Dürre frisst Futter
Die über Monate anhaltende Trockenheit und Hitze verlangt Tierhaltern das Jonglieren mit knappen Futtermitteln ab. Wir haben in den Thüringer Regionen nachgefragt, wie es um die Grasaufwüchse und den Silomais bestellt ist.
Viele viehhaltende Betriebe müssen sich aufgrund der Dürre auch in Thüringen abermals auf eine knappe Futterversorgung einstellen. Der Thüringer Bauernverband (TBV) hat bereits eine Futtermittelbörse eingerichtet. Trockenheit und Hitze erinnern an die Jahre 2018, 2019 und 2020. Im Juli fielen, wie schon im Monat davor, kaum Niederschläge. Tagestemperaturen von zum Teil über 40 °C, Tropennächte, eine Verdoppelung der Sonnenstunden und hohe Verdunstungswerte führen auf allen Standorten des agrarmeteorologischen Messnetzes des Landesamtes für Landwirtschaft zu „deutlich negativen Klimatischen Wasserbilanzen“. Der August brachte bislang keinen Umschwung.
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Zufüttern auf der Weide
In der Agrargenossenschaft Kamsdorf im Kreis Saalfeld-Rudolstadt rechnet Vorstandschef Dirk Reichelt damit, dass aufgrund der Dürre in Thüringen Ende August Mutterkühe und Schafe zugefüttert werden müssen. Die Situation auf den Weiden beschreibt er als „mittelschwere Katastrophe“. Beim Silomais sieht es differenziert aus; Im Vergleich zum sehr guten Vorjahr stellt man sich auf Mindererträge von rund 50 % ein. Immerhin konnte die Luzerne zweimal geschnitten werden. Auch wenn man mit den 2021er-Reserven den Anschluss im kommenden Jahr schaffen könne, wird es knapp werden, schätzt Reichelt. Die Kühe werden in jedem Fall mehr Stroh in ihren Rationen finden.
Während der Erstfruchtmais der Teichwolframsdorfer Agrar GmbH im Kreis Greiz sich „fast normal“ entwickelt hat, sieht Geschäftsführer Gerd Halbauer beim Zweitfruchtmais einer Enttäuschung entgegen. Der erste Grünlandschnitt sei noch halbwegs in Ordnung gewesen, der zweite brachte kaum Ertrag. Ein dritter Schnitt steht in den Sternen. Als Reaktion hat man bereits den Mais als Ko-Substrat für die Biogasanlage gestrichen, wodurch die Anlage nur noch gedrosselt Strom erzeugt. Reduzieren werde man die Zahl der Bullenkälber aus der Milchviehhaltung, die der Betrieb selbst mästet. Der ausgebliebene Niederschlag spiegelte sich nicht zuletzt in einer enttäuschenden Weizenernte wider, was sowohl Ertrag als auch die Qualitäten einschließt.
Dürre in Thüringen: Weiden in schlimmen Zuständen
Bei der Milch-Land GmbH im südthüringischen Veilsdorf (Kreis Hildburghausen) hofft Geschäftsführer Silvio Reimann noch auf eine mittlere Silomaisernte. Verglichen mit anderen Regionen, etwa Unterfranken, sehe es nicht ganz so katastrophal aus. Die Weiden hingegen befänden sich in einem schlimmen Zustand. Mehr als ein erster Schnitt war in dieser Saison nicht drin. Denn die Aufwüchse für den zweiten seien den teuren Diesel nicht wert gewesen. Die Mähwiesen wolle man jetzt abweiden. Ausreichende Reserven werden den Futteranschluss im kommenden Jahr sichern, weiß Reimann. Mit Ausnahme der Wintergerste seien die Getreideerträge dramatisch schlecht: Im Betriebsmittel konnten keine 40 dt/ha eingefahren werden.
Erstfruchtmais besser als erwartet
Mit dem Zweitfruchtmais der Agrargenossenschaft Rannstedt im nördlichen Weimarer Land „ist nicht viel los“, berichtet Vorstand Holger Heyse. Der Erstfruchtmais stehe aber besser da als zunächst befürchtet. Heyse schätzt, dass unterm Strich etwa 60 % der Silomaisernte des Jahres 2021 zusammenkommen. Bei der Luzerne gab es zwei durchschnittliche Schnitte; einen dritten und vierten gibt es nicht. Die Wiesen konnten nur einmal gemäht werden. Mit den Futterreserven komme man über die Runden. Im Rücken hat man eine durchschnittliche Druschfruchternte. Beim Qualitätsweizen spüre man bereits die Wirkungen der Düngeverordnung. Sollten die Zuckerrüben noch mal Wasser bekommen, wäre ein Ertragszuwachs möglich.
Wie die anderen Kollegen rechnet Vorstand Florian Andersek von der Agrargenossenschaft „Hörseltal“ in Burla im Wartburgkreis Ende kommender/Anfang übernächster Woche bereits mit dem Start der Maisernte. Dass dem Mais Wasser fehlt, sehe man ihm deutlich an. Zweitfruchtmais macht nur einen kleinen Anteil aus: Der ist stellenweise nur 50 cm hoch gewachsen. Beim Ackerfutter sieht es schlecht aus, weil in diesem Jahr viele Neuansaaten in den Boden kamen, die vertrockneten. Auf dem Mähweiden gab es nicht mehr als einen ersten Schnitt. In Kürze plant Andersek, mit dem Zufüttern auf den Weiden zu beginnen.
Zwischenfrucht im Plan
Zweieinhalb Schnitte gab es beim Grünland, wobei der dritte deprimierend ausfiel, berichtet Vorstand Daniel Töppe von der Agrargenossenschaft „Im Ohnetal“ aus Niederorschel im Eichsfeld. 70 bis 80 % einer normalen Grassilageernte seien gewonnen worden. Der Mais schwankt, je nach Standort, zwischen „in Ordnung“ und „schlecht“. Anders als bei den Druschfrüchten, die Töppe zufolge eine Durchschnittsernte brachten, wird beim Silomais mit weniger als dem Durchschnitt kalkuliert. Auch in Niederorschel komme man mit den Reserven und der frischen Ernte ins nächste Jahr. Man plane aber zur Absicherung in diesem Herbst eine Futterzwischenfrucht zu etablieren, um sie zeitig im Frühjahr ernten zu können.
Eine Umfrage des TBV, an der sich zwei Dutzend Mitgliedsbetriebe beteiligten, spiegelt die Situation ähnlich wider. Die Hälfte gab dabei an, dass zwar aktuell die Futterversorgung gesichert sei, aber keine ausreichenden Reserven für das nächste Jahr vorhanden seien. Für ein Drittel der Teilnehmer ist die Futterversorgung heute schon nicht mehr sicher.
Dürre in Thüringen: Strecken der Ration
Die Mehrzahl reagiert bereits mit dem Strecken der Rationen; knapp die Hälfte muss Futter zukaufen bzw. Tierbestände reduzieren. Ein Ökobetrieb erwägt, den Einsatz von konventionellem Futter zu beantragen. Auch beteiligte sich ein Betrieb an der Umfrage, der Grassilage, Heu und Stroh abgeben kann. Er hatte die Milchproduktion eingestellt.