Zu heiß für Mais – Folgen des Wassermangels

Mais benötigt pro Kilogramm Trockensubstanz etwa 300 l Wasser. Das war in diesem Jahr fast nur mit Beregnung zu schaffen. (c) Sabine Rübensaat
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Zu heiß und vor allem zu trocken – der Mais hat es schwer. Eingerollte Blätter und fehlende Kolben sind vielerorts die Folgen des Wassermangels. Biogasexperte Dr. Frank Scholwin schätzt die aktuelle Lage ein.

Das Gespräch führte Christoph Feyer

Herr Dr. Scholwin, die Dürre trifft nun Biogasanlagenbetreiber. Wie ist die aktuelle Situation auf den Mais- und Grünlandschlägen in Thüringen und Ostdeutschland?
Wer mit offenen Augen durch die Landschaft geht, sieht die oft auffällig miserable Qualität der Maisschläge – wenn auch regional sehr unterschiedlich rechnen viele Betreiber mit massiven Ernteausfällen, in Brandenburg noch viel mehr als in Sachsen und Thüringen. Dies gilt gleichermaßen für Mais und Grünland. Es gibt nicht wenige Schläge, auf denen die Ernte gar nicht lohnt. Viele Bestände werden deutlich früher geerntet werden als in den Vorjahren, um ein Substrat zu gewinnen, aus dem sich prozessbiologisch noch sinnvoll Biogas produzieren lässt. Der Biogasertrag sinkt dabei mit zunehmendem Faser- beziehungsweise Heuanteil.

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Dr.-Ing. Frank Scholwin im Portrait
Dr.-Ing. Frank Scholwin vom Institut für Biogas, Kreislaufwirtschaft und Energie in Weimar. (c) Frank Hartmann

Sind die Substratausfälle im Anlagenbetrieb schon spürbar?
Da die Anlagen zu einem großen Teil noch mit der einsilierten Ernte aus dem Vorjahr beschickt werden, sind die Ausfälle nicht in allen Anlagen spürbar. Da in vielen Anlagen aber auch schon Gras und andere Kulturen aus 2022 eingesetzt werden, wird die geringe Substratqualität mit Mehrmengen ausgeglichen, soweit die Biogasanlagentechnik die oftmals erhöhten Trockensubstanzgehalte verarbeiten kann. Anlagen, die bereits jetzt eine reduzierte Energieproduktion aufweisen, sind in den von uns betreuten Anlagen nicht vertreten. Dies ist aber sicher darauf zurückzuführen, dass die meisten dieser Anlagen vorwiegend Reststoffe wie Gülle und Festmist einsetzen und damit weniger abhängig von der Dürre sind als reine Nawaro-Biogasanlagen.

Betroffene Betreiber müssen sich jetzt wohl oder übel Gedanken darüber machen, ob alternative Substrate verfügbar sind. Welche könnten das sein?
Natürlich müssen sich die Betreiber darüber Gedanken machen – aber das sollten sie eigentlich schon seit Jahren tun. Allein mit den gestiegenen Substratpreisen rechnen sich alternative Einsatzstoffe wie mehr Rinder- und Schweinefestmist oder Pferdemist schnell. Die Verfügbarkeit ist natürlich lokal extrem unterschiedlich, sodass dies gar keine Option für jede Biogasanlage ist. Oftmals ist damit auch ein Umbau der Beschickungs- und/oder Rührtechnik verbunden und die Lieferzeiten der Komponenten am Markt sind aktuell so lang wie noch nie. Organische Abfälle aus Industrie und Kommunen sind oft aus rechtlichen Gründen nicht einsetzbar, aber technisch auch herausfordernd. Alternative Anbaukulturen sind in der Regel – wie Mais und Gras – auch auf die Verfügbarkeit von Wasser angewiesen, um gute Erträge zu liefern. Hier gibt es aber viele Alternativen, die von den Anlagenbetreibern auch geprüft und getestet werden. In der Praxis umgesetzte Beispiele sind hier die Durchwachsene Silphie und Szarvasi-Gras. Trotzdem ist zu berücksichtigen, dass gerade in Mitteldeutschland nachwachsende Rohstoffe wie Mais für die Einhaltung der für die Bodenfruchtbarkeit notwendigen Fruchtfolge sinnvolle Kulturen sind. Und – wie für alle anderen Ackerkulturen auch – müssen wir davon aus- gehen, dass wir mehr und mehr Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft in den nächsten Jahren sehen werden, die dürrebedingte Ernteausfälle sowohl für die Lebensmittel- als auch die Futtermittelproduktion reduzieren wird.

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Der Winterroggen wird abgebunkert. Ende Juli wurde in Ranzig die Getreideernte abgeschlossen. © Heike Mildner

Denkbar ist auch, jetzt Maissilage zu sparen, die Leistung zu drosseln und im Winter wieder hochzufahren, wenn der Bedarf an Wärme steigt. Halten Sie das für sinnvoll?
Dies halte ich für eine Notlösung für Betreiber, die massiv von Ernteausfällen betroffen sind. Technisch ist das möglich, langfristig aber wirtschaftlich sehr kritisch zu sehen, da die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen bisher von einem Volllastbetrieb ausgeht. Bei steigenden Substrat- und Betriebskosten wird dies dann noch schwieriger. Im herannahenden Winter scheint dies aber vor dem Hintergrund der extrem hohen Energiepreise für die Biogasanlagen wichtig, die den Strom in der Direktvermarktung abgeben und Wärmepreise anpassen können, was aber für viele Betreiber aufgrund langfristig abgeschlossener Wärmelieferverträge gar nicht möglich ist.

Ist für tierhaltende Betriebe eine technische Nach- bzw. Umrüstung ihrer Biogasanlage ratsam und möglich, damit ganz auf Silagen verzichtet werden kann?
Wenn mehr Gülle und Mist verfügbar sind als bisher eingesetzt werden, halte ich das für dringend angeraten und in der Regel auch möglich. Die Investitionen sind aber häufig auch sehr hoch, da insbesondere mehr Lagerraum für die Gärreste geschaffen werden muss, die nicht in klassischen Güllelagern gelagert werden dürfen. Hier ist – schon seit Jahren die Politik gefragt, die technischen Anforderungen der Gärrestlagerung an die geringeren Anforderungen der Güllelagerung anzupassen. Gärrestlager haben aus meiner Sicht keine wesentlich größeren Risiken als Güllelager, die die Mehraufwendungen rechtfertigen würden. Ihre Frage ist aber eigentlich nur für ganz wenige Anlagen relevant, da oftmals die Hälfte oder mehr der Energie auch in güllebasierten Biogasanlagen aus nachwachsenden Rohstoffen produziert wird, um eine für die Wirtschaftlichkeit notwendige Anlagenleistung zu erreichen. Damit sollten alle Betreiber die vor Ort verfügbaren Reststoffe nutzen. Einen Verzicht auf Silagen und nachwachsende Rohstoffe für die meisten Anlagen sehe ich nicht als möglich an.

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Was können Sie den Betreibern langfristig empfehlen – die Bedrohung durch Dürreperioden lässt ja nicht nach?
Als erstes kann ich nur empfehlen: Weitermachen, vorangehen und versuchen, die Biogasanlage so flexibel als möglich auszubauen – sowohl was den Substrateinsatz angeht als auch den Energieabsatz. Auf eine Steuerung oder Rettung aus der Politik würde ich hier nicht warten. Langfristig sehe ich eher einen Bedarf an erneuerbarem Gas in den Gasleitungen, das verlustfrei transportiert werden kann, und die Deckung des Bedarfes an Strom und Wärme am Standort der Biogasanlage, der gern auch die Nachbarn einschließen sollte. Hinsichtlich Dürreperioden: Hier ist es eigentlich unabhängig davon, ob eine Biogasanlage betrieben wird oder nicht. Die Wasserhaltekapazität der Böden muss erhöht werden und neben Reststoffen müssen Kulturen genutzt werden, die eine hohe Trockentoleranz haben – alternativ müssen Bewässerungssysteme eingesetzt werden, die zurückgehaltenes Wasser von Starkregenereignissen auf die Felder bringen. Dies erfordert erhebliche Investitionen und ein Umdenken. Aber Landwirte gehen schon immer mit Klimarisiken um und die kreativen und mutigen unter den Betreibern werden hier die Nase vorn haben!