Ackerweide: Sollen Schafe auf den Acker?

Die Beweidung von Flächen mit Feldfrüchten steht immer wieder in der Diskussion. Dass Ackerbau und Schafhaltung kein Widerspruch sein müssen, zeigt ein Beispiel aus Thüringen.
Schafe beweiden eine Ackerflächen Nahe der Fahner Höhen, auf der Luzerne wächst, die nicht mehr mähwürdig ist. © Wolfgang Helmbold

Unter Schäfern ist die Beweidung von Ackerflächen immer wieder ein viel diskutiertes Thema. Manche Schafhalter schwören darauf und zeigen beste Ergebnisse vor, andere klagen über nachfolgende Verdauungsprobleme bei ihren Tieren oder andere gesundheitliche Auswirkungen. Gute Erfahrungen bei der Ackerweide mit Schafen haben Landwirte im thüringischen Landkreis Gotha vorzuweisen. Einer von ihnen ist Robert Scheringer, seit 2002 Vorstandsvorsitzender der Agrarprodukte Großfahner, der uns Auskunft gab.

Schäfer Robert Scheringer© Wolfgang Helmbold
Robert Scheringer ist Vorstandsvorsitzender der Agrarprodukte Großfahner eG. © Wolfgang Helmbold

Praxisbeispiel: Erfolgreiche Ackerbeweidung in Thüringen

Herr Scheringer, während die meisten Betriebe mit den Schafen Landschaftspflege betreiben, beweidet Ihr Betrieb die Ackerflächen. Was hat Sie dazu bewogen?
Wir bewirtschaften 1.500 Hektar Ackerland im Erfurter Becken und haben mit 150 Hektar nur einen geringen Grünlandanteil. Schon aus dieser Struktur heraus ergibt sich für uns die Notwendigkeit, die Schafe aufs Ackerland zu treiben. Den Ackerbau betreiben wir in einer fünfgliedrigen Fruchtfolge. Auf 150 Hektar haben wir Luzerne angebaut, die wir für die Fütterung unserer 200 Mastrinder und des Jungviehs, welches als Pensionsvieh von uns aufgezogen wird, silieren. Den letzten Aufwuchs, der nicht mähwürdig ist, beweiden wir mit den Schafen. Für den Zwischenfruchtanbau verwenden wir ein eigenes Gemenge. Auf diese Art und Weise erfüllen wir auch die GLÖZ-8-Anforderungen.

Sie sagten, Sie nutzen eine eigene Mischung für die Zwischenfrucht. Wie setzt sich das Gemenge zusammen und warum diese Eigenmischung?
Da 80 Prozent der Ackerflächen, der 250 Hektar, die mit Mais oder Sommergerste bestellt werden, über den Winter nicht schwarz liegen dürfen, begrünen wir mit Zwischenfrüchten. Unsere Erfahrung ist, dass die meisten handelsüblichen Mischungen von Winterzwischenfrüchten nicht nur teuer sind, sie sind auch nicht frostsicher. Deshalb setzen wir eine Mischung aus Grünroggen, Wintergerste und Raps ein, die winterhart ist. Das Saatgut – 60 bis 80 Kilogramm pro Hektar – wird mit dem Düngerstreuer kostengünstig ausgebracht, bei den Weizenflächen direkt vor dem Stoppelsturz.

Ackerweide und Tierschutz: Wie man die Gesundheit der Tiere sichert

Ist es nicht problematisch, beispielsweise im Herbst und Winter hochtragende Mutterschafe auf Weiden mit einem Pflanzenbestand zu treiben, der einen hohen Proteingehalt hat?
Wir beweiden Zwischenfrüchte, den letzten Luzerneaufwuchs, aber wir machen auch auf 180 Hektar extensiver Flächen Landschaftspflege. Die 900 Mutterschafe, die von 2 bis 2,5 Arbeitskräften betreut werden, haben wir in zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe lammt im Winter ab, die andere im Sommer. Das hat zum Vorteil, dass wir unter Berücksichtigung des Trächtigkeitsstatus variabel sind. Gesundheitliche Probleme treten nicht in größerem Umfang auf, als bei anderen Herden. Unsere Ergebnisse bestätigen es. Wir haben ein Aufzuchtergebnis von 1,4 Lämmer pro Mutterschaf.

Ackerbeweidung: Eine Win-Win-Situation für Landwirte und Umwelt

Sicher sind bei der Ackerweide die Schafe gut versorgt. Aber ist die Beweidung auch für den Ackerbau positiv?
Man muss wissen, dass unser Betrieb im Vogelschutzgebiet für den Schwarzen und Roten Milan sowie im Hamsterschutzgebiet wirtschaftet. Damit unterliegen wir zahlreichen Beschränkungen. Beispielsweise dürfen keine Rodentizide eingesetzt werden, wodurch die Mäusebekämpfung schwierig ist. Hier helfen uns die Schafe, da deren Tritt von den Mäusen nicht vertragen wird. Das ist für uns ganz wichtig. Wir benötigen aber auch weniger Pflanzenschutzmittel und verzeichnen
Ertragssteigerungen beispielsweise durch die Düngung, die die Schafe verursachen. Auf den 150  Hektar Wintergerste und den 300 Hektar Winterweizen, die wir überhüten, stellen wir eine stärkere Bestockung fest. Nicht ganz unwichtig ist auch, dass sich auf den gehüteten Flächen eine sehr vielfältige Insektenpopulation entwickelt.

Man sollte ja bei allen Maßnahmen auch immer die Auswirkung auf den gesamten Betrieb im Auge haben. Können Sie etwas zu den betriebswirtschaftlichen Effekten der Ackerweide sagen?
Zum einen fällt im Betrieb viel Futter an, das wir nicht silieren können und somit anderweitig verwerten müssen. Ich erwähnte auch bereits die kostenlose Mäusebekämpfung, die praktisch ein Nebeneffekt bei der Ackerbeweidung ist. Auch die eingesparten Pflanzenschutzmittel und die höheren Ernteerträge wirken sich betriebswirtschaftlich positiv aus. Was die Schafhaltung direkt betrifft, organisieren wir es so, dass immer eine Herde im Stall ist und mit einer Herde betreiben wir Winterweide. Das spart nicht unerheblich Kosten für Stroh, Silage und Kraftfutter.

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Knut Kucznik vor einer Herde Schwarzköpfiger Fleischschafe. (c) Heike Mildner
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