Akustische Schädlingsdetektion im Getreidelager

Mithilfe eines Kranes wurden die Röhren in die 17 m hohen Silos gehoben. (c) Christina Müller-Blenke, Claudia Hildebrandt, Jörg Möbius
Landtechnik
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In einem Forschungsprojekt werden unerwünschte Insekten in Getreidesilos frühzeitig durch ihre Geräusche identifiziert. Anders als bei konventionellen Methoden kann so ein Befall eher bekämpft werden. Das wiederum soll Lagerverluste reduzieren und den Einsatz chemischer Mittel gegen die Insekten verringern. Im Interview mit der Bauernzeitung erklärt Dr. Christina Müller-Blenkle vom Julius-Kühn-Institut, was sich hinter der Akustischen Schädlingsdetektion verbirgt.

Das Interview führte Jörg Möbius

Bitte erklären Sie Idee und Funktionsweise der Akustischen Schädlingsdetektion als Frühwarnsystem.
Insekten produzieren Geräusche, wenn sie sich durch Getreide bewegen oder fressen. Mit empfindlichen Mikrofonen in Stechlanzen oder Probenbehältern können diese Geräusche gehört werden. Aber die Tiere sind nicht immer aktiv oder stellen sich bei Störung tot, sodass geringer Befall leicht überhört werden kann. Bisher wird sogenannter Körperschall genutzt, der sich von Korn zu Korn überträgt. Das Beetle-Sound-Tube-System was übersetzt „Käferschallröhre“ bedeutet, besteht aus großen Metallröhren mit acht oder zehn Zentimeter Durchmesser und bis zu 18 Meter Länge. Darin hängen Luftschallmikrofone, mit denen die Knabbergeräusche rund um die Uhr erfasst werden. Dadurch kann ein Befall schon sehr frühzeitig erkannt werden.

Dr. Christina Müller-Blenkle
Dr. Christina Müller-Blenkle, Julius-Kühn-Institut (c) privat

Wo und wie haben Sie erstmals Käfergeräusche gehört?
Bei der Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch beim Julius-Kühn-Institut (JKI) bin ich im Internet auf eine CD aus Frankreich mit verschiedenen Insektengeräuschen gestoßen, die im Rahmen einer Vorratsschutzkonferenz im Jahr 1990 vorgestellt wurde. Diese Geräusche haben mich sofort begeistert und auch heute zaubert noch jeder knabbernde Käfer ein Strahlen auf mein Gesicht.

Wie erfolgte die Skalierung in die Praxis?
Im ersten Projekt InsectTap wurde mit Insekten in einer schallisolierten Kammer angefangen. Von der kleinen Kammer ging es in eine Ein-Kubikmeter- und dann in eine Acht-Kubikmeter-Getreidebox, in denen die ersten Versuche mit Metallröhren durchgeführt wurden. Dabei wurden Kornkäfer mit den Akustikröhren etwa neun Wochen früher bemerkt als mit den bekannten Temperaturmessungen oder durch Beobachtung der Getreideoberfläche. Bei den Temperaturmessungen im Stapel zeigt die durch Stoffwechselaktivität der Insekten erhöhte Temperatur einen Befall an.

Um diese Erkenntnisse der akustischen Schädlingserkennung praxistauglich zu machen, schlossen sich zwölf Partner aus unterschiedlichen Bereichen im Projekt Beetle-Sound-Tube zusammen.

Wo steht das Projekt der Akustischen Schädlingsdetektion heute?
Wir befinden uns im vierten Jahr des fünfjährigen Projektes. In den ersten beiden Jahren wurden die Röhrensysteme für die verschiedenen Lagerformen geplant und gebaut und die Technik für Akustik-, Temperatur- und Feuchteüberwachung entwickelt. Im ersten Silo überwachen wir das Getreide jetzt in der dritten Lagerperiode, die Systeme auf den anderen Höfen kamen im zweiten Projektjahr dazu.

Was muss noch erforscht werden?
Der zukünftige Schwerpunkt liegt auf der Frage: „Wie können Insektengeräusche von anderen Geräuschen unterschieden werden und klingt der Kornkäfer deutlich anders als der Getreideplattkäfer, sodass ein Computer den Unterschied erkennen und eine Bestimmung vornehmen kann?“ Da liegt noch einige Arbeit vor uns.

Welche technologischen, ökonomischen und ökologischen Vorteile sollen Landwirte und Lagerbetreiber davon haben?
Die Früherkennung ermöglicht es den Betrieben, schnell zu reagieren. Bei noch geringem Befall ist Reinigung möglich, aber auch Nützlinge können eingesetzt werden. Beides sind sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvolle Maßnahmen, um das Getreide zu schützen.

Mit welchem Mehraufwand ist das zu erreichen?
Wir haben das System für vier unterschiedliche Lagerformen entwickelt. Die fest installierten Versionen müssen für jedes Silo angepasst werden. Die mobile Version, bei der die Röhren nach der Getreideeinlagerung in Flachlager oder BigBags eingedreht werden, ist einfacher in der Installation, muss aber immer wieder neu eingebracht werden.

Ein Kostenfaktor sind bisher auch noch die empfindlichen Mikrofone. Hier werden wir die verbleibende Projektzeit nutzen, um über optimierte, robuste und preiswertere Lösungen zu beraten.

Projekt Beetle Sound Tube
Laufzeit: 1.11.2017 – 31.10.2022
Koordination: agrathaer GmbH, Müncheberg
Projektpartner: Agrar Technik Barnim, BayWa AG Luckau, Biologische Beratung Prozell und Schöller, Biohof SteinReich, BKF Belziger Kraftfutter, FÖL-Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, Gut Schmerwitz, Julius-Kühn-Institut, Kreisbauernverband Potsdam-Mittelmark, MüllerBBM und WEDA.
Förderung: Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) und das Land Brandenburg im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaften (EIP-AGRI)