Kalkung Ackerbau: Phosphat mobilisieren
Eine fachgerechte Kalkung gehört als Baustein guter fachlicher Praxis in jede zukunftsorientierte Ackerbaustrategie. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Bodenfruchtbarkeit nicht nur erhalten, sondern sogar fördern.
Von Dr. Andreas Weber, Landesarbeitskreis Düngung Ost
Die Düngeverordnung begrenzt zunehmend die Ausbringung von Nährstoffen auf Acker- und Grünlandflächen. Der in der Folge reduzierte Einsatz von Stickstoff- und Phosphor-Düngermitteln stellt besondere Ansprüche an den Standort. Nährstoffverfügbarkeit, Nährstoffausnutzung und die Bodenstruktur erhalten eine zentrale Rolle, um das Ertragspotenzial der Böden ausschöpfen zu können. Eine optimale Kalkversorgung der Böden bekommt dadurch einen besonders hohen Stellenwert – und unterstützt sowohl ökonomische als auch ökologische Ziele.
Zuerst den Bedarf feststellen
Der pH-Wert dient als Messgröße für die Abschätzung des Kalkversorgungszustandes landwirtschaftlich genutzter Böden. Im Rahmen der Standardbodenuntersuchung wird in einer Bodenprobe im Labor neben dem pflanzenverfügbaren Phosphat- und Kaliumgehalt (im CAL-Extrakt) auch der pH-Wert (im CaCl2-Extrakt) bestimmt. Das Messergebnis dient dann als Grundlage für die Eingruppierung der Bodenprobe in pH-Klassen, die im VDLUFA-Standpunkt zur Bestimmung des Kalkbedarfes definiert wurden und analog zu den Versorgungsklassen der Grundnährstoffe beschrieben werden. Als „anzustreben bzw. optimal“ wird die pH-Klasse C bezeichnet, in der optimale Bedingungen für Bodenstruktur und Nährstoffverfügbarkeit vorliegen. Liegt die untersuchte Bodenprobe in den pH-Klassen A oder B, ist aufgrund der zunehmenden Verschlechterung der Bodenfunktionen mit signifikanten Ertragsverlusten zu rechnen. In Abhängigkeit von der vorliegenden Bodenart und dem Humusgehalt ergeben sich die in Tabelle 1 dargestellten optimalen pH-Werte für Ackerböden. Analog sind die pH-Klassen für Grünland in Tabelle 2 zusammengestellt.
Bei Eingruppierung in pH-Klasse A oder B ist es notwendig, den pH-Wert durch Aufkalken in den anzustrebenden Bereich anzuheben. In pH-Klasse C ist durch eine Erhaltungskalkung der optimale Zustand nachhaltig zu sichern, um eine Versauerung und die unvermeidbaren Kalziumverluste auszugleichen. Lediglich in den pH-Klassen D und E ist keine Kalkung notwendig.
Der für den festgestellten pH-Wert jeweils notwendige Kalkbedarf wird aus langjährigen Feldversuchen staatlicher Beratungs- und Forschungseinrichtungen abgeleitet und ist in Tabellen abzulesen (VDLUFA-Standpunkt). Im Ergebnisausdruck der Standardbodenuntersuchung wird der Kalkbedarf jeweils in Dezitonnen CaO je Hektar angegeben. Mithilfe des auf den Warenbegleitpapieren angegebenen Neutralisationswertes (NW) des eingesetzten Kalktyps (z. B. „Branntkalk 90“ mit NW 90 % CaO oder „Kohlensaurer Kalk 90“ mit NW 50 % CaO) kann die notwendige Ausbringmenge errechnet werden.
Kalk verbessert die Nährstoffverfügbarkeit
Die meisten Pflanzennährstoffe sind je nach Bodenart im Bereich von pH 5,5 bis pH 7,0 optimal pflanzenverfügbar. Für die Hauptnährstoffe Stickstoff, Kalium, Schwefel, aber auch für Kalzium, Magnesium und das Spurenelement Molybdän nimmt die Verfügbarkeit mit steigendem pH-Wert zu. Bei den Mikronährstoffen Eisen, Mangan, Kupfer und Zink hingegen nimmt die Pflanzenverfügbarkeit mit steigendem pH-Wert ab, sodass es oberhalb von pH 7,2 zu Festlegungen kommen kann.
Besonders die Phosphatverfügbarkeit reagiert deutlich auf zu geringe (kleiner pH 5,5) und zu hohe (größer pH 7,5) pH-Werte. Der Optimalbereich für Phosphat liegt im Bereich zwischen pH 6 und pH 7,5. In zahlreichen Feldversuchen wurde nachgewiesen, dass durch eine regelmäßige bedarfsgerechte Kalkung die vorhandenen Nährstoffe besser genutzt werden und die Düngereffizienz steigt. Weitere Informationen dazu bietet das neu erschienene DLGMerkblatt 456 „Hinweise zur Kalkdüngung“ vom Juli 2020.
Mit einem Langzeitversuch des Lehrstuhls für Pflanzenernährung der Technischen Universität München-Weihenstephan an der Versuchsstation Dürnast wird seit 1988 der Frage nach der Wirkung einer Kalk- und Phosphat-Steigerungsdüngung auf den Ertrag und die Phosphataufnahme der Pflanzen nachgegangen. Der Versuchsstandort liegt nahe Freising in Oberbayern am Rande des Tertiär-Hügellandes mit einer mittleren Jahrestemperatur von 8,1 °C und einer mittleren Niederschlagssumme von 790 mm. Der Boden ist ein schluffiger Lehm (uL) aus einer Lösslehmauflage aus dem Quartär. Im Rahmen der Fruchtfolge werden Zuckerrüben, Winterweizen und Wintergerste angebaut. Der mehrfaktorielle statische Versuchsaufbau mit vier Wiederholungen besteht aus einer Kalkabstufung und einer Phosphatsteigerung mit jährlich 50 und 100 kg/ha P2O5 sowie jeweils einer ungedüngten Kontrollparzelle. Die regelmäßigen Kalkgaben erfolgten auf Grundlage jährlich ermittelter pH-Werte in Form von Branntkalk im Abstand von zwei bis drei Jahren, um die vorgegebenen Ziel-pH-Werte zu erreichen.
In der ungekalkten Variante stellte sich über die mittlerweile 32 Versuchsjahre ein pH-Wert von 5,3 ein, der in der pH-Klasse B „niedrig“ einzustufen ist. Die gekalkte Variante weist einen pH-Wert von durchschnittlich 6,3 entsprechend der pH-Klasse C „optimal“auf. Die durchschnittlichen Kornerträge von Winterweizen aus acht Versuchsjahren seit 1988 zeigen neben dem Ertragszuwachs infolge der Phosphatdüngung in jeder P-Düngestufe eine weitere Steigerung bei optimaler Kalkversorgung (pH-Klasse C) um drei bis vier Prozent (Abb. 1).
Steigerung der Phosphatdüngung
Die Effekte der gesteigerten Phosphatdüngung und insbesondere der besseren Kalkversorgung treten bei der Betrachtung der Zuckerrübenerträge noch deutlicher hervor. Hier wurden in den jeweiligen P-Düngungsstufen durch die bessere Kalkversorgung Steigerungen im Rübenertrag (Trockenmasse) von bis zu 56 % festgestellt. Die Erträge bei Wintergerste bestätigen die Wirkungen der Kalk- und Phosphatdüngung bei Weizen und Zuckerrübe. Der Effekt der Kalkversorgung kommt hier, wie bei der „kalksensiblen“ Kultur Wintergerste zu erwarten, deutlicher zum Tragen als bei Weizen. Insbesondere in der Variante ohne P-Düngung wird durch die bessere
Kalkversorgung ein Mehrertrag über die vielen Versuchsjahre von zwölf Prozent erzielt.
Die Erhöhung der Phosphatdüngung von 50 kg/ha P2O5, die in etwa der P-Abfuhr durch die Ernte entspricht, auf das Doppelte der Abfuhr (100 kg/ha P2O5) führte ohne Kalkung (pH-Klasse B) zu keiner positiven Wirkung auf den Ertrag. Bei optimaler Kalkversorgung (pH-Klasse C) hingegen konnte die bessere P-Versorgung in einen Mehrertrag ungesetzt werden. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass nur bei optimaler Kalkversorgung eine Phosphat-Düngung in optimalen Ertrag umgesetzt werden kann. Aber auch die Phosphat-Vorräte im Boden können bei optimaler Kalkversorgung von den Pflanzen besser erschlossen werden, wie jeweils aus der Betrachtung der Variante ohne P-Düngung (P-0) hervorgeht.
FAZIT zur Kalkung im Ackerbau
Die Einstellung eines bodenartspezifisch optimalen pH-Wertes durch Kalkung ist die Grundlage, wenn man Bodenfruchtbarkeit und -gesundheit erhalten oder sogar verbessern will. Durch eine entsprechende Kalkversorgung wird nicht nur die Effizienz der Nährstoffe aus dem Dünger verbessert, es wird auch der Nährstoffvorrat im Boden mobilisiert. Diese Effekte sind nicht nur im Ertrag, sondern auch in der Qualität der Ernteprodukte messbar. Deshalb sollte die Kalkung den weiteren pflanzenbaulichen Maßnahmen vorangestellt werden.