Wachteleierlikör aus Thüringen: Delikatesse für die Nische
Der Züchter Peter Meyer verarbeitet die Wachteleier seiner 150 Tiere ausschließlich zu Likör. Damit stieß der Thüringer in eine Marktlücke und mischt mittlerweile ganz vorn mit.
Von Silvia Kölbel
Aus dem Hobby, der Rassegeflügelzucht, ist bei Peter Meyer und seine Frau Ramona Anfang des Jahres ein Nebenerwerbsbetrieb entstanden: Außer den Amrocks und den Bielefelder Kennhühnern bevölkern nun auch 150 Legewachteln den Stall in Braunichswalde in der Nähe von Gera.
Die aus Japan stammenden Legewachteln sind bei Meyers vor allem Nutztiere, denn die Eier, die diese Tiere innerhalb von sechs Monaten legen, verarbeitet das Paar zu etwa 4.000 Flaschen á 350 ml Eierlikör. Peter Meyer und seine Frau investierten rund 10.000 Euro, um die räumlichen Voraussetzungen für den Nebenerwerb zu schaffen.
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Wachteleierlikör aus Thüringen: Der Einstieg
Auf die Idee, aus Wachteleiern Likör herzustellen, kam Peter Meyer durch seinen Zuchtfreund Andreas Kießling aus dem sächsischen Langenhessen. Dieser stieg vor zwei Jahren zuerst mit 500 Legewachteln und später mit 1.000 Tieren in die Eierproduktion ein und vermarktet unter anderem über den Einzelhändler Rewe. Die Kontakte dafür knüpfte Peter Meyer. „Andreas Kießling ist als Mediziner beruflich sehr stark eingespannt. Ich hatte mehr Zeit“, sagt Meyer, der 40 Jahre in der Automobilindustrie tätig war, aus gesundheitlichen Gründen aber beruflich kürzertreten muss.
Ursprünglich wollten die beiden Männer die Vermarktung von Wachteleiern und -Likör gemeinsam angehen. Der gemeinsamen Vermarktung über die Landesgrenzen hinweg stellten sich jedoch bürokratische Hürden in den Weg, die zusätzliche Investitionen in Räumlichkeiten zur Folge gehabt hätten. „Deshalb habe ich mich entscheiden, gemeinsam mit meiner Frau Wachteln zu halten und ausschließlich in die Eierlikörproduktion einzusteigen, während Andreas Kießling die Eier vermarktet“, berichtet Peter Meyer.
Wachtelstall und Bodenhaltung
Der Geflügelhalter nutzte vorhandene Stallungen, baute diese zu einem Wachtelstall um und hält die Tiere, so wie Andreas Kießling auch, in Bodenhaltung. „Damit heben wir uns von der Mehrzahl der Wachtelhalter ab, die die Tiere in Käfigen halten. Den 150 Wachteln von Peter Meyer stehen neun Quadratmeter Fläche zur Verfügung. „Das entspricht ökologischen Bedingungen. Wir sind aber kein Öko-Betrieb“, so Meyer. Die Produktion von Eierlikör entstand aus der Überlegung heraus, eine Vermarktungsmöglichkeit für die absatzschwache Zeit im Sommer zu finden. „Wachteleier verkaufen sich am besten im Winterhalbjahr. Kurz nach Ostern sinkt die Nachfrage rapide“, weiß Meyer.
So schaffte er es nach eigenen Auskünften aus dem Stand, sich an die Spitze der Wachteleierlikörproduktion in Deutschland zu setzen. Seinem Zuchtfreund Andreas Kießling überlässt er die Vermarktung der Eier. „Was ursprünglich als gemeinsames Projekt entstand, hat sich in zwei Stränge geteilt, einen verfolge ich, einen Herr Kießling. Wir stehen trotzdem noch in engem Kontakt, tauschen uns fachlich aus und sehen uns auch fast wöchentlich, denn unsere Zuchtgemeinschaft auf dem Gebiet der Rassegeflügelzucht besteht weiterhin.“
Wachteleierlikör nach DDR-Rezeptur
Meyer begann, bevor er die Anmeldung des Nebenerwerbsbetriebes in Angriff nahm, nach einem Likörrezept zu suchen und erinnerte sich an eine alte DDR-Rezeptur mit Puderzucker, Vanillezucker und Kondensmilch. Den Primasprit ersetzte er durch Übersee-Rum. Alle vier Tage werden die gelegten Eier verarbeitet.
Die Legeperiode einer Wachtelhenne dauert etwa fünf bis sechs Monate. In dieser Zeit legt jedes Tier 120 bis 125 Eier mit einem Gewicht von etwa 13 g. Die Eier öffnet der Tierhalter mit einer Wachteleierschere und trennt dann händisch das Eiweiß vom Eigelb. Die Haltbarkeit eines Wachteleis wird für den Verbraucher ab Legedatum meist mit vier Wochen angegeben. Meyer hat aber festgestellt, dass sich die Eier wesentlich länger halten. Im Gegensatz zu Hühnereiern ist die Schale auch deutlich härter, sodass man die Eier sogar vorsichtig schütten kann.
Um die idealen Haltungsbedingungen zu finden, hat der Landwirt verschiedene Einstreumaterialien ausprobiert. „Vogelsand gefällt den Wachteln sehr gut. Dort nehmen sie ihr Sandbad und legen auch einen Teil der Eier hinein.“ Ein anderer Behälter mit kleingehäckseltem Hanfeinstreu findet ebenfalls die Zustimmung der kleinen Vögel.
Meyer füttert seine Wachteln mit handelsüblichem Hühnerfutter. Zusätzlich bekommen die Tiere Rührei, um die Eiweißversorgung anzukurbeln. Das bei der Likörproduktion anfallende Eiweiß wiederum verfüttert er an sein Rassegeflügel.
Delikatesse auch in supermärkten
Wachteleier gelten in Deutschland als Delikatesse und werden vom Verbraucher entsprechend hochpreisig akzeptiert. Die Eier punkten mit einer ansprechenden Optik: einer wildvogelartigen Sprenkelung der Schale und einem gesundheitlichen Wert, der den von Hühnereiern übertrifft. „Wachteleier enthalten weniger Cholesterin als Hühnereier. Außerdem enthalten sie Eisen sowie die Vitamine B 1 und B 12. Vorkommnisse mit Salmonellen hat es in Deutschland, soweit ich das weiß, bei Wachteln auch noch nicht gegeben“, nennt Peter Meyer weitere Vorteile.
Hauptabnehmer des Wachteleierlikörs á la Peter Meyer sind die Getränkefachmärkte Sagasser, einige Thüringer Feinkostgeschäfte sowie verschiedene Rewe-Märkte. In den Sagasser Getränkefachmärkten, bei den Feinkosthändlern, aber auch bei Rewe hat Meyer verständnisvolle Partner gefunden, die wissen, dass ein Naturprodukt nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. „Ich muss keine Mindestmengen liefern. Bestellungen und Lieferungen laufen komplikationslos.“
Wachtelzucht und Bielefelder Kennhühner
Meyer denkt schon über Erweiterung nach. „Ich könnte etwa doppelt so viel Eierlikör produzieren.“ Immer im August holt sich Peter Meyer bei einem Züchter in Kitzingen legereifen Wachteln. Beim ebenfalls in Kitzingen ansässigen Versuchs- und Bildungszentrum Geflügelhaltung, das zur bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft gehört, erhält er zudem fachliche Unterstützung.
Nach dem Einstallen dauere es noch etwa drei bis vier Wochen, bis die volle Legeleistung erreicht sei. Nach der ersten Legeperiode verkauft Meyer die Tiere häufig an Hobbyhalter, die sie weiter nutzen. Durch die züchterische Bearbeitung sei den Legewachteln der Bruttrieb komplett abhandengekommen. „Es gibt aber Bestrebungen, wieder auf Tiere mit Bruttrieb zu selektieren. Das interessiert mich sehr“, sagt Meyer, dessen zweites Herz für die Zucht schlägt.
Als Rassegeflügelzüchter hat er sich mit den Bielefelder Kennhühnen einer schwer zu züchtenden Rasse verschrieben. „Da die Befruchtungsrate normalerweise oft bei nur 30 Prozent liegt, bin ich zur künstlichen Besamung übergegangen und erreiche so eine Befruchtung von 90 Prozent“, nennt er Erfolge seiner Zucht.