Im Zweifelsfall sollten Halter ihre Pferde über Nacht nicht auf der Koppel lassen. (c) IMAGO/Blickwinkel

Pferde im Wolfsgebiet: Langzeitstudie in der Lausitz

Wissenschaftler haben in einer Langzeitstudie in der Lausitz untersucht, wie die Equiden auf die Anwesenheit des großen Beutegreifers reagieren. Die Ergebnisse ihrer Beobachtungen wurden erst kürzlich veröffentlicht.

Von Peggy und Sven Morell

Wölfe sind seit etwa 25 Jahren wieder heimisch in Deutschland. Das freut Naturschützer, sorgt bei Weidetierhaltern aber zunehmend für Unmut. Auch viele Pferdehalter haben zumindest ein mulmiges Gefühl.

Sie fürchten zum einen, dass Wölfe ihre Tiere erschrecken könnten und diese aus der Weide ausbrechen, sich dabei verletzen oder sogar Verkehrsunfälle verursachen bzw. dass die Pferde beim Ausritt durchgehen, was ebenfalls für Tier und Mensch gefährlich ist. Zum anderen haben Halter Angst davor, dass ihr Pferd auf der Weide von Wölfen angegriffen und verletzt oder schlimmstenfalls getötet wird.

Nun liegen Ergebnisse einer deutschen Studie vor, für die über sieben Jahre das Verhalten von Wölfen und Pferden unter die Lupe genommen worden ist.

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Pferde im Wolfsgebiet: Angriffe auf Pferde

Die gute Nachricht vorweg: Pferde gelten nicht als Hauptbeutetiere von Wölfen. Diese bevorzugen Wildtiere, machen aber auch vor Weidevieh, insbesondere Schafen, nicht halt. Und doch gibt es z.B. in manchen Gebieten Südeuropas häufig Übergriffe auf Pferde.

In Spanien und Portugal würden insbesondere Fohlen und Jungtiere der Garrenos gejagt, einer lokalen Ponyrasse, die dort frei umherzieht, ohne jegliche Schutzmaßnahmen. Dort könne es auch passieren, dass die Wölfe sich auf die Pferdejagd spezialisierten, eventuell sogar das Jagen erwachsener Pferde lernten.

In Mitteleuropa sind Angriffe auf Pferde deutlich seltener, obgleich auch in Deutschland seit 2016 immer wieder Wolfsattacken auf Pferde dokumentiert wurden. Laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) waren im Vorjahr bundesweit 30 Pferde von „wolfsverursachten Nutztierschäden“ betroffen (getötete, verletzte oder vermisste Tiere).

Langzeitstudie: Koppeln überwacht

Eine im August 2023 publizierte Studie von Konstanze Krüger, Professorin für Pferdehaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen, sowie Theo Grüntjens und Enno Hempel vom Verein zur Förderung von Wissenschaft um Pferd und Wolf (VFWPW) hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Pferde auf die Anwesenheit von Wölfen reagieren.

Sieben Jahre lang (2015 bis 2022) wurden 13 Reitpferde unterschiedlichen Alters und verschiedener Rassen auf zwei Weiden beobachtet: Auf Weide eins standen ein Pony, zwei Warmblüter und zwei Zugpferde zwischen vier und 29 Jahren (vier Stuten, ein Wallach). Auf Weide zwei grasten sieben Pferde schwerer Rassen (drei schwere Warmblüter, vier Zugpferde) zwischen 13 und 17 Jahren (zwei Stuten, fünf Wallache. Die Weiden der Tiere befanden sich in Nähe des sogenannten Knappenrode-Seenland-Rudels an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen, das seit 2015 jährlich Nachwuchs hat.

Die Weiden, 15 ha bzw. 20 ha groß und durch einen Weg getrennt, wurden lediglich mit einem in der Pferdehaltung üblichen Elektrozaun begrenzt. Die Beobachtungen erfolgten mittels sechs Wildkameras.

Bilder ausgewertet

In den sieben Beobachtungsjahren wurde kein Wolfsangriff auf die Pferde beobachtet. Die Kameras zeichneten auf knapp 1.000 Bildern Wölfe in der Nähe oder (selten) auf den Weiden auf – meist nachts, manchmal auch in den frühen Morgenstunden oder tagsüber.

Meist liefen die Wölfe am Zaun entlang, nur sehr wenige standen in der Weide. Ebenfalls auf den Kameras zu sehen: zahlreiche Wildtiere wie Hasen, Wildschweine, Füchse, Rehe, Waschbären, verschiedene Vogelarten und vieles mehr.

Das Vorkommen dieser leicht zu jagenden Beutetiere (insbesondere Hasen und Rehe) könnte ein Grund sein, warum die Wölfe auf die für sie risikoreiche Pferdejagd verzichtet haben, mutmaßen die Wissenschaftler.

Weitere Studien nötig

Seitens der Pferde gab es in der Gegenwart von Wölfen keine Anzeichen von Panik oder Unwohlsein. An sechs Tagen wurde ein Herumrennen der Pferde dokumentiert, Wölfe wurden aber nur an drei dieser Tage gesichtet.

Die Forscher vermuten, dass die Pferde auch von anderen Wildtieren, Insekten oder Geräuschen aufgeschreckt worden sein könnten. Allerdings schränken die Wissenschaftler ein, dass die Studie keine Schlussfolgerungen zum Befinden der Pferde bei Wolfskontakt zulasse. Hierzu seien weiterführende Studien erforderlich.

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