Nebenerwerbslandwirtschaft

Nutztier-Arche: Auf dem Weg zum Haupterwerb

Auch ein Lamm der Rasse Weiße Edelziege und eine Katze zählen zu den tierischen Bewohnern der Nutztier-Arche. (c) Sylvia Kölbel
Nebenerwerb
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Viel vorgenommen haben sich Theresia Schuster und Christian Skanda von der Nutztier-Arche: ihren Hof in Eckartsberga sanieren, alte Nutztierrassen erhalten und einen Erlebnisbauernhof mit Direktvermarktung aufbauen.

Von Sylvia Kölbel

Besonders die alten, vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen haben es Theresia Schuster und Christian Skanda aus Eckartsberga im sachsen-anhaltischen Burgenlandkreis angetan. Weil ihnen deren Erhalt wichtig ist, sind sie Mitglied gleich zweier Organisationen, die sich dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben haben: der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) und dem Vieh e. V. Bei Letzterem haben sie auch ihre Nutztier-Arche „Bauernhof Schuster Mallendorf“ mit der Nummer 204 angemeldet.

Alle Tiere haben Namen

Auf dem Hof der beiden, der nur 100 m von der Landesgrenze zu Thüringen entfernt liegt, leben Tiere verschiedenster Arten und Rassen. Alle haben einen Namen. „Wenn wir sie auf die Weide treiben, rufen wir sie beim Namen, und sie folgen uns“, sagt Christian Skanda. Die Rinderhaltung ist die Herzensangelegenheit des 35-Jährigen, den vor allem das große Vertrauen des Limousinbullen Max in ihn begeistert.

Neben dem Hof bewirtschaftet das Paar rund 45 ha Land. Auf den 23 ha Acker wächst vor allem Getreide – Hafer, Gerste und Weizen für die eigene Tierhaltung und für den Verkauf – sowie Luzerne.

Landwirtschaft stand ursprünglich nicht auf der Agenda der beiden, obwohl Theresia Schuster auf dem Hof mit ein paar Tieren, die ihr Vater hielt, groß wurde. Christian Skanda hatte lediglich als Kind bei seinem Opa Kontakt zu Tieren. Die heute 31-Jährige entschied sich für ein Studium zur Verwaltungswirtin und arbeitet heute in einem Landratsamt. Gerade hat sie einen zweiten Berufsabschluss vor Augen: In Bernburg absolviert sie ein Fernstudium der Fachrichtung Landwirtschaft und Agrarmanagement, das sie mit dem Bachelor abschließen will.


(c) Sylvia Kölbel

Tiere auf dem Arche-Hof in Eckartsberga:

  • Harzer Ziegen
  • Weiße Edelziegen
  • Rotbunte Husumer Schweine
  • Rinder der Rassen Limousin, Angus, Fleckvieh und Blaue Belgier
  • Esel
  • Steinbacher Kampfgänse (blau)
  • Sachsenenten und Flugenten
  • Hühner der Rassen Schwarze Italiener mit Rosenkamm, Rote Italiener, Deutsche Sperber und Sulmtaler (goldweizenfarbig)
  • Kaninchen der Rassen Thüringer, Rote Neuseeländer und Marderkaninchen
  • Harzer Füchse (Hütehunde).

Nutztier-Arche: Hühner als Startschuss

Initialzündung in Sachen alte Haustierrassen war der 70. Geburtstag von Theresias Vater Wilhelm vor sechs Jahren: „Er bekam Hühner der Rasse Schwarze Italiener mit Rosenkamm geschenkt. Dadurch wurden wir auf die Problematik der vom Aussterben bedrohten Rassen aufmerksam.“ Den Hof führt das junge Paar im Nebenerwerb – noch. Fernziel ist der Wechsel in den Haupterwerb.

Obwohl seine Partnerin dann den Bachelor in der Tasche haben wird, ist Christian Skanda eher bereit, seinen jetzigen Job für die Nutztier-Arche an den Nagel zu hängen. Der gelernte Fleischer arbeitet in der Baubranche, hat sich dort u. a. zum Sprengmeister qualifiziert. Ihn ärgert aber, dass es jungen Menschen erschwert wird, sich in der Landwirtschaft selbstständig zu machen. „Bürokratie und Kosten, die damit verbunden sind, schrecken ab“, musste er selbst erfahren. Ein Beispiel: „Wir wollten eine Kombination aus Käserei und Schlachthaus bauen. Da wir die Ziegen nur im Sommerhalbjahr melken, sollten die Räume im Winter zum Schlachten genutzt werden. Das ist leider unmöglich.“ Allein die geplante Käserei koste 110.000 Euro. Würde zusätzlich in ein Schlachthaus investiert, müsste das Paar 400.000 Euro in die Hand nehmen. „Das ist einfach zu viel und auch ungerecht. Ein Jäger kann im Wald unter freiem Himmel das erlegte Tier aufbrechen und muss es dann nur noch in die Kühlzelle hängen. Wir sollen, um schlachten zu können, mehrere Hunderttausend Euro investieren.“

Ziegenmilch für Käserei

Nächstes Jahr soll die Käserei der Nutztier-Arche in Betrieb gehen. Geplant ist, neben Ziegenmilchprodukten im künftigen Hofladen u. a. auch Gemüse, Honig, Kuhmilch und Eier zu verkaufen. „Was wir selbst nicht haben, wollen wir von befreundeten Betrieben zukaufen. Wir haben bereits mit möglichen Partnern gesprochen“, sagt Theresia Schuster. Mit ihrer Schwester, Elisabeth Sturm, die beim Direktvermarkten unterstützen möchte, besuchte sie schon Käserei-Lehrgänge und brachte erste eigene Käserei-Versuche erfolgreich hinter sich.

Täglich fünf Liter Milch gibt jede Ziege während der Hauptmelkzeit. Die Harzer Ziegen und Weißen Edelziegen züchtet das Paar im Herdbuch. Den Sommer verbringen Ziegen und Rinder auf der Weide. Für das Melken der Ziegen bauten die beiden einen Hänger zur mobilen Melkanlage um.

Zeitgleich läuft die Sanierung des Wohnhauses. Die Küche als zentraler großer Treffpunkt für Familie, Freunde und Helfer war als Erstes nach dem Umbau von Ställen und Scheune fertig. Aus dem Anbindestall wurde ein Laufstall. Die Scheune ist zugleich Veranstaltungsraum, in den die Familie im Herbst zum Oktoberfest einlädt.

Erlebnisbauernhof als dörflicher Treffpunkt

Wilhelm Schuster (76) mit der jüngsten Neuanschaffung, einem Oldtimer-Traktor Deutz D 40.
Wilhelm Schuster (76) mit der jüngsten Neuanschaffung, einem Oldtimer-Traktor Deutz D 40. (c) Sylvia Kölbel

Die beiden jungen Leute sehen ihren Hof auch als dörflichen Treffpunkt. Deshalb soll im Hofladen zudem ein Café entstehen. Zu den Betriebsleitern der umliegenden vier Agrargenossenschaften pflegen sie freundschaftliche Kontakte, was ihnen wichtig ist. Die Kinder aus dem Dorf sind regelmäßig zu Gast auf dem Hof, vor allem der Tiere wegen. Das Paar kann sich daher gut vorstellen, Angebote zu unterbreiten, die zu einem Erlebnisbauernhof gehören. Das Bemalen der mobilen Hühnerställe mit farbenfrohen, lustigen Bauernhof-Motiven gemeinsam mit den Kindern war schon ein solches. Spaziergänge mit Tieren und Besuchern können sie sich ebenso vorstellen. „Es geht uns und anderen mit ähnlichen Vorstellungen darum, Konzepte zu entwickeln, um die Höfe vorm Verfall zu retten“, sagen sie.

Großgeschrieben wird auf der Nutztier-Arche im Hause Schuster/Skanda das Miteinander. Theresias Vater sei eine unschätzbare Hilfe, sagt Christian Skanda. Gemeinsam mit dem Schwiegersohn in spe schraubt der 76-Jährige auch an Oldtimern. Erst kürzlich fand ein Deutz D 40, Baujahr 1961, den Weg nach Eckartsberga. Von einem Stock-Traktor, Baujahr 1942, sagt der Senior: „Den hat mein Vater damals neu gekauft.“ Weiteres Sammlerstück ist ein Lanz Bulldog, Baujahr 1940. Alle drei Traktoren sind fahrbereit. Die jüngste Anschaffung wollen die beiden Männer demnächst unter ihre Fittiche nehmen und noch ein bisschen „aufhübschen“.