Wirkstoffverschleppung: Spritzenreinigung ernst nehmen

Wasserzufuhr für die Außenreinigung mit extra Fahrzeug, auf dem auch der Hochdruckreiniger mit Akkus als Energiequelle mitgebracht wird. (c) Harald Kramer
Landtechnik
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Pflanzenschutz-Geräte sollten nach dem Einsatz auf dem Acker innen und außen gereinigt werden. Das verhindert Wirkstoffverschleppungen im System und mit den Reifen sowie Korrosion am Metall.

Von Harald Kramer, Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Münster

Die Problematik der Spritzenreinigung im Zusammenhang mit Einträgen von Pflanzenschutzmitteln in Gewässer und den Naturhaushalt ist schon seit vielen Jahren ein präsentes Thema. Denn kaum ist die Arbeit beendet und das Gerät leer, fängt für viele das Problem an. Die Spritzenreinigung ist ein lästiges Übel, außer vielleicht bei Wirkstoffwechseln – sie sollte vielleicht besser Spritzenhygiene genannt werden. Denn nur eine regelmäßige Reinigung garantiert eine schadenfreie Applikation in der Nachfolgekultur. Besonders Saug- und Druckfilter, Einspülschleuse und Sackgassen in den Spritzleitungen bergen ein enormes Risiko der Mittelablagerung bei mangelnder Reinigung. Gerade beim Neukauf einer Spritze ist ein automatisiertes Reinigungssystem quasi ein Muss. Nahezu alle am Markt verfügbaren Hersteller bieten solche Systeme an.

Nachrüstlösungen für ältere Spritzen

Mittelablagerung bei mangelnder Reinigung
Mittelablagerung bei mangelnder Spritzenreinigung. (c) Harald Kramer

Doch die große Anzahl vorhandener älterer Spritzen darf nicht außen vor gelassen werden. Eine Lösung kann hier die kontinuierliche Innenreinigung sein. Können doch mit diesem System auch die kleinen Spritzen auf den aktuellen Stand der Technik nachgerüstet werden. Es bedarf lediglich weniger zusätzlicher Teile. Dies ist im Einzelnen eine separate Reinigungspumpe, die zwischen dem Frischwassertank und den Innenreinigungsdüsen im Spritztank eingebaut werden muss. Die Leistung dieser Pumpe richtet sich nach dem maximalen Düsenausstoß der Spritze. Hierbei müssen 90 Prozent des Düsenausstoßes erreicht werden. Nicht mehr und nicht weniger. Nimmt man z. B. ein 15-m-Gestänge mit kompakten Injektordüsen der Größe 03 (blau), ergibt sich ein Gesamtausstoß von etwa 30 l/min.

Für solch ein System wird demnach eine 27-l-Reinigungspumpe benötigt. Die Anzahl der Innenreinigungsdüsen richtet sich nach der Form des Spritzfasses bzw. den Einbauten im Innern des Fasses wie z. B. Schwallwänden. In Deutschland haben die Firmen Agrotop und Herbst Pflanzenschutztechnik solche Nachrüstsätze mit entsprechenden Einbauhinweisen im Programm. Die Vorteile des Reinigungssystems liegen klar auf der Hand. Der Praktiker bekommt seine Spritze in weniger als zehn Minuten bequem vom Schlepper aus auf dem Acker sauber. Er muss dann lediglich das Gerät auf dem gerade behandelten Schlag leer spritzen.

Hat man gegen Ende der Spritzung den Rücklauf abgestellt, muss dieser nun wieder geöffnet werden. Jetzt muss man nur noch bei laufender Spritzpumpe erneut in die Fläche einfahren und die Reinigungspumpe von der Kabine aus aktivieren. Nun beginnt die Steuerung, die technische Restmenge aus dem System zu drücken. Hat man eine Spritze mit Zirkulationssystem und Gleichdruckarmatur, muss man, nachdem etwa die Hälfte des Klarwasservorrates aufgebraucht ist, den Hauptschalter für etwa 15 Sekunden ausstellen (um die Zirkulationsleitung zu aktivieren), danach kurz die Teilbreiten einzeln durchschalten, um die Druckrückläufe ebenfalls zu spülen, und kann nach dem Ausspritzen mit der kontinuierlichen Innenreinigung fortfahren.

Spritzenreinigung: Wirkstoffverschleppung vermeiden

Je nach System (elektrisch/hydraulisch) muss man mit etwa 1.000 bis 2.000 Euro Kosten für die Nachrüstung rechnen. Hat man seine Spritze nachgerüstet, sollte man auch wirklich jedes Mal reinigen, wenn die Arbeit unterbrochen wird. Auch wenn man danach erneut dieselbe Mischung spritzen möchte. Denn nicht immer kann unverzüglich weitergespritzt werden, und wenn die Spritze dann ein paar Stunden bis Tage steht, beginnen sich die meisten Mischungen in den Leitungen und Filtern abzulagern. Um diesen Tropfsteinhöhleneffekt zu vermeiden, sollte man sofort nach der Spritzung reinigen, da hier alle Beläge noch frisch sind und die Reinigungswirkung am besten ist. Denn gerade eine Wirkstoffverschleppung kann zu nicht unerheblichen Schäden führen.

DÜSEN REINIGEN

Weder grob noch sauer
Düsen können in einem Reinigungsgang mit einem zugelassenen Spezialreiniger wie Agroclean gereinigt werden. Reinigungsmittel aus der Tierhaltung können auch helfen. Aber Vorsicht mit sauren Mitteln (Arbeitsschutz!), sie greifen das Kunststoffmaterial der Düsen an. Nach ihrem Einsatz sofort mit viel Wasser nachspülen!
Schraubendreher, Drahtbürste und Taschenmesser sind tabu. Wenn man versucht ist, diese einzusetzen, empfiehlt es sich, die Düsen auszubauen und in einem Ultraschall-Reinigungsgerät zu behandeln, so wie vor oder nach der Saison auch.

Geht man von einer 3.000-l-Spritze mit einem 27-m-Gestänge aus, ergibt sich folgendes Bild: Hat man am Ende der Spritzung noch etwa 30 l Sicherheitsreserve im Spritzentank, befinden sich einschließlich der nicht verdünnbaren Restmenge der Spritze etwa 100 l Spritzbrühe im System. Hat man vorher mit einem Mittel und einer Aufwandmenge von 5 l/ha (bei 800 g Wirkstoff) behandelt, verbleiben 400 g Wirkstoff im System. Verzichtet man auf die Reserve und beendet die Spritzung mit einem leeren Tank, verbleiben in etwa 75 l im System. Dies würde 300 g Wirkstoff entsprechen. Reinigt man die Spritze mit dem kontinuierlichen Reinigungssystem, lässt sich dieser Wert auf etwa 3 g im System reduzieren, da die verbleibende Restmenge lediglich eine Wirkstoffkonzentration von 1 Prozent oder weniger aufweist. Wird die Spritze für die nächste Spritzung mit 3.000 l neuer Brühe aufgefüllt, ist der Verdünnungsfaktor groß, und es sind keine Folgeschäden zu erwarten, da lediglich etwa 5 l aus dem Sumpf im Spritzenfass verdünnt werden.

Der große Vorteil der Innenreinigung auf der Fläche besteht in der zeitnahen Spritzenreinigung. Zudem braucht man sich keine Gedanken über einen Waschplatz auf der Hofstelle zu machen. Denn wenn man auf dem Hof angekommen ist, braucht man die Spritze bis zum nächsten Einsatz lediglich unter einem Dach abzustellen.

lösungen für die außenreinigung

Was kann man machen, wenn man die Spritze nun auch von außen gleich in der Fläche sauber bekommen möchte? Man müsste erst einmal den Frischwassertank erneut auffüllen, und dann wird oft darauf verwiesen, dass keine praktikablen Ausstattungen für Feldspritzen auf dem Markt verfügbar seien. Dem kann im Falle der Waschbürsten teilweise zugestimmt werden, da der Zeit- und Wasserbedarf sehr hoch sind, was eine Spritzenreinigung auf dem Feld sehr schwierig macht. Ebenfalls ist es im ein oder anderen Fall schwierig, an schwer zugänglichen Stellen einen guten Reinigungserfolg zu erreichen. Hier hat sich in der jüngsten Vergangenheit jedoch einiges getan.

Seit einigen Jahren gibt es hierfür Hochdruckreiniger, die als Zusatzausstattung im gehobenen Preissegment angeboten werden. Doch das Problem ist meist das Frischwasser, das man dabeihaben muss. Da die größeren Probleme durch die technische Restmenge hervorgerufen werden, sollte der Fokus auf der Innenreinigung liegen. Doch seit der Agritechnica 2019 bietet der Markt einen professionellen Hochdruckreiniger auf Akku-Basis. Das ist auf den ersten Blick sicherlich nichts Neues. Jedoch wenn man mal etwas genauer hinschaut, ergeben sich doch einige Vorteile bei diesem System aus dem Hause Kärcher. Es handelt sich um einen Akku-HD aus dem professionellen Segment.

Dies wird schnell klar, wenn man die beiden 36-V-Akkus betrachtet. Diese ermöglichen eine Arbeitszeit von etwa 30 min. Nimmt man hier jetzt noch den Wasserverbrauch von 400 l/h zur Hand, ergibt das ein Wasservolumen von etwa 200 l, das zur Spritzenreinigung in der Fläche verwendet werden kann. Und das Ganze bei einem Betriebsdruck von bis zu 110 bar. Jetzt kommt oft das Argument, man habe schon einen Hochdruckreiniger auf dem Betrieb. Aber in den seltensten Fällen hat man auch einen entsprechenden Waschplatz mit einem Phytobac oder ähnlichen Einrichtungen, die das Waschwasser aufnehmen können.

Doch woher bekommt man 200 l Wasser auf dem Acker? An der Spritze hat man den Frischwasservorrat ja schon verbraucht. Hierfür gibt es zwei Lösungen. Entweder man fährt das Wasser mit einem separaten Fahrzeug zu oder man kann ein Fass in der Fronthydraulik mitnehmen. Der Vorteil der Variante Frontfass ist, dass man sich z. B. mittels eines Weiste-Dreiecks einfach eine Eigenbaulösung zur Fassaufnahme am Schlepper selbst bauen kann. Der Anschluss des Hochdruckreinigers ans Wasserfass kann dann über eine Schlauchkupplung aus dem Baumarkt erfolgen. Oder einfach den Schlauch ins Fass hängen lassen. Denn der Hochdruckreiniger ist bis zu 5 m selbstansaugend.

Bei den Kupplungen ist es nur wichtig, dass sie dicht schließen, denn wenn Luft gezogen wird, funktioniert das System nicht richtig. Doch lohnt sich der ganze Aufwand ausschließlich für die Spritzenreinigung überhaupt? Das Schöne an der Akku-Lösung ist die Flexibilität des Systems. Denn da-mit können auch weitere Geräte wie Kartoffelleger, Hackgeräte, Düngerstreuer usw. gereinigt werden. Auch der Düngerstreuer dankt es, wenn in versteckten Ecken kein Dünger mehr liegt, der Feuchtigkeit ziehen kann, und das Gerät somit schneller zu rosten beginnt. Aber auch bei häufigem Wechsel der Schläge kann man die Reifen säubern und verschleppt so keine Erde und Pflanzenschutzmittel auf das nächste Feld.

FAZIT

Für eine komplette Spritzenhygiene können neue Geräte mit einem automatisierten Reinigungssystem geordert werden. Für vorhandene Geräte sind Nachrüstlösungen verfügbar. Wichtig ist die Spritzenreinigung direkt nach der Anwendung. Für die Außenreinigung – auch von anderen landwirtschaftlichen Geräten – kann relativ einfach ein Akku-Hochdruckreiniger eingesetzt werden.