Kurzumtriebsplantagen: Es fehlt die Nachfrage

Ernte der Kurzumtriebsplantage in Brandenburg. (c) Sabine Rübensaat

Sind Kurzumtriebsplantagen zur Energieholzproduktion eine Alternative zu konventionellen Feldfrüchten? Wir waren bei der Ernte dabei und haben mit Jan Grundmann gesprochen. Sein Unternehmen ist Deutschlands größter Hackschnitzelproduzent.

Bauernzeitung: Herr Grundmann, was macht Energy Crops?
Grundmann: Energy Crops GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Vattenfall Wärme Berlin AG, betreibt im Berliner Umland auf etwa 2.000 Hektar Fläche Pappelanbau. Aufgabe ist die Bereitstellung und Absicherung von nachhaltig produzierten Holzbrennstoffen für die Wärmewende in Berlin. Die Gewinnung von Pappelholz erfolgt im sogenannten Kurzumtrieb, durch Ernte und Wiederaustrieb alle drei bis vier Jahre. Das Unternehmen wurde 2010 gegründet. Das war kurz nach der Finanzkrise. In der Zeit waren viele außerlandwirtschaftliche Finanzinvestoren unterwegs auf der Suche nach Land und Agrarbetrieben.

(c) Sabine Rübensaat

Obwohl Energy Crops auf der Suche nach landwirtschaftlichen Pachtflächen war, wollte man dennoch kein Landgrabbing betreiben. Deshalb wurde ein Vertragsmodell entwickelt, das sich an den landwirtschaftlichen Vertragsanbau anlehnt.

Wie ist der Vertragsanbau gestaltet?
■ Bei dem Kooperationsmodell stellen Landwirte und Agrargenossenschaften Eigentumsflächen für den Anbau von Kurzumtriebsplantagen (KUP) zur Verfügung und bleiben gleichzeitig Bewirtschafter der Fläche. In gewissem Umfang unterstützen sie bei der Anlage und Pflege der Plantage. Auf ganz Brandenburg verteilt stehen etwa 1.600 Hektar Pappeln für die Energieholzgewinnung. Dreiviertel davon werden im Rahmen des Kooperationsmodells bewirtschaftet. Die 400 Hektar in Polen sind ganz normal gepachtet.

Suchen Sie weiterhin Landwirte, die Ihnen Flächen zur Verfügung stellen?
■ Gegenwärtig nicht, aber wir nehmen gerne die Kontaktdaten von Landwirten auf, die Interesse am Vertragsanbau von schnell wachsenden Hölzern auf ihren Flächen haben. Je nachdem, wie sich die wirtschaftliche Situation darstellt könnten wir in naher Zukunft die KUP-Flächen gegebenenfalls erweitern. Das wird gerade geprüft. Die Gespräche dazu laufen mit Vattenfall.

Warum zurzeit nicht?
■ 2015 haben wir die aktive Akquisition eingestellt und auch zuletzt Flächen angepflanzt, denn das Ziel unserer Muttergesellschaft war, 2.000 Hektar Kurzumtriebsplantagen anzulegen, um das Biomassekraftwerk in Berlin zu etwa 50 Prozent mit dem Brennstoff Hackschnitzel versorgen zu können. Dieses Ziel haben wir damals erreicht. So langsam erreichen die Bestände ihre volle Wuchskraft. In der jetzt auslaufenden Ernteperiode 2019/20 haben wir fast 700 Hektar beerntet. Auf dieser Fläche werden wir über 30.000 Tonnen Frischmasse ernten.

Gemeinsam mit unserer Muttergesellschaft prüfen wir zurzeit, ob es sinnvoll ist, weitere Flächen anzulegen für zusätzliche Projekte, die von Vattenfall geplant sind.


Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Video (c) Christopher Kapl

Vattenfall hat sich das Ziel gesetzt, innerhalb einer Generation auf fossile Energiequellen zu verzichten?
■ Ja sicher. Aber erstens engagiert sich Vattenfall auch in anderen Energiequellen, vor allem Windkraft. Und zweitens haben wir, bedingt durch die letzten beiden trockenen Jahre, nicht die Erträge mit den Kurzumtriebsplantagen erreicht, die wir uns zu Anfang des Projektes vorgestellt haben. Jetzt prüfen wir, wie sich das auf die Produktionskosten auswirkt. Im Augenblick ist das Waldrestholz aus dem Forst sehr günstig zu haben, da so viel Kalamitätsholz anfällt. Im Gegensatz dazu sind die Produktionskosten von Hackschnitzel aus Kurzumtrieb konstant bis zunehmend ansteigend.

Auf der anderen Seite spüren wir steigendes Interesse seitens der Landwirte, die Alternativen nach den zwei Dürrejahren suchen. Das Kooperationsmodell bietet ihnen relativ sichere Einnahmen.

Falls Sie in Zukunft wieder Landwirte beziehungsweise deren Flächen unter Vertrag nehmen, wie läuft das dann ab?
■ Nachdem wir das Vertragliche geregelt haben, beauftragen wir einen Lohnunternehmer mit der Anpflanzung. Falls der Landwirt die geeignete Technik hat oder geneigt ist, sie anzuschaffen, kann er in den ersten zwei Jahren die Pflege auf den Flächen durchführen. Falls nicht, führt ein Lohnunternehmer die Vorauflaufspritzung mit einem Herbizid und die anschließende mechanische Unkrautbekämpfung mittels Scheibenegge zwischen den Pflanzreihen durch. Der Reihenabstand beträgt übrigens 2,4 Meter.

Welche Durchschnittserträge erreichen Sie?
■ Wir haben mit durchschnittlich zehn Tonnen Trockenmasse pro Hektar jährlich kalkuliert. Durch die trockenen Jahre haben wir das nicht erreicht.

Was kostet es etwa, einen Hektar Kurzumtriebsplantage anzulegen?
■ Wenn man Pappeln pflanzt, kommt man auf etwa 2.500 Euro pro Hektar. Ein Hektar Weiden anzupflanzen, ist deutlich günstiger. Weiden sind auch nicht so pflegeintensiv. Dafür sind sie nicht so ertragreich, die Brennstoffqualität ist schlechter und sie reagieren stärker auf Trockenheit.

Wie hoch ist die Vergütung für die Landwirte?
■ Sie richtet sich nach der Ertragserwartung des Boden und der Transportentfernung nach Berlin und liegt im Niveau unter den für Brandenburg üblichen Direktzahlungen.

Wie wirtschaftlich ist das Kooperationsmodell für den Landwirt?
■ Mit dem Anbau von zum Beispiel Winterroggen können wir gut mit- halten. Auch bietet die Kooperation Vorteile für den Landwirt, da das Vermarktungsrisiko für die Hackschnitzel bei uns liegt.

Was spricht außerdem für Kurzumtriebsplantagen?
■ Obwohl über Jahre Bäume auf den Flächen stehen, bleibt der Ackerstatus erhalten. KUPs sind kein Wald. Deshalb sind die Energieholzplantagen auch in vollem Umfang beihilfefähig. Nach dem Umbruch der Flächen können wieder andere Feldfrüchte angebaut werden.

Welche weiteren Vorteile hat der Anbau von Energieholz im Kurzumtrieb?
■ Vor allem die Nachhaltigkeitsaspekte sprechen für diese Kultur. Die Pappeln brauchen nicht gedüngt werden, vor allem nicht mit Stickstoff. In der vegetationslosen Zeit findet sich kaum Nitrat in der Bodenlösung unter den Bäumen, also auch kein Nitrat im Grundwasser und keine Lachgasemissionen in der Atmosphäre. Wir haben die Kohlendioxidemissionen untersucht. Bei der Bewirtschaftung von anuellen Kulturen werden unter anderem durch den Dieselverbrauch, den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln und weiteren Produk- tionsmitteln etwa 1.600 Kilogramm Kohlendioxid pro Hektar jährlich emittiert.

Bei Kurzumtriebsplantagen liegt dieser Wert über dem Produktionsraum von 20 Jahren bei durchschnittlich 200 Kilogramm Kohlendioxid pro Hektar und Jahr. Und der Artenbestand ist in einem Energieholzbestand wesentlich höher als auf einem normalen Acker. Durch die Bodenruhe und den jährlichen Laubfall gehen wir von steigenden Humusgehalten im Boden aus.

Die Energiehölzer kommen gänzlich ohne Düngung aus?
■ Wenn sie sich etabliert haben, ja. Für die Anwachsphase sollten die Böden jedoch gut mit Nährstoffen versorgt sein. Wir haben in den ersten Jahren den Fehler gemacht und Bestände auf unterversorgten Flächen angelegt. Das wirkt sich dann ertraglich negativ auf die komplette 20-jährige Produktionsphase aus.

Wieso gibt es trotz all dieser Vorteile nicht mehr Kurzumtriebsplantagen in Deutschland?
■ Die Nachfrage ist nicht da beziehungsweise das Waldrestholz und vor allem die fossilen Energieträger sind zu günstig. Ich möchte sogar behaupten, dass im Moment mehr Flächen mit Kurzumtriebshölzern umgebrochen als neu angepflanzt werden. Dabei sind Kurzumtriebsplantagen die nachhaltigste Lösung für eine klimaneutrale Energiewende. Landwirte und Bürgermeister sollten sich zusammentun und gemeindeeigene Immobilien über Hackschnitzelheizung und Nahwärmenetz mit Wärme versorgen.

Was raten Sie Landwirten, die gerne Kurzumtriebsplantagen zur Energieholzproduktion anlegen möchten?
■ Interessierte können sich gerne bei mir melden, da wir natürlich möchten, dass sich das Thema weiterentwickelt. Im Moment ist es relativ ruhig geworden. Vor fünf bis sechs Jahren legte die Fläche mit Kurzumtriebshölzern jedes Jahr 1.000 bis 2.000 Hektar zu. Im Moment stagniert die Fläche. Das führt zu Problemen: Die Züchtung erlahmt, die Pflanzdienstleister halten sich mit Aufträgen in Osteuropa über Wasser und es fehlen ausreichend kompetente Erntedienstleister. Die Maschinenhersteller treten ebenfalls auf der Stelle und entwickeln die Technik nicht weiter.

Wenn ein Landwirt Kurzumtriebsplantagen zur Energieholzproduktion anlegen möchte, soll er uns gerne ansprechen, denn wir haben am Anfang sehr viel Lehrgeld bezahlt. Diese Fehler muss der Landwirt nicht auch noch machen. Wir geben unsere Erfahrungen gerne weiter, denn die Pappel ist eine anspruchsvolle Kultur im Rahmen der Etablierung. Da darf hinsichtlich Pflanzvorbereitung und Unkrautbekämpfung nichts falsch laufen.

Das Interview führte Klaus Meyer