Auf dem Alpakahof am Iserberg in Hamberge, Nordwestmecklenburg, sind 12 Alpakas zu Hause. (c) Birgitt Hamm

Alpakahof am Iserberg: Vom Rasenmäher zum Therapeuten

Auf dem Alpakahof am Iserberg in Hamberge, Nordwestmecklenburg, leben und arbeiten Marco und Beate Holter mit zwölf Tieren, die wegen ihres sanften Charakters, kuscheligen Fells und Aussehens beliebt sind.

Von Birgitt Hamm

Als Leopold vor neun Jahren auf den Hof von Marco Holter in Hamberge bei Grevesmühlen zog, war sein Verantwortungsbereich sehr überschaubar. „Der junge Alpakahengst sollte gemeinsam mit der Stute Bambi unseren Rasen kurz halten“, berichtet der Mecklenburger.

Ein Jahr zuvor hatten er und seine Frau Beate ihre florierende Postfiliale in Barsbüttel bei Hamburg aufgegeben, um zurück in die Heimat zu gehen.

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Alpaka-Liebe – wie alles begann

Leopold ist der Chef der Alpakaherde am Iserberg.
Leopold ist der Chef der Alpakaherde am Iserberg. (c) Birgitt Hamm

Beide waren – wie viele Mecklenburger – in der Wendezeit gen Westen gezogen, um ihr Glück zu suchen. Der gelernte Kfz-Mechaniker fand eine Anstellung in einem Hamburger Autohaus, dann führte das Paar eben jene Postfiliale, in der sie auch Mecklenburger Spezialitäten verkauften. Zurück in Nordwestmecklenburg erwarben sie ein großes Grundstück, das Leopold und Bambi pflegen sollten. „Bis dahin hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, Landwirt zu werden“, schmunzelt Marco Holter. Doch rasch verliebten sich Holters und ihre Töchter, die Zwillingsschwestern Sarah und Sophie, in ihre neuen Haustiere mit den von langen Wimpern umkränzten Kugelaugen, dem kuscheligen Fell und dem sanften Charakter. Und sie beschlossen, sie selbst zu züchten.

Schon 2013 warf die Stute Belana nach 365 Tagen Tragezeit das erste Fohlen, den schwarzen Alberto, der heute an der Seite von Leopold eine ganze Herde führt. Gegenwärtig leben zwölf Alpakas auf dem einen Hektar großen Gelände des Alpakahofes am Iserberg, darunter sieben Hengste. Sie sind nicht nur Rasenmäher und Wolllieferanten.

„Wir stellten schnell fest, dass Leopold – wie die meisten Alpakas – sehr neugierig ist“, erzählt Marcus Holter. Deshalb beschlossen wir, ihn in der Therapie einzusetzen.“ Dazu machte er eine Ausbildung und gründete die Firma „Alpakahof am Iserberg“. Es dauerte ein Jahr, bis alle behördlichen Genehmigungen da waren.

Alpakas als Therapeuten

2015 hatte Leopold seinen ersten Einsatz als Therapeut im Hospiz Schloss Bernstorff. Die besonderen Eigenschaften der Alpakas, ihr zurückhaltendes und freundlich-neugieriges Wesen, die langsamen Bewegungen und ihr dickes, weiches Fell motivieren junge und alte Menschen mit Behinderungen, Traumatisierungen, Verhaltensauffälligkeiten oder Demenz, sich ihnen ohne Angst zu nähern, sie zu streicheln, zu bürsten, mit ihnen spazieren zu gehen.

„Bislang haben wir noch keine schlechte Erfahrung gemacht“, betont der Züchter, der mit seinen Tieren inzwischen nicht nur im Umfeld seines Hofes, sondern auch in Hamburg, Lübeck und Rostock arbeitet. Und in Kinder- und Senioreneinrichtungen ebenso wie auf Stadt- und anderen Festen gern gesehen ist.

Oft kommen Gäste auch auf den Alpakahof am Iserberg, um mit den Tieren zu wandern. Zwei Stunden lang genießen junge und ältere, sportliche und weniger sportliche Wanderer den Gang durch Feld und Wald mit den gemütlichen Tieren am Seil. Alles, was Marco Holter heute über die Alpakas weiß, die schon vor 6.000 bis 7.000 Jahren von den Inkas domestiziert und in großen Herden gezüchtet wurden, hat er mit ihnen gelernt.

„Das Scheren ist für die Tiere und auch für mich Stress, deshalb muss es schnell und professionell erledigt werden“, sagt der Züchter. Dazu legt er das Tier auf einen Tisch, fixiert es und befreit es von der dicken Winterwolle, drei bis sechs Kilogramm pro Tier. „Und am Ende gibt es jedes Jahr eine neue Frisur“, lacht er. Die Produkte aus der Wolle – Einlegesohlen, Kissen, Pullover, Seife – verkauft er im Hofladen.

Fulltime-Job: „Die Alpakas sind mein Leben“

Um seine Herde kümmert er sich von früh um sechs bis zum Abend, sorgt für Futter, ausreichend Wasser, mistet den Stall aus, sammelt und trocknet die wegen ihres hohen Stickstoffgehalts bei Gärtnern sehr beliebten Köttel und trainiert die Hengste für ihre Therapiearbeit. „Dabei geht es nicht um den Umgang mit den Menschen, sondern vor allem um die Technik wie das Einsteigen in den Transportanhänger.“

Die Tiere sind sehr genügsam, fressen Gras und Heu, ab und zu gern Nadelbaumzweige, brauchen immer Wasser. Für die Stuten, die wegen der langen Tragezeit geschont werden, gibt es abends Leckerlis. Warum er die in den Anden beheimateten Tiere nachts im Stall hält, erklärt der Züchter: „Wir sind Wolfsland, der Gefahr möchte ich die Tiere nicht aussetzen. Außerdem behalten sie so eine engere Verbindung zu uns.“

Und die haben sie auch zu den 16-jährigen Töchtern. Während Sophie, die in Schwerin als Leistungssportlerin Boxen betreibt und nur am Wochenende auf dem Hof helfen kann, kümmert sich Sarah nicht nur täglich um Leopold und Co., sondern will auch Tierärztin werden. Obwohl Marco Holter noch immer in zwei Filialen der Tabak-Börse sein Geld verdient, sieht er sich nicht als Nebenerwerbslandwirt. „Die Alpakas sind mein Leben.“ Dann nimmt er Leos Kopf und kuschelt ihn.