Rote Gebiete: Brandenburger Biolandwirte reden Klartext

V.l.: Fabian Blöchl (Agrarreferent beim Landesbauernverband Brandenburg), Biolandwirt Frank Prochnow und Biolandwirt Henrik Wendorff. (c) Heike Mildner
Agrarpraxis
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Seit 20 oder 30 Jahren Biolandwirte und trotzdem zu hohe Nitratwerte? An der Bewirtschaftung kann das nicht liegen, machen Henrik Wendorff und Frank Prochnow anhand ihrer Betriebe deutlich.

Von Heike Mildner

Henrik Wendorff, im Ehrenamt Landesbauernpräsident in Brandenburg, betreibt seit 19 Jahren ökologischen Landbau auf 951 Hektar in Worin (Märkisch-Oderland). Sein Nachbar Frank Prochnow ackert seit 29 Jahren ökologisch. Dennoch haben beide Ackerschläge in „roten Gebieten“. Drei Tage bevor der Bundesrat über die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung – AVV GeA) berät, luden sie zu einem Vor-Ort-Termin. Die Vorschrift, die das weitere Wirtschaften der Landwirte in ganz Deutschland bestimmt, steht als Tagesordnungspunkt 79 auf der Agenda, die Vorlage ist 47 Seiten stark.


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Rote Gebiete: Wie und wo gemessen wird

Als „rote Gebiete“ sind 2,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche Brandenburgs ausgewiesen. Grundlage sind die Nitratwerte an Messstellen, die dem Landesumweltamt Grundwassergütedaten aus rund zwölf Metern Tiefe liefern. „Was in den Boden kommt, sinkt etwa 70 cm pro Jahr. Was in zwölf Metern Tiefe ankommt und dort gemessen wird, kann also nicht auf die aktuelle Bewirtschaftung verweisen“, so Wendorff. Liegen die Nitratwerte über dem Grenzwert von 50 mg/l, führt das zwangsläufig zur Ausweisung der roten Gebiete.

Schwankende Werte

An der Messstelle, die maßgeblich für die betroffenen Schläge von Henrik Wendorff und Frank Prochnow ist, wurden vier Nitratwerte erhoben, die Wendorff bekannt sind:

  • 11.10.2018: 53,7 mg NO3/l
  • 9.5.2019: 65,9 mg NO3/l
  • 15.11.2019: 42,3 mg NO3/l
  • 27.5.2020: 53,3 mg NO3/l

Wendorff kann nur vermuten, warum die Werte schwanken, was sie theoretisch eigentlich nicht sollten. Er führt die geringen Jahresniederschläge verbunden mit Starkregenereignissen an, die den Boden mehr oder weniger auswaschen würden. 

Mist mit dem Salzstreuer gedüngt

Auch die hohen Nitratwerte an sich kann Wendorff sich nicht erklären. Und andere ihm auch nicht. Er hat sich die Mühe gemacht, die Kulturen auzulisten, die er in den 20 vergangenen Jahren auf den drei betroffenen Schlägen angebaut hat. Von den 60 Positionen sind sechs markiert. Hier wurde Stalldung ausgebracht – „mit dem Salzstreuer“, wie Wendorff augenzwinkernd bemerkt. Frank Prochnow bringt gar keinen Stalldung aus, er baue höchstens ab und an Lupinen als Stickstoffsammler an.

Nitrat: Robinien rund um die Messstelle

Wie also kommen die Nitratwerte zustande? Sind es die Robinien, die rund um die Messstelle wachsen? Ist es die intensivere Tierhaltung zur DDR-Zeit? Sind es andere Nährstoffquellen, zum Beispiel aus dem Abwasserbereich? „Das sind alles Vermutungen, eine wissenschaftliche Antwort gibt es nicht“, sagt Henrik Wendorff. „Die Verwaltungsvorschrift wird aber dann wieder die Landwirte in ihrem Handlungsspielraum einschränken“, so Wendorff. „Und wir, die seit 20-30 Jahren ökologisch wirtschaften, werden gleich mit an den Pranger gestellt“, ärgert sich Wendorff.

Abstimmung im Bundesrat

Auch das Brandenburger Agrarministerium kann die Vorlage so nicht gut heißen. „Brandenburg mit seinen ohnehin geringen Niederschlägen wird benachteiligt“, sagt Agrarminister Axel Vogel der Bauernzeitung. „Wenn die derzeit laufenden Gespräche auf Bundesebene nicht fruchten, können wir am Freitag voraussichtlich nicht zustimmen“, so Vogel am Mittwochnachmittag.