Bandwurmbefall beim Pferd: Neue Studie zu Nachweismethoden

Eine Tierarzthelferin verabreicht einem Pferd eine orale Wurmkur. (c) IMAGO/FRANK SORGE

Für den Nachweis eines Bandwurmbefalls beim Pferd ist das Beproben des Speichels zuverlässiger als die Untersuchung des Kots der Tiere. Das ergab eine wissenschaftliche Studie an der Freien Universität Berlin.

Von Sven und Peggy Morell

Schon seit einigen Jahren empfehlen Experten die selektive Entwurmung von Pferden. Dabei wird eine Wurmkur erst dann verabreicht, wenn im Kot tatsächlich Würmer nachgewiesen wurden. Einer Studie zufolge zeigen Kotproben beim Aufspüren von Bandwürmern aber deutliche Schwächen.

Früher war es gängige Praxis, zwei- bis viermal pro Jahr eine Wurmkur durchzuführen, und auch heute ist diese Methode in vielen Ställen noch verbreitet. Die Entwurmung erfolgt(e) dann quasi „auf Verdacht“, denn ob die Pferde tatsächlich ein Wurmproblem haben oder nicht, blieb dabei im Dunkeln.

Kotproben nicht immer aussagekräftig

Da in den vergangenen Jahren manche Wurmarten gegen einige Wirkstoffe Resistenzen entwickelten – also nur noch ungenügend auf die Behandlung ansprachen – empfehlen Experten seit einigen Jahren die selektive Entwurmung: Dafür werden mehrmals im Jahr Kotproben der Vierbeiner eingesammelt und im Labor untersucht. Gelingt der Wurmnachweis, erhalten die Pferde gezielt ein entsprechendes Präparat. Für den Organismus der Tiere ist das schonender, er wird nicht unnötig mit Wirkstoffen belastet.

Grundpfeiler der selektiven Entwurmung sind regelmäßige Kotproben. Dazu wird eine ausreichende Menge Pferdeäpfel in einer dichten Tüte oder speziellen Probenbehältnissen verpackt und an ein spezialisiertes Labor geschickt. So weit, so gut. Doch bei Bandwürmern scheinen Kotproben nur wenig aussagekräftig: „Die koproskopische Diagnose des Bandwurmbefalls bei Pferden weist nur eine begrenzte Sensitivität auf, da die Eier […] intermittierend ausgeschieden werden, und dies ohne Korrelation mit der tatsächlich vorhandenen Anzahl von Bandwürmern im Darm“, heißt es in der Leitlinie „Empfehlungen zur Behandlung und Kontrolle gastrointestinaler Parasiten bei Pferden und anderen Equiden“ (Stand August 2019) des Vereins ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) Deutschland.

Wird also eine Kotprobe zur Analyse ins Labor geschickt, ist es ein wenig Glückssache, ob gerade Bandwurmeier darin sind. Und: Wenn Eier gefunden werden, kann keine Aussage darüber gemacht werden, wie stark der Wurmbefall ist. Die Empfehlung von ESCCAP lautet daher, „eine Herden-/Bestandsdiagnosedurchzuführen und alle Pferde des Bestandes zu entwurmen, wenn Bandwurmeier in einer der untersuchten Proben nachgewiesen wurden.“

Zwischenwirt und Überträger der  Bandwürmer ist die Moosmilbe.
Zwischenwirt und Überträger der Bandwürmer ist die Moosmilbe. (c) IMAGO/BLICKWINKEL

HINTERGRUND
Bandwürmer – gefährliche Schmarotzer
Bandwürmer gehören zu den Plattwürmern. Und tatsächlich sehen die etwa 5 cm langen, flachen Würmer „plattgedrückt“ aus. Ins Pferd gelangen sie in der Regel über einen Zwischenwirt, die Moosmilbe. Die 0,1–0,5 mm kleinen Spinnentierchen nehmen Bandwurmeier auf, diese entwickeln sich in den Moosmilben zu infektiösen Cysticercoiden. Beim Weidegang wiederum fressen Pferde die winzigen, infizierten Moosmilben einfach mit. Im Pferdedarm entwickeln sich aus den Wurmlarven erwachsene Bandwürmer. Die von diesen produzierten Proglottiden (Fortpflanzungsglieder) mit Eiern werden mit den Pferdeäpfeln ausgeschieden – und der Kreislauf beginnt von vorn. Meist infizieren sich Pferde in der zweiten Hälfte der Weidesaison. Ein Bandwurmbefall verursacht mitunter nur wenig Probleme, etwa stumpfes Fell oder Gewichtsabnahme. Auch Durchfall und immer wiederkehrende Koliken können den Plattwürmern geschuldet sein. Sitzen die Parasiten am Übergang von Dünn- zu Dickdarm, kann schon ein geringer Befall zu einer gefährlichen Verstopfung an dieser Engstelle führen. Schlimmstenfalls kommt es zu einem Darmriss.

Analysemethodenunter der Lupe

Wissenschaftler des Instituts für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin der Freien Universität Berlin haben in einer Studie* die verschiedenen Analysemethoden auf Bandwürmer unter die Lupe genommen. Zwischen Mai 2017 und Januar 2018 untersuchten sie knapp 500 Pferde unterschiedlichen Alters (neun Monate bis 34 Jahre) auf insgesamt 48 Pferde-betrieben in Berlin und Brandenburg mittels Kot-, Serum- und Speichelproben. Das Ergebnis war erstaunlich: in nur 0,6 % der Kotproben wurden Bandwurmeier gefunden. Die Antikörper-Tests zeigten hingegen bei gut 16 % der Blutproben und knapp 30 % der Speichelproben ein positives Ergebnis und somit einen Befall.

Auf die Betriebe bezogen, zeigte sich ein ähnliches Bild: Während mittels Kotproben nur bei 6,3 % der Betriebe (insgesamt drei Betriebe) auf Bandwurmbefall geschlossen werden konnte, lag die Quote bei den Blutproben bei 52,1 % (25 Betriebe) und beim Speicheltest bei sage und schreibe knapp 76 % (36 Betriebe). Die Firma Austin Davis Biologics stellte die Speichelsammelkits zur Verfügung und führte Serum- und Speichelanalysen durch, Virbac Frankreich unterstützte die Studie finanziell.

Die ESCCAP weist darauf hin, dass ein Antikörpernachweis im Blut oder Speichel nicht unbedingt auf einen aktuellen Befall schließen lässt: „Beide Tests können möglicherweise bei einigen Pferden (z. B. bei zuvor infizierten und anthelminthisch behandelten Tieren) aufgrund der Persistenz von Antikörpern für bis zu vier Monate zu falschpositiven Ergebnissen führen. Wenn dies berücksichtigt wird, können sich diese Tests jedoch als sehr nützlich erweisen.“ Dem wird die Studie der Berliner Wissenschaftler gerecht: Ausgeschlossen waren Pferde, die vor weniger als vier Monaten mit Mitteln gegen Bandwurmbefall behandelt worden waren.

Speicheltest ist einfach in der Anwendung

Während für eine Blutprobe ein Tierarzt notwendig ist, können Pferdebesitzer den Speicheltest –wie auch die Kotproben – selbst durchführen. Der „Speicheltest für daheim“ besteht aus einem Test-Kit, das Entnahmematerial und eine Anleitung beinhaltet. Beispielsweise vertreibt das Kotlabor Schmid mit Sitz im niederösterreichischen Mank den in England entwickelten Equisal Test, die Auswertung erfolgt in Großbritannien. Die Kosten liegen bei etwa 30 € pro Stück (je nach Labor und Menge) zuzüglich Versandkosten.

Eine halbe Stunde vor der Probennahme sollten die Pferde weder arbeiten, fressen oder trinken und in den letzten vier Monaten zuvor keine Wurmkur gegen Bandwürmer erhalten haben. Die Probennahme ist ganz einfach: Der Tupfer wird für kurze Zeit seitlich in das Maul des Pferdes geschoben. Wurde dieser ausreichend mit Speichel benetzt, verfärbt sich der Tupfer.

Die Berliner Wissenschaftler ziehen zwei Schlüsse aus ihrer Studie: Erstens scheinen vermutlich mehr Pferde von Bandwürmern befallen zu sein, als bisher angenommen wird. Zweitens sei der Speicheltest aufgrund der höheren Zuverlässigkeit und der einfachen Handhabung gegenüber Blut- oder Kotproben überlegen. Auch die ESCCAP sieht Potenzial in den Speicheltests: Sie eigneten sich „besser für die Identifizierung behandlungsbedürftiger Pferde und könnten so auch eine selektive Entwurmung zur Kontrolle von Bandwurminfektionen ermöglichen.“

Die Probennahme von Kotproben  von Pferden ist einfach zu  bewerkstelligen.
Die Probennahme von Kotproben von Pferden ist einfach zu bewerkstelligen. (c) IMAGO / FRANK SORGE

Jährlich mehrere Untersuchungen

Laut ESCCAP wird die selektive Entwurmung „nur für adulte Pferde empfohlen und ist ausschließlich für die Bekämpfung kleiner Strongyliden konzipiert.“ Nichtsdestotrotz würden für jedes Pferd mehrere Kotprobenuntersuchungen pro Jahr empfohlen. Ab-schließender Rat der ESCCAP: „Parasitenbekämpfungsprogramme müssen den spezifischen Bedingungen jeder einzelnen Pferdehaltung individuell angepasst werden und sollten nach Möglichkeit immer unter tierärztlicher Leitung abgestimmt und entwickelt werden.“


*Die Studie „Investigations on the occurrence of tapeworm infections in German horse populations with comparison of different antibody detection methods based on saliva and serum samples” gibt es hier.

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