EEG 2021: Erneuerbare Energien Gesetz – Verloren im Klein-Klein

Die Einführung der Südquote bewirkt auch für die ostdeutschen Biomasseanlagen eine eklatante Wettbewerbsverzerrung und diskriminiert sie deutlich bei der Biomasseausschreibung.
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Am 17. Dezember 2020 haben die Parlamentarier des Deutschen Bundestages nach monatelangen Beratungen das EEG 2021 auf den Weg gebracht. Wir geben einen Überblick zu den Änderungen für die Stromerzeugung aus Biomasse.

Von Janet Hochi, Biogasrat+, Berlin

Zur jüngsten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes trat die Bundesregierung mit hohen Zielsetzungen an: Das neue EEG sollte zentrale Weichen für die Umsetzung des Klimaschutzmaßnahmenprogramms 2030 zur Erreichung der Treibhausgas-(THG)-Minderungsziele im Stromsektor stellen. Und es ging darum, das Ausbauziel von 65 % erneuerbarer Energie am deutschen Stromverbrauch in den kommenden zehn Jahren sicherzustellen. Im Ergebnis blicken wir nun aber auf ein Gesetz, das sich im „Klein-Klein“ verliert. Der erhoffte große Wurf ist dieses EEG wieder nicht geworden, entgegen aller wortreichen politischen Lippenbekenntnisse.

Bereits heute ist klar, dass Deutschland seine Klimaschutzziele auch im Stromsektor – trotz Stilllegung von Braun- und Steinkohlekapazitäten und unter Einhaltung des Ausbauziels für erneuerbare Energien – um rund 11 Mio. t CO2-Äquivalent im Jahr 2030 verfehlen wird. Verschärft wird diese bestehende Klimaschutzlücke durch die Brüsseler Beschlüsse zur Anhebung der europäischen Klimaschutzziele für 2030 auf eine CO2-Minderung von 55 % gegenüber 1990. Gleichzeitig ist auch klar, dass der Strombedarf entgegen den Prognosen des Bundeswirtschaftsministeriums aufgrund der fortschreitenden Elektrifizierung in allen Verbrauchssektoren weiter zu steigen wird und zwar auf bis 748 TWh. Vor diesem Hintergrund muss die im ersten Quartal 2021 geplante „kleine“ Novelle des EEG 2021 „Großes“ leisten, um diese Baustellen erfolgreich zu bearbeiten. Bevor die Novelle des EEG 2021 jedoch startet, lohnt sich ein Blick auf die bereits erfolgten Änderungen im Rahmen des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens bei der Förderung der Stromerzeugung aus Biomasse im EEG 2021.

Ausschreibungen für Biomasseanlagen

Ein grundsätzlich positives Signal ist der erstmals im Gesetz verbindlich festgelegte Ausbaupfad für die Stromerzeugung aus Biomasse, der im Jahr 2030 bei 42 TWh liegen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die jährlichen Ausschreibungsmengen für Biomasse von 350 Megawatt pro Jahr (MW/a) auf 600 MW/a bis zum Jahr 2028 angehoben. Und eine weitere dringend notwendige Verbesserung für die erneuerbare Stromerzeugung aus Biomasse wurde mit der Anhebung des Gebotshöchstwertes auf 18,4 ct/kWh für bestehende Biomasseanlagen in den Ausschreibungen auf den Weg gebracht, diese haben nun eine wirtschaftliche Fortführungsperspektive. Für neue Biomasseanlagen wurde der Gebotshöchstwert zwar ebenfalls angehoben, auf nunmehr 16,4 ct/kWh, gleichwohl haben Neuanlagen im Vergleich zu bestehenden Anlagen zusätzliche Kapitalkosten von durchschnittlich 2,0 ct/kWh. Um den wirtschaftlichen Betrieb und die kostendeckende Stromerzeugung mit modernen, hocheffizienten Biomasse-Neuanlagen zu gewährleisten, sollten bei der Festlegung der Gebotshöchstwerte diese zusätzlichen Kapitalkosten auch Berücksichtigung finden und der im Gesetzentwurf vorgesehene Gebotshöchstwert für Neuanlagen im Ausschreibungsverfahren von 16,4 auf 18,4 ct/kWh und damit an den Gebotshöchstwert für Bestandsanlagen angepasst werden.

Kritisch ist auch die im Gesetz neu geregelte Sondervergütung in Höhe von 0,5 ct/kWh für bezuschlagte neue und bestehende Biomasseanlagen bis 500 kW installierter Leistung zu bewerten, die vorerst bis zum Jahr 2025 zusätzlich zum individuellen Zuschlagswert gewährt wird. Mit dem EEG 2017 wurden Ausschreibungsverfahren eingeführt, um das EEG wettbewerblich und kosteneffizient zu gestalten. Biomasseanlagen haben in Abhängigkeit von zahlreichen Faktoren wie Substratverfügbarkeit und -versorgung, Technologie, Finanzierungsstruktur etc. anlagenspezifische Kosten, eine pauschal festgelegte Sondervergütung hebelt dieses Wettbewerbsprinzip aus und führt zu Marktverzerrungen.

Das Zuschlagsverfahren bei den Ausschreibungen

Auf großes Unverständnis innerhalb der gesamten Bioenergiebranche stößt die im Gesetz geregelte Südquote im Ausschreibungsverfahren, die ab dem Jahr 2022 gelten soll. Diese sieht vor, dass mindestens die Hälfte der ausgeschriebenen Leistung bevorzugt an Gebote aus Süddeutschland vergeben wird (Landkreise aus Bayern, BadenWürttemberg, Hessen, RheinlandPfalz, Saarland). Hierzu werden die Gebote von Anlagen aus der Südregion von den übrigen Geboten separiert und bis zur Hälfte der ausgeschriebenen Leistung bezuschlagt. Sollten die für die Südregion vorgesehenen 50 % nicht mit Geboten aus der Südregion erreicht werden, wird die verbleibende Leistung in das dritte Folgejahr für Gebote aus der Südregion im Rahmen der Ausschreibung übertragen. Süd-Anlagen, die wegen Überschreitung des Ausschreibungsvolumens für die Südregion keinen Zuschlag erhalten, werden im zweiten Schritt mit den Anlagen aus dem restlichen Bundesgebiet für die verbleibenden 50 % des Ausschreibungsvolumens berücksichtigt. Die Einführung der Südquote bewirkt eine eklatante Wettbewerbsverzerrung und diskriminiert bestehende und neue Biomasseanlagen in den verbleibenden Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen und Hamburg im Rahmen der Biomasseausschreibung. Das für Ausschreibungsverfahren klar formulierte wettbewerbliche Prinzip, nach dem in den Ausschreibungsverfahren die Anlagen den Zuschlag erhalten sollen, die kosteneffizient erneuerbaren Strom aus Biomasse erzeugen, wird außer Kraft gesetzt. Zudem werden die getätigten Investitionen in bestehende Biomasseanlagen in den Regionen, die nicht als Südregion definiert sind, entwertet. Diesen bestehenden Anlagen wird durch die Südquote die Möglichkeit genommen, in einem fairen Wettbewerb erfolgreich am Ausschreibungsverfahren teilzunehmen.

EEG 2021: Endogene Mengensteuerung

Mit der Einführung einer endogenen Mengensteuerung bei den Biomasseausschreibungen für bestehende und neue Biomasseanlagen im EEG 2021 soll die Abgabe erhöhter Gebote bei ausbleibendem Wettbewerb verhindert werden. Sollte also bei einer Ausschreibung weniger Leistung vergeben werden, als ausgeschrieben wurde, also eine Unterdeckung des Ausschreibungsvolumens auftreten, werden die Gebote nach Neuanlagen und Bestandsanlagen separiert und jeweils nur 80 % des gebotenen Volumens bezuschlagt, das heißt die jeweils höchsten 20 % der eingereichten Gebote erhalten keinen Zuschlag. Auf diese Weise nicht vergebene Mengen werden drei Jahre später erneut nach § 28b EEG 2021 ausgeschrieben. Die endogene Mengensteuerung in unterdeckten Ausschreibungen konterkariert die Ausbauziele für Biomasse, da die wirtschaftlich notwendige Vergütung für die Fortführung bestehender Biomasseanlagen mit dem Gebotshöchstwert von 18,4 ct/kWh bei den Ausschreibungen ausgehebelt wird. Bei neuen Biomasseanlagen ist der Gebotshöchstwert ohnehin bereits zu niedrig bemessen, sodass die Realisierung neuer Anlagenprojekte kaum zu erwarten ist.

Für hochfl xible Biomethan-BHKW

Das neu eingeführte Ausschreibungssegment für hochflexible Biomethan-BHKW mit einem jährlichen Ausschreibungsvolumen von 150 MW (zusätzlich zum regulären Ausschreibungssegment von 600 MW/a) und einem Gebotshöchstwert von 19,0 ct/kWh ist grundsätzlich zu begrüßen. Die Biomethananlagen müssen ausschließlich Biomethan nutzen und mindestens über eine installierte Leistung von 100 kW verfügen. Die Ausschreibung findet einmal pro Jahr zum 1. Dezember statt, ab 2022 sind die Ausschreibungen jedoch auf Standorte in den Südregionen beschränkt. Die Ausschreibungsmengen erhöhen sich jeweils um die im Vorjahr nicht abgerufenen Volumina. Aber auch bei dieser neuen Regelung hat der Gesetzgeber nur Stückwerk geliefert, da die im Gesetz enthaltene Begrenzung der Bemessungsleistung auf 15 % der installierten Leistung der Biomethan-BHKW (1.314 Volllaststunden/a) Investitionen in neue Anlagen wirtschaftlich unattraktiv macht. Mit einer Begrenzung auf 1.314 Volllaststunden jährlich sind sinnvolle Wärmelieferkonzepte für die Biomethan-BHKW nahezu unmöglich. Damit ein wirtschaftlicher Flexbetrieb dieser Blockheizkraftwerke gesichert ist, der die Betriebs- und Investitionskosten realistisch abbildet und Investitionen in neue Anlagen anreizt, sind eine Verdopplung der Bemessungsleistung auf 30 % (2.628 Volllaststunden/a), die Streichung der einprozentigen Degression sowie deutschlandweite Ausschreibungen notwendig.


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Ein weiterer massiver Eingriff in die wettbewerbliche und wirtschaftliche Souveränität der Betreiber von Biogas- und Biomethananlagen ist die im EEG 2021 vorgesehene Begrenzung des Einsatzes von Mais und Getreidekorn für die Biogaserzeugung auf 40 Masseprozent im Jahr. Diese Begrenzung ist mit Blick auf die Fakten zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe unbegründet. Deutschland verfügt über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 16,7 Mio. ha, der Anteil davon an Dauergrünland beträgt mehr als 4,7 Mio. ha. Im Jahr 2019 wurden 1,55 Mio. ha für den Anbau von Energiepflanzen zur Biogaserzeugung genutzt. Energiemais wurde laut Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe dabei lediglich auf 0,97 Mio. ha angebaut.

Die Bioenergiepotenziale in Deutschland sind regional unterschiedlich groß und werden unterschiedlich stark genutzt. Die Begrenzung von Substraten schränkt den Handlungsspielraum der Branchenakteure pauschal ohne Würdigung der regionalen Gegebenheiten massiv ein und verhindert, dass zusätzliche Kostensenkungspotenziale gehoben werden. Bereits mit der Novelle des EEG 2014 wurde die Sondervergütung für ausgewählte Einsatzstoffe zur Stromerzeugung aus Biomasse gestrichen. Es besteht bei Neuanlagen, ebenso wie bei Bestandsanlagen, die eine EEG-Anschlussförderung erhalten, kein wirtschaftlicher Anreiz mehr, einzelne Substrate verstärkt zur Stromerzeugung aus Biomasse zu nutzen. Durch diesen Mechanismus sind Fehlentwicklungen ausgeschlossen, die der guten landwirtschaftlichen Praxis zuwiderlaufen. Die einsatzstoffunabhängige Förderung der Stromerzeugung aus Biomasse ermöglicht den Marktakteuren, regional verfügbare, kostengünstige Einsatzstoffe zu erschließen und so ihre Biogasanlagen wesentlich kostengünstiger zu versorgen sowie unmittelbar Stromerzeugungskosten einzusparen. Hinzu kommt, dass mit der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie in nationales Recht im Jahr 2021 neue Biogas- und Biomethanerzeugungsanlagen bzw. Bestandsanlagen, die im Ausschreibungsverfahren erfolgreich waren, THG-Minderungspflichten bei der Strom- und Wärmeerzeugung erfüllen müssen, die den Einsatz nachwachsender Rohstoffe wie Mais und Getreidekorn beschränken, da sich diese Pflichten durch den ausschließlichen Einsatz nachwachsender Rohstoffe wie Mais zur Biogaserzeugung nicht erfüllen lassen. Des Weiteren ist Mais besonders in Gegenden mit wenig Tierhaltung eine Bereicherung der Fruchtfolge und ein wirtschaftliches Standbein für Landwirte, die den Mais als Futter- und Energiesubstrat veräußern können. Die Einsatzstoffbegrenzung für die Nutzung von Mais und Getreidekorn zur Stromerzeugung aus Biomasse sollte daher auf 60 Masseprozent pro Jahr im EEG 2021 angehoben werden.

Flexibilisierung von Biomasseanlagen

Der sogenannte Flexdeckel für Bestandsanlagen wurde aus dem EEG gestrichen, im Gegenzug wurden die Flexibilitätsanforderungen für bestehende und neue Anlagen in der Ausschreibung erhöht. Anlagen, die die Flexibilitätsprämie bzw. den Flexibilitätszuschlag erstmalig 2021 in Anspruch nehmen, müssen an mindestens 1.000 Stunden im Jahr (4.000 Viertelstunden) mindestens 85 % ihrer installierten Leistung abrufen. Bezuschlagte hochflexible Biomethan-BHKW müssen in einem Kalenderjahr mindestens 2.000 Viertelstunden eine Strommenge erzeugen, die mindestens 85 % der installierten Leistung der Anlage entspricht. Anlagen erhalten künftig zudem nur eine Vergütung von 45 % (früher 50 %) der bezuschlagten Gebotsmenge. Der Flexibilitätszuschlag wurde von 40 €/kW auf 65 €/kW für Anlagen über 100 kW installierter Leistung ab 2021 erhöht. Die Kombination der Inanspruchnahme von Flexibilitätsprämie und Flexibilitätszuschlag wird eingeschränkt. Bestandsanlagen, die neu in das EEG 2021 wechseln und die vor dem Wechsel bereits die Flexprämie in Anspruch genommen haben, sollen den Flexzuschlag nur noch für den Teil der installierten Leistung geltend machen können, der gegenüber der Flexprämie zusätzlich bereitgestellt wird.