Feuer und Flamme für Holzhackschnitzel
Auf Gut Allmenhausen sollen Babyferkel problemlos zu gesunden Mastläufern heranwachsen. Dafür nutzt der Betrieb am nördlichen Rande des Thüringer Beckens eine Hackschnitzelheizung. Wir fragten den Betriebsleiter, wie sich die Technik in der Praxis bewährt.
Als Rainer Neumair für unsere Reportagefotos in die Brennkammer des Heizkessels schaut, meldet sich plötzlich das Telefon in seiner Hosentasche. „Hören Sie das? Das ist jetzt eine Fehlermeldung, die mir die Anlage schickt: Die Heizungstür ist zu lange offen“, erklärt der 34-Jährige und schließt die Ofenklappe wieder. Seit Juli letzten Jahres ist er Geschäftsführer der der Vater-Sohn-GbR Gut Allmenhausen, einem Schweinemast- und Ackerbaubetrieb nahe Ebeleben im thüringischen Kyffhäuserkreis. Dorthin verschlug es 1997 Vater Franz Neumair mit Frau und Sohn, als das ortsansässige Volkseigene Gut (VEG) erneut einen neuen Betreiber suchte. Ein Jahr zuvor war der gebürtige Bayer aus dem Umland von Augsburg bei der ersten Ausschreibungsrunde noch gescheitert.
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„Damals wurde wie üblich eine Ölheizung installiert“ berichtet Rainer Neumair. „Die lief zwar problemlos, aber der Brennstoff wurde immer teurer.“ Heute ist der wohlig warme Ferkelstall kein übermäßiger Kostenfaktor mehr für den Betrieb, denn 2015 löste eine moderne Hackschnitzelheizung die alte Ölfeuerung ab.
Die neue Anlage nennt sich Heizomat AK 854, besitzt ca. 800 kW Nennwärmeleistung und stammt von der Firma Roth GmbH mit Sitz in Waltershausen im Landkreis Gotha. Gut zwei Jahre lang waren die Landwirte zuvor auf der Suche nach einer passenden Alternative für das Heizöl gewesen und hatten auch Strohballen und Rapsstroh in Erwägung gezogen, dann aber beides verworfen. Die Zuführung und vor allem die Asche- bzw. Schlackeentsorgung erschienen ihnen zu aufwendig. Hinzu kam, dass die GbR auch noch über 60 ha eigenen Wald verfügt.
Holzhackschnitzel vom Feldrand
„Hauptsächlich heizen wir aber mit Restholz vom Feldrand“, so der sympathische Thüringer. „Immer, wenn irgendwo Büsche oder Bäume verschnitten wurden oder Windbruch entsteht, bringen wir das Holz wie auch die Baumkronen aus dem Bauernwald auf unseren Sammelplatz.“
Zweimal im Jahr kommt dann ein Lohnunternehmer mit Traktor, Häcksler und Bedienmannschaft aus der Nähe von Jena und sorgt in drei bis vier Tagen für ordentlich Kleinholz. Das sind Hackschnitzel mit maximal 5 cm Kantenlänge. „Am liebsten aus Stämmen. Die bringen den besten Brennstoff“, erklärt der Landwirt. „Einen eigenen Häcksler könnten wir aber nicht auslasten, auch wenn bei uns schon etliches Häckselgut anfällt.“
Wurzeln würden sie wegen der Erdanhaftungen aber nicht mehr schreddern. Und auch auf Holz, das von Anwohnern stammt, verzichten sie jetzt. Anfangs hätte sie das genutzt, aber die Gefahr von metallischen Fremdkörpern war zu groß. „Unlängst haben wir jede Menge Weidenäste zerkleinert. Die Naturschutzbehörde hatte uns gebeten, zahlreiche Kopfweiden zu beschneiden. Als Gegenleistung durften wir das Holz verwerten.“
Alle Holzhackschnitzel landen zur Lagerung auf einer großen Betonfläche. Vier Wochen können sie dort dann erst einmal ausdampfen. „Zwei überdachte Lagerplätze sind schon in Planung“, erklärt der Thüringer. Momentan würden sie vor dem Befüllen des Bunkers immer auf den Wetterbericht achten und notfalls in der Halle vorlagern.
Zudem würde sich die oberste Schicht des Hackschnitzelhügels recht stark verdichten, sodass der Brennstoff darunter ziemlich konstant einen Feuchtegehalt zwischen 15 und 30 % aufweisen würde. Das sei wichtig für die Effektivität der Heizung und für die Abgasbelastung, auch wenn die Heizung eigentlich „fast alles“ verdaue.
Heizung im Melkhaus
Der Hackschnitzelbunker mit seinem Fassungsvermögen von rund 150 m3 befindet sich in einer Halle, die sich gleich an den Stall anschließt. Der beherbergte zu VEG-Zeiten Milchkühe, und der typische Fließenfußboden verrät: Die Heizung steht in einem ehemaligen Melkhaus.
Da die Heizanlage permanent läuft, muss der Hackschnitzelbunker im Winterhalbjahr wöchentlich und im Sommer circa alle vier Wochen neu befüllt werden. Am Boden des Bunkers befindet sich ein Drehteller mit zwei Greifarmen, die, je nach Füllstand, mechanisch ausgefahren werden können und so für einen ununterbrochenen Brennstoffzustrom sorgen.
Die Hackschnitzel gelangen über ein Schneckenrad und eine Kettenzuführung dann zur Zellradschleuse. Die besteht aus vier geschlossenen Zellen und einem Löschwasseranschluss. Damit wird garantiert, dass nie Feuer aus dem Brennraum über den Vorschub in den Vorratsbehälter gelangen kann.
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Alles automatisch
Die Steuerung des Kessels erfolgt über ein Farbdisplay. Der Hersteller nennt ihn „Toutch control +S7“. Dort kann Rainer Neumair alle relevanten Daten ablesen und die gewünschten Einstellungen vornehmen. Bei ihm erzeugt der Kessel Warmwasser mit einer Vorlauftemperatur von 80 °C. Eine vorgewählte Spreizung von 8 K fährt die Heizung wieder hoch, sobald der Vorlauf auf 72 °C abgekühlt ist.
Insgesamt verfügt die Anlage über drei Laststufen: Erhaltungsflamme, Lastbereich von 1 bis 90 % und Volllast. „Alles läuft automatisch“, zeigt sich der Betriebsleiter zufrieden. „Außentemperaturfühler und Temperaturmessungen in den Ferkelbuchten sorgen dafür.“ Steuern lasse sich die Heizung aus Arbeitsschutzgründen aber nur vom Display vor Ort.
Ihren Jahresverbrauch schätzt Rainer Neumair auf ca. 1.200 bis 1.500 m3 Hackschnitzel, je nach der Qualität des Ausgangsmaterials. Die beeinflusst auch den Ascheanfall. Über einen Kettenschub verlassen wöchentlich rund 0,3 m3 auf Handtemperatur abgekühlte Brennrückstände die Heizungsanlage. Gesammelt werden sie in der Halle, wo auch der Hackschnitzelbunker steht.
Einmal pro Woche wird der Aschebehälter per Hublader auf der Mistplatte entleert. Dafür haben sie dem Behälter einen sicher schließenden Deckel verpasst. Zusammen mit dem Stallmist kommt die Asche dann als Dünger wieder auf die Felder des Betriebes.
Kaum Rauch zu sehen
Zu der Heizung gehört auch eine ordnungsgemäße Abgasbehandlung. Diese befindet sich gleich neben dem Heizkessel und ist in einem gut 1 m3 großen schwarzen Stahlkasten mit trichterförmigem Bodenteil untergebracht (Foto o.). Darin befinden sich Grob- und Feinstaubfilter, die dafür sorgen, dass auch bei vollem Heizbetrieb kaum Rauch aus dem fast 12 m hohen Schornstein quillt.
Eine kleine Kontrollöffnung am Übergang vom Filtersystem zum Edelstahlkamin dient dazu, die gefühlte Sauberkeit auch zu dokumentieren. Dazu kommt der örtliche Schornsteinfegermeister zweimal pro Jahr in den Betrieb, um kostenpflichtig nachzumessen. Doch wie gelangt die Wärmeenergie aus den Hackschnitzeln nun zu den Ferkeln? Dafür sorgen 23.900 l Wasser. So viel fasst das Wärmenetz, das die Firma RUT Nordhausen 2014 im Stall installierte. Wärmeplatten über den Ferkelliegeplätzen strahlen nun stets behagliche 32,5 °C ab.
„Wir sind mit der Hackschnitzelheizung sehr zufrieden“, resümiert daher auch Rainer Neumair am Ende unseres Besuches. „Die Heizkosten sind deutlich gesunken. Die Anlage läuft störungsfrei und wird automatisch gesteuert, befüllt und entascht.“ Ihre alte Ölheizung, die als Notvariante vorgehalten wird, werde nur noch zweimal im Jahr angeworfen, um sicherzugehen, dass sie bei Bedarf auch einsatzbereit ist. Außer ihm sind noch zwei Mitarbeiter in den Betrieb der Heizung eingewiesen. Und wenn mal etwas nicht stimmt, weil zum Beispiel die Tür des Brennkessels zu lange aufsteht, dann melde sich halt sein Handy.
Gut Allmenhausen Neumair GbR
■1.750 Stallplätze für die Babyferkelaufzucht,
2.500 Mastplätze
■zehn Mitarbeiter
■ ca. 1.000 ha LN, Bodenzahl ø 62,
Hauptfruchtarten: Winterweizen,
Wintergerste, Winterraps, Mais
■80 ha Greening-Fläche
■weitere Unternehmensteile: Photovoltaikanlage,
Agrarservice, zweiter
Agrarbetrieb (400 ha LN)
■eigene Futtermittelherstellung
■15.000 t Lager für Getreide etc.