Jersey-Milchkühe

Latzhose statt Uniform

Stefanie und Tommy Franke, beide 29 Jahre alt, bewirtschaften im mittelsächsischen Großwaltersdorf bei Freiberg einen kleinen Milchviehbetrieb im Nebenerwerb. Die jüngsten Kinder des Paares sind Zwillinge, beides Jungen. (c) Silvia Kölbel
Nebenerwerb
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Ihren Job als Polizistin gab Stefanie Franke auf, um sich in Mittelsachsen gemeinsam mit ihrem Mann einer kleinen Herde Jersey-Milchkühe zu widmen. Die Arbeit im Stall macht die junge, fünffache Mutter glücklich.

Von Silvia Kölbel

Ursprünglich hatte Stefanie Franke aus Großwaltersdorf im Landkreis Mittelsachsen ganz andere Berufspläne. Sie wollte als Polizistin eine Beamtenlaufbahn einschlagen. Ihr jetziges Leben könnte gegensätzlicher kaum sein. Zusammen mit ihrem Mann, Tommy Franke, steht die 29-Jährige jeden Morgen und jeden Abend im Stall, um die 18 Jerseykühe zu melken. Die junge Frau ist außerdem Mutter von fünf Kindern. Zuletzt stellten sich Zwillinge ein. „Dass ich einmal fünffache Mutter werde, hatte ich nicht direkt geplant“, verrät sie.

Ihr privates Umfeld war auch vom plötzlichen Berufswechsel überrascht. „Ich bin schon ein paar Mal gefragt worden, warum ich das tue“, erzählt Stefanie Franke. Ihre Antwort darauf fällt ganz einfach aus: „Weil mir diese Arbeit gefällt. Weil ich glücklich damit bin. Weil ich es für uns tue. Weil unsere Kinder in einem gesunden und natürlichen Umfeld aufwachsen“, erklärt sie. „Inzwischen haben sich alle daran gewöhnt und akzeptieren meine Entscheidung.“ Im Moment könne sie sich auch nicht vorstellen, jemals wieder in die Polizeiuniform zu schlüpfen.

Jersey-Milchkühe: Start in der Frühe

Die Freude an der landwirtschaftlichen Arbeit entdeckte die junge Frau, als sie ihren späteren Mann kennenlernte. Der gelernte Landwirt arbeitet heute als Besamungstechniker. „Der Anstoß, in die Nebenerwerbslandwirtschaft einzusteigen, ging von meiner Frau aus“, erzählt Tommy Franke, der Betriebsinhaber. Und Stefanie Franke berichtet: „Wir hatten zu Hause Pferde, Schafe und Hühner, auch mal eine Mutterkuhherde. Doch es war für mich nie eine Überlegung, einen landwirtschaftlichen Beruf zu ergreifen.“

Jetzt steht sie jeden Morgen gemeinsam mit ihrem Mann um vier Uhr auf. Eine halbe Stunde später läuft die Rohrmelkanlage, die das Paar gebraucht in einem bayerischen Betrieb gekauft hat und die von der Größe her perfekt zum Tierbestand passt. „Während ich melke, füttert mein Mann, mistet aus und versorgt die Kälber“, beschreibt die junge Bäuerin die morgendlichen Abläufe. Während dieser Zeit schlafen die Kinder noch. Nach der ersten Stallrunde geht Tommy Franke seinem Hauptjob nach, Mutter Stefanie widmet sich den Kindern und dem Haushalt. „Wenn wir am späten Nachmittag das zweite Mal melken, sind die Kinder mit dabei“, erzählt die junge Mutter.

Für Urlaubspläne bleibt bei dieser Arbeitseinteilung keine Zeit. „Wir fahren nicht weg. Wir fühlen uns hier wohl. Ich hätte woanders keine ruhige Minute, wenn ich nicht wüsste, was auf meinem Hof passiert. Erholen könnte ich mich so jedenfalls nicht“, ergänzt ihr ebenfalls 29-jähriger Ehemann. Für die Jersey-Milchkühe entschieden sich die beiden wegen der Größe der Tiere, deren Umgänglichkeit und der sehr guten Milchqualität. Die Rasse stammt ursprünglich von der britischen Kanalinsel Jersey. Dort eröffneten 1833 Landwirte das erste Herdbuch. Lediglich etwa 450 kg bringt das kleinste heimische Milchrind auf die Waage. In Deutschland spielt die Rasse nur eine untergeordnete Rolle.

Gehaltvolle Kuhmilch

Die Kühe punkten mit einem Fettgehalt der Milch von 5–6 Prozent. Bei Frankes Tieren sind es 5,8 Prozent Fett sowie 4,2 Prozent Eiweiß. Werte, die die Molkereien honorieren. „Das ist für mich die einzig vernünftige Lösung, mit dem Nebenerwerb ein Einkommen zu generieren“, erklärt Tommy Franke. Die Jerseyrinder seien außerdem leichtkalbig und robust. Fünf Laktationsperioden haben die meisten Kühe in seinem Stall bereits erlebt.

Franke stellt an seine Arbeit immer hohe Ansprüche. Alles muss möglichst perfekt organisiert sein und ablaufen. „Durch meine Tätigkeit als Besamer kann ich mir die Arbeitsweise vieler verschiedener Betriebe anschauen und sehen, was funktioniert und was nicht. Es ist immens wichtig, jeden Tag dran zu bleiben, alles möglichst fehlerfrei zu erledigen. Jeder noch so kleine Fehler hat meist weitreichende Konsequenzen. Das fängt beim richtigen Schnittzeitpunkt auf dem Grünland an und hört auf beim richtigen Zeitpunkt des Besamens“, so seine Überzeugung.

Das Grünfutter schneide er, wenn es den höchsten Energiegehalt habe. Besamt werde auf den Punkt genau mit gesextem Sperma. So kämen zu 98 Prozent weibliche Kälber zur Welt. In die Herdbuchzucht seien sie nicht eingestiegen, weil es zu aufwendig sei. Weibliche Rinder ließen sich dennoch sehr gut vermarkten. Die zuletzt geborenen Kälber und Färsen will das Paar jedoch behalten, um die Herde auf 25 Tiere zu vergrößern.

Die Jersey-Milchkühe stehen ganzjährig im Stall. „Draußen würden sie die Grasnarbe zerstören. Ich brauche meine fünf Hektar Grünland aber als Futtergrundlage“, erklärt Thommy Franke. Auf weiteren 10 ha Acker wächst Feldgras. Gentechnikfreies Kraftfutter, das auch Mais enthält, wird zugekauft.

Viehhaltung seit 2013

Obwohl Tommy Franke eine landwirtschaftliche Ausbildung als Grundlage für seinen Nebenerwerb vorweisen kann, sagt er: „Das, was ich in den letzten Jahren hier gelernt habe, das konnte mir keine Berufsschule vermitteln.“ Auch für seine Frau gilt der Grundsatz: „learning by doing“.

2013 begannen die Frankes mit der Tierhaltung, anfänglich mit Mutterkühen. 2018 reifte dann die Entscheidung, zu den Jersey-Milchkühen zu wechseln. 16 abgekalbte Färsen konnte das Paar in Brandenburg kaufen. Derzeit wird die Milch nach Freiberg geliefert. Es stand auch schon die Überlegung im Raum, die qualitativ hochwertige Milch direkt zu vermarkten. Erste Versuche führten nicht zum durchschlagenden Erfolg, weil die mobile Käserei nicht genügend Kapazitäten frei hatte und für eine regelmäßige Verarbeitung die Jerseys zu wenig Milch liefern.

Geheizt wird mit Holz

Eine Fleischvermarktung kommt wegen des geringen Schlachtgewichtes der Rinder von rund 250 kg auch nicht infrage. Aufgrund des gesexten Spermas fallen ohnehin kaum Jungbullen an, die sich zum Schlachten eignen würden. Gegen eine Direktvermarktung spricht außerdem die abgelegene Lage des Hofes. Das 17 km entfernte Freiberg ist die nächste größere Stadt.

Neben dem Grün- und Ackerland gehört noch ein Hektar Wald zum Hof. Tommy Franke, der es gern aufgeräumt und geordnet mag, ist gerade dabei, den Waldstreifen zu durchforsten. Dabei fällt jede Menge Brennholz an, das die Familie für die eigene Heizung im noch nicht vollständig sanierten Haus nutzt. In einer Hälfte des Gebäudes wohnen Frankes mit ihren fünf Kindern. Die andere Haushälfte möchte die Familie sanieren, ausbauen und vermieten.