Thüringen

Gewässer 2. Ordnung: Glaubhaft ausweisen

Digital gekennzeichneter Gewässerrandstreifen (blau). (c) privat
Agrarpraxis
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Landwirte fordern von den Wasserbehörden klare und nachvollziehbare Regeln bei der Festlegung von Gewässern 2. Ordnung. Denn dies hat reale wirtschaftliche Folgen für die Betriebe.

Von Frank Hartmann

Mit dem im Jahr 2019 geänderten Thüringer Wassergesetz erhielten Gewässer 2. Ordnung eine bis dahin nicht gekannte Bedeutung – und das vor allem für Landwirte. Denn seither besteht an diesen Gewässern die Pflicht zum Anlegen eines Randstreifens. Abgesehen etwa von natürlichen Fließgewässern oder von Gräben, die regelmäßig und offenkundig Wasser führen, war der Status dieser Gewässer für Flächennutzer meist ohne Belang.

Neue Arbeitskarte sorgt für Unmut

Seit 2019 werden die genannten Gewässer sukzessive von den Unteren Wasserbehörden (UWB) der Landkreise an das Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) übermittelt. Allein die UWB sind in Thüringen verantwortlich für deren Ausweisung. Eine (rechtlich nicht verbindliche) neue Arbeitskarte, die noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, bildet nun die Gewässer ab.

Diese Arbeitskarte, so das Umweltministerium auf Anfrage, wurde ursprünglich als ein Instrument für die EU-Berichterstattung aufgebaut. Aufnahme fanden zunächst nur „die Hauptgewässer mit einem Einzugsgebiet von mehr als 100 ha“.

Auf Grundlage dieser nunmehr erweiterten Arbeitskarte wurden die Gewässer 2. Ordnung in die digitalen Karten für die Agrar-Antragssoftware übernommen. Viele Landwirte staunten beim Blick auf die Karten nicht schlecht, als sie sahen, wie viele ihrer Gräben von wasserwirtschaftlicher Bedeutung sind und damit als Gewässer 2. Ordnung gelten. So summiert sich die Fläche der Randstreifen in einzelnen Betrieben schon mal auf 20 oder 30 ha.

Geregelt ist in Thüringen u. a., dass „Straßenseitengräben als Bestandteil von Straßen, zeitweilig wasserführende Gräben, Be- und Entwässerungsgräben“ nicht als Gewässer 2. Ordnung zu gelten haben, wenn „sie von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sind“. Allerdings gibt es elf Tatbestände, die die „untergeordnete Bedeutung“ wieder aufheben können. Dabei genügt es, wenn nur ein Tatbestand erfüllt ist.



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Gewässer 2. Ordnung: Dem Unmut auf den Grund gehen

Der Bauernverband (TBV) drängt seit Langem darauf, die Regeln zur Abgrenzung transparent und einheitlich zu gestalten. Mehrfach wurde der Verdacht geäußert, dass einige Wasserbehörden erst jetzt begonnen haben, ihre Gewässer vollständig zu kategorisieren. Und das vom Schreibtisch aus.

Beim Umweltministerium geht man hingegen davon aus, dass die vorhandenen Gewässer 2. Ordnung „auch schon zuvor Gewässer mit wasserwirtschaftlicher Bedeutung“ waren. Ungeachtet dessen erfolge die Entscheidung der UWB „auf Basis der in der Realität vorzufindenden Eigenschaften des Gewässers“.

Die bisherigen Interventionen von Betrieben und Bauernverband fruchteten dahingehend, dass sich das Umweltministerium und der TBV Anfang 2021 auf ein Verfahren abstimmten: Über die Kreisbauernverbände (KBV) erfolgte eine Abfrage über Probleme bei der Festlegung des Gewässerstatus. Laut Umweltministerium zeigen die ihm im April vorgelegten Ergebnisse ein heterogenes Bild. Während der Mehrzahl der UWB seitens der KBV ein guter Kommunikations- und Abstimmungsprozess testiert wurde, bestanden in etwa einem Viertel der Landkreise aus Sicht der KBV Defizite.

Diese betrafen insbesondere oftmals fehlende Rückmeldungen auf Prüfbitten bzw. fehlende Begründungen zu den Entscheidungen. „Dies deutet aus unserer Sicht darauf hin, dass es sich nicht um ein grundsätzliches Problem, sondern um ein Umsetzungsproblem der jeweiligen Region handelt, welches näher aufgeklärt und behoben werden kann“, urteilt das Umweltministerium. Von Beginn an hatten Betriebe bei Unstimmigkeiten die Möglichkeit, um eine Prüfung der Gewässerausweisung bei ihrer UWB zu bitten.

Das Landesumweltamt befragte im Auftrag des Umweltministeriums, wie die Landkreise und kreisfreien Städte mit den Prüfbitten verfahren. Die Details dazu sollen bei der nächsten Runde der AG „Nitratgebiete“ diskutiert werden. Mittlerweile sind rund 1.000 Prüfbitten bei 19 UWB eingereicht worden. Gut die Hälfte aller Prüfbitten entfielen auf vier Untere Wasserbehörden. Diese decken sich mit Unmutsbekundungen von Landwirten, die die Bauernzeitung erreichten.

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