Kichererbsen als Alternative Proteinquelle. Die Hülsenfrucht bietet viel Potential und Chancen in regionalen Anbaugebieten.

Kichererbse als Anbaualternative: WIR!-Projekt mit „Power-Eiweiß“

In Lößnitz diskutierte ein Innovationsforum des DMPL-Projektes die Chancen regional erzeugter Hülsenfrüchte. Es gibt vielfältige Ansätze – wie auch das ein oder andere Hemmnis.

Von Karsten Bär

Offizieller Projektstart war im vorigen Jahr, ein Teilvorhaben läuft bereits und acht weitere sind in der Antragsphase. Unter dem etwas sperrigen Namen „Diversitätsmanagement und neue Prozessqualität für nachhaltige Landwirtschaft und regionale Wertschöpfung“ arbeitet ein sogenanntes WIR!-Projekt daran, im gesamten westlichen Teil des Freistaates Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum zu entwickeln. Innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über zwei Phasen mit insgesamt 13 Mio. € bezuschussten Projektes können hierzu Einzelprojekte initiiert werden.

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Körnerleguminosen aus Sachsen

Um Anregungen zu geben und den Austausch zu fördern, hatte das Projekt vorige Woche zu einem Innovationsforum in die Räume der Eidam Landtechnik GmbH nach Lößnitz eingeladen. Der Landtechnikhersteller und -händler gehört gemeinsam mit dem Zentrum für angewandte Forschung und Technologie an der HTW Dresden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Maschinen- und Betriebshilferinge in Sachsen zum Projektmanagement.

Thema des Forums: „Power-Eiweiß aus Sachsen. Körnerleguminosen auf dem Prüfstand“ – gesprochen wurde über Produktion, Verarbeitung und Vermarktung. Kurze Impulsvorträge zeigten vielfältige Ansätze, die in Workshops vertieft werden konnten.

Kichererbsen Pflanze
Kichererbsen könnten auch in Sachsen eine Anbaualternative werden. (c) Sabine Rübensaat

Seit 2001 verarbeitet das Unternehmen Salzbrücke aus dem thüringischen Ritschenhausen bei Meinigen Hülsenfrüchte. Dazu zählen Erbsen, Bohnen, Linsen und Kichererbsen, die es aus Deutschland – teilweise in regionalem Vertragsanbau – ebenso wie aus anderen Ländern Europas und Nordamerikas bezieht.

Über ein Dampfkochverfahren werden die Hülsenfrüchte gleichermaßen haltbar als auch sofort verzehrfähig gemacht. Seine Produkte liefert Salzbrücke zur Weiterverarbeitung in Fertigprodukten an Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie und vertreibt unter der Eigenmarke „Legumino“ auch Produkte an Endverbraucher.

Minimahlzeiten aus Hülsenfrüchten
Minimahlzeiten aus Hülsenfrüchten von Quendt Food lnnovation. (c) Karsten Bär

Alleskönner Hülsenfrüchte

Nicht nur als Futtermittel oder für die menschliche Ernährung bieten Leguminosen Einsatzmöglichkeiten. Das Unternehmen „Amynova Polymers“ aus Zwenkau produziert einen innovativen stärkebasierten Biopolymer, der als Haftmittel für Pflanzenschutz- und Düngemittel, als Beschichtung auf Papier und Verpackungen sowie zur Staubbindung in der Industrie eingesetzt werden kann.

Geschäftsführer Bernhard Sack zeigt auf, welche Wege sein Unternehmen geht, um nicht nur Erbsenprotein zu gewinnen, sondern auch die Stärkefraktion wirtschaftlich zu nutzen

Vollwertige Minimahlzeiten aus heimischen Hülsenfrüchten hat das Unternehmen für Forschung und Produktentwicklung Quendt Food Innovation aus Freital im Rahmen einer Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP agri) entwickelt.

Die Vermarktung des Produktes nehmen die Geschäftsführer Heike und Matthias Quendt nun selbst in die Hand: Im Geschäft QioBack in der Ringstraße in Dresden sollen Minimahlzeiten und Snacks aus regional erzeugten Bioleguminosen verkauft werden, wobei die Anbieter nicht nur mit einem Geschmacksversprechen werben, sondern auch die gesundheitlichen Aspekte und die Effekte der regionalen Erzeugung von Lebensmitteln auf Klima und Umwelt in den Vordergrund stellen.

Chancen und Potenziale von Körnerleguminosen in Sachsen erörterte Prof. Dr. Knut Schmidtke, der derzeit das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz leitet, sich für die HTW Dresden aber weiterhin mit dem Projekt DMPL befasst. Das DMPL-Projektgebiet weise unterschiedliche klimatische und Bodenbedingungen auf, zu denen die jeweils passenden Leguminosen gewählt werden müssen.

So ist die auf gute Wasserversorgung angewiesenen Ackerbohne eher für Vogtland und Westerzgebirge geeignet. Erbsen, verschiedene Lupinenarten oder Sojabohnen passen in das trockenere Hügel- und nordsächsische Tiefland passen. Auch die Kichererbse wird in dieser Region zunehmend interessant. Durch gezielten frühen Zwischenfruchtanbau vor Körnerleguminosen können die Vorteile konservierender Bodenbearbeitung genutzt und Unkräuter wirksam unterdrückt werden.

Regional und pflanzlich ist kein Widerspruch

Hemmnisse für die Vermarktung wurden im Vortrag von Thomas Thiele vom Mittelsächsischen Getreideerzeuger- und -absatzverein (MGAV) deutlich. Leguminosen seien gut für die Fruchtfolge, doch würden eingeschränkter Pflanzenschutz und andere Restriktionen ebenso wie eingeschränkte Ertragspotenziale sowie fehlende Vermarktungsmöglichkeiten und unattraktive Preise die Ausweitung des Anbaus verhindern.

Der MGAV vermarkte zwar Erbsen seiner Mitglieder an die Stärkefabrik im brandenburgischen Golßen. Jedoch zeigten sich häufiger logistische Schwierigkeiten wie Leerfahrten von der Fabrik zurück oder lange Wartezeiten bei der Anlieferung. Dies werde zunehmend nicht mehr von den Speditionen toleriert.

Als Rinderhalter vegane Produkte auf Leguminosenbasis anbieten? Für Matthias Schneider von der „Denkwerkstatt Food“ aus Pülswerda bei Torgau nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Das zeige auch das Beispiel „Rügenwalder“. Mit seiner Marke „Elbweiderind“ vertreibt Schneider Rindfleisch als Premiumprodukt. Er hat inzwischen das Sortiment um weitere regional erzeugte Lebensmittel wie Karpfenfilet, Eier, Kartoffeln oder Milchprodukte erweitert.

Der Trend zu veganer Ernährung sei spürbar, wenn auch milieu- und altersabhängig. Das Angebot vegetarischer oder veganer Alternativen trage dazu bei, nicht ganze Familien als Kunden zu verlieren. Nach ersten Versuchen wird „Elbweiderind“ künftig auch Produkte aus regional erzeugtem pflanzlichen Eiweiß herstellen und – neben Rindfleisch und anderen nicht-veganen Lebensmitteln – vertreiben.

Chancen für heimische Hülsenfrüchte gibt es zweifellos. Mit der richtigen Idee und geeigneten Partnern könnten sie unter dem Dach des DMPL-Projektes in Erfolge umgemünzt werden. Hier für Anregungen und Kontakte gesorgt zu haben, ist die Hoffnung des Projektmanagements. „Es wäre schön, wenn Landwirtschaftsbetriebe dabei vorangehen, nicht warten, sondern selbst etwas anfangen“, meint Prof. Knut Schmidtke.

Langfristige Wertschöpfung entstehe nicht mithilfe von Subventionen oder Prämien, sondern – auch – mit Mut zum Risiko. Das DMPL-Projekt will dazu beitragen, die nötige Innovationskultur zu entwickeln.

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Lupinen haben einen relativ hohen Proteingehalt. Wenn also hohe Erträge erzielt werden können, kann sich der Anbau gegenüber Roggen lohnen.
Lupinen haben einen relativ hohen Proteingehalt. Wenn also hohe Erträge erzielt werden können, kann sich der Anbau gegenüber Roggen lohnen. (c) Sabine Rübensaat