Kurzarbeit und Insolvenzen, die Landtechnik steht einigen Herausforderungen gegenüber. (c) Sabine Rübensaat

Landtechnik in der Krise – diese Unternehmen sind betroffen

Die Landtechnik Branche ist in einer schweren Krise. Immer mehr Unternehmen, wie CNH Industrials, zu denen New Holland und Case gehören, vermelden Verluste. Erste Firmen melden Insolvenz an oder befinden sich in Schieflage, wie die BayWa. Wie geht es weiter?

Von Jeremy Deane

Nachdem in den letzten Jahren Rekord-Umsätze mit Landtechnik erzielt wurden, schlägt der Wind in der Branche um. Immer mehr Firmen schicken Mitarbeiter in Kurzarbeit und vermelden starke Rückgänge im Geschäft. Jetzt muss auch CNH Industrials seine Prognose drastisch korrigieren. Zuletzt geriet auch die BayWa in Insolvenzgefahr.

Gewinn bei CNH Industrial sinkt um 38,3 Prozent

Der Land- und Baumaschinenkonzern CNH Industrial N.V. hat nach eigenen Angaben auch im zweiten Jahresquartal weniger Gewinn erzielt als im Vorjahr. Die Erlöse gingen um 16,4 Prozent auf knapp 5,5 Milliarden US-Dollar zurück. Viel stärker verschlechterte sich jedoch der Nettogewinn, welcher um 38,3 Prozent auf 438 Millionen US-Dollar sank.

CNH Industrial, zu denen unter anderem New Holland und Case gehören, musste die Jahresprognose nach unten korrigieren.
CNH Industrial, zu denen unter anderem New Holland und Case IH gehören, musste die Jahresprognose nach unten korrigieren. (c) Sabine Rübensaat

Für die zweite Jahreshälfte rechnet die Konzernführung ebenfalls mit einer deutlich schwächeren Nachfrage und einem Rückgang zwischen 15 bis 20 Prozent. Bislang war ein Minus von 11 bis 15 Prozent vorausgesagt worden.

Zu dem Unternehmen gehören Marken wie Case IH, New Holland, Steyr, Iveco oder Magirus.

Claas schickt 900 Mitarbeiter in Kurzarbeit

Auch Claas musste schon Maßnahmen ergreifen. Im Stammwerk in Harsewinkel wird die reguläre Betriebsruhe (12. Juli bis 30. August) um eine dreiwöchige Kurzarbeit im September ausgeweitet, so ein Sprecher des Landtechnikherstellers gegenüber agrarheute.

Insgesamt sind nach Angaben des WDR rund 900 Mitarbeiter aus Produktion und Verwaltung von der Kurzarbeit betroffen. Die Produktion von Feldhäckslern und Großtraktoren solle aber wie geplant weiterlaufe.

Insgesamt 900 Mitarbeiter schickt Claas in die Kurzarbeit. Trotzdem solle die Produktion von Feldhäckslern und Großtraktoren wie geplant weiterlaufen.
Insgesamt 900 Mitarbeiter schickt Claas in die Kurzarbeit. Trotzdem solle die Produktion von Feldhäckslern und Großtraktoren wie geplant weiterlaufen. (c) Sabine Rübensaat

Grasdorf GmbH: Erste Firmen insolvent

Als erster Reifenhersteller für die Landwirtschaft meldet die Grasdorf GmbH Insolvenz an. Als Großhändler von Reifen für Landmaschinen ist das Unternehmen ein wichtiger Reifenlieferant für die Landwirtschaft. Die ebenfalls betroffene Grasdorf Rad fertigt Standard- und Spezialfelgen. Grasdorf handelt unter anderem mit den Reifenmarken Michelin, Continental, Kleber, Alliance, Mitas, Trelleborg, Nokian oder Ceat.

Grund für den Insolvenzantrag von Grasdorf seien Liquiditätsschwierigkeiten, verursacht durch Umsatzrückgänge, bei steigenden Kosten für Energie und Produktion. Das eingeleitete Verfahren in Eigenverwaltung soll Sanierungsmaßnahmen bei laufendem Geschäftsbetrieb möglich machen, so die zwei Anwälte der für die Insolvenzverwaltung beauftragten PLUTA Rechtsanwalts GmbH.

Insbesondere Hersteller von Anbaugeräten sind besonders stark vom Konjunkturwechsel betroffen.
Insbesondere Hersteller von Anbaugeräten sind besonders stark vom Konjunkturwechsel betroffen. (c) Sabine Rübensaat

Auch der Münchner Agrarhandelskonzern BayWa AG steckt in einer tiefen Krise. Ein Sanierungsgutachten soll jetzt Klarheit über die finanzielle Situation des Unternehmens schaffen und die drohende Insolvenz abwenden. Um ein Rettungspaket wird offensichtlich weiter gerungen. Am Donnerstag (1.8.) war zwar aus Finanzkreisen berichtet worden, dass die beiden BayWa-Großaktionäre, die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs-AG (BRB) und die österreichische Raiffeisen Agrar Invest, 200 Mio. Euro bereitstellen. Zudem wollten die Gläubigerbanken weitere 200 Mio. Euro zuschießen, hieß es. Aber bis Freitagabend (2.8.) war noch nicht ganz klar, ob das Rettungspaket tatsächlich abgesegnet worden ist. Zudem stellte sich die Frage, ob 400 Mio. Euro bei einer Schuldenlast von 5,6 Mrd. Euro reichen werden.

Was Landwirte jetzt wissen müssen: Drohende Insolvenz bei BayWa – wird die Ernte bezahlt?

Insolvenz: Regent versteigert Landtechnik

Auch die Landtechnik-Firma Regent ist insolvent. Zunächst hatte der für seine Pflüge bekannte Anbaugerät-Hersteller Ende 2023 Schwierigkeiten angemeldet. Die Gründe seien nach Medienberichten in der Vergangenheit gestörte Lieferketten, Personalprobleme und hohen Energiepreise gewesen. Nun steht der Bestand des Unternehmens zur Versteigerung.

Online-Auktion ab 13. August

Ab dem 13. August beginnt die Online Auktion um 8:00 Uhr auf der Plattform „aurena„. Bereits im Vorfeld können sich Interessierte das Angebot ansehen und bieten. Wichtig zu beachten sind die Auktionsgebühr von 18 Prozent und die hinzukommende Mehrwertsteuer mit 20 Prozent.

Die K.U.L.T. Kress umweltschonende Landtechnik GmbH hat im Mai ebenfalls ein Insolvenzverfahren beantragt. Grund hierfür sei laut Unternehmen sinkende Umsätze im Weinbaubereich und der Direktvermarkter im Gemüsebau. Dazu kämen hohe Lagerbestände, welche nicht abgebaut werden können und hohe Zinskosten verursachen.

Aufträge bei Kuhn mehr als halbiert

Die Kuhn-Gruppe ist vom Abschwung im Bereich Landwirtschaft stark betroffen. Es wurde ein Auftragsrückgang von 28,2 Prozent verzeichnet, laut dem jüngsten Unternehmensbericht. Mit einer Abnahme von 52,8 Prozent nahm der Auftragsbestand drastisch ab.

Der Landtechnikhersteller Kuhn mit Standort in Ostdeutschland ist ebenfalls stark vom Konjunkturwechsel betroffen.
Der Landtechnikhersteller Kuhn mit Standort in Ostdeutschland ist ebenfalls stark vom Konjunkturwechsel betroffen. (c) Sabine Rübensaat

Der währungsbereinigte Umsatz sank im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 um 15,1 Prozent. Auch die Anzahl der Mitarbeiter in Vollzeit verringerte sich um 7,4 Prozent auf 5.728 Mitarbeiter im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt.

Kuhn gehört zur Schweizer Unternehmensgruppe Bucher Industries und hat seinen Sitz im französischen Savern (Elsass). Buchner Industries legte die Zahlen in seinem Bericht über das erste Halbjahr 2024 vor.

AGCO verkauft Getreide- und Proteingeschäft

Der US-Konzern verkauft nach eigenen Angaben sein Getreide- und Proteingeschäft an American Industiral Partners (AIP). Zum Getreide- und Proteingeschäft von AGCO gehören die in Europa weniger bekannten Marken GSI, Automated Production (AP), Cumberland, Cimbria und Tecno. GSI baut große Getreidesilos, die anderen Marken bewegen sich hingegen überwiegend in der Geflügel- und Schweinehaltung mit Fütterungs- und Tränkesystemen.

Der Käufer AIP beschäftigt rund 65.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von ungefähr 25 Milliarden US-Dollar. Insgesamt erhält AGCO 700 Millionen US-Dollar für das Teilgeschäft. Nach einer Ankündigung vom 25. Juli geht AGCO davon aus, dass der Verkauf noch vor Jahresende abgeschlossen ist.

Die AGCO Fendt hat ebenfalls Kurzarbeit ausgerufen.
AGCO Fendt hat ebenfalls in mehreren Werken Kurzarbeit angemeldet. (c) Sabine Rübensaat

Die veröffentlichten Geschäftszahlen sehen auch bei AGCO im Vergleich zum Vorjahr schlechter aus. Das zweite Quartal lag insgesamt 15,1 Prozent unter dem Niveau von 2023. Für das gesamte erste Halbjahr wurde ein Rückgang von 13,7 Prozent gemeldet. Damit sank die Summe der Verkäufe auf 3,2 Milliarden US-Dollar.

Bereits im Juni hatte AGCO Fendt in mehreren Werken Kurzarbeit angemeldet, welche bis Anfang August andauern sollte.

Pöttinger schickt 200 Mitarbeiter temporär in die Arbeitslosigkeit

Auch bei Pöttinger zeigt sich der Konjunkturwechsel. Laut „OÖ Nachrichten“ müssen sich 200 Mitarbeiter von insgesamt 1.200 diesen Sommer für vier Wochen arbeitslos melden. Weitere 450 Angestellte zeigen sich solidarisch und unterstützen das Unternehmen durch eine Woche unbezahlten Urlaub.

Solidarisch zeigen sich 450 Mitarbeiter des Unternehmens Pöttinger, welche eine Woche unbezahlten Urlaub nehmen.
Solidarisch zeigen sich 450 Mitarbeiter des Unternehmens Pöttinger, welche eine Woche unbezahlten Urlaub nehmen. (c) Pöttinger Werksbild

Bei den Maßnahmen handele es sich nur um momentane Anpassungen zur Auftragslage. Es habe weniger Aufträge für den Sommer gegeben, wodurch die Auslastung nicht erreicht werde. Der Konzern zeigt sich aber zuversichtlich und betont: „Im Herbst ist die Produktion wieder ausgelastet.“

In den vergangenen drei Jahren konnte Pöttinger seinen Umsatz von circa 400 auf 641 Millionen Euro steigern. Für das laufenden Wirtschaftsjahr 2023/24 erwartet der Geschäftsführer eine Abnahme im zweistelligen Prozentbereich, jedoch geringer als im Gesamtmarkt (rund 20 Prozent).

„Landtechnik ist gut aufgestellt“

Der Verband deutscher Maschinen und Anlagenbauer (VDMA) sieht die aktuelle Entwicklung als eine Folge der hohen Wachstumswerte der vergangenen Jahre. Alleine im Jahr 2023 war die Landtechnik stark nachgefragt und habe einen Umsatz von 15 Milliarden Euro aus deutscher Produktion erzeugt.

Zu den Gründen für die momentane Situation des Konjunkturwandels führt Christoph Götz, Pressesprecher des VDMA für Landtechnik, mehrere Gründe auf: das Zinsniveau und die eher verhaltene Lage am Endkundenmarkt. Diese sei verbunden mit agrarpolitischer oder geopolitischer Unsicherheiten. Die Branche komme aus einem enormen Konjunkturhoch und stehe nun vor einer Herausforderung.

Wie lange die Situation anhalte, dazu könne derzeit noch keine genaue Angabe gemacht werden. Zunächst gelte es die Ernten abzuwarten und anschließend „die Investitionsfreudigkeit und Investitionsfähigkeit der Landwirte dann auch im Rahmen dieser Erzeugerpreise“ zu beobachten.

Die Branche sei gut aufgestellt, dennoch sollte die Lage nicht unterschätzt werden, sagt Christoph Götz, Pressesprecher der VDMA für Landtechnik: „Es gibt zwar mancherorts Kurzarbeit und andere Maßnahmen, aber wir haben keine strukturellen Problematiken, sondern eine gut aufgestellte Industrie. Trotzdem gilt es die Situation ernst zu nehmen und genau einzuordnen.“

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