Landwirtschaft im Nebenerwerb: Idyllische Fassade, harte Realität
Zwangsversicherung, Steuerberater-Absagen, fehlende Frosthilfe – Nebenerwerbslandwirte am Limit? Ein ehrlicher Einblick in die Probleme, mit denen Nebenerwerbsbetriebe kämpfen, und wie Politik und Gesellschaft gegensteuern müssen. Ein Kommentar von Klaus Meyer.
Laut Agrarstrukturerhebung sind etwa 40 % der Agrarbetriebe in Ostdeutschland Nebenerwerbsbetriebe. Sie dienen der Einkommensdiversifizierung, sichern Arbeitsplätze und stärken regionale Wirtschaftskreisläufe. Sie fördern den sozialen Zusammenhalt und tragen zur Landschaftspflege und Biodiversität bei. Kleinbäuerliche Betriebe sind für die meisten Menschen eine nachvollziehbare und erlebbare Form der Landwirtschaft. Das Image der Landwirtschaft in der Gesellschaft ist daher meist gut. Hinter der idyllischen Fassade verbergen sich jedoch zahlreiche Herausforderungen, denen sich Nebenerwerbslandwirte stellen müssen.
Nebenerwerb: Pflichtversicherung für Ehefrau
Wird die Ehepartnerin eines Landwirts arbeitslos, gilt sie automatisch als mitarbeitende Familienangehörige und ist somit in der landwirtschaftlichen Krankenkasse pflichtversichert, obwohl keine Mitarbeit erfolgt, berichtete ein Obstbauer aus Brandenburg der Bauernzeitung. Für einen Nebenerwerbsbetrieb kann dies eine Belastung von mehreren Tausend Euro im Jahr bedeuten. In keiner anderen Branche gibt es eine vergleichbare automatische Pflichtversicherung.
Landwirtschaft: Steuerberater lehnt Obstbauern ab
Als florierender Nebenerwerbsbetrieb wollte der Obstbauer von der Steuerberatung für Arbeitnehmer zum Steuerberater für Land- und Forstwirte wechseln. Im Umkreis von 30 km hat er neun Anfragen gestellt und immer eine Absage erhalten, meist mit der Begründung, dass keine Kapazitäten für neue Mandanten vorhanden seien. Das zu erwartende geringere Honorarvolumen könnte aber auch ein Grund gewesen sein. Das gibt nur keiner zu.
Nebenerwerbslandwirtschaft: Fläche zu klein – keine Frosthilfe
Für viele Obstbauern bedeutete der Spätfrost im vergangenen Jahr einen totalen Ernteausfall. Es konnten deshalb Frosthilfen beantragt werden. In Brandenburg war dies jedoch nicht für alle Obstbauern möglich, da nur Obstanlagen mit einem Baumbestand von mindestens 300 Bäumen je Hektar antragsberechtigt waren, wobei die Betriebsgröße bereits durch eine Mindestförderung nach unten begrenzt war. Es erhielten also nur Plantagenbetriebe Frosthilfe, der Obstbauer mit den biodiversitätsfreundlicheren Streuobstwiesen (max. 100 Bäume/ha) konnte sehen, wo er mit seinem Verlust bleibt.
Kein Kredit für kleine Betriebe
Komplexe und umfangreiche Vorschriften in den Bereichen Umwelt, Tierhaltung, Pflanzenschutz und Lebensmittelhygiene können insbesondere für kleinere Betriebe mit begrenzten Ressourcen neben dem Haupterwerb eine große Herausforderung darstellen. Der Preisdruck in der Landwirtschaft ist oft sehr hoch und kleinere Betriebe haben weniger Spielraum, um Kosten zu senken oder höhere Preise durchzusetzen. Die Landwirtschaft ist ein kapitalintensiver Sektor und Investitionen in Maschinen, Ausrüstung und Land können sehr teuer sein. Banken und andere Finanzinstitute sind oft zurückhaltend bei der Vergabe von Krediten an kleine landwirtschaftliche Betriebe, insbesondere an Nebenerwerbsbetriebe, da diese als risikoreicher gelten. Nebenerwerbslandwirte haben oft weniger Zeit und Ressourcen, um sich fortzubilden, und sind daher möglicherweise weniger gut über neue Entwicklungen informiert.
Politik muss gegensteuern
Die Nebenerwerbslandwirtschaft ist aufgrund der spezifischen Bedingungen in der Landwirtschaft benachteiligt. Hier muss die Politik und damit auch die neue Bundesregierung durch weniger und gerechtere Bürokratie gegensteuern.

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