Zellen aus. „Ist dort eine Verbindung locker oder dringt Wasser ein, dann können durch die kontinuierliche Erwärmung Kunststoffe zu brennen beginnen“, so der Brandschutzexperte. Da mittlerweile viele Anlagen in die Jahre gekommenen sind, schließen Experten ein Ansteigen der Brände in den folgenden Jahren nicht aus. Es besteht aber kein Grund zur Panik.
Zum einen sind die Betreiber aufgefordert, ihre Hausaufgaben zu machen, indem sie ihre Anlagen regelmäßig warten lassen, und zum anderen haben sich die Feuerwehren längst mit der Thematik beschäftigt und Leitfäden für den Ernstfall erarbeitet.
Bei der Planung, dem Kauf sowie einer sorgfältig durchgeführten Installation legt man den Grundstein für die Sicherheit – denn Untersuchungen haben ergeben, dass Installationsfehler wie etwa der falsche Einbau des Wechselrichters eine der häufigsten Brandursachen sind.
Einen komplexen Sachverhalt liefern die noch fehleranfälligen DC-Stecker, die die Module miteinander verbinden und enorme Strommengen aushalten müssen – bei ihrer Installation sollte mit größtmöglicher Sorgfalt vorgegangen werden.
Planungsfehler und Produktmängel wie etwa fehlerhafte Panels sind ebenfalls eine Gefahrenquelle. Durch schadhafte Module kann es in Einzelfällen zu einer extrem hohen Überhitzung kommen, die zu Lichtbögen führt und damit eine hohe Brandgefahr mit sich bringt. Bezieht man mit ein, dass eine Photovoltaikanlage in der Regel zwischen 25 und 30 Jahre auf dem Dach verbleiben soll, ist es wichtig, sich beim Kauf für Qualitätsprodukte zu entscheiden.
PV-Brand: Wenn es brennt, wird es kompliziert
Die Gefahr eines Brandes bei Solaranlagen liegt genau genommen im Promillebereich, kommt es aber zu einem Brand, wird es kompliziert. Die Herausforderung für die Feuerwehr besteht darin, dass sich eine PV-Anlage nicht sofort vom Stromnetz trennen lässt. Auch das Löschwasser kann zur Gefahr werden, denn Wasser leitet und steht unter Strom. Die Ausrüstung mit speziellen Schutzstiefeln und ausreichend Abstand zur Solaranlage sind bei Löscharbeiten für Feuerwehrmänner und -frauen essenziell.
Wenn die Einsatzkräfte die Anlage abgeschaltet haben, kommt es in den Panels immer noch zu gefährlichen Spannungsquellen. Um dies zu verhindern, sollten Betreiber spezielle Sicherungen einbauen. Mit vorausschauender Planung und hochwertigen Bauteilen lässt sich das Risiko drastisch minimieren.
Im Abschlussbericht der Sicherheitsstudie über die Brandgefahr bei Photovoltaikanlagen kommen die Wissenschaftler zu einem einfachen wie logischen Ergebnis: Qualifizierte Installateure erhöhen unter Einsatz hochwertiger Bauteile, neben der Verwendung technischer Neuerungen (etwa Detektoren für gefährliche Lichtbögen), immens die Sicherheit von Solaranlagen.
Wer also eine Photovoltaikanlage installiert oder installieren lässt, sollte bei den Komponenten mehr Geld in die Hand nehmen und sich von einem Fachmann beraten lassen.
Die Brände entstehen meistens, wenn der Installateur bei der Montage gepfuscht, falsche Werkzeuge verwendet oder Stecker falsch verbaut hat. Die Beauftragung eines Installateurs zu Dumpingpreisen erhöht die Brandgefahr. Wer Risiken weitestgehend ausschließen möchte, lässt seine Anlage von einem PV-Experten überprüfen. Eine regelmäßige Wartung erhöht die Sicherheit – auch wenn sie nicht verpflichtend ist.
Kleinigkeiten, die keine sind
Oft sind es nur scheinbare Kleinigkeiten, auf die es im Ernstfall jedoch ankommt – zum Beispiel der Einbau eines Feuerwehr-Schutzschalters, mit dem die Einsatzkräfte den Stromfluss der Solaranlage unterbrechen können. Doch auch nach dem Ausschalten ist Vorsicht geboten, denn die Solarmodule sowie die wegleitenden Kabel können noch Strom mit Spannungen bis zu 1.000 V führen. Der Fachhandel bietet hierfür passende Lösungen an, mit denen sich im Fall eines Falles jedes Panel vom Stromkreislauf trennen lässt.
An markanten Stellen sollten PV-Betreiber Hinweistafeln über die Photovoltaikanlage anbringen, sodass für die Feuerwehr die besondere Gefahr vor dem Löschen bekannt ist. Ein Übersichtsplan mit sämtlichen Details zur Solaranlage bietet Lösch-Experten wie Helfern eine wertvolle Erleichterung, um ohne Zeitverlust die optimalen Maßnahmen zur Löschung des Brandes ergreifen zu können.
Um im Ernstfall Zugriff auf den Plan der Anlage zu haben, ist es empfehlenswert, eine Kopie des Übersichtsplans beim Nachbarn zu hinterlegen. Berücksichtigten potenzielle PV-Betreiber bereits vorsorglich alle Aspekte und beziehen gleichzeitig die Erkenntnisse aus der Forschung mit ein, steht der sicheren Installation einer Photovoltaikanlage nichts mehr im Wege. Mit den richtigen Maßnahmen im Vorfeld und regelmäßigen Wartungen während des Betriebs lässt sich das Risiko eines Brandes drastisch minimieren.