„Bullen-Shooting“ auf Rügen

Fleckviehzüchter Brüdgam: Von knallgelb bis dunkelbraun

Foto für den Katalog: Vater Dirk und Tochter Alexa Brüdgammit den Fleckviehbullen Emil und Zaron (v. l.) (c) Gerd Rinas
Nebenerwerb
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Seit 20 Jahren züchtet die Familie Brüdgam auf Rügen mit Erfolg schwergewichtige Rinder der Rasse Fleckvieh. Zwei Vererber von ihnen stehen auf der Fleischrindbullen-Online-Auktion am 1. März zum Verkauf.

Von Gerd Rinas

Emil und Zaron spüren, dass an diesem Vormittag etwas anders ist als sonst. Dirk und Alexa Brüdgam haben die beiden Fleckviehbullen aus dem Stall auf den Hof geführt. Dort werden sie von einem Team der RinderAllianz erwartet. Fleischrindexperte Gernot Pohl schaut durch die Optik einer Filmkamera und dirigiert die Züchter und ihre Tiere. Die Bullen sollen von allen Seiten in unterschiedlichen Positionen präsentiert werden. Der Hintergrund: Fleischrind-Abteilungsleiterin Dr. Sabine Schmidt und ihre Mitarbeiter haben Emil und Zaron als herausragende Fleckvieh-Vertreter des aktuellen Bullenjahrgangs begutachtet und gekört.

„Bullen-Shooting“ für Fleischrindbullenauktion am 1. März

Die beiden Vererber gehören zu den 105 Jahrgangsbullen, die die RinderAllianz auf ihrer Fleischrindbullenauktion am 1. März präsentieren wird. „Weil die Auktion wegen der Corona-Pandemie wieder online stattfindet, wollen wir den Käufern Fotos, Videos und Beschreibungen zu jedem Tier vorab an die Hand geben“, erläutert Sabine Schmidt.

Erstmals wird sogar die Kreuzbeinhöhe der Bullen vermessen, um Kaufinteressenten ein objektives Urteil zu erleichtern. Emil und Zaron scheint der Rummel an diesem Vormittag kalt zu lassen. Geduldig, fast schon etwas schläfrig, posieren sie, bis Gernot Pohl seine Fotos und Videos „im Kasten“ hat.


Bei der ersten Fleischrind-Online-Auktion der RinderAllianz 2021 war der Uckermärker „Urukay PP“ von Christian Ehlert aus Jarmen mit 6.700 € der Bulle aus MV mit dem höchsten Zuschlag
(c) RinderAllianz

Fleischrind-Online-Auktion: Viel Qualität im Angebot

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Fleckviehzüchter Brüdgam: Start mit sechs hornlosen Färsen

Während das Kamerateam zum nächsten Videotermin weiterreist, bringen Dirk Brüdgam, Ehefrau Silke und Tochter Alexa die beiden Zuchtbullen zurück in den Stall. Für die Familie ist es nach 2021 das zweite „Bullen-Shooting“. Brüdgams sind Nebenerwerbslandwirte. Seit Jahren gehören sie zu den erfolgreichsten Fleckviehzüchtern in Mecklenburg-Vorpommern. Begonnen hat alles, als Dirks Vater Manfred auf seinem wiedereingerichteten Hof in Udars auf Rügen vor 21 Jahren die Milchkühe abschaffte. „Mein Vater wurde älter, ich war beruflich viel unterwegs und die Milchpreise waren im Keller. Wir wollten eine Tierhaltung, die uns mehr Flexibilät ermöglichte. Mutterkühe schienen uns das Richtige“, erinnert sich Dirk Brüdgam, der einst Landmaschinenschlosser lernte, seit der Wende aber als Kraftfahrer arbeitet.



2001 holten Vater Manfred und Sohn Dirk die ersten Fleckviehrinder auf den Hof, noch ohne Herdbuch. Ein Jahr später kamen sechs genetisch hornlose Färsen dazu. „Daraus entstand unsere Zucht“, so Dirk Brüdgam. Während Ehefrau Silke sich um die Buchhaltung kümmert, stärkt die Tochter ihrem Vater züchterisch den Rücken. 2005 war Alexa sechs Jahre alt und das erste Mal dabei, als Brüdgams zwei Fleckviehbullen auf einer Auktion verkauften. „Als Zachy und Herbert vom Hof gingen, hab ich Rotz und Wasser geheult“, gibt die heute 23-Jährige zu. Alexa absolviert ein duales Studium der Agrarwirtschaft an der Hochschule Neubrandenburg und schreibt gerade ihre Bachelorarbeit. Das Thema könnte aktueller nicht sein: „Wie wirken sich Lieferschwierigkeiten in der Corona-Krise auf das Kundenbeziehungsmanagement im Landmaschinenhandel aus?“

herde mit 18 Mutterkühen

Die Bullen Emil und Zaron waren schon früh in ihr züchterisches Blickfeld geraten. „Beide sind ohne Farbfehler, haben weiße Beine, eine weiße Quaste – und kein dunkles Maul – ganz so wie es die Zuchtkriterien für die Rasse Fleckvieh-Simmentaler vorschreiben“, erläutert Alexa Brüdgam.

Neben den beiden Jungbullen gehören 18 Mutterkühe, deren weibliche Nachzucht und 14 Kälber zu Brüdgams Fleckviehherde. „Unsere Tiere sind ruhig, führig, handzahm und neugierig. Bei anderen Rassen sind alle Tiere braun oder schwarz. Beim Fleckvieh ist jedes Tier schon durch seine Zeichnung einzigartig“, sagt Alexa Brüdgam. Sie schätzt es, „wenn die Herde bunt gemischt ist, von knallgelb bis dunkelbraun“.

Daneben zählen für die Fleckviehzüchter Brüdgam die typischen Fleckviehwerte: Die Tiere haben viel Milch für ihre Kälber, sie sind langlebig und leichtkalbig, verfügen über solide Fundamente und haben nur selten Klauenprobleme. „In unserer Herde kommen weibliche Absetzer auf Tageszunahmen von 1.200 bis 1.500 g, männliche auf 1.500 bis über 2.000 g, je nach Fütterung“ erläutert Dirk Brüdgam. Drei bis vier weibliche Tiere behält er jedes Jahr zur Nachzucht, zwei männliche Tiere für die Auktion. Alle anderen Nachgeborenen werden als Absetzer im Alter von sechs bis acht Monaten entweder an andere Züchter oder zur Weitermast verkauft.



Fitte Kälber dank reichlich Frischluft

Im Stall der Fleckviehzüchter Brüdgam stehen auch im Winter nur die „Kreißsaalgruppe“, also die Kühe vor und nach dem Abkalben und die Frischgeborenen sowie die beiden Bullen. Die Tiere bekommen morgens und abends Heu vorgelegt, Silage wird zugefüttert. Mutter und Kalb stoßen schon nach ein bis zwei Wochen wieder zur Herde, die wintersüber in einem Auslauf mit Schleppdach steht. „Seit wir die Kälber früher aus dem Stall ins Freie bringen, sind sie fitter“, hat der 55-jährige Züchter festgestellt. Die Herde im Freien wird ebenfalls mit Heu und am Abend mit Grassilage gefüttert.

Im Sommer läuft die Herde auf der Weide hinter dem Hof. Die Kühe werden künstlich besamt. 2021 waren acht von zehn Erstbesamungen ein Treffer. „Das ist ein sehr guter Schnitt“, lobt Brüdgam. Eine Vorauswahl der Vererber trifft Tochter Alexa auf verschiedenen Internetplattformen. Jedes Jahr werden drei bis vier Bullen eingesetzt. „Immer frisches Blut, die Abstammungen sind breit gestreut, u. a. aus Tschechien, Dänemark und Irland“, so die junge Züchterin. In diesem Jahr haben Brüdgams in der letzten Januarwoche mit den Besamungen begonnen. „Brunftbeobachtung ist im Stall leichter als auf der Koppel“, sagt der Landwirt.

Wenn die Tiere im April auf die Weide kommen, sollen sie trächtig sein. Brüdgams Ziel ist eine Abkalbezeit in acht Wochen von November bis Mitte Januar. „Ein einheitlicher Entwicklungsstand ist für den Verkauf der Tiere günstig“, so der Fleckviehzüchter Brüdgam. Zudem sind 14 bis 15 Monate alte Bullen auf der Auktion gefragt. Auch bei seinen diesjährigen Kandidaten Emil und Zaron hat er ein gutes Gefühl. „Die beiden sind eine Empfehlung für jede Mutterkuhherde“ findet nicht nur Dirk Brüdgam.

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